Tabletten gegen aggressives Verhalten: Ursachen und Behandlungen

Aggressionen sind ein komplexes Phänomen, das verschiedene Ursachen haben kann. Sie äußern sich durch Handlungen, die darauf abzielen, ein Lebewesen oder einen Gegenstand zu schädigen. Dabei kann Schädigung auf unterschiedliche Weise geschehen, wie durch direkten körperlichen Angriff, psychische Bedrohung, unterlassene Hilfeleistung oder Verletzung durch Ironie.

Ursachen von Aggression

Aggressionen können entstehen, wenn sich ein Mensch in einer für ihn bedeutsamen Situation gestört oder behindert fühlt. Auslöser können Zwang, Beleidigung, Überforderung, Ungerechtigkeit, Normverletzung oder unnötige Belästigung sein. Wiederholt aggressives Verhalten führt häufig zu sozialer Isolation, aber soziale Isolation kann auch Ursache für erhöhte Aggressionsbereitschaft sein.

Wie zeigen sich Aggressionen?

Aggressionen können sich auf verschiedene Arten zeigen:

  • Offen: Jemand schreit herum.
  • Verdeckt: Gerüchte oder Lästereien.
  • Körperlich: Schlagen oder Treten.
  • Nach innen gerichtet (Autoaggression): Nägel kauen oder Haare ausreißen.
  • Gesellschaftlich gebilligt und akzeptiert: Handlungen in Notwehr.
  • Dissozial: Gesellschaftlich missbilligte Aggressionen, wie Mord, Totschlag oder Folter.

Medikamentöse Behandlung von aggressivem Verhalten

Bei Kindern und Jugendlichen kommen Medikamente am häufigsten in Zusammenhang mit aggressivem Verhalten zur Anwendung. Antipsychotika zeigen in Studien den besten Erfolg. Das Antipsychotikum Risperidon wird bei dieser Problematik häufig angewendet. Antipsychotika können auch zu einer Symptomminderung bei Hyperaktivität, Stereotypien, repetitiven Verhaltensweisen, Selbstverletzungen und Tics führen.

Es gibt keine Psychopharmakotherapie, die gezielt die kognitiven Einbussen bei einer Intellektuellen Entwicklungsstörung beeinflussen kann. Hingegen können spezifische psychopathologische Symptome und Verhaltensweisen durchaus durch Psychopharmaka verbessert werden.

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Spezifische Medikamente und ihre Anwendung

  • Antipsychotika: Können Symptome wie Aggressivität, Hyperaktivität, Stereotypien, repetitive Verhaltensweisen, Selbstverletzungen und Tics mindern. Risperidon ist ein häufig verwendetes Antipsychotikum.
  • Antidepressiva: Können Verbesserungen bei Depressionen, Zwängen und Verhaltensweisen mit häufigen Wiederholungen von Bewegungen oder im Sprechen (Perseverationen) bewirken.
  • Phasenprophylaktika (z.B. Lithium): Bewirken eine Verbesserung bei starker Stimmungslabilität, aber auch bei Selbstverletzungen.
  • Stimulanzien: Werden bei begleitenden hyperkinetischen Störungen (ADHS) eingesetzt.

Medikamentöse Behandlung von Delir

Oft führt ein Delir auch zu Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressivität, Agitation, Angst und/oder zu wahnhaftem Erleben und Halluzinationen. Diese Symptome können zu Selbst- und Fremdgefährdung führen und sollten medikamentös behandelt werden.

Für alle diese Medikamente und auch solche, die in diesem Artikel nicht behandelt werden, gilt, dass die Studienlage im besten Fall sehr heterogen ist, meist jedoch negativ bei insgesamt leider sehr vielen methodisch unzureichend durchgeführten Studien. Alle Medikamente, ausser Haloperidol, die wir zur Behandlung des Delirs einsetzen, werden in der Schweiz «off-label» verwendet.

Haloperidol

Haloperidol (seit 1958 auf dem Markt) ist das am besten untersuchte Medikament in Bezug auf die Behandlung von Patienten mit Delir. Es wurde in zahlreichen Studien untersucht. Haloperidol scheint die Symptome eines Delirs (insbesondere Agitation, Aggression und psychotische Symptome/Halluzinationen) zu verbessern, jedoch nicht zu einem besseren Outcome der Patienten in Bezug auf Mortalität, Beatmungs- und Hospitalisationsdauer und Entwicklung von Komplikationen führt.

Risperidon

Es ist zur vorübergehenden Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit Alzheimer-Krankheit sowie zur Behandlung von Schizophrenie und psychotischen Symptomen zugelassen. Wir verwenden niedrig dosiertes Risperidon bei Patienten mit Delir, die ein wahnhaftes Erleben haben, mit gutem Erfolg, aber auch bei solchen mit aggressiven Durchbrüchen erzielen wir gute Ergebnisse. Insgesamt ist Risperidon deutlich besser verträglich im Hinblick auf extrapyramidalmotorische Symptome als Haloperidol.

Quetiapin

Quetiapin ist wahrscheinlich das auf der Normalstation am häufigsten eingesetzte Medikament zur Behandlung von Symptomen eines Delirs. Es ist in der Schweiz zur Behandlung von Schizophrenie und bipolaren Störungen zugelassen und ist in den Dosierungen, die im Allgemeinen zur Behandlung bei Delir verwendet werden, gut verträglich. Insbesondere bei älteren Patienten führt es jedoch zu einer relevanten Blutdrucksenkung, die Stürze begünstigen kann. Zudem kann es recht sedierend wirken.

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Melatonin

Ziel des Einsatzes von Melatonin bei Delir ist die Normalisierung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Hierbei sind keine relevanten Nebenwirkungen zu erwarten, was dieses Medikament zu einer eleganten Lösung macht. Es gibt mittlerweile einige Studien zur Behandlung von Menschen mit Delir, die jedoch keine überzeugenden Ergebnisse lieferten. Der Einsatz kann daher aktuell nicht empfohlen werden.

Alpha-2 Agonisten (Dexmedetomidin und Clonidin)

Dexmedetomidin (Zulassung 2011) hat eine sedierende, analgetische und angstlösende Wirkung und führt zu einer Sedierung mit guter Weckbarkeit. Das Medikament wird kontinuierlich intravenös auf Intensivstationen zur Sedierung eingesetzt und ist mittlerweile sehr gut untersucht. Es konnte im Vergleich zur Sedation mit Propofol, Midazolam oder der Gabe von Haloperidol sowie im Vergleich zu Plazebo sehr gute Ergebnisse vorweisen. Die Datenlage zu Clonidin ist recht übersichtlich. In einer kleinen Studie bei geriatrischen Patienten konnte im Vergleich zu Plazebo kein Unterschied in Bezug auf die Dauer des Delirs, der Länge des Spitalaufenthalts und der Anwendung von Rescuemedikation gezeigt werden.

Acetylcholinesterasehemmer

Rivastigmin (2-mal täglich oral) wurde in zwei randomisierten plazebokontrollierten Studien untersucht. Die grössere der beiden Studien, in der Rivastigmin zusätzlich zur üblichen Therapie mit Haloperidol versus Plazebo bei Erwachsenen auf der Intensivstation verglichen wurde, musste vorzeitig abgebrochen werden. Acetylcholinesterasehemmer haben ihre Indikation weiterhin in der Behandlung von Demenzen bei Alzheimer-Krankheit oder Morbus Parkinson. Sie sind als Tabletten, Lösung oder Patch erhältlich. Häufige unerwünschte Wirkung ist eine Urininkontinenz.

Benzodiazepine

Die einzige Indikation zum Einsatz von Benzodiazepinen bei Delir besteht für die Behandlung eines Alkoholoder Benzodiazepinentzugs. Bei bekanntem Alkoholabusus sollten Benzodiazepine auch schon prophylaktisch eingesetzt werden. Auf Basis der aktuellen Datenlage können Benzodiazepine nicht zur Behandlung eines Delirs empfohlen werden. Neben Sedation und Steigerung des Sturzrisikos können Benzodiazepine paradoxe Reaktionen hervorrufen. Zudem treten eine rasche Abhängigkeit sowie Toleranzentwicklung auf.

Wichtige Hinweise zur medikamentösen Behandlung

  • Bei Menschen mit einer Intellektuellen Entwicklungsstörung können häufiger Nebenwirkungen auftreten.
  • Halluzinationen sollten nur behandelt werden, wenn sie für den Patienten belastend sind.
  • Allein die Diagnose Delir darf nicht zur automatischen Verordnung einer Medikation führen.
  • Alle in der Akutphase zur Behandlung von Symptomen eines Delirs eingesetzten Medikamente müssen vor Austritt aus dem Spital wieder abgesetzt werden.

Nicht-medikamentöse Behandlungen

Wer unter aggressivem Verhalten leidet, benötigt häufig Hilfe. Es geht darum herauszufinden, was die Aggressionen auslöst - eine Psychotherapie ist eine Möglichkeit dazu. Aber auch tiefgehende Gespräche mit Eltern, Freunden oder Lehrern sind in manchen Fällen schon hilfreich.

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Die Basis jeder Behandlung eines Patienten mit Delir besteht zum einen aus der Diagnostik und Behandlung der auslösenden somatischen Ursache, wie Harnwegsinfekt, Sepsis, Hirnschlag oder von Schmerzen.

Psychotherapie

Die Psychotherapie der Intellektuellen Entwicklungsstörung zielt auf Verhaltens- und Einstellungsänderungen ab. Primär sollen dabei psychisches Leid und problematische Verhaltensweisen reduziert werden. Dies kann wiederum zu einer Verbesserung des Anpassungsverhaltens und der Lernmöglichkeiten von Betroffenen führen. Ein besonderer Fokus ist auf die einfache und verständliche Vermittlung von Therapieinhalten zu legen.

Damit durch Psychotherapie Veränderungen erzielt werden können, müssen sich Betroffene darauf einlassen können, einen Leidensdruck verspüren und eine Veränderungsmotivation aufbringen. Dies ist nicht in jedem Fall gegeben und erschwert oder verunmöglicht die therapeutische Arbeit. Eine besondere Bedeutung kommt dem Austausch zwischen Therapeuten und Bezugspersonen zu, um den Transfer in den Alltag zu unterstützen. Zudem haben auch Bezugspersonen oft Bedarf nach Beratung und Hilfestellungen.

Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie

Heilmitteltherapien kommen bei Betroffenen einer Intellektuellen Entwicklungsstörung häufig zum Einsatz. Sie dienen der besten Förderung und teilweise auch als Möglichkeit, Defizite gegenüber gleichaltrigen Kindern aufzuholen. Die Therapien finden häufig über einen langen Zeitraum statt. Das primäre Ziel ist die Verbesserung der Teilhabe der Betroffenen im Alltag.

Frühförderung

Heilpädagogische Frühförderung bietet Kindern, deren Eltern und anderen Bezugspersonen vielseitige Unterstützungsmöglichkeiten. Ziel ist es, die Selbstständigkeit und die Integration in die Gesellschaft zu fördern. Frühförderung beginnt ab der Geburt bis zwei Jahre nach Schuleintritt. Die Ressourcen eines Kindes sollen gefördert und alle Entwicklungsbereiche stimuliert werden. Gleichermassen werden die Eltern begleitet und in ihrer Erziehungs- und Handlungskompetenz gestärkt.

Weitere Mechanismen zur Minderung aggressiven Verhaltens

  • Problemlösungstechniken erlernen, die helfen, Kontrolle über Aggressionen zu gewinnen
  • Selbstsicherheit aufbauen
  • Kontrolle über sich selbst erlangen
  • Kooperativer Umgang mit anderen Menschen erlernen
  • Aktivitäten zum Abreagieren suchen - beispielsweise Sportarten wie Boxen

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