Schizophrenie: Verlauf und Phasen der Erkrankung

Schizophrenie ist eine ernstzunehmende Erkrankung, bei der die betroffenen Personen zwei Wirklichkeiten erleben: die reale Welt und eine Wirklichkeit, die geprägt ist von veränderten Wahrnehmungen, Gefühlen und Gedanken, die nur die Erkrankten erleben und die von Gesunden nicht nachvollzogen und geteilt werden kann.

Verteilung nach Alter und Geschlecht

Das Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken, liegt im Allgemeinen bei etwa einem Prozent. Schizophrenie betrifft Männer und Frauen gleich häufig. Allerdings bricht die Krankheit bei Männern früher aus als bei Frauen. Sie erkranken durchschnittlich im Alter zwischen 20 und 25 Jahren, Frauen dagegen zwischen 25 und 30 Jahren. Warum das so ist, weiss man nicht.

Auch nach dem 30. Geburtstag kann Schizophrenie erstmals auftreten, das kommt aber seltener vor. Theoretisch kann man in jedem Alter daran erkranken. Unabhängig vom Alter unterscheiden sich Symptome, Verlauf, Ursachen und Behandlungsmethoden jedoch nicht. Im höheren Alter kann die Ursache der Schizophrenie allerdings schon länger zurückliegen und muss nicht zu dieser Zeit erlebt worden sein.

Die Symptome selbst unterscheiden sich zwar nicht, aber ihr Inhalt: Bei älteren Erkrankten stehen eher Themen wie Verfolgungs- und Bedrohungswahn, Bestehlungswahn, Eifersuchtswahn, Liebeswahn, Schuldwahn und hypochondrischer Wahn im Vordergrund.

Phasen der Schizophrenie

Schizophrenie ist eine phasenweise verlaufende Erkrankung, wobei der Verlauf von Patient zu Patientin sehr unterschiedlich ist.

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Da sich die Schizophrenie nicht nach einem festen Muster entwickelt, lässt sich der Verlauf der Krankheit am besten in Phasen beschreiben. Es gibt drei Hauptphasen - eine Prodromalphase, eine akute Phase und eine stabile Phase.

Der Begriff „prodromal“ bezieht sich auf den Zeitraum, der dem ersten akuten Schub vorausgeht. Die Prodromal- oder Vorläuferphase entspricht der Zeit vor der ersten psychotischen Episode und kann von einigen Tagen bis zu 18 Monaten dauern. In dieser Phase kann eine Person mit Schizophrenie ungewöhnliche Handlungen oder Verhaltensweisen zeigen, an Gedächtnisproblemen und Konzentrationsschwierigkeiten leiden oder Mühe mit der Kommunikation und der Teilnahme an sozialen Aktivitäten haben.

Nach der Prodromalphase beginnt normalerweise die akute Phase, in der positive Symptome wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen viel Leid verursachen können. Die akute Phase wird in der Regel mit pharmakologischer und psychologischer Unterstützung überwunden; die Symptome lassen nach oder verschwinden in den meisten Fällen sogar ganz. Einige Negativsymptome können bleiben (z. B. vermindertes Interesse an alltäglichen Aktivitäten oder sozialen Ereignissen).

Diese Phase kann sich über mehrere Jahre hinziehen. Dieser Zeitraum wird als stabile Phase bezeichnet. Manche Menschen leiden ihr ganzes Leben lang unter akuten Symptomen - aber auch diese Beeinträchtigungen lassen sich mit Medikamenten und psychologischer Unterstützung verbessern.

Jeder Mensch kann völlig unterschiedliche Muster von Episoden und Symptomen aufweisen. Akute Schübe mit Positivsymptomen können bei manchen Menschen sehr kurz ausfallen und bei anderen mehrere Jahre andauern. Bei manchen Menschen mit Schizophrenie gibt es keine offensichtliche Prodromalphase; die Diagnose wird erst nach der ersten, plötzlich auftretenden akuten Episode gestellt.

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Krankheitsmuster

In der Abbildung unten sehen Sie, mit welcher Häufigkeit Schizophreniepatienten in eines der vier dargestellten Krankheitsmuster fallen. Eine von fünf Personen zeigt nach einer akuten Episode im Laufe ihres Lebens keine weiteren Symptome mehr. Vier von fünf Personen erleiden hingegen in der Zukunft weitere akute Episoden. Das bedeutet nicht, dass alle künftigen akuten Schübe die gleiche Intensität haben werden; ausserdem kann zwischen den Schüben auch eine sehr lange Zeit vergehen.

Beispiel für die Abfolge der Phasen einer Schizophrenie im Laufe der Zeit

PhaseBeschreibung
ProdromalphaseZeitraum vor der ersten psychotischen Episode, der von einigen Tagen bis zu 18 Monaten dauern kann.
Akute PhasePhase, in der positive Symptome wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen auftreten.
Stabile PhasePhase, in der die akuten Symptome nachlassen oder verschwinden, aber einige Negativsymptome bestehen bleiben können.

Früherkennung und Behandlung

Je früher die Behandlung startet, desto grösser sind die Erfolgschancen. Das Wichtigste ist, dass sich der Erkrankte in die Behandlung einfügt und versucht, sich daran zu halten. Der Fortschritt kann Höhen und Tiefen haben, Momente des Stillstands. Der Weg ist nicht geradlinig und das Gefühl von Zeit, von Rhythmus, ist jedem Erkrankten eigen.

Die frühe Erkennung und Behandlung von psychotischen Erkrankungen hat sich in den letzten 15 Jahren zu einem der populärsten Bereiche der modernen Psychiatrie entwickelt. Damit wird dem heute in der Medizin ubiquitär vertretenen Paradigma gefolgt, dass Krankheiten möglichst früh erkannt werden sollen, um entsprechend früh intervenieren zu können.

Herausforderungen in der Behandlung

Zu diesem Zeitpunkt müssen das Umfeld und die Pflegekräfte verstehen, dass eine Person, die die Behandlung ablehnt, zunächst einmal ablehnt, überhaupt krank zu sein. Die Erkrankung verformt die Wahrnehmung der Welt und führt zu falschen Schlüssen. Um die Angst, Not und andere behindernde Symptome zu lindern, gehört eine medikamentöse Behandlung meistens zu den zu erbringenden Hilfeleistungen. Das Vertrauen ist wiederhergestellt.

Schizophrenie ist meistens damit verknüpft, dass es keine Krankheitseinsicht gibt. Denn alle Phänomene, die ich anfangs beschrieben habe, zeichnen sich dadurch aus, dass man sie als wahr erlebt.

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Die wiederkehrenden Krankheitsverläufe haben häufig damit zu tun, dass die Patienten ihre Medikamente aus verschiedenen Gründen absetzen.

Zum einen gibt es natürlich die Nebenwirkungen, die irgendwann nicht mehr toleriert werden. Deshalb muss man schauen, dass die Nebenwirkungen nicht zu sehr überwiegen. Aber es gibt natürlich Nebenwirkungen, die jemanden dazu bringen, die Medikamente abzusetzen. Viele beschreiben auch, dass sie sich emotional wie in Watte gepackt und nicht mehr richtig lebendig fühlen. Schizophrene erleben ihre Welt für sich ja als authentisch. Sie vermissen dann diesen Zustand, so zu sein, wie sie wirklich sind.

Bedeutung des sozialen Umfelds

Das soziale Umfeld hat einen grossen Einfluss: Erhalten Patienten viel Verständnis und Unterstützung durch Freunde und Familie, kann dies den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

Es ist extrem wichtig, dass das Umfeld informiert ist. In unserer Gesellschaft ist das gar nicht so leicht. Wenn man mal in die Gesellschaft von Entwicklungsländern schaut, gibt es dort häufig weniger dramatische, sondern ruhigere Verläufe der Schizophrenie, weil es in der Gesellschaft dort leichter akzeptiert wird. Es wird nicht als ein so grosser Makel angesehen. In unserer Leistungsgesellschaft ist das ein Problem, ist oft auch mit grossen Emotionen und weniger Toleranz verknüpft.

Suizidgefahr

Die Ängste, die eine Schizophrenie verursacht, sind oft sehr belastend für die Patienten und Patientinnen. Nach einigen Rückfällen verfallen die Betroffenen häufig in tiefe Hoffnungslosigkeit. Diese kann sogar zum Suizid führen - die Suizidrate unter Schizophrenie-Patienten liegt bei ungefähr zehn Prozent.

Besonders gefährdet sind junge Männer. Eine gute Einbindung in ein Netzwerk aus Therapeuten, Familie oder Freunden ist daher besonders wichtig.

Erhöhtes Risiko für andere Erkrankungen

Patienten mit Schizophrenie haben ein erhöhtes Risiko für diverse andere Erkrankungen. Dazu zählen Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krebs- und Lungenerkrankungen. Behandelnde Ärzte sollten auf entsprechende Anzeichen bei Schizophrenie-Patienten besonders achten.

Diese Erkrankungen erklären, warum Männer und Frauen mit der Diagnose Schizophrenie eine verkürzte Lebenserwartung haben. Die Todesursache ist in diesen Fällen jedoch nicht die Schizophrenie selbst, sondern die Folge der Erkrankungen.

Prognose

Seit Schizophrenie-Patienten mit einer Kombination aus Neuroleptika und Psychotherapie behandelt werden, hat sich die Prognose der Krankheit deutlich verbessert. Etwa 20 bis 25 Prozent der Patienten werden mit dieser Behandlung wieder ganz gesund.

Aber auch wenn die Patienten nicht vollständig geheilt werden, reicht häufig eine ambulante Betreuung aus, um trotz der Schizophrenie ein weitgehend normales Leben zu führen. Je nach Schwere der Erkrankung ist jedoch eine lebenslange Therapie notwendig.

Die Langzeitfolgen bei Schizophrenie kann man nicht vorhersagen. Jeder Patient und jede Patientin hat einen individuellen Verlauf. Während manche mit zusätzlichen Erkrankungen kämpfen, leiden andere Betroffene gar nicht unter Langzeitfolgen. Das variiert je nach Person und Behandlung.

Dass man Schizophrenie heilen kann, steht also ausser Frage. Dennoch beeinflussen die Form, die Betroffenen selbst und die zur Verfügung stehende Behandlung den Krankheitsverlauf und die Prognose. Grundsätzlich ist das Ziel der Therapie aber immer die Heilung.

Eine Schizophrenie im Endstadium gibt es nicht. Die fortgeschrittene Schizophrenie äussert sich vielmehr in einer chronischen Form. Die Symptome eines „Schizophrenie-Endstadiums“ sind also die der chronischen Schizophrenie.

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