Essstörungen sind psychische Erkrankungen, bei denen das Verhältnis einer Person zu Essen, Körpergewicht und Körperbild gestört ist. Diese Störungen äußern sich oft in extremen Essverhalten, wie zu wenig, zu viel oder unkontrolliert zu essen und in übermäßiger Sorge um das eigene Gewicht oder Aussehen. Essstörungen können erhebliche gesundheitliche, emotionale und soziale Auswirkungen haben.
Was ist eine Essstörung?
Eine Essstörung ist eine psychische Erkrankung, bei der das Verhältnis einer Person zu Essen, Körpergewicht und Körperbild gestört ist. Diese Störungen äußern sich oft in extremen Essverhalten, wie zu wenig, zu viel oder unkontrolliert zu essen und in übermäßiger Sorge um das eigene Gewicht oder Aussehen. Essstörungen können erhebliche gesundheitliche, emotionale und soziale Auswirkungen haben.
Magersucht (Anorexia Nervosa)
Bei der Anorexia Nervosa oder Magersucht handelt es sich um eine Essstörung, bei der ein Gewichtsverlust selbst herbeigeführt ist und die Angst vor einer Gewichtszunahme im Vordergrund der Erkrankung steht. Gemäss den neuen Diagnosekriterien liegt der BMI unter 18.5kg/m2. Der Körper wird trotz Untergewicht zu dick erlebt. Meist sind Körpergewicht und Figur zentral für die Selbstbewertung. Oftmals geht die Erkrankung mit verschiedenen weiteren körperlichen Begleiterkrankungen einher.
Ess-Brech-Sucht (Bulimia Nervosa)
Patientinnen und Patienten mit Bulimia Nervosa oder Ess-Brech-Sucht leiden unter regelmässigen Essattacken, bei denen innerhalb kurzer Zeit eine grosse Menge an Nahrungsmittel gegessen werden. Dabei erleben die Betroffenen einen Kontrollverlust verbunden mit einem hohen Leidensdruck. Die durch den Essanfall befürchtete Gewichtszunahme wird versucht mit Hilfe verschiedener Verhaltensweisen (u.a. selbstinduziertes Erbrechen, übermässigem Sport oder dem Missbrauch von Abführmitteln oder Entwässerungsmitteln) entgegenzuwirken.
Esssucht (Binge-Eating-Störung)
Die Binge-Eating-Störung oder Esssucht ist gekennzeichnet durch wiederholte Essattacken, bei denen grosse Mengen an Nahrungsmitteln gegessen werden. Im Gegensatz zu der Erkrankung der Bulimia Nervosa kommt es bei den Betroffenen jedoch nicht zu gegensteuerndem Verhalten wie beispielsweise Erbrechen. Der Essanfall wird als sehr belastend erlebt und ist oft mit aversiven Gefühlen wie Ekel und Scham begleitet.
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Symptome von Essstörungen
Kennzeichnend für Essstörungen können folgende Symptome sein:
- Ständige Sorgen um Gewicht und Essen
 - Nahrungsverweigerung oder unkontrollierte Essanfälle
 - Heimliches Essen
 - Angst vor Gewichtszunahme
 - Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper
 - Somatische Beschwerden
 - Hoher Leidensdruck
 
Entstehung und Ursachen
Es gibt bei der Entwicklung eines problematischen Essverhaltens nicht nur den einen Grund. Es spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle. Dabei unterscheidet man zwischen Ursachen und Auslösern, welche letztlich zum Ausbruch der Erkrankung führen. Es gibt biologische, individuelle, familiäre und soziokulturelle Ursachen.
Diagnostik
Es ist wichtig, sich so früh wie möglich an eine Fachperson zu wenden. Um eine Diagnose zu stellen, wird zunächst ein ausführliches Gespräch geführt. Organische Ursachen und gestörtes Essverhalten in Folge einer anderen psychischen Erkrankung müssen ausgeschlossen werden.
Es werden weitere verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehören:
- Bestimmung von Gewicht und Körpergrösse zur Berechnung des Body-Mass-Index (kg/m2)
 - Messung von Blutdruck, Puls, Körpertemperatur
 - Kontrolle der Durchblutung und Prüfung, ob aus den Gefässen Flüssigkeit austritt (Ödeme)
 - Untersuchung der Herzfunktion
 - Blutuntersuchung
 - Urinuntersuchung
 - Untersuchung der Leber und Niere
 
Behandlungen
Die Klinik für Psychosomatik und Konsiliarpsychiatrie bietet Unterstützung bei Essstörungen wie Anorexia Nervosa, Bulimia Nervosa, Binge-Eating-Störungen sowie weiterem problematischem Essverhalten. Zudem werden Patientinnen und Patienten mit Übergewicht und Adipositas in Zusammenarbeit mit dem Ostschweizer Adipositaszentrum psychologisch unterstützt.
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Die Behandlung von Essstörungen erfolgt je nach individueller Situation ambulant, teilstationär oder stationär. Eine engmaschige Vernetzung der an der Behandlung beteiligten Partner ist entscheidend für einen nachhaltigen Erfolg. Die spezifische Behandlung der Essstörung erfolgt idealerweise durch Fachpersonen oder Einrichtungen, die Erfahrungen im Umgang mit Essstörungen haben und spezifische Therapieelemente anbieten. Dabei erfolgt der Heilungsprozess in der Regel über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis Jahren.
Ambulante Behandlung
Ambulante Behandlungsmassnahmen stehen in der Regel an erster Stelle. Um die Durchführung einer ambulanten Therapie zu gewährleisten, wird in der Regel ein gewisses Mindestmass an körperlicher und psychischer Gesundheit vorausgesetzt (zum Beispiel ein mindest BMI-Wert, der erreicht werden soll).
Tagesklinische Behandlung
Tagesklinische Behandlungen sind geeignet für gut motivierte Patienten ohne weitere psychische Erkrankungen, bei denen sich das ambulante Setting als nicht ausreichend erwiesen hat, oder als Anschlussprogramm nach einer stationären Behandlung zur Unterstützung des Transfers in den Alltag. Ausgeprägte psychische Komorbidität (wie z.B. Überforderung mit Mahlzeitenstruktur, Nahrungsaufnahme, Essverhalten etc.
Stationäre Behandlung
Voraussetzung für die stationäre Aufnahme bei einer Anorexia nervosa ist ein Mindestgewicht mit einem BMI von 13.5 und die Bereitschaft, kontinuierlich zuzunehmen. Im Abklärungsgespräch wird unser stationäres Behandlungskonzept vorgestellt und als Rahmenvereinbarung unterzeichnet. Im Wesentlichen geht es um eine Gewichtszunahme (500g oder mehr pro Woche), eine Normalisierung des Essverhaltens und eine Reduktion der gewichtsreduzierenden Verhaltensweisen. 18.5 liegt (Anorexie), bzw. Aufbauend auf dem Abklärungsgespräch und der abgeschlossenen Therapievereinbarung wird zunächst die medizinische und psychiatrische Diagnostik ergänzt.
Häufige Fragen
Folgende Fragen können auf eine Essstörung hinweisen:
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- Sind Sie mit Ihrem Essverhalten zufrieden?
 - Machen Sie sich ausgeprägte Sorgen wegen Ihres Gewichts, Ihrer Figur oder Ihrer Ernährung?
 - Beeinflussen Ihr Gewicht und Ihre Figur Ihr Selbstwertgefühl?
 - Übergeben Sie sich, wenn Sie sich unangenehm voll fühlen?
 - Essen Sie manchmal heimlich?
 - Machen Sie sich Sorgen, weil Sie manchmal mit dem Essen nicht aufhören können?
 - Finden Sie sich zu dick, während andere Sie zu dünn finden?
 - Würden Sie sagen, dass das Essen Ihr Leben beeinflusst?
 
Bei Essstörungen ist eine möglichst frühzeitige Behandlung empfohlen. Dadurch können schwere Folgeprobleme und ein häufig chronischer Verlauf verhindert werden. Die Zusammenarbeit von verschiedenen Disziplinen mit bei Bedarf Einbezug von Familie und Freunden kann sinnvoll sein.
Magersucht: Verlauf und Prognose
Eine Anorexia nervosa kann individuell sehr unterschiedlich verlaufen. Grundsätzlich gilt: Je jünger die Patienten und Patientinnen sind, desto besser sind die Heilungschancen. Ausserdem hängt die Prognose auch massgeblich davon ab, wie niedrig das Gewicht ist, wie lange der Betroffene schon magersüchtig ist und welche körperlichen und mentalen Ressourcen er hat. Zudem ist die Unterstützung des sozialen Umfelds und vor allem der Familie extrem wichtig für die Genesung der Magersüchtigen.
Ein Teil der Magersüchtigen kann nicht vollständig geheilt werden. Man geht heute davon aus, dass rund ein Drittel der Magersüchtigen lebenslang mit der Krankheit zu kämpfen hat. Auch nach einer Gewichtsnormalisierung hält bei manchen Betroffenen die verzerrte Einstellung zu Gewicht und Figur an.
Ungefähr 30 Prozent der Betroffenen entwickeln - ausgehend von der Magersucht - eine andere Essstörung: Bulimie (Ess-Brech-Sucht). Hierbei handelt es sich um eine Essstörung, bei der in Heisshungerattacken viel Nahrung aufgenommen und gleich darauf wieder erbrochen wird oder mit anderen Gegenmassnahmen wie exzessivem Sport oder Abführmitteln. Das Verhalten der Magersüchtigen wandelt sich vom vermeidenden zum gegensteuernden bulimischen Verhalten.
Es ist nicht überraschend, dass eine Magersucht, die bereits in der Kindheit oder der frühen Jugend beginnt, besonders gravierende Folgen hat: Erhebliche Entwicklungsverzögerungen, sowohl körperlich als auch geistig, sind eine typische Folge der Mangelernährung. Der Eintritt der Pubertät verzögert sich, und das Wachstum ist gestört.
Die körperlichen Auswirkungen der Magersucht sind oft schwerwiegend, denn die Mangelernährung schädigt die meisten wichtigen Organe. Nicht immer erholt sich der Körper davon vollständig. Manche Folgen wie eine reduzierte Knochendichte oder Unfruchtbarkeit können auch nach einer Gewichtsnormalisierung bestehen bleiben.
Magersucht ist eine sehr gefährliche psychische Erkrankung. Bei einem Teil der Patienten endet die Krankheit tödlich - entweder wegen der massiven Mangelerscheinungen oder aufgrund von Suizid als Folge der begleitenden Depression.
Die Genesung ist ein langwieriger Prozess mit Fort-, aber oft auch mit Rückschritten. Auch nach einem Klinikaufenthalt ist eine längere therapeutische Betreuung notwendig. Aber die gute Nachricht ist: Die Anstrengung lohnt sich.
Früherkennung und Intervention
Da ein möglichst früher Beginn der Behandlung ausschlaggebend ist für die Prognose, spielt die Früherkennung für den Krankheitsverlauf und die Heilungschancen eine wichtige Rolle. Hierfür sollte im Rahmen von Vorsorgeuntersuchung bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 14 Jahren grundsätzlich eine Kontrolle des Gewichtverlaufes mit Bestimmung des Body Mass Index (BMI) erfolgen und gezielt und altersgemäss nach dem Essverhalten und der Einstellung zu Gewicht und Körper gefragt werden(15).
Zur Risikopopulation gehören aufgrund der Inzidenz grundsätzlich Mädchen zwischen 13 und 15 Jahren aus höheren sozialen Schichten(16,17). Zudem sind körperliche Risikofaktoren ein besonders tiefes oder hohes Gewicht, wie auch starke Gewichtsschwankungen. Es gibt Hinweise darauf, dass Patient:innen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Essstörung haben(18,19).
Diagnosekriterien der Magersucht
Die Diagnose Magersucht erfolgt, wenn die folgenden vier Symptome vorliegen:
- Untergewicht (BMI von unter 18,5)
 - selbst herbeigeführter Gewichtsverlust
 - Körperschema-Störung
 
Somatisches Risiko bei Essstörungen
Nach Diagnose einer Essstörung muss vor allem bei einer Anorexie mit raschem Gewichtsverlust oder mehrmals täglichem Erbrechen das Risiko einer akuten somatischen Dekompensation eingeschätzt werden. In den meisten Fällen ist die Situation bei der Erstkonsultation noch nicht derart akut, dass eine sofortige stationäre Behandlung indiziert ist.
Ein ambulanter Behandlungsversuch mittels einer raschen familienbasierten Erstintervention ist immer dann zu empfehlen, wenn die somatische Situation keine sofortige Einweisung erforderlich macht. Grundsätzlich ist bei Essstörungen die kardiale Dekompensation die Haupttodesursache. Entsprechend ist neben dem Gewichtsverlauf die Kontrolle von Blutdruck und Puls bei jeder Konsultation essenziell.
Psychotherapie
Konkret sollen in der Psychotherapie einerseit das Körpergewicht normalisiert und durch das Aneignen von gesünderem Essverhalten nachhaltig stabilisiert werden. Dazu soll ein gesunder Selbstwert entwickelt und zugehörige Kompetenzen aufgebaut und erweitert werden. Dies soll helfen, allfällige ungesunde Schönheitsideale besser einordnen zu können und die Selbst- und Körperwahrnehmung zu stärken. Dabei muss der Fokus nicht zwingend immer nur auf dem Essverhalten liegen. Auch Kompetenzen wie Ausdruck und Regulation von Emotionen werden dabei oft zum Thema im Verlaufe einer Therapie.
Medikamente
Für Essstörungen gibt es bis heute wenige Medikamente, welche einen nachgewiesenen Einfluss auf den Behandlungsverlauf haben. Es gibt jedoch eine Gruppe von Medikamenten, die eine appetithemmende Wirkung haben kann. Unter Umständen kann dies einen Therapieverlauf unterstützen. Eine medikamentöse Behandlung wird in der Regel nur dann zum Thema, wenn zusätzlich die Diagnose einer psychischen Krankheit vorliegen sollte, welche den Einsatz von Medikamenten erfordert.
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