Panikattacken bei Kindern: Ursachen, Symptome und Behandlung

Panikattacken sind wie plötzliche Stürme in der Seele - sie überfallen unerwartet und entfesseln eine Welle intensiver Angst. Sie hinterlassen oft Verwirrung und Unsicherheit in ihrem Gefolge.

Was ist eine Panikattacke?

Eine Panikattacke ist eine plötzlich auftretende heftige Angstreaktion, die sich gelegentlich bis zur Todesangst entwickeln kann. Neben dem meistens auftretenden Angstgefühl gehören auch automatische und nicht willkürliche Gedanken dazu (zum Beispiel «Ich werde kollabieren!»). Praktisch immer treten auch körperliche Reaktionen auf.

Körperliche Symptome

Das sind meist Zeichen des stressaktivierten vegetativen Nervensystems wie:

  • Herzrasen
  • Heisser Kopf
  • Schwitzen
  • Zittern
  • Druck auf der Brust
  • Klossgefühl im Hals
  • Hoher Blutdruck
  • Schwindel

Oft stehen diese körperlichen Symptome derart im Vordergrund, dass die Betroffenen eine Notfallstation aufsuchen mit dem Gedanken, dass eine schwere körperliche Krankheit, zum Beispiel ein Herzinfarkt vorliegt. Es ist deshalb wichtig, dass die Ärztinnen und Ärzte auf der Notfallstation dieses Krankheitsbild kennen und wissen, dass es häufig vorkommt - viel häufiger als beispielsweise Herzinfarkte.

Panikattacken vs. Phobien

Definitionsgemäss treten Panikattacken ohne Auslöser auf. Dies im Gegensatz zu den Phobien, also den gerichteten Ängsten, bei denen ein Auslöser bekannt ist. Ein einfaches Beispiel dafür ist die Spinnenphobie.

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Vermeidungsverhalten und Erwartungsangst

Sowohl die Panikstörung als auch die Phobien zeichnen sich durch Vermeidungsverhalten aus, was das eigentliche Problem darstellt bei diesen Erkrankungen: Betroffene meiden dann Situationen, von denen sie denken, dass sie erneute Angstattacken provozieren. Dadurch werden die Panikattacken zwar tatsächlich seltener, aber die Personen werden im Alltag immer stärker eingeschränkt und vermeiden beispielsweise soziale Kontakte oder den öffentlichen Verkehr.

Diese «Angst vor der Angst» (sogenannte Erwartungsangst) wird dann zum eigentlichen Problem der Erkrankung.

Panikattacken und Panikstörung

Panikattacken gehören zum «Repertoire» möglicher Reaktionsweisen des Menschen und sind Ausdruck eines grundsätzlich intakten, aber überreagierenden Stresssystems, dessen Funktionsweise sich evolutiv über Jahrmillionen entwickelt hat und somit ganz tief verwurzelt ist. Insofern sind einzelne Panikattacken bei jedem Menschen möglich und treten auch häufig auf. Statistisch erfasst werden sie nicht.

Wenn hingegen die Panikattacken häufiger und anhaltend sind, oben erwähntes Vermeidungsverhalten auftritt und ein grosser Leidensdruck vorhanden ist, bezeichnet man dies als Panikstörung. Zusammen mit den Phobien und der generalisierten Angststörung gehört sie zur Gruppe der Angststörungen. Es handelt sich um die am häufigsten auftretende Krankheitsgruppe in der Psychiatrie.

Statistische Häufigkeit

Circa 10 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen erfüllen irgendwann innerhalb eines Jahres die Kriterien irgendeiner Angststörung. Das Gesundheitsobservatorium OBSAN beziffert die Häufigkeit der Panikstörung in der Schweiz auf 3,1 Prozent, wobei auch hier Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer.

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Neben dem Geschlecht gibt es verschiedene andere statistischen Risikofaktoren, namentlich andere psychischen Krankheiten. So gehen Depressionen meist mit Angstsymptomen einher, oft auch in Form von Panikattacken. Diese verschwinden nach Abklingen der Depression in der Regel wieder. Auch anhaltender Stress kann sich in Form einer Panikstörung äussern. Zudem sind Persönlichkeiten mit grossem Bedürfnis nach Kontrolle und hohem Leistungsanspruch an sich selbst häufiger betroffen.

Panikattacken bei Kindern und Jugendlichen

Die Luft bleibt weg, Angstschweiss bricht aus. Eine Panikattacke kann bereits bei Kindern und Jugendlichen auftreten. Doch nicht immer ist sie für Eltern als solche erkennbar. Der Übergang vom Kind zur erwachsenen Person stellt viele Jugendliche vor Herausforderungen. Psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen haben stark zugenommen. Manchmal beherrscht die Angst sie so stark, dass sie regelrechte Panikattacken bekommen. Sie haben Angst zu sterben, verrückt zu sein oder die Kontrolle zu verlieren.

Eine Panikattacke kann isoliert vorkommen, etwa vor einer Prüfung. Treten Panikattacken jedoch über mehrere Wochen wiederholt auf oder entwickelt das Kind eine Erwartungsangst vor weiteren Panikattacken, kann Hilfe von aussen nötig werden. Dann wird im Fachjargon von einer Panikstörung gesprochen. Um die Situation richtig einzuschätzen, ist es für Eltern wichtig, Panikattacken zu erkennen. Das ist nicht immer einfach. Schon kleine Kinder haben Ängste, beispielsweise vor einer Trennung vom Mami oder Papi. Panikstörungen sind bei ihnen jedoch selten.

Eine Panikattacke bei Jugendlichen kann sich nach aussen sehr dramatisch äussern - mit Schreien, Weinen oder Hyperventilation. Charakteristisch für eine Panikattacke ist, dass die intensive und plötzliche Panik sich körperlich auswirkt. Typische Symptome sind Herzrasen, Schweissausbruch, Zittern und Mundtrockenheit.

Die Symptome einer Panikattacke sind jedoch von aussen nicht immer sichtbar. Oftmals versuchen die betroffenen Teenager ihre Ängste zu verbergen. Deshalb kann es für Eltern schwierig sein, eine Panikstörung zu erkennen. Allenfalls zeigen sich Anzeichen im Verhalten: Die Jugendlichen ziehen sich noch stärker zurück, versuchen bestimmte Situationen zu vermeiden, möchten nicht mehr in die Schule gehen oder reagieren vermehrt aggressiv.

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Was können Eltern tun?

Eltern können bei Panikattacken ihrer Kinder unterstützend wirken, indem sie:

  • Zuhören und die Panik ernst nehmen.
  • Von der Panikattacke ablenken.
  • Gemeinsam über ein schönes Erlebnis oder einen speziellen Wunsch sprechen.
  • Das Kind zu Atemübungen anleiten.
  • Zu Bewegung animieren, zum Beispiel zur Lieblingsmusik tanzen.
  • Das Selbstvertrauen stärken, indem Sie daran erinnern, was der oder die Jugendliche bereits erfolgreich gemeistert hat.
  • Den Heranwachsenden helfen, frühe Signale richtig einzuschätzen.
  • Gemeinsam Strategien entwickeln, um die Panik zu bewältigen.

Leidet das eigene Kind unter Panikattacken, kann das für Eltern sehr belastend sein. Die niederschwellige Pro Juventute Elternberatung hilft, die eigenen Sorgen einzuordnen. Im Gespräch wird beratschlagt, ob Hilfe von aussen notwendig ist und wohin sich Eltern und Jugendliche gegebenenfalls wenden können.

Treten die Panikattacken wiederholt auf und beeinträchtigen sie das Sozialleben oder die schulischen Leistungen, ist es besser, frühzeitig eine Fachpersonen beizuziehen.

Behandlung von Panikstörungen

Die Behandlung einer isolierten Panikstörung ist die Domäne der Verhaltenstherapie, die auf einem lernpsychologischen Ansatz beruht: Betroffene sollen «lernen», dass Panikattacken zwar äusserst unangenehm, aber völlig ungefährlich sind und immer spontan wieder abklingen. Je häufiger erlebt wird, dass die Angst vorbei geht und nichts von dem passiert ist, was in der Attacke befürchtet wurde, desto eher zieht sich die Angst zurück und die Attacken werden seltener.

Dies setzt aber voraus, dass die Panikattacken erlebt und gewissermassen durchgestanden werden. Sobald sie unterbrochen werden, zum Beispiel durch Ablenkung, Vermeidung oder die Einnahme einer Notfallmedikation wird dieser Lernprozess unterbrochen.

Auch viele anderen Therapieansätze sind erfolgsversprechend. Neuere Methoden arbeiten beispielsweise mit akzeptanzbasierten Ansätzen, bei denen es um das möglichst wertfreie Annehmen der verschiedenen Gefühle, Gedanken und Körpersensationen während der Angst geht.

Medikamentöse Behandlung

Medikamentös kann die Attacke mit Notfallmedikamenten unterbrochen werden. Neben dem oben genannten Nachteil des fehlenden Lerneffekts machen diese Tranquilizer jedoch oftmals abhängig. Gewisse Antidepressiva oder auch Lavendelölpräparate sind hingegen etablierte und gut wirksame Basismedikamente, um die Frequenz und Intensität der Attacken zu senken.

Vorbeugung und Umgang mit Panikattacken

Oft sind Betroffene beispielsweise nur schon dadurch entlastet, wenn sie lesen, dass noch nie jemand an einer Panikattacke verstorben ist - weil ja in den Attacken dieser Gedanke tatsächlich oftmals auftritt und diesem auch Glauben geschenkt wird.

Immer häufiger finden sich auch Online-Therapieangebote für Menschen, die sich selbst gut strukturieren können und die Disziplin haben, sich auf eine solche Therapieform einzulassen. Mobile Apps können dabei helfen, auch unterwegs - also da wo die Panikattacken oftmals auftreten - therapeutisch intervenieren zu können.

Wenn der Leidensdruck grösser wird, lohnt sich der Aufbau einer guten therapeutischen Beziehung in einem üblichen Psychotherapiesetting.

Es ist viel einfacher, Panikattacken zu behandeln als das Vermeidungsverhalten, also die oben genannte «Angst vor der Angst».

Weitere Informationen und Hilfsangebote

Fachkräfte gehen davon aus, dass mindestens jede und jeder zehnte Schweizer/-in bereits eine Panikattacke erlebt hat.

Ich rate generell dazu, sich frühzeitig Hilfe zu holen. Das grösste Problem in der Behandlung von Panikstörungen ist die Chronifizierung, die oftmals schon eingetreten ist, wenn die Betroffenen bei uns Fachärzt:innen und Fachpsycholog:innen eintreffen.

Häufigkeit von Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen in der Schweiz (Unicef, 2021):

Altersgruppe Anteil mit Symptomen von Angststörung oder Depression
Jugendliche ca. 37%

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