Auch gestandene Powerfrauen erleben in den Wechseljahren nicht selten eine plötzliche psychische Veränderung. Haben sie früher den Alltag gut gelaunt angepackt, sind sie jetzt mutlos und ängstlich. Sie trauen sich nichts mehr zu und scheuen jede neue Herausforderung. In manchen Fällen kommt es sogar zu Panikattacken. Bei einer starken Beeinträchtigung ist es immer nötig, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Wirkung von Lavendel bei Angststörungen
Sehr bekannt in der Naturheilkunde ist die angstlösende Wirkung von Lavendel. Die Pflanze enthält ätherische Öle, die auf den Reizfilter in unserem Körper wirken. Jeder Mensch wird täglich von zahllosen Reizen überflutet. Müssten wir uns mit allem auseinandersetzen, wären wir hoffnungslos überfordert. Ein natürlicher Reizfilter bewirkt zum Glück, dass wir nur das wahrnehmen, was uns auch wirklich angeht.
Funktioniert dieser Filter bedingt durch Stress oder eben auch durch die hormonellen Umstellungen in den Wechseljahren nicht optimal, kommt es zu einer Übererregung der Nerven. Das ätherische Öl des Lavendel sorgt dafür, dass die Botenstoffe, mit denen unser Reizfilter arbeitet, wieder ins Gleichgewicht kommen. Die Ängste lassen nach.
Der entspannende Effekt von Lavendel könnte vorrangig auf seinem Duft beruhen. Anlass zu dieser Vermutung gibt eine Studie japanischer Forscher, die den Effekt des im Lavendel enthaltenen Stoffs Linalool untersucht hatten.
Wie sie in der Fachzeitschrift Frontiers in Behavioral Neuroscience berichten, hatte der Geruch von Linalool bei Mäusen einen beruhigenden Effekt. Anders als bei Benzodiazepinen, die ebenfalls wegen ihrer angstlösenden und entspannenden Wirkung eingesetzt werden, oder Linalool-Injektionen, wurden die Bewegungen der Tiere dadurch jedoch nicht beeinträchtigt. Bei Mäusen, die nichts riechen konnten, stellte sich der beruhigende Effekt dagegen nicht ein.
Lesen Sie auch: Schlafprobleme? Lavendel hilft!
Dies deute darauf hin, dass die Entspannung auf Geruchssignale des Linalool-Dufts zurückgehe, sagt Dr. Hideki Kashiwadani von der Kagoshima University in Japan. Die Ergebnisse aus diesem und weiteren Versuchen deuteten darauf hin, dass es tatsächlich der Duft des Linalools sei, der beruhige, nicht seine Aufnahme ins Blut über die Lunge.
Lavendelöl-Kapseln gegen Angststörungen
Lavendelöl-Kapseln helfen gegen Angststörungen. Das konnten deutsche und österreichische Wissenschaftler jetzt mit einer gross angelegten und mit Placebokontrolle durchgeführten Studie nachweisen.
Ein Team der Universität Wien konnte den Effekt von Lavendelöl-Kapseln nun wissenschaftlich untermauern. In einer Studie haben die Wiener 539 Patienten mit moderaten Angststörungen unter die Lupe genommen. Alle Studienteilnehmer litten unter Ängsten und Sorgen, die sie bei ihren alltäglichen Aufgaben behinderten.
Während zehn Wochen erhielten die Patienten entweder ein modernes Antidepressivum, ein Placebo oder Lavendelöl-Kapseln. Gemessen wurde nach dem sogenannten HAMA-System. Dieses gibt den Schweregrad der Angstzustände wieder. Die Patienten gaben vor der Behandlung an, mindestens 18 Punkte auf der HAMA-Skala zu erreichen - ab dann spricht man von einer moderaten Angststörung.
Nach den zweieinhalb Monaten hatten sich bei allen Beteiligten die Symptome reduziert. Bei der Placebo-Gruppe um 9,5 Punkte, bei der Antidepressivum-Gruppe um 11 Punkte und bei der Lavendel-Gruppe um 13 Punkte.
Lesen Sie auch: Mythen über Lithium bei Angst
Lavendelöl gleich gut wie Antidepressivum
Lavendelöl-Kapseln helfen gegen Angststörungen. Das konnten deutsche und österreichische Wissenschaftler jetzt mit einer gross angelegten und mit Placebokontrolle durchgeführten Studie nachweisen.
Die Hoffnung der Wissenschaftler ist nun, dass der Lavendel-Stoff medizinisch dazu genutzt werden könnte, Ängste zu behandeln. Bei Operationen etwa könnte er helfen, Ängste und Stress im Vorfeld eines Eingriffs sanft zu lindern. «Verdampft könnte Linanool zudem eine sichere Alternative für Patienten darstellen, die Schwierigkeiten damit haben, angstlösende Mittel in Form von Pillen oder Zäpfchen zu verwenden, zum Beispiel ältere Menschen oder Babys», sagt Kashiwadani.
Anwendung von Lavendel
Lavendel wird oft für seine beruhigenden und entspannenden Eigenschaften geschätzt und hat eine lange Geschichte in der traditionellen Medizin und Aromatherapie. Der Duft von Lavendelöl kann beruhigend wirken und dabei helfen, Stress und Angstzustände zu reduzieren. Lavendel wird häufig zur Linderung von Schlafstörungen wie Schlaflosigkeit, unruhigem Schlaf und Schlafqualitätsverbesserung verwendet. Lavendel kann auch eine positive Wirkung auf die Stimmung haben und zur Reduzierung von depressiven Verstimmungen beitragen. Lavendel wird manchmal zur Linderung von Kopfschmerzen, Muskelverspannungen und leichten Schmerzen eingesetzt. Lavendelöl wird oft in der Hautpflege verwendet und kann bei der Behandlung von Hautproblemen wie Akne, Hautreizungen, Ekzemen und Insektenstichen helfen.
Hier sind einige Möglichkeiten, wie Sie Lavendel anwenden können:
- Aromatherapie: Verwenden Sie ätherisches Lavendelöl in einem Diffusor oder einem Duftlampen, um den Duft im Raum zu verteilen und eine beruhigende Atmosphäre zu schaffen.
- Lavendelkissen: Füllen Sie kleine Stoffbeutel mit getrockneten Lavendelblüten und legen Sie sie unter das Kopfkissen.
- Entspannendes Lavendelbad: Geben Sie einige Tropfen ätherisches Lavendelöl in das warme Badewasser und geniessen Sie ein entspannendes Bad.
- Lavendeltee: Bereiten Sie Lavendeltee zu, indem Sie getrocknete Lavendelblüten mit heissem Wasser übergiessen. Lavendeltee kann beruhigend wirken und zur Entspannung beitragen.
- Duftendes Lavendelspray: Mischen Sie ätherisches Lavendelöl mit Wasser in einer Sprühflasche und verwenden Sie es als duftendes Raumspray.
- Lavendel in der Hautpflege: Verwenden Sie Hautpflegeprodukte, die Lavendel enthalten, wie zum Beispiel Lavendelöl, Lavendel-Seife oder Lavendel-Lotion.
- Lavendel im Garten: Pflanzen Sie Lavendel im Garten oder in Töpfen auf dem Balkon oder der Terrasse. Sie können die Pflanze geniessen, den Duft inhalieren und sie bei Bedarf für verschiedene Anwendungen ernten.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Wirkung von Lavendel bei Angst und Panikattacken individuell unterschiedlich sein kann. Nicht jeder reagiert gleich auf den Duft von Lavendel und die Wirksamkeit kann je nach Person variieren.
Lesen Sie auch: Depressionen und Tagesstruktur
Weitere Heilpflanzen und ihre Wirkung
Neben Lavendel gibt es auch andere Heilpflanzen, die angstlösende und beruhigende Eigenschaften besitzen:
- Johanniskraut: Die gelbe Blume ist vor allem als pflanzliches Mittel gegen leichte und mittelschwere Depressionen bekannt. Doch sie wirkt auch angstlösend. Die Inhaltsstoffe Hypericin und Hyperforin bewirken, dass der Spiegel bestimmter Botenstoffe im Gehirn ansteigt. Ratsam ist die Anwendung von standardisierten Extrakten aus der Apotheke. Wichtig zu wissen: Nimmt man Johanniskrautextrakte regelmässig ein, wird die Haut lichtempfindlicher.
- Baldrian: Er ist der Klassiker unter den pflanzlichen Beruhigungsmitteln. Baldrian lindert ausserdem nervöse Erregungszustände. Das kann auch bei verstärkter Ängstlichkeit von Nutzen sein. Verantwortlich für diese Effekte sind ätherische Öle, die in der Wurzel reichlich vorkommen. Sie interagieren mit unseren Nervenzellen, respektive mit den von diesen produzierten Botenstoffen. So entsteht eine entspannende und entkrampfende Wirkung. Allerdings ist diese nicht sofort bei der ersten Verwendung von Baldrian spürbar, sondern erst bei regelmässiger Anwendung über mindestens eine Woche. Das Besondere: Baldrian fördert zwar die Schlafbereitschaft des Körpers, er macht aber nicht schläfrig oder unkonzentriert.
- Helmkraut: Aus Nordamerika stammt diese Pflanze, der in einer englischen Studie (Universitiy of Westminster) eine sehr gute angstlösende Wirkung bescheinigt wurde. Verantwortlich für den positiven Effekt ist die Substanz Scutellarin. Sie hat ausserdem krampflösende Eigenschaften. Konzentrationsprobleme oder Müdigkeit sind auch bei einer Anwendung am Tag nicht zu befürchten.
- Passionsblume: Flavonoide sind verantwortlich für die beruhigende Wirkung der Passionsblume. Hochdosiert kann die Pflanze bei Angstzuständen und Panikattacken helfen.
- Rosmarin: Iranische Wissenschaftler haben an Studenten die Wirkung des Küchenkrautes getestet. Nach einem Monat hatte sich in der Rosmarin-Gruppe die Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung gebessert. Ängste und depressive Verstimmungen wurden hingegen gelindert.
Lavendelöl bei Depressionen
Bei Angsterkrankungen und Depressionen gibt es viele Überschneidungen. Depressionen können zu Ängsten führen, und umgekehrt können Angsterkrankungen mit Depressionen einhergehen. Daher werden bei beiden Krankheitsbildern Antidepressiva eingesetzt.
Silexan®, das ätherische Lavendelöl aus den Blüten des echten Lavendels (Lavandula angustifolia) hat angstlösende und antidepressive Eigenschaften. Bereits 2016 konnte in einer randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Studie an mehr als 300 Patienten mit Angst und depressiver Verstimmung festgestellt werden, dass sich unter dem Phytotherapeutikum nicht nur die Ängste, sondern auch die depressiven Symptome gegenüber Placebo besserten. Die Studie bestätigt die antidepressive Wirksamkeit von Silexan® bei leichter oder mittelschwerer Depression, einschliesslich signifikanter Verbesserungen der funktionellen Kapazität der Probanden.
Ergebnisse einer Studie mit Silexan®
Nun sind die Ergebnisse einer neuen Studie erschienen, an der knapp 500 Menschen teilnahmen, die eine oder wiederkehrende milde bis moderate Depressionsphase erlitten hatten. Ein Drittel erhielt 80 mg Silexan® pro Tag, ein Drittel Placebo und ein Drittel täglich 50 mg des Antidepressivums Sertralin® über acht Wochen.
Bei den Probanden unter Lavendelöl-Extrakt (Silexan®) verbesserte sich der Score um 2,17 Punkte gegenüber Placebo; unter Sertralin® um 2,59 Punkte. Die Unterschiede zu Placebo waren statistisch signifikant. Beide wirkstoffhaltigen Präparate wurden gut vertragen. Die häufigste Nebenwirkung des Lavendelöl-Extrakts war Aufstossen.
Die Studie bestätigt die antidepressive Wirksamkeit von Silexan® bei leichter oder mittelschwerer Depression, einschliesslich signifikanter Verbesserungen der funktionellen Kapazität der Probanden.
Verschiedene Lavendelarten
Es gibt verschiedene Lavendelarten, die sich in Duft und Aussehen unterscheiden:
- Echter Lavendel (Lavandula angustifolia): Auch als englischer Lavendel oder schmalblättriger Lavendel bekannt, ist er eine der beliebtesten und am häufigsten vorkommenden Lavendelarten.
- Lavandin (Lavandula x intermedia): Lavandin ist eine natürliche Hybride zwischen Echtem Lavendel und Speiklavendel. Es gibt verschiedene Sorten von Lavandin, die sich in Grösse, Duft und Farbe der Blüten unterscheiden.
- Speiklavendel (Lavandula latifolia): Speiklavendel hat breitere Blätter im Vergleich zum Echten Lavendel. Die Blütenstände sind länglicher und haben eine markantere, pinienartige Duftnote.
- Französischer Lavendel (Lavandula stoechas): Diese Lavendelart hat auffällige Blütenstände mit kleinen, violetten Blüten und auffälligen, blattartigen Strukturen, die "Ohren" genannt werden.
- Schopflavendel (Lavandula pedunculata): Schopflavendel ähnelt dem französischen Lavendel, hat jedoch längere, zylindrische Blütenstände mit spitzen Blüten.
tags: #lavendel #angststörung #wirkung