Substanzinduzierte Angststörung: Ursachen, Symptome und Behandlung

Dr. med. Elisabeth Scherr arbeitet am Standort Wetzikon mit Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer substanzinduzierten Psychose behandelt werden. Sie berichtet über die zunehmende Problematik psychoaktiver Substanzen und deren Auswirkungen.

Ursachen und Auslöser

«Psychoaktive und bewusstseinserweiternde Substanzen sind derzeit, nicht nur im übertragenen Sinn, in aller Munde. Jugendliche und junge Erwachsene wollen Dinge ausprobieren. Aber auch viele Erwachsene konsumieren solche Substanzen. Zudem gibt es viele Angebote, im Rahmen einer esoterischen Erfahrung, oft in der Gruppe, psychoaktive Substanzen zu sich zu nehmen, nicht immer in legalem Rahmen. Solche Substanzen, sei es nun Kokain, Cannabis, Halluzinogene (LSD), Amphetamine, MDMA, Ecstasy oder andere Partydrogen, können eine substanzinduzierte Psychose auslösen.

Grundsätzlich kann eine substanzinduzierte Psychose jedem Menschen passieren, der legale oder illegale psychoaktive Substanzen konsumiert. Selten können auch legale, ärztlich verschriebene Medikamente, etwa zur Linderung körperlicher Beschwerden, eine Realitätsverschiebung oder Halluzinationen auslösen. Bei vielen schizophrenen Patienten ist im Vorfeld des Ausbruchs der Erkrankung ein regelmässiger Cannabiskonsum dokumentiert.

Je nach Dosis und Dauer des Konsums können die psychotischen Symptome auch nach Abklingen des akuten Rauschzustandes bestehen bleiben. Manchmal wird in diesem Rahmen auch eine bereits zuvor bestehende, latente schizophrene Erkrankung ausgelöst und verlaufsabhängig diagnostiziert.

Symptome und Auswirkungen

Auf betroffene Patienten und Patientinnen hat ein derartiger «Horrortrip» natürlich eine sehr beängstigende Wirkung: Sie wissen nicht, was passiert, sehen oder hören vielleicht Dinge, die nicht da sind, ihr Umfeld reagiert darauf und sorgt sich entsprechend. Neben Angstgefühlen können Schlafstörungen, Panikattacken, Reizbarkeit oder Aggressivität auftreten. Auch Tendenzen zu Selbstverletzung bis hin zu Suizidversuchen können daraus resultieren: Manchmal glauben Betroffene, Fähigkeiten zu besitzen, die uns bizarr erscheinen.

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Beispielsweise kann der Irrglaube entstehen, man könnte hellsehen oder fliegen, was zu massiven Verletzungen führen kann. Ferner kann die Idee entstehen, ein Teil des eigenen Körpers sei böse. Folglich versuchen Betroffene im Extremfall, diesen zu entfernen und fügen sich selbst oder auch anderen Menschen Schaden zu. Manchmal können sich Betroffene danach an gar nichts erinnern. Zum Teil müsste man sagen «zum Glück»!

Wenn die Betroffenen in Behandlung kommen, ist ihnen natürlich bewusst, dass etwas nicht in Ordnung ist, denn sie sind ja der wahnhaften Überzeugung, die eigene Wahrnehmung entspreche tatsächlich der Realität. Anfangs kann dies zu grossen Diskussionen führen, wenn man versucht, die Betroffenen vom Gegenteil zu überzeugen.

Behandlung und Therapie

In der Behandlung ist es sinnvoll, das Umfeld miteinzubeziehen und herauszufinden, was im Vorfeld des Ausbruchs der Psychose passiert ist. Vor allem muss erfragt werden, welche Substanzen wann, wie lange und in welcher Form konsumiert wurden. Als erstes muss natürlich der Konsum gestoppt werden. Ferner gilt es, die Patienten zu beruhigen und von Reizen bestmöglich abzuschirmen. Normalerweise klingen die Symptome ab. Manchmal kann dies aber Tage, Wochen oder sogar Monate dauern. Je nachdem kann eine medikamentöse Behandlung mit so genannten Antipsychotika notwendig sein.

Nach erfolgreichem Abklingen der Psychose gilt es ausserdem, sich mit dem eigenen Konsumverhalten gegebenenfalls unter ärztlicher oder psychologischer Hilfe kritisch zu befassen.

Arten von substanzinduzierten Psychosen

Eine substanzinduzierte Psychose wird einerseits nach den vorhandenen Hauptsymptomen und andererseits nach der konsumierten Substanz eingeteilt.

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Arten nach Hauptsymptomen:

  • Schizophrenieform: Diese Art von substanzinduzierten Psychosen zeigt sich vor allem mit akustischen, seltenen optischen Halluzinationen. Diese Form der substanzinduzierten Psychose zeigt sich vor allem bei Amphetaminkonsum.
  • Wahn- Form: Diese Form der substanzinduzierten Psychose zeigt sich von Wahnvorstellungen geprägt. Diese Form kommt vor allem bei Alkoholpsychosen vor.
  • Halluzinatorische Form: Dabei nimmt die betroffene Person optische, akustische, olfaktorische (den Geruchssinn betreffende) und gustatorische (den Geschmackssinn betreffende) Phänomene, die in Wirklichkeit nicht vorliegen, wahr. Diese Art der substanzinduzierten Psychose kommt vor allem bei Kokainpsychosen vor.
  • Affektive Form: Diese Form der substanzinduzierten Psychose betrifft die Stimmung. So kann es zu zum Beispiel Depressionen oder Manien kommen. Diese Art kommt vorwiegend bei Cannabispsychosen vor.
  • Polymorphe Form: Diese Art der substanzinduzierten Psychose beschreibt eine Kombination zwischen den vier oben beschrieben Formen.

Arten nach konsumierter Substanz:

  • Kokainpsychose: Eine Kokainpsyschose, auftretend nach Kokainkonsum, äussert sich mit optische, taktilen (den Berührungssinn betreffend) und auch akustischen Wahrnehmungsstörungen. Ein typisches Symptom ist der sogenannten Dermatozoenwahn. Die Betroffenen sind dabei fest davon überzeugt, dass sich Würmer, Insekten oder andere Lebewesen auf oder unter ihrer Haut befinden und empfinden dabei Ekel, Angst, Juckreiz oder Panik. Um die empfunden Schädlinge loszuwerden können drastische Massnahmen vollzogen werden und so die Haut massiv geschädigt werden. Ein Dermatozoenwahn kann mit chronischem Kokainabsusus ebenfalls chronifizieren, sodass das Gefühl des Insektenkrabbeln für die betroffene Person zum Normalzustand werden kann.
  • Alkohol- Psychose: Alkohol- Psychosen äussern sich vor allem durch akustische Halluzinationen, Paranoia und Angst. Betroffene Personen nehmen dabei häufig Stimmen wahr, die sie beschimpfen. Alkoholpsychosen kommen vor allem bei akuten Alkoholvergiftungen, bei einem akuten Alkoholentzug und bei chronischen Alkoholikern vor, wobei man grundsätzlich zwei verschiedene Formen der Alkoholpsychose unterscheiden kann. Zum einen gibt es den Eifersuchtswahn, wobei die betroffene Person beispielsweise von der Untreue des Partners überzeugt ist, zum anderen gibt es Alkoholhalluzinose, wobei die betroffene Person ängstlich ist und Stimmen wahrnimmt. Bei einem chronischen Alkoholkonsum kann es zum Korsakow- Syndrom kommen, wobei es zu einem Gedächtnisverlust, vor allem kürzlicher Ereignisse, kommt. Menschen, die unter der sogenannten Korsakow- Amnesie leiden, können meist soziale Kontakte pflegen und auch zusammenhängende Gespräche führen, auch wenn sie sich nicht daran erinnern können, was in den letzten Minuten, Tagen und Monaten geschehen ist, da sie sich eine zusammenhängende Geschichte ausdenken. Dieses Phänomen des Ausdenkens, so dass eine plausible Geschichte entsteht, nennt sich auch Konfabulation.
  • Psychosen durch halluzinogene Substanzen, wie MDMA, Ecstasy und Amphetamine: Bei halluzinogenen Substanzen kann eine Psychose bereits bei einmaligen Konsum auftreten. Symptome hierbei sind Panikattacken, Angstgefühle und Wahrnehmungsstörungen. Typisch für halluzinogene Substanzen ist das Erleben einer Depersonalisation. Dieser Bewusstseinszustand bezeichnet die Situation, in der die betroffene Person das Gefühl hat, neben sich zu stehen, den eigenen Körper also nicht mehr als eigen empfindet.
  • Cannabis- Psychose: Cannabis kann wie die zuvor erwähnten Substanzen ebenfalls eine substanzinduzierte Psychose auslösen, dies ist relativ selten. Zudem ist Cannabis, vor allem bei regelmässigem Konsum und bei jungen Menschen, bekannt dafür, das Risiko an einer Schizophrenie zu erkranken, zu erhöhen.

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