Verhalten nach natürlichem Abgang: Was Sie beachten sollten

Eine Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft kann sich sehr unterschiedlich zeigen: Auf dem Ultraschall ist kein Herzschlag mehr zu erkennen, in der Fruchtblase entwickelt sich kein Embryo, oder die Frau erleidet eine starke Blutung. Bis zu 31 Prozent der Schwangerschaften enden vor der vollendeten 12. Schwangerschaftswoche. Doch nur in 10 Prozent der Fälle bekommt die Mutter dies auch bewusst mit, denn in den ersten Wochen bleibt die Schwangerschaft oft unbemerkt.

Anett Hernadi, Gynäkologin am KSB, berät Paare nach einer Fehlgeburt. Im Falle einer Fehlgeburt möchten manche Frauen möglichst schnell wieder schwanger werden, andere brauchen hingegen Zeit, um den Verlust des Kindes zu verarbeiten. Anett Hernadi beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wichtige Fragen und Antworten nach einer Fehlgeburt

Wann darf man nach einer Fehlgeburt wieder Sex haben?

Solange die Blutung nach der Fehlgeburt noch andauert, ist das Infektionsrisiko leicht erhöht. Aber wenn die Blutung vorbei ist, spricht nichts gegen ungeschützten Geschlechtsverkehr. Beide Partner sollten aber innerlich wieder bereit sein für eine erneute Schwangerschaft.

Kann man nach einer Fehlgeburt auch vor Einsetzen der ersten Menstruation schwanger werden?

Ja, eine erneute Schwangerschaft ist bereits vor der ersten regulären Periode möglich.

Hat die Art der Fehlgeburt Auswirkungen auf eine erneute Schwangerschaft?

Meistens nein. Auf welche Art die Schwangerschaft endet, hat in der Regel keinen Einfluss auf eine erneute Schwangerschaft. Den meisten Fehlgeburten liegen chromosomale Probleme oder mütterliche, vor allem anatomische Probleme zugrunde. Oft findet man aber auch keine Ursache dafür.

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Bei einem Spontanabort verliert die Frau das Kind direkt durch eine spontan einsetzende Blutung. Hingegen erfolgt die Fehlgeburt bei einer Missed Abortion oder einem sogenannten Windei oft ohne äusserliche Anzeichen. Bei einer Missed Abortion wächst der Embryo nicht weiter. In diesem Fall ist im Ultraschall kein Herzschlag mehr nachweisbar. Bei einem Windei entwickeln sich in der Fruchtblase keine kindlichen Anteile. Beide Fälle werden per Ultraschall festgestellt.

Danach gibt es drei Optionen. Diese bespricht das KSB mit den Patientinnen:

  • Man wartet ab, bis der Körper die Schwangerschaft selbständig abbaut. Dies kann gegebenenfalls länger dauern oder erfolglos sein.
  • Die Patientin nimmt ein Medikament ein, das eine vaginale Blutung einleitet. Das nennt sich auch Abortinduktion. Mit der Blutung endet die Schwangerschaft.
  • Die Schwangerschaft lässt sich durch einen operativen Eingriff (Ausschabung/Curettage) beenden.

Mit den Betroffenen versuchen wir, gemeinsam einen passenden Weg zu finden. Falls das Abwarten nicht die gewünschte Wirkung zeigt, besprechen wir die weiteren zwei Optionen.

Ist es besser, mit der nächsten Schwangerschaft abzuwarten?

Studien zeigen: Eine erneute Schwangerschaft innerhalb von 3 Monaten geht sogar mit einer niedrigeren Fehlgeburtenrate einher als ein Schwangerschaftseintritt erst nach 6 bis 18 Monaten.

Gibt es ein erhöhtes Risiko für eine zweite Fehlgeburt?

Das hängt von den Ursachen der Fehlgeburt ab. Falls zum Beispiel eine mütterliche Erkrankung vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Fehlgeburt erhöht. Im Fall der häufig «zufälligen» chromosomalen Störung des Fötus ist das Risiko einer erneuten Fehlgeburt nicht unbedingt erhöht.

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Sollten Betroffene bei der nächsten Schwangerschaft besonders vorsichtig sein?

Man sollte wie bei jeder Schwangerschaft Stress möglichst vermeiden und auf Rauchen und Alkohol verzichten. Wer Übergewicht hat, sollte bereits vor eintretender Schwangerschaft versuchen, das Gewicht zu reduzieren. Ziel sollte ein BMI von unter 25 sein.

Ist eine Blutung ein Anzeichen für eine erneute Fehlgeburt?

Eine einmalige Schmierblutung in der Frühschwangerschaft ist meistens kein Grund zur Sorge. Wenn die Schwangere unsicher ist, sollte sie jedoch vom Gynäkologen abgeklärt werden. Während einer Blutung verzichtet man besser auf Geschlechtsverkehr.

Wann sollte die Frau weitere Abklärungen vornehmen lassen?

Hatte eine Frau drei Fehlgeburten hintereinander, ist eine weitere Ursachenabklärung im Kinderwunschzentrum empfehlenswert.

Sollte sich bei gehäuften Fehlgeburten auch der Vater untersuchen lassen?

Bei einer Abklärung im Kinderwunschzentrum werden meistens Untersuchungen auch für zukünftige Väter indiziert.

Wie können Betroffene nach einer Fehlgeburt eine erneute Schwangerschaft möglichst beruhigt angehen?

Als Erstes sollte sich die Betroffene bewusst sein, dass eine Fehlgeburt keine seltene Komplikation ist. In den meisten Fällen erfolgt die nächste Schwangerschaft ohne Komplikationen. Ebenso sollten sie versuchen, Stress zu vermeiden. Entspannungsübungen, Yoga oder Pilates können helfen. Belastende Ängste sollten Frauen mit Kinderwunsch offen mit dem betreuenden Gynäkologen besprechen.

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Weitere Aspekte und Unterstützung

Nach einer Fehlgeburt ist das Trauern um das Baby sehr wichtig. Nicht nur Mütter trauern, auch Väter. Sie sind zudem doppelt belastet, einerseits durch den Verlust ihres Kindes und durch das Leid der Frau. Denn viele Frauen empfinden grosse Trauer durch den Abgang, auch dann, wenn die Schwangerschaft nur kurz bestand.

Es gibt kein grundsätzliches richtiges Verhalten nach einer Fehlgeburt. An der Fachstelle FpK beraten wir grundsätzlich individuell, da die betroffenen Eltern sehr persönlich mit diesem Verlust umgehen. Manche Mütter erleben die Fehlgeburt als trauriges Ereignis jedoch nicht so belastend, da sie für ihr Kind in diesem frühen Stadium noch keine intensiven Muttergefühle hegen. Andere Mütter hingegen sehr. Ihnen empfehlen wir, ihrer Trauer und ihrem verstorbenen Kind einen Platz zu geben. Das kann bedeuten, in der Wohnung einen Ort für das Kind und die Trauer zu schaffen. Eine Kerze anzünden, einen symbolischen Gegenstand aufstellen, dem Kind einen Brief schreiben oder ihm einen Stellenwert durch seinen Namen geben.

Problematisch wird es, wenn die Eltern über den Zeitpunkt einer erneuten Schwangerschaft nicht einig sind oder die Angst vor einer weiteren Fehlgeburt verstärkt auftritt. Ein Gespräch bei einer Beratungsstelle und Begleitung durch Fachpersonen kann helfen.

Vielleicht hilft Ihnen die Erkenntnis, dass Sie nicht die einzige Mutter sind, die ihr Kind verloren hat. Haben Sie enge Freundinnen oder andere Frauen, die Ihnen sehr nahestehen? Tasten Sie sich langsam in einem passenden Moment an das Thema heran. Vielleicht treffen Sie auf eine Leidensgenossin, die Ihnen Hilfe und Rat geben kann und mit der Sie sich austauschen können.

Im Freundes- und Bekanntenkreis werden Sie natürlich viel Zuspruch und Unterstützung erfahren. Aber bald ist für die meisten Aussenstehenden das Thema abgehakt. So kann der Austausch mit Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe oder in einem Internetforum eine Alternative sein. Diese Menschen sind ebenso involviert wie Sie selbst, so müssen Sie keine Angst haben auf ein Gegenüber zu treffen, welches dem Thema überdrüssig ist.

Vielen Paaren hilft auch ein persönliches Ritual, um von ihrem Kind Abschied zu nehmen: Dem Kind einen Namen geben, so bekommt es in der Familie einen Stellenwert. Gerade in der ersten Zeit kann es helfen, ein Symbol in Form einer Kette oder eines Armbandes zu tragen. So ist das Kind indirekt immer bei Ihnen. Ein kleiner Altar zuhause. An dem Sie Abends eine Kerze anzünden, eine Blume aufstellen und die Erinnerungsstücke wie erste Schwangerschaftsfotos darum drapieren.

Zusammenfassung

Eine Fehlgeburt ist ein einschneidendes und belastendes Erlebnis für die Eltern. Jede Frau, jede Familie trauert ganz individuell. Um die Trauerarbeit zu erleichtern und eine allfällige Bestattung zu vereinfachen, können die Eltern aber auch Fehlgeburten unter 500 Gramm und vor der 22. Schwangerschaftswoche beurkunden lassen.

Wenn sich die Trauer immer mehr zum Lebensmittelpunkt entwickelt und vermehrt depressive Zustände auftreten, sollten Sie fachliche Hilfe bei einem Psychologen in Anspruch nehmen.

Buch und Link-Tipps zum Thema Fehlgeburt und Kindstod:

  • Heike Wolter: Meine Folgeschwangerschaft - Begleitbuch für Schwangere, ihre Partner und Fachpersonen nach Fehlgeburt, stiller Geburt oder Neugeborenentod.
  • Hannah Lothrop: Gute Hoffnung - jähes Ende: Fehlgeburt, Totgeburt und Verluste in der frühen Lebenszeit. Begleitung und neue Hoffnung für Eltern.
  • www.fpk.ch: Fachstelle Fehlgeburt und perinataler Kindstod. Beratung für betroffene Familien, Informationen und Schulungen für involvierte Fachpersonen. Info - Telefon 031 333 33 60.
  • www.engelskinder.ch: Homepage für Eltern, die ihr Kind durch eine Fehlgeburt und Totgeburt verloren haben.
  • www.sids.ch: Die Elternvereinigung SIDS Schweiz ist ein Zusammenschluss von Eltern, die ein Kind durch Plötzlichen Kindstod verloren haben.

Die Geburt soll als enorm intensives, anstrengendes, aber schönes Ereignis in Erinnerung bleiben. Moderne Geburtshilfe ist in der Lage, das Risiko für Mutter und Kind auf ein Minimum zu senken und die Geburtsschmerzen in jeder Situation zu lindern oder ganz zu eliminieren.

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