Was ist Schizophrenie? Definition, Ursachen, Symptome, Therapie

Die Schizophrenie ist eine schwere psychische Störung. Betroffene nehmen die Realität verändert wahr oder verarbeiten sie anders. Patienten und Patientinnen, die an Schizophrenie erkrankt sind, leben phasenweise in einer anderen Welt. Sie leiden unter Verfolgungswahn, Halluzinationen und motorischen Störungen.

Experten zählen die Schizophrenie zu den endogenen Psychosen: Psychosen sind psychische Erkrankungen, bei denen die Patienten die Realität verändert wahrnehmen oder verarbeiten. „Endogen“ bedeutet, dass die betreffende Erkrankung durch verschiedene Faktoren „von innen heraus“ entsteht, also ohne erkennbare körperliche Ursache und ohne erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Erlebnissen.

Schizophrenie ist keine Persönlichkeitsstörung. Erkrankte Menschen tragen nicht zwei oder mehrere Persönlichkeiten in sich, die abwechselnd zum Vorschein kommen, wie das bei einer dissoziativen Identitätsstörung der Fall ist. Sie haben keine gespaltene Persönlichkeit, wie vielfach angenommen wird.

Der Begriff Schizophrenie wurde 1911 vom Schweizer Psychiater Eugen Bleuler eingeführt. Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer Schizophrenie zu erkranken, liegt in der Durchschnittsbevölkerung etwa bei einem Prozent. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Das Erkrankungsrisiko ist in verschiedenen Ländern der Welt mit unterschiedlichem soziokulturellem Hintergrund etwa gleich. Das Haupterkrankungsalter liegt zwischen der Pubertät und dem 30. Lebensjahr.

Definition einer Psychose

Psychosen beschreiben eine Gruppe von Erkrankungen, die mit einer Veränderung der Realitätswahrnehmung einhergehen. Typische Symptome sind dabei Wahnvorstellungen, Halluzinationen, sowie desorganisiertes Denken und Sprechen.

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Positivsymptome

Zum einen spricht man von Positivsymptomen, „positiv“ im Sinne eines Überschusses von Erleben im Vergleich zum Erleben des normalen Gesundheitszustandes einer Person. Hierunter fallen zum Beispiel Wahnvorstellungen oder Halluzinationen. Positivsymptome treten bei Schizophrenien sowohl akut als auch episodisch auf.

Negativsymptome

Zum anderen erleben Patientinnen/Patienten mit Schizophrenie auch sogenannte Negativsymptome. Negativsymptome beschreiben Symptome, bei denen es zu einer Einschränkung des normalen Erlebens kommt, wie zum Beispiel einer Affektverflachung, bei der eine Person gleichgültig wirkt. Solche Negativsymptome begleiten Patientinnen/Patienten mit Schizophrenie oft über lange Zeit und führen somit im Vergleich zu den Positivsymptomen zu einer chronischen Beeinträchtigung.

Psychosen treten typischerweise im Rahmen einer „Schizophrenie“ auf, können aber auch nach körperlichen Erkrankungen (z.B. Infektionen, Stoffwechselerkrankungen) oder nach Substanzmittelmissbrauch (Drogenkonsum) einsetzen. Die Psychosen gehören zu schwerwiegenden Erkrankungen, die die Betroffenen und ihr Umfeld massgeblich beeinträchtigen. Eine frühe Diagnosestellung, die mit einer adäquaten Behandlung einhergeht, ist mit einer deutlich günstigeren Prognose assoziiert.

Beispiele für Positiv- und Negativsymptome

  • Positivsymptome:
    • Halluzinationen: z.B. optisch, akustisch
    • Wahnphänomene
    • Formale Denkstörungen: Veränderungen des Gedankenganges (z.B. Gedankenblockade, schnelles zusammenhangloses Wechseln der Gedanken)
    • Ich-Störungen: Veränderungen in der Wahrnehmung der Gedanken (z.B. das Gefühl, die Gedanken anderer Menschen lesen zu können)
    • Bizarre oder desorganisierte Verhaltensveränderung
  • Negativsymptome:
    • Antriebs-/Interesselosigkeit
    • Sozialer Rückzug
    • Sprachverarmung
    • Affektverflachung (Stimmungsabflachung)
    • Konzentrationsstörung

Schizophrenien im Kindes- und Jugendalter

Formen, die im Kindes- und Jugendalter auftreten, werden nach dem Alter des Auftretens, dem Manifestationsalter aufgeteilt. Dazu gehören die sogenannte early onset schizophrenia (EOS) und die very early onset schizophrenia (VEOS). Die EOS beschreibt dabei den Krankheitsbeginn vor dem 18. Lebensjahr, die VEOS hingegen schon vor dem 13. Lebensjahr. Die seltenen VEOS beginnen in aller Regel schleichend. Kontaktstörungen und sozialer Rückzug stellen Frühsymptome dar. Bei der EOS stellt sich der Beginn häufiger schleichend, seltener recht akut dar.

Die weitaus meisten Fälle zeigen vor der Erstdiagnose bereits Auffälligkeiten. Unspezifische Frühsymptome können Ablenkbarkeit, Unruhe und Fehlanpassungen sein. Als typische Prodromi (Vorzeichen oder Frühsymptome) gelten Antriebsminderung, Energieverlust, Impulsverarmung sowie längere Phasen erhöhter Reizbarkeit und Schlafstörungen.

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Die Schätzung der Häufigkeiten einer Schizophrenie beruht meistens auf dem Alter bei Behandlungsbeginn. Der Erkrankungsbeginn unter Einbezug früher Symptome ist in vielen Fällen wahrscheinlich deutlich früher und somit läuft dem akuten Ausbruch einer Psychose eine lange Dauer einer unbehandelten beginnenden Psychose voraus. Wahrscheinlich betrifft dies einige Jugendliche, die erst im Erwachsenenalter in Behandlung kommen.

Prodromalsymptome, wie auch schizophrenietypische Positiv-/Negativsymptome können im Jugendalter als entwicklungstypisches oder impulsives Verhalten im Rahmen der Pubertät oder der Adoleszenz missdeutet werden. Dies führt zu einer deutlich späteren Diagnosestellung als bei Erwachsenen.

Ursachen der Schizophrenie

Bei der schizophrenen Erkrankung kommt es zum Auftreten charakteristischer Symptome wie Wahn, Halluzinationen, Denkstörungen, Ich-Störungen, Gefühlsstörungen, Verstimmungen und psychomotorischen Störungen. Die schizophrenen Psychosen gehören zur Krankheitsgruppe der endogenen Psychosen, bei denen anlagebedingte Faktoren als eine wichtige Ursache angesehen werden.

In den letzten Jahrzehnten ist im Bereich der schizophrenen Psychosen viel geforscht worden. Viele Fragen sind noch unbeantwortet, aber einiges an Wissen gilt heute als gesichert. Neben den genetischen Einflüssen (ca. 40 Risikogene) sind im wesentlichen zwei andere Bedingungsfaktoren von Bedeutung.

Psychische und soziale Faktoren wer­den bei der Entstehung der Schizophrenie identifiziert. Die psychosozialen Faktoren scheinen eher für den Verlauf als für die Entstehung der Erkrankung bestimmend zu sein. Die Formulierung des Verletzlichkeitsmodells trägt den komplexen Entste­hungsbedingungen Rechnung. Eine veränderte Hirnanatomie und ein beeinträchtig­ter Hirnstoffwechsel führen bei Belastungen und Stress zu einer Funktionsstörung des Gehirns.

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Die Folgen können Zerfahrenheit des Denkens, das Aufheben der Ein­heit von Fühlen, Handeln, Denken, das Gefühl der Beeinflussung von aussen, Autis­mus, Wahnideen und Halluzinationen sein. Wahnideen entstehen nicht selten als Folge von Halluzinationen. Der Schizophreniekranke hört etwa Stimmen, die seine Handlungen kommentieren, oder Befehle erteilen. Für die kranken Menschen sind solche Sinnestäuschungen «reale Wahrnehmungen», die sie zu erklären versuchen. Schizophrene Wahngedanken haben oft etwas Bizarres oder einen magisch-mystischen Charakter. Psychotische Symptome sind meistens von starken, quälen­den Ängsten begleitet.

Antriebsminderung, Initiativemangel, Passivität und Gefühls­armut werden als Minussymptome beschrieben. Störungen des Sozialverhaltens äussern sich im Rückzug bis hin zur Isolierung und Vereinsamung.

Symptome der Schizophrenie

Eine gängige Variante für eine übersichtliche Einteilung der Symptome von Schizophrenie ist jene in Positiv- und Negativsymptome. Positivsymptome meinen dabei einen Überschuss, ein «Zuviel» im Vergleich zur Norm aus dem Bereich der Wahrnehmung, des (emotionalen) Erlebens und des Denkens. Diese inhaltlichen Denkstörungen können viele möglichen Formen annehmen und die Umwelt mehr oder weniger mit einbeziehen. Starke Ausprägungen dieser Symptome können zu Halluzinationen (oft akustische, Stimmen) oder zu einem kompletten Verlust des Realitätsbezugs führen. Diese positiven Symptome können plötzlich und ohne klare Vorwarnzeichen auftreten.

Negativsymptome auf der anderen Seite umfassen Symptome, die einen Mangel oder eine Einschränkung im Vergleich zur gesunden Norm darstellen. Diese Einschränkungen gleichen zum Teil jenen des Störungsbildes der Depression und zeigen sich in einem verminderten Antrieb, einem reduzierten Spektrum an Emotionen (Affektabflachung) und Störungen der Aufmerksamkeit. Dies kann im Extremfall auch zu einer Apathie führen, die sich in Form komplett fehlender Reaktionen auf Reize aus der Umwelt äussert.

Ein weiteres mögliches Symptom ist jenes der Katatonie. Dies beinhaltet motorische (z.B. Erstarren in auffälligen Körperhaltungen), aber auch verhaltensbezogene Symptome wie zum Beispiel Mutismus oder das komplette Fehlen an Reaktionen auf die Umwelt (Negativismus, Stupor).

Diagnose der Schizophrenie

Auf die Sorgfalt bei der Diagnosestellung, oder der Feststellung allfälliger Differenzialdiagnosen, sollte bei der Prüfung einer Schizophrenie ein ganz besonderes Augenmerk gelegt werden. Die vorangehend beschriebenen Symptome (aus dem Positiv- und Negativbereich) können nämlich auch durch andere neurologische Störungen verursacht werden.

Für eine Diagnosestellung kommen sowohl die Kriterien der WHO (ICD-10) als auch die Kriterien der American Psychiatric Association (DSM-5) in Frage. Beide Systeme beinhalten sehr ähnliche Kriterien, wobei das DSM-5 einige Symptome zusammenfasst und daher im Vergleich zum ICD-10 eine simplere Übersicht erlaubt:

  1. Wahn
  2. Halluzinationen
  3. Desorganisierte Sprechweise
  4. Grob desorganisiertes Verhalten oder Katatonie
  5. Negativsymptome

Für die Erfüllung der Diagnose müssen diese Kriterien in gewisse Rahmenbedingungen passen:

  • A: Zwei oder mehr Symptome (eines aus 1, 2, 3) bestehen für mindestens einen Monat.
  • B: Wichtige Funktionsbereiche (Arbeit, Beziehungen) haben deutlich an Niveau verloren.
  • C: Die Zeichen des Syndroms halten für mindestens sechs Monate an.

Abhängig von den dominierenden Symptomen können auch verschiedene Subformen der Schizophrenie diagnostiziert werden. Die grösste Gruppe stellt jene der paranoiden Schizophrenien dar. Sie ist geprägt durch Halluzinationen und/oder Wahn. Weitere mögliche Unterdiagnosen sind die katatone oder die hebephrene Schizophrenie. Diese Subdiagnosen sind jedoch nicht immer klar abgegrenzt und überschneiden sich teilweise auch.

Verlauf der Schizophrenie

Personen, welche die Diagnose Schizophrenie erhalten haben, müssen grundsätzlich mit verschiedenen möglichen Verläufen rechnen. Grob können drei verschiedene Kategorien erstellt werden, die ungefähr je ein Drittel aller Diagnostizierten umfassen:

  1. Beim ersten Drittel verschwinden irgendwann alle Symptome vollständig.
  2. Beim zweiten Drittel verschwinden und treten die Symptome in Intervallen wieder auf (episodischer Verlauf).
  3. Beim letzten Drittel bestehen gewisse Symptome dauernd und führen zu einer chronischen Beeinträchtigung.

Behandlung der Schizophrenie

Durch die heutigen Behandlungsmethoden hat sich die Prognose insgesamt verbessert. Hinsichtlich der Prognose handelt es sich um eine der schwerwiegendsten psychiatrischen Erkrankung. Unter den heutigen Behandlungsbedingungen zeigen aber glücklicherweise nicht alle Schizophreniekranke einen ungünstigen Verlauf. Ein Drittel der Patientinnen und Patienten erkrankt nach einmaligem Auftreten der Krankheit nie wieder.

Das Mittel der Wahl für die spezifische Behandlung der Schizophrenie ist die medi­kamentöse Therapie mit einem sogenannten atypischen Neuroleptikum, einem antipsychotischen Medikament der neusten Klasse. Sie wirken symptomunterdrückend und beruhigend. In der Langzeitbehandlung dienen die Medikamente der Reizab­schirmung und der Vorbeugung vor Rückfällen, gewähren Schutz vor psychischer Überlastung und verbessern die gestörten Denkprozesse.

Die Psychotherapie, die Soziotherapie und die Rehabilitationstherapie stellen weitere Behandlungselemente dar.

Formen der Schizophrenie

  • Paranoide Schizophrenie: Circa 65 Prozent aller Betroffenen leiden unter dieser Form, bei der die Hauptsymptome Wahnvorstellungen, Verfolgungswahn und Misstrauen sind. Auch Abstammungswahn kommt vor.
  • Hebephrene Schizophrenie: Bei der hebephrenen Schizophrenie treten vermehrt die sogenannten Negativsymptome auf.
  • Katatone Schizophrenie: Die katatone Schizophrenie betrifft sowohl Körper als auch Psyche. Der psychische und motorische Zustand wechselt zwischen Erregung und Erstarrung. Ausserdem kommt es vor, dass Betroffene Befehle wie automatisch befolgen, sich partout weigern dies zu tun oder genau das Gegenteil des von ihnen verlangten ausführen.
  • Schizophrenia simplex: Besonders schwer zu diagnostizieren ist die Schizophrenia simplex. Die Betroffenen leiden vor allem unter Antriebsminderung, wirken untätig und es fällt ihnen schwer, sich sozial einzufügen.

Epidemiologie

Das Risiko, irgendwann im Leben an einer Schizophrenie zu erkranken, was als Lebenszeitprävalenz zusammengefasst wird, liegt bei 1%. Dabei sind im Durchschnitt Männer leicht häufiger betroffen als Frauen (1.4:1). Schizophrenien, die im Kindes- oder Jugendalter beginnen, sind seltener. Nach vagen Schätzungen machen sie von allen Schizophrenien einen Anteil von 4-33% aus. Bei den Erwachsenen tritt die Krankheit meistens zwischen dem 20-35. Lebensjahr auf.

Umgang mit Schizophrenie

Den Umgang mit Schizophrenie zu bewältigen, erfordert Einfühlungsvermögen, Wissen und Geduld.

  • Bildung und Verständnis: Informieren Sie sich ausführlich über Schizophrenie, um die Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten zu verstehen.
  • Professionelle Hilfe: Suchen Sie frühzeitig professionelle Unterstützung.
  • Medikamente und Therapie: Die richtige Medikation und Psychotherapie sind oft entscheidend für die Behandlung von Schizophrenie.
  • Unterstützendes soziales Netzwerk: Betroffene benötigen Unterstützung von Familie und Freunden.
  • Kommunikation: Offene Kommunikation ist essenziell. Sprechen Sie über Ängste, Bedenken und Fortschritte.
  • Stressmanagement: Stress kann Symptome verschlimmern.
  • Realistische Erwartungen: Setzen Sie realistische Ziele und Erwartungen für den Alltag.
  • Krisenplan: Erstellen Sie einen Notfallplan für den Fall, dass Symptome sich verschlimmern.
  • Geduld haben: Der Heilungsprozess bei Schizophrenie kann Zeit in Anspruch nehmen.

Jeder Mensch ist einzigartig, daher ist der Umgang mit Schizophrenie individuell.

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