Die Psychologie des Entscheidungsprozesses

Unser Leben besteht aus Tausenden Entscheidungen: Was esse ich zu Mittag? Fahren wir ans Meer? Sollen wir heiraten? Täglich treffen wir viele kleine und grosse Entscheidungen, manche auch gegen unsere besten Interessen.

Die Grundlagen des Entscheidens

Die Entscheidungspsychologie untersucht, wie Entscheidungsprozesse ablaufen und inwieweit wir tatsächlich Informationen sammeln, bewerten und gewichten, die für bewusste Entscheidungen notwendig sind. In der Entscheidungspsychologie dreht sich, etwas vereinfacht gesagt, alles um Optionen, Ereignisse und Konsequenzen. Diese gelten als externe Komponenten einer Entscheidungssituation.

Optionen, Ereignisse und Konsequenzen

  • Optionen sind Handlungen, Objekte, Strategien usw., zwischen welchen gewählt bzw. entschieden werden kann.
  • Ereignisse sind Tatsachen und Sachlagen, auf welche ein Entscheider selber keinen Einfluss hat.
  • Konsequenzen ergeben sich aus der Wahl zwischen Optionen, sie sind also unmittelbare Folgen von Entscheidungen.

Als interne, also innerhalb einer Person liegende Komponenten, gelten Ziele und Gründe.

Die Rolle der Intuition

Intuition ist ein schnelles und unbewusstes Denken. Es beruht auf einem Gesamteindruck und ist nicht analytisch. Deshalb kann man bei intuitiven Entscheiden nicht genau begründen, weshalb man sie getroffen hat. Neurologen gehen davon aus, dass wir weniger als 0,1 Prozent von dem mitbekommen, was unser Gehirn tut. Wir laufen meist auf Autopilot, und das ist gut so. Denn schalten wir unseren Verstand dazu, wird es kompliziert und oft nicht besser.

Elliot Smith konnte sich nicht mehr entscheiden, weil sich alles gleich anfühlte. Ihm war seine Intuition abhanden gekommen. Gefühle sind unser innerer Kompass, der Wichtiges von Unwichtigem trennt. Nur dank unserer Intuition brauchen wir für gute Urteile weder vollständige Informationen noch unbegrenzte Zeit. Weil wir nicht wie Computer funktionieren, sind zu viele Informationen und zu viel Zeit guten Entscheidungen sogar abträglich.

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Der freie Wille

Der freie Wille begründet in der Rechtswissenschaft die individuelle Verantwortlichkeit, die Philosophie hinterfragt dagegen seine Existenz, während die Psychologie empirisch untersucht, wie wir zu Entscheidungen gelangen. Unsere Rechtsordnung geht davon aus, dass Individuen grundsätzlich eigenständige Entscheidungen treffen können. All dies ergibt nur dann Sinn, wenn man davon ausgeht, dass wir Menschen grundsätzlich die Fähigkeit haben, uns frei für oder gegen ein Rechtsgeschäft oder eine Straftat zu entscheiden.

Eine wichtige Erkenntnis der psychologischen Forschung ist, dass Entscheidungen nicht nur von inneren, psychischen Faktoren, sondern auch von äusseren Faktoren beeinflusst werden: Menschen treffen beispielsweise unterschiedliche Entscheidungen, wenn ihnen dieselben Informationen in unterschiedlichen Situationen präsentiert werden.

Die Qual der Wahl

Die Tyrannei der Wahl macht unser Leben nicht einfacher. Manche scheitern schon daran, zu entscheiden, welche Schuhe sie heute anziehen sollen. Dass derartige Wahlsituationen nicht einfach nur schwierig sind, sondern auch nachhaltig unzufrieden machen können, ist die Kernaussage von Barry Schwartz.

Maximizer vs. Satisficer

Der US-Psychologe Barry Schwartz unterscheidet deshalb zwei Sorten von Entscheidern. Die einen nennt er Maximizer, die anderen Satisficer. Für die Maximizer sieht Schwartz in unserer Multioptionsgesellschaft ziemlich schwarz. Denn der Maximizer will das absolut Beste! Mit weniger gibt er sich nicht zufrieden. Um sicher sein zu können, die richtige Wahl getroffen zu haben, muss der Maximizer zuerst alle Alternativen kennen lernen. Das kann - Internet sei Dank - ganz schön dauern.

Der Satisficer dagegen ist zufrieden, sobald etwas «gut genug» ist. Er weiss vorher bereits ungefähr, was er will. Sobald eine Alternative seiner Vorstellung entspricht, greift er zu. «Wenn man sich mit ‹gut genug› zufriedengibt, fällt eine Menge Druck von einem ab, und die Aufgabe, aus dem unendlichen Meer von Möglichkeiten etwas auszuwählen, wird leichter zu bewältigen», rät Schwartz.

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Die Rolle der Persönlichkeit

Entscheidungen einer bestimmten Person hängen von vielen Faktoren ab - wie etwa von der Situation und dem Kontext. Solche Einflüsse können sich auch bei verschiedenen Menschen vielfältig auswirken. Wir haben beispielsweise gezeigt, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale Entscheidungen stark beeinflussen. Diese Merkmale bleiben in der Regel ein Leben lang relativ stabil. Beispielsweise unterscheiden sich Menschen hinsichtlich ihrer sogenannten Risikopräferenz: Die meisten Menschen sind risikoscheu, aber es gibt auch Menschen, die sehr risikofreudig sind. Dabei muss man aber sehen, dass sich unsere Aufgaben und Anforderungen im Leben verändern. Je nach Situation werden dann mehr oder weniger riskante Entscheidungen getroffen.

Umgang mit Fehlentscheidungen

Was tun, wenn sich die Entscheidung im Nachhinein trotz bewusstem, gründlichem Nachdenken als falsch herausstellt? Gerade diese Fähigkeit ist es, die nun nach einer Fehlentscheidung helfen kann. Was können Sie aus den Fehlern lernen? Welche nachfolgenden Entscheidungen können den Kurs korrigieren, sodass das angestrebte Ziel dennoch erreicht werden kann?

Tipps für bessere Entscheidungen

  • Bringen Sie sich in eine ausgeglichene Stimmungslage.
  • Machen Sie sich klar, was Ihr Ziel ist: Was wollen Sie erreichen?
  • Listen Sie alle Optionen auf, die Ihnen einfallen, um dieses Ziel zu erreichen.
  • Verschaffen Sie sich, wann immer möglich, mehr Zeit.
  • Besprechen Sie Ihre Überlegungen mit Vertrauenspersonen.

Die Bedeutung von Zielen und Gründen

Ziele und Gründe laufen den Entscheidungen natürlich in der Regel voraus. Um dieses Ziel zu erreichen, stehen mir verschiedene Optionen offen. Oft gehen wir im Kopf kurz durch, welches die möglichen Konsequenzen einer Entscheidung sein könnten, im Stile einer mentalen Plus-/Minus-Bilanz.

Eine Methode zur Entscheidungsfindung

  1. Sammle: Welche Optionen stehen für mein Ziel zur Verfügung? Welche Ereignisse können meine Entscheidung beeinflussen? Was sind mögliche Konsequenzen?
  2. Gewichte: Hast du Optionen, Ereignisse und Konsequenzen aufgeschrieben, kannst du diese zusätzlich nach verschiedenen Kriterien (z.B. Wichtigkeit, Dringlichkeit usw.) gewichten.
  3. Entscheide: Der Entscheid liegt schlussendlich natürlich immer noch bei dir.

Die Rolle der Moral

Grundsätzlich ist diese neue Moralität eine grosse Errungenschaft. Doch zugleich macht es jeden Einkauf zu einem Moraltest. Jede Entscheidung vor dem Regal stellt uns vor die ganz grossen Fragen. Dass wir bewusste Verbraucherinnen und Verbraucher geworden sind, ist toll, aber es bringt eben auch Probleme mit sich, die kaum zu lösen sind. Vor allem, wenn man finanziell wenig Spielraum hat.

Fazit

Eine Entscheidung zu treffen, ist nicht leicht. Sich nicht zu entscheiden, wäre auch eine Option. Selbst zu entscheiden - auch wenn die Situation noch so schwierig ist - kann Ihnen jedoch ein stärkendes Gefühl der Selbstwirksamkeit geben. Wichtig ist alleine, dass wir uns entscheiden. «Verabschieden Sie sich bitte von der Vorstellung, es gebe die perfekte Wahl», schreibt Peter Brandl in seinem Buch «Hudson River: die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen». Eine kluge Entscheidung messe sich einzig daran, ob man zu ihr steht und mit ihr leben kann.

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