Morbus Crohn und psychischer Stress: Ein Überblick

Stress kennt eigentlich jeder Mensch im Alltag oder Beruf. Es dürfte kaum einen Menschen geben - ob jung oder alt - der noch niemals im Leben Stress hatte. Er gehört einfach zum Leben dazu. Bekannt ist, dass negativer Stress erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Körper und Psyche haben kann. Ärztinnen und Ärzte bringen Stress heute mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung, zum Beispiel mit Magen-Darm-Krankheiten wie dem Reizdarmsyndrom (RDS) oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzinfarkt. Dauerstress bedeutet wiederum ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen wie das Burnout-Syndrom oder Depressionen.

Prinzipiell gilt: Wer keine geeigneten Strategien zur Stressbewältigung hat, kann körperlich und seelisch krank werden, sofern der Stress länger andauert. Auch wenn ein Zuviel an Stress Menschen krank machen kann - in der Regel ist Stress nicht der alleinige Auslöser einer Erkrankung ist, sondern eher ein Risikofaktor, der Erkrankungen begünstigen kann. Auch die Diagnose einer schweren oder chronischen Krankheit verursacht bei den meisten Menschen enormen Stress.

Die Unterscheidung zwischen positivem und negativem Stress

Es gibt verschiedene Arten von Stress:

  • Positiver Stress (Eustress): Grosse Freude, Aufregung und die Erwartung positiver Ereignisse können Menschen beflügeln, antreiben und ihnen Energie verleihen.
  • Negativer Stress (Distress): Sorgen, Nöte und Ängste, etwa aufgrund einer Erkrankung, aber auch die digitale Dauererreichbarkeit oder zu hohe Belastungen in Beruf und Familie können negativen Stress verursachen.

So einfach ist diese Unterscheidung zwischen positivem und negativem Stress allerdings oft nicht. Denn Eustress kann sich nach einiger Zeit auch in Distress umwandeln. Ob etwas stressig ist oder nicht - dabei spielen auch die individuelle Wahrnehmung, Haltungen und Einstellungen sowie die Fähigkeit eines Menschen, mit Stress umzugehen, eine Rolle. Denn längst nicht alle Menschen leiden in den gleichen Situationen und im selben Ausmass unter Stress. Während der eine schnell unter Druck gerät, bleibt der andere auch in schwierigen und herausfordernden Situationen noch entspannt und gelassen. Es gibt aber Situationen, die für die meisten Menschen Distress auslösen.

Stress und seine Auswirkungen auf den Körper

Wenn der Körper unter Stress gerät, setzt er verschiedenste Prozesse in Gang. Diese können Sie nicht willentlich steuern, sondern sie laufen autonom ab. Das Hormon Kortisol steigert ebenfalls den Blutdruck und Blutzucker und beeinflusst den Gehirnstoffwechsel. Wenn Sie Dauerstress haben und keine geeigneten Gegenmassnahmen ergreifen, etwa Entspannungsmethoden oder Sport, schüttet der Körper kontinuierlich Kortisol aus.

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Stress wirkt auf vielerlei Ebenen und betrifft den Körper, die Psyche, den Geist und das Verhalten:

  • Körperlich: z. B. Psychische Erkrankungen, z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, z. B. Magen-Darm-Erkrankungen, z. B. Infektionen: Dauerstress setzt die Abwehrkräfte des Körpers herab - er wird anfällig für Infektionen mit Keimen aller Art: Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten.
  • Psychisch und emotional: z. B.
  • Geistig (kognitiv): z. B.
  • Verhalten: z. B.

Morbus Crohn: Eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung

Morbus Crohn ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED), die in Schüben verläuft und sich auf den gesamten Verdauungstrakt erstrecken kann. Dabei wechseln sich häufig kranke mit gesunden Darmabschnitten ab. Es können auch andere Organe und Körperregionen betroffen sein. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten. Am häufigsten erkranken junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren. Studiendaten zeigen, dass das Auftreten von Morbus Crohn immer häufiger wird, gerade bei jungen Leuten.

Die Entzündung im Körper ist immer da - auch wenn du sie gerade nicht spürst. Wie, ob und wann sie in Erscheinung tritt, lässt sich nicht vorhersagen. Morbus Crohn kann ganz unterschiedlich ausgeprägt sein: mit mildem Krankheitsverlauf und seltenen Beschwerden oder auch mit häufigen und starken Symptomen. Typisch ist der Wechsel zwischen Schüben mit heftiger Entzündungsaktivität und Ruhe- bzw. Remissionsphasen. Die Erkrankung kann aber auch über längere Zeit anhalten oder nur ganz sporadisch auftreten. Therapeutisch heilen lässt sie sich bis jetzt nicht.

Bisher weiss niemand so genau, wodurch Morbus Crohn ausgelöst wird. Die Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenkommen müssen, damit die Krankheit ausbricht. In Frage kommen (neben möglicherweise noch unbekannten Ursachen) etwa: Umwelteinflüsse, ein Ungleichgewicht der Darmflora (Dysbiose), Störungen der Barriere-Funktion der Darmschleimhaut und des Immunsystems, eine erbliche Komponente, Stress und eine ungünstige Ernährung.

Ist Stress ein Auslöser von Morbus Crohn?

Aus Studien weiss man, dass sowohl Stress als auch Angst und psychische Probleme als alleiniger Auslöser für den Crohn ausscheiden. Man vermutet allerdings, dass diese Faktoren akute Schübe auslösen können. Personen mit viel Stress - vor allem am Arbeitsplatz - erleiden häufiger einen neuen Krankheitsschub als diejenigen, die auf eine entspannte und ausgeglichene Lebensweise achten. Umgekehrt kann Morbus Crohn, wie viele andere chronische Erkrankungen auch, Stress für die Seele bedeuten und deine Psyche in Mitleidenschaft ziehen. Ängstlichkeit, Unruhe und Depressionen sind in diesem Fall typische psychische Auffälligkeiten, die in der ärztlichen Praxis als Begleiterkrankung (Komorbidität) der CED erkannt und behandelt werden sollten.

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Die Darm-Hirn-Achse

Die Psyche hat einen starken Einfluss auf den Körper, insbesondere auf den Darm. Seit Langem kennt die Medizin die sogenannte Darm-Hirn-Achse, die einen direkten Kommunikationsdraht aus Nervenfasern vom Verdauungstrakt zum Hirn und wieder zurück bildet. Auch weiss man, dass die seelische Verfassung das Immunsystem beeinflusst.

Tatsächlich sind Darm und Hirn direkt über die sogenannte Bauch-Hirn-Achse miteinander neuronal vernetzt, über die sie kommunizieren. Hinzu kommen die eingeschränkte Lebensqualität und die reduzierten Möglichkeiten, am sozialen Leben teilzunehmen, die Patienten mit schweren Krankheitsverläufen belasten.

Umgang mit Stress und Morbus Crohn

Stress müssen Sie nicht einfach so hinnehmen. Sie können selbst etwas dazu beitragen, dass der Druck nachlässt und Sie den Stress dauerhaft lindern. Auch zur Vorbeugung (Prävention) von Stress eignen sich solche Strategien zur Stressbewältigung. Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt oder der Ärztin, welche Anti-Stress-Technik am besten zu Ihnen passt. Vielleicht müssen Sie auch mehrere ausprobieren, um eine geeignete Methode nach Ihren Vorlieben und Möglichkeiten zu finden.

Bei Stress hilft oft ein Gespräch mit einem Arzt, einer Psychologin oder Psychotherapeutin. Dabei berichten Sie von Ihrer persönlichen Lebenssituation, Ihrem Beruf und Ihren Freizeitaktivitäten. Auch bestehende Erkrankungen (z. B. Krebs, Magen-Darm-Erkrankungen, chronische Schmerzen) sowie Behandlungen, die Sie durchlaufen haben oder noch absolvieren müssen, spielen eine Rolle im Gespräch. Oft nimmt der Druck schon dadurch ab, dass Sie alles offen und ehrlich aussprechen, was Ihnen Sorgen oder Ängste bereitet. Gemeinsam können Sie auch mögliche Stressauslöser identifizieren und überlegen, ob und wie sich diese abstellen lassen. Vertrauen Sie sich also einem Experten oder einer Expertin an.

Entspannungstechniken zur Stressbewältigung

  • Autogenes Training: Das Autogene Training ist eine Art Selbsthypnose, durch die Sie körperliche Funktionen wie die Durchblutung, den Puls und die Atmung in einen ruhigeren Zustand versetzen. Über die gedankliche Konzentration - nicht durch Muskelkraft - gelangen Sie zur Ruhe und Entspannung.
  • Progressive Muskelentspannung: Diese Entspannungstechnik basiert darauf, verschiedene Muskelgruppen nacheinander anzuspannen und wieder zu entspannen. Wenn Sie alle Muskelgruppen „durcharbeiten“, entspannt sich schliesslich der gesamte Körper.
  • Achtsamkeitstraining (Mindfulness Based Stress Reduction = MBSR): Beim Achtsamkeitstraining geht es darum, Ihre Aufmerksamkeit auf den Moment und ins Hier und Jetzt zu lenken. Sie blicken dabei weder zurück in die Vergangenheit noch in die Zukunft. Es geht nur um Ihre Wahrnehmung (z. B. Empfindungen, Atmung, Bedürfnisse), Akzeptanz und den angenehmen Kontakt zu sich selbst und der Umgebung.
  • Imagination: Bei der Imagination nutzen Sie Ihre Vorstellungskraft. Ziel ist es, positive Empfindungen und Gefühle auszulösen. Sie können sich beispielsweise vorstellen, über eine Blumenwiese zu laufen, auf einem Berg zu sein oder einen Spaziergang im Wald oder am Strand zu unternehmen.
  • Yoga: Hinter dem Yoga steckt eine umfassende Philosophie mit Meditation, körperlichen Übungen und Atemtechniken. Das Yoga setzt eine Vielzahl an Figuren und Bewegungen (Asanas) ein, die oft aus der Natur abgeleitet sind.
  • Tai Chi und Qigong: Beim Tai Chi führen Sie langsame und fliessende Bewegungen aus. Qigong basiert auf Körper-, Meditations- und Atemübungen, die den Energiefluss im Körper verbessern sollen.
  • Kognitive Stressbewältigung: Sie erlernen dabei, stressauslösende Denkweisen und Verhaltensmuster aufzuspüren. Durch gedankliche Manöver erlernen Sie anschliessend, solche stressigen Gedanken in Sichtweisen umzuwandeln, die Sie weniger unter Druck setzen.

Weitere Empfehlungen

Ein erster guter Schritt hin zu einer stressfreieren Lebensführung ist ein strukturierter Tagesablauf, in den ausreichend Pausen eingeplant sind. Auch mit der regelmässigen Ausübung von entspannungsfördernden Aktivitäten kannst du deinen Stresslevel und damit das Schubrisiko mindern. Die Entspannungstechniken können auch gegen Bauchschmerzen helfen.

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Bei Morbus Crohn ist Rauchen als wichtiger Risikofaktor für den Krankheitsausbruch und einen schwereren Krankheitsverlauf bekannt.

Zur Symptomlinderung trägt auch eine gesunde und ausgewogene Ernährung bei, ganz abgesehen von ihren allgemeinen gesundheitsförderlichen Effekten. Am wichtigsten ist aber, dass du selber ausprobierst, was dir gut tut, und was nicht.

Ernährungsempfehlungen bei Morbus Crohn

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über empfohlene und zu vermeidende Lebensmittel bei Morbus Crohn:

Empfehlenswert Besser vermeiden
Obst und Gemüse raffinierter Zucker
Hülsenfrüchte Getränke mit Zucker oder Süssstoffen
Vollkornprodukte Säfte
Nüsse, Samen Süssigkeiten
Milch- und Milchprodukte Margarine, Maiskeimöl, Distelöl
Eier Alkohol
Fisch rotes Fleisch und verarbeitete Fleischwaren
weisses Fleisch Fast Food

Sport und Bewegung bei Morbus Crohn

Körperliche Aktivität wirkt sich auf zahlreiche Funktionsbereiche im menschlichen Organismus positiv aus. Bereits moderate Bewegung baut Muskeln auf und Stress ab. Körperliches Training kann dir helfen, mit deiner Erkrankung besser umzugehen, die Krankheitsaktivität zu reduzieren und den Medikamentenbedarf zu vermindern. Allerdings schränken manche Umstände, die eine CED mit sich bringt, die Sporttauglichkeit und das Spektrum der in Frage kommenden Sportarten ein.

Es klingt vielleicht banal, ist aber tatsächlich wichtig: Suche dir am besten die Bewegungsart aus, mit der du dich am wohlsten fühlst und die dir am meisten Spass macht. Ideal ist die Kombination verschiedener Trainingsarten, denn zur Bewegung und körperlichen Anspannung gehört auch die Entspannung.

Besprich dein Trainingsprogramm vorab und anschliessend immer wieder mit deinem Arzt: Er kann dir seine ärztliche Einschätzung zur Art und Intensität deines körperlichen Trainings geben.

Geeignete Sportarten:

  • Ausdauersportarten: z.B.
  • Ballsportarten: z.B. Badminton (schonender für den Schlagarm als Tennis oder Squash).
  • Beweglichkeit, Konzentration, Meditation, Einklang von Körper und Seele: z.B.
  • Muskelaufbau, Körperhaltung und -wahrnehmung: z.B. Pilates (Stärkung v.a.

Überfordere dich nicht! Fang erstmal ganz moderat an und steigere die Intensität langsam, um deinen Körper Schritt für Schritt an die Belastungen zu gewöhnen. Was leicht übersehen wird: Pausen sind für den Trainingserfolg enorm wichtig! Höre auf deinen Körper und achte auf seine Signale!

Früherkennung und Behandlung

Bei dem Morbus Crohn spielt die Früherkennung insofern eine Rolle, weil Betroffene ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs haben. Und allgemein gilt: Ein frühzeitig entdeckter Morbus Crohn lässt sich auch besser behandeln.

Morbus Crohn zählt zu den chronischen Krankheiten, die Sie ein Leben lang begleiten. Heilbar ist Morbus Crohn bisher nicht. Aber die Darmkrankheit lässt sich gut behandeln, sodass oft ein normaler Alltag bei guter Lebensqualität möglich ist. Morbus Crohn verläuft individuell sehr verschieden. Daher lassen sich keine allgemeinen Aussagen zur Prognose treffen. Die meisten Menschen können ihren Alltag gut bestreiten und ihren Beruf ausüben. Die Lebenserwartung ist ebenfalls kaum eingeschränkt.

Morbus Crohn wird medikamentös behandelt mit Präparaten, die Entzündungen bremsen und das Immunsystem hemmen. Bei Darmdurchbrüchen, Darmverschluss, Abszessen oder Fistelbildungen werden auch operative Eingriffe nötig.

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