Sommerhits sind meist kurzlebige Erscheinungen. Erinnerst du dich noch an den vom letzten Jahr? Wahrscheinlich nicht, denn 2023 kürte die GfK (Gesellschaft für Konsumförderung) das «Mädchen auf dem Pferd» dazu - einen Techno-Remix des zehn Jahre alten Bibi-und-Tina-Kinofilms. Den Aufreger aus dem Jahr 2022 hast du wahrscheinlich noch im Ohr: das umstrittene sexistische «Layla». Aber es gibt nicht nur diese Kurzzeitphänomene, sondern auch Sommerlieder, die bleiben. Lieder, die ganze Generationen berühren und begleiten. Dazu gehört unter anderem das Gesangbuchlied oder Volkslied «Geh aus, mein Herz, und suche Freud».
Historischer Kontext und Entstehung
Als Paul Gerhard (1607-76) die meisten seiner Lieder schrieb, arbeitete der Theologe in Berlin als Hauslehrer und später als Pfarrer. Der Dreissigjährige Krieg war gerade vorbei hatte die heutige Metropole auf nur 5'000 Einwohner dezimiert. Über die Hälfte der Berliner Bevölkerung war im Krieg ums Leben gekommen: wenige im Kampf, die meisten durch Krankheiten wie die Pest und Hunger. Leid und Tod waren allgegenwärtig, als Gerhardt 1653 ein weiteres Lied für die «Praxis Pietatis Melica» seines Freundes und Kantors Johann Crüger schrieb. Mit dieser «Übung der Gottseligkeit in christlichen und trostreichen Gesängen» wollten sie einen Gegenpol zur damaligen trüben Stimmung setzen und gleichzeitig an den realen Befindlichkeiten anknüpfen.
Inhaltliche Analyse des Liedes
In diesem Stil geht es weiter und Gerhardt betrachtet Bäume, Blumen, Lerchen und Tauben. Er erzählt von rauschenden Bächen und Honig sammelnden Bienen. Es wäre leicht, nun anzunehmen, dass hier jemand der grausamen Realität seiner Zeit aus dem Weg geht. Grund dazu hätte der Pfarrer genug gehabt, denn neben den unzähligen Beerdigungen in seiner Gemeinde trug er auch drei seiner eigenen vier Kinder und seine Frau zu Grabe. Auch diese Schwere kommt in einigen Liedern Paul Gerhardts zum Ausdruck, hier jedoch setzt er einen anderen Akzent: Er entscheidet sich für Dankbarkeit und Freude. Er betrachtet ausdrücklich das Schöne und das Leben, ohne dabei die Wirklichkeit zu vergessen. Die Bilder, die er in seinem Lied malt, sind keine Realitätsflucht, sondern die bewusst gewählte Perspektive der Dankbarkeit für seinen grossen Gott.
Bei genauerem Hinsehen haben wir hier jedoch keine Naturbeschreibung vor uns, wie sie in manchem Reiseprospekt zu finden ist, sondern wir werden ermutigt die Natur als „des großen Gottes großes Tun“ zu sehen. Damit ist aus meiner Sicht etwas anderes gemeint, als überfüllte Strände, Sonnenbaden und Grillparties. Herz meint herkömmlich unser Inneres. Der Kernpunkt unseres Wesens. Der Sitz der Gefühle. Geh mein Herz! Gehe dahin wo Du bekommst was dich im Kern deines Wesens erfreut! Denn was dich erfreut, macht dich stark. Für Paul Gerhard gibt es nur eine Antwort: Es sind die Gaben Gottes. Es ist die Schöpfung Gottes, die Natur: Gärten, Blumen, Bäume, Wiesen, Vögel, Bienen usw., in denen sich Gottes Tun an uns widerspiegelt.
Paul Gerhardt im Kontext seiner Zeit
Paul Gerhard ist ein Kind seiner Zeit. Nicht nur er thematisiert die Spannung zwischen Leben und Tod, Diesseits und Jenseits, Freude und Ernst. Das macht jeder barocke Dichter. Doch etwas ist anders bei dem dichtenden Pfarrer. Während seine Kolleginnen und Kollegen heute nur noch Fachleuten bekannt sind - oder hast du schon etwas von Johann Valentin Andreae oder Susanna Elisabeth Zeidler gehört? - gehören Paul Gerhardts Lieder immer noch zu den schönsten, tiefsten und tröstlichsten Texten, die die deutsche Sprache zu bieten hat. «Befiehl du deine Wege», «Ich steh an deiner Krippen hier», «O Haupt voll Blut und Wunden» und viele andere sind uns bis heute ein Begriff. Von seinen 137 überlieferten Gedichten stehen immer noch 30 im Gesangbuch - eine gute Quote für 400 Jahre alte Lieder.
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Die musikalische Bedeutung und Rezeption
Paul Gerhardts Dichtungen sind ohne Musik nicht denkbar. Natürlich waren Gerhardts Lieder von Anfang zum Singen gedacht und erdacht: Als überzeugtem Lutheraner war für ihn die Musik gleichsam ein vorweggenommenes Abbild himmlischer Herrlichkeit, die musikalischen Gesetze Sinnbild für die göttliche Ordnung der Schöpfung. Die Strophen 8 bis 11 von Gerhardts „Sommergesang“ drücken dies in ebenso konzentrierter wie farbiger Weise aus.
Johann Crüger hat in seinem Gesangbuch, der berühmten „Praxis pietatis melica“ oder zu deutsch „Übung der Gottseligkeit in Christlichen und Trostreichen Gesängen“ von 1647 erstmals 18 Lieder von Paul Gerhardt veröffentlicht, in der folgenden Ausgabe von 1653 bereits 82. Die erst fast vollständige Gesamtausgabe besorgte Johann Georg Ebeling mit 120 Liedern, größtenteils wiederum mit eigenen Melodien versehen.
Mit der Melodie zu „Geh aus mein Herz“ hat es eine besondere Bewandtnis. Es ist eine der bekanntesten Melodien des Gesangbuches überhaupt, gewiss mehr Volkslied als Choral. Sie stammt von Augustin Harder, einem heute vergessenen Komponisten der Beethoven-Zeit, der auch Gitarrist und Sänger war und von dem Werke wie „Die Schäferstunde“ oder „Warnung an Jünglinge“ überliefert sind. Seine Melodie zu dem Hölty’schen Frühlingslied „Die Luft ist blau, das Thal ist grün“ wurde von Friedrich Eickhoff (Gütersloh) dem Gerhardt-Lied unterlegt. Es ist erstaunlich, wie Gedicht und Melodie zweier so unterschiedlicher Epochen eine solch volkstümliche Verbindung eingehen können.
Die angeführten Melodien waren für die weitere Wirkung Paul Gerhardts in der Musikgeschichte von geradezu übermächtiger Bedeutung. Im Werk Johann Sebastian Bachs spielt Paul Gerhardt bereits eine recht bedeutende Rolle, was nicht ganz selbstverständlich ist, da die Dichtungen noch verhältnismäßig neu waren und Leipzig sehr konservativ. Überhaupt scheint Bach die Dichtungen Gerhardts außerordentlich geschätzt zu haben. In der doppelchörigen Motette „Fürchte dich nicht“ erscheinen über der Doppelfuge zwei Strophen des Liedes „Warum sollt ich mich denn grämen“, übrigens in einer abgewandelten Version der Ebeling’schen Melodie.
Ausgehend auch vom Bach’schen Vorbild und entscheiden angestoßen durch die Bach-Rezeption des 19. Jahrhunderts werden in den späteren Epochen die Gerhardt-Lieder fast nur noch als Choräle, als archetypischer Ausdruck protestantischen Kunstverständnisses zitiert‘. Besonders der Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“ dienst als Vorlage für Choralkantaten (Mendelssohn, Reger).
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Heutige Relevanz und Nutzung
Dieses Lied konstruiert eine Art Gegenwelt zur Welt in der z. B. 10klässler und auch all die anderen Jugendlichen heute überwiegend leben. Dem Text zufolge sind Glaube und Handeln aus Glauben die Kraftquelle für eine positive Weltsicht. Ich möchte euch alle ausdrücklich ermutigen, in den anstehenden Ferien die wunderschöne Natur zu genießen. Für die Christen ist sie Gottes Geschenk an uns. Wir haben in den Ferien Zeit Berge, Wälder und Strände zu genießen.
Vergleich mit modernen Sommerhits
Dr. Sommer vergeht, ohne dass die Musikbranche einen «Sommerhit» kürt. er sein, leicht und das Lebensgefühl des Sommers unterstreichen. Sommerhits bleiben allerdings sogenannte «One-Hit-Wonder», Eintagsfliegen. Freud» aus der Masse heraus und lässt es zum Klassiker werden?
Gerhardts Texte markieren den Beginn einer neuen Zeit. Sie stellen den einzelnen selbst in den Mittelpunkt und nehmen den einzelnen Zuhörer mit hinein ins Geschehen. So nimmt Gerhardt den Sommer in den Blick. Er beschreibt ihn neu und vielleicht auch einmal um das Rufen der Gemeinde zu Gott in Wir-Form. Sie erinnern sich nicht mehr? Kennen Sie noch den Sommerhit von 2016? Musikproduzenten-Duo Filatov und Karas.
| Merkmal | "Geh aus mein Herz und suche Freud" | Moderne Sommerhits | 
|---|---|---|
| Beständigkeit | Seit Jahrhunderten bekannt und beliebt | Meist nur für eine Saison populär | 
| Inhalt | Theologische Tiefe, Naturverbundenheit, Dankbarkeit | Oft oberflächlich, thematisiert Vergnügen und Feiern | 
| Zielgruppe | Breite Bevölkerungsschicht, religiös geprägt | Junge Menschen, Mainstream-Publikum | 
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