ADHS-Test: Was Sie über die Diagnose und Behandlung von ADHS wissen sollten

ADHS, die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, ist ein Thema, das sowohl Kinder als auch Erwachsene betrifft. Viele Menschen haben den Verdacht, dass sie selbst oder ihr Partner ADHS haben könnten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über ADHS, von der Diagnose bis zu den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten.

Was ist ADHS?

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Diese neurologische Störung beeinflusst die Aufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität von Einzelpersonen. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, sind hyperaktiv oder impulsiv. Es ist wichtig zu verstehen, dass ADHS nicht nur eine Liste fixer Defizitsymptome ist, sondern eine besondere Art zu sein.

Die ICD-11, die internationale Klassifizierung von Krankheiten, bezeichnet ADHS als neurologische Entwicklungsstörung. Die Einordnung von ADHS ist jedoch umstritten - Experten sprechen auch von einer neurologischen Besonderheit. Neurodiversität ist ein neueres Konzept, das die Natürlichkeit von neuronalen Unterschieden betont. In der Steinzeit war ADHS möglicherweise ein evolutionärer Vorteil.

Wer definiert, was „ADHS“ ist?

Psychische Störungsbilder werden von internationalen Fachorganisationen wie der „World Health Organisation“ (WHO) definiert. In der Schweiz wird die Internationale Klassifikation der Störungen (engl. International Classification of Disease (ICD)) verwendet. Durch anerkannte Kriterien wird sichergestellt, dass tatsächlich alle dasselbe meinen, wenn sie von ADHS sprechen. Alle 10 bis 20 Jahre werden die Störungsdefinitionen aktualisiert. Zur Zeit befinden wir uns im Übergang der Gültigkeit der Version ICD-10 zu ICD-11. Nach ICD-11 verändert sich die Definition der ADHS etwas; z. B. ist ADHS ohne Hyperaktivität (früher „ADS“) jetzt eine Unterform von ADHS („ADHS, vorwiegend unaufmerksam“).

Wann und durch wen wird eine Abklärung durchgeführt?

Obwohl ADHS häufig vorkommt, ist die Diagnosestellung anspruchsvoll. Eine Abklärung sollte durchgeführt werden, wenn ADHS-typische Verhaltensauffälligkeiten - Hyperaktivität, Impulsivität, und/oder Unaufmerksamkeit - im Alltag mit funktionalen Einschränkungen einhergehen. Normalerweise sollte die ADHS-Diagnose durch eine speziell dafür ausgebildete Fachperson erfolgen. Das sind in erster Linie Kinder- und Jugendpsychiater*innen und -Psycholog*innen, sowie Kinderärzt*innen.

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Aufbau der diagnostischen Untersuchung

Die diagnostische Untersuchung umfasst mehrere Schritte:

  • Befragung von Eltern/Bezugspersonen und Kind: Wichtigster Teil der Untersuchung ist das gemeinsame Gespräch mit den Eltern und dem Kind.
  • Ausschluss von anderen Ursachen (Differentialdiagnose): Es sollte untersucht werden, ob die ADHS-Symptome vielleicht durch eine andere Störung ausgelöst werden.
  • Abklären von Begleitstörungen: Fachpersonen klären ausserdem ab, ob zusätzlich zur ADHS noch andere Probleme vorliegen, was häufig vorkommt (etwa 60% der Fälle).
  • Fragebogenverfahren: Viele Fachpersonen setzen ADHS-Fragebogenverfahren ein, die von den Eltern, Lehrpersonen und, je nach Alter, von dem betroffenen Kind selbst ausgefüllt werden.
  • Testpsychologische Untersuchungen: Testpsychologische Untersuchungen werden eingesetzt, um Leistungsprobleme und -Stärken zu erfassen.
  • Fremdbefragung: Um zu überprüfen, wie sich ADHS-Symptome in der Schule (dem Kindergarten) zeigen, gehört eine Befragung der wichtigsten Lehrperson(en) in der Regel zur Diagnostik dazu, natürlich mit Einverständnis der Eltern.

Wie unterscheidet sich ADHS zwischen Jungen und Mädchen?

Bei Jungen wird eine ADHS häufiger festgestellt als bei Mädchen. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass Mädchen auch tatsächlich seltener betroffen sind. Dieser Geschlechter­unterschied entsteht möglicherweise dadurch, dass ADHS als eine «Jungenkrankheit» bekannt ist und die klassischen Symptome einer ADHS vermehrt bei jungen Männern zutreffen. Solche geschlechtlichen Vorurteile, auch Gender Health Gap genannt, führen dazu, dass ADHS bei jungen Frauen oft nicht in Betracht gezogen wird.

  • Jungen: Fehlt oft eine gewisse Impulskontrolle und sie verhalten sich mehrheitlich hyperaktiv. Sie leiden unter motorischer Unruhe, haben einen starken Bewegungsdrang und es fällt ihnen schwer, sich zu konzentrieren.
  • Mädchen: Leiden eher unter Unaufmerksamkeit und innerer Unruhe. Sie bemühen sich aber, nicht aufzufallen, weshalb sie oft eine passive Haltung zeigen.

Auch im Erwachsenenalter äussert sich ADHS bei Frauen anders als bei Männern:

  • Unaufmerksamkeit: ADHS-betroffene Mädchen und Frauen versinken vermehrt in Tagträumerei und ständigem Gedankenkreisen.
  • Hyperaktivität: Betroffene Frauen leiden seltener an Hyperaktivität als Männer mit ADHS. Die Hyperaktivität schlägt zudem eher nach innen aus.
  • Emotionsregulation: Frauen mit einer ADHS haben im Vergleich zu betroffenen Männern oft mehr Mühe, ihre Emotionen zu regulieren. Experten sprechen dabei von emotionaler Dysregulation.
  • Hormonelle Schwankungen: Hormonelle Veränderungen durch den Menstruationszyklus oder auch die Wechseljahre verstärken die ADHS-Symptome bei Frauen.

ADHS im Erwachsenenalter

So wie ADHS im Kindesalter mittlerweile als eine Modediagnose und oft auch als Fehldiagnose gelten kann, so sehr wurde ADHS im Jung- bzw. Erwachsenenalter vernachlässigt. Es ist in der Schweiz dringend notwendig, dass die medizinische Versorgung der erwachsenen ADHS-Betroffenen verbessert wird.

Im Erwachsenenalter können die Symptome von ADHS anders aussehen als in der Kindheit. Hyperaktivität ist bei Erwachsenen oft weniger ausgeprägt, dafür haben sie Konzentrationsschwierigkeiten und sind impulsiv. Auch hier können Geschlechterunterschiede bestehen, wonach Frauen eher nach innen, Männer nach aussen gerichtete Symptome zeigen.

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Behandlung von ADHS

ADHS ist nicht heilbar, denn die Betroffenen sind nicht krank. Das Gehirn von Menschen mit ADHS funktioniert einfach anders als das von Menschen ohne ADHS und in der aktuellen Gesellschaft kann dies zu Herausforderungen führen. Deshalb zielt die Behandlung von ADHS vor allem darauf ab, die Symptome zu regulieren.

Eine effektive Behandlung von ADHS kann Verhaltensinterventionen, Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Bildungsunterstützung und in einigen Fällen auch Medikamente umfassen. Selbstverständlich ist ein ADHS-Coaching & eine Psychoedukations-Beratung extrem unterstützend für ADHS-Betroffene. Stimulanzien wie Methylphenidat und Amphetamin werden häufig zur Symptomkontrolle eingesetzt. Zudem gibt es auch nicht-medikamentöse Therapien wie z.B. Neurofeedback.

Die Behandlung von ADHS kann verschiedene Therapieformen umfassen:

  • Medikamentöse Therapie: In der medikamentösen Therapie von ADHS werden sogenannte Psychostimulanzien eingesetzt, wie zum Beispiel Concerta.
  • Verhaltenstherapie: Häufig wird das sogenannte Verhaltensmanagement in Kombination mit Elterntraining zur Behandlung von ADHS angewendet.
  • Sport: Sport hilft Betroffenen nicht nur ihre Symptome besser zu kontrollieren, sondern vermittelt auch Selbstwert durch Erfolgserlebnisse und erleichtert den sozialen Umgang.
  • ADHS-Coaching: Der Coach nimmt eine Art Spiegelfunktion ein und unterstützt Betroffene dabei, Ziele zu formulieren und diese umzusetzen.

Unterstützung und Ressourcen

Es gibt viele Ressourcen, Unterstützungsgruppen und Organisationen, die Informationen und Hilfe für Menschen mit ADHS und ihre Familien oder Angehörigen bereitstellen wie z.B. elpos oder adhs20+.

Die Organisation adhs20+ fördert und unterstützt die Verbreitung von Informationen zum Thema ADHS im Erwachsenenalter. Sie betreibt eine ADHS-Anlaufstelle für Erwachsene und hilft bei der Triage. Unsere Anlässe sind öffentlich, Mitglieder von adhs 20+ profitieren von Vergünstigungen.

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ADHS-Zusammenfassung von A bis Z

Hier ist eine kurze Zusammenfassung wichtiger Aspekte von ADHS:

Begriff Beschreibung
Aufmerksamkeit ADHS beeinträchtigt die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und Aufgaben abzuschließen.
Behandlung Umfasst Verhaltensinterventionen, Psychotherapie und Medikamente.
Komorbiditäten ADHS tritt häufig mit anderen Störungen wie Angstzuständen und Depressionen auf.
Neurotransmitter Dysregulationen in Neurotransmittern wie Dopamin und Noradrenalin spielen eine Rolle.
Symptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.

Leben mit ADHS

Leben mit ADHS - Experte Dr. «Ohne die Menschen mit ADHS wäre unsere Gesellschaft sehr arm dran», sagt Dr. Johannes Kasper. Warum er dieser Ansicht ist, erzählt er im Podcast.

ADHS ist eine andere Art zu denken, zu fühlen und zu handeln. Das Gehirn bei Menschen mit ADHS unterscheidet sich in der Art und Weise, wie Neuronen kommunizieren und sich miteinander verbinden. Es gibt nicht nur eine Form der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, sondern ganz viele Ausprägungen. Während manche Betroffenen keine bis kaum Probleme mit ihrem ADHS haben, fühlen sich andere in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Menschen mit einem hyperaktiven Gehirn sagen: «Mein Gehirn steht nie still. Es dreht sich immer.»

ADHS wird oft nur als Liste fixer Defizitsymptome gesehen. ADHS ist erst einmal eine besondere Art zu sein. Weg mit der Linearität, es lebe die Kongruenz zu sich selbst!

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