Kindergeld bei psychischer Erkrankung: Voraussetzungen und Ansprüche

Die Familienzulagen, zu denen auch das Kindergeld gehört, fallen in den Bereich der sozialen Sicherheit und der Familienpolitik. Sie sollen die Kosten, die durch den Unterhalt eines oder mehrerer Kinder entstehen, teilweise ausgleichen. Die Familienzulagen basieren auf dem Grundsatz «Ein Kind, eine Zulage».

Im Folgenden werden die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen erläutert.

Anspruch auf Familienzulagen

In der sozialen Sicherheit bedeutet dies, dass pro Kind nur ein Anspruch auf eine Zulage derselben Art besteht. Haben mehrere Personen Anspruch auf Familienzulagen für das gleiche Kind (Anspruchskonkurrenz), wird der Erstanspruch anhand einer gesetzlich festgelegten Reihenfolge bestimmt. In der Familienpolitik bedeutet der Grundsatz «Ein Kind, eine Zulage», dass für jedes Kind Anspruch auf eine Zulage besteht, unabhängig von der persönlichen oder beruflichen Situation der Eltern.

Arbeitslose Personen, die ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung beziehen, haben keinen Anspruch auf Familienzulagen.

Umschulung und Invalidenversicherung (IV)

Die Invalidenversicherung (IV) spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, einschliesslich psychischen Erkrankungen, durch verschiedene Massnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung.

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Voraussetzungen für eine Umschulung durch die IV

Umschulungen sind oft teuer. Sie werden deshalb von der IV nur unter einschränkenden Bedingungen finanziert. Damit die IV eine Umschulung übernimmt, müssen grundsätzlich drei Voraussetzungen gegeben sein:

  • Die Umschulung muss invaliditätsbedingt notwendig sein.
  • Die Umschulung muss geeignet sein, die Erwerbsfähigkeit längerfristig wesentlich zu verbessern.
  • Die Umschulung muss unter den gegebenen Umständen als verhältnismässig erscheinen. Sie soll nicht dazu führen, dass die gesundheitlich beeinträchtigte Person am Ende der Umschulung bessere Verdienstmöglichkeiten hat als ohne Invalidität.

Wann gilt eine Umschulung als invaliditätsbedingt notwendig?

Die Tatsache, dass eine gesundheitlich beeinträchtigte Person den bisherigen Beruf nicht mehr oder nur noch beschränkt ausüben kann, löst noch nicht automatisch einen Anspruch auf eine Umschulung aus. Geprüft wird immer, ob nicht ein Ausweichen auf eine andere Erwerbstätigkeit infrage kommt. Praxisgemäss muss die gesundheitlich beeinträchtigte Person dabei sogar einen gewissen Einkommensverlust in Kauf nehmen. Beträgt dieser jedoch rund 20% oder mehr, so gilt er als unzumutbar. Eine Umschulung bedingt somit nach konstanter Rechtsprechung einen Invaliditätsgrad von mindestens 20%.

Ermittelt wird dieser durch einen Vergleich des Einkommens, welches die gesundheitlich beeinträchtigte Person ohne gesundheitliche Beeinträchtigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erzielt hätte (hypothetisches Valideneinkommen), mit dem Einkommen, welches sie auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (ohne Umschulung) noch zu erzielen vermag (zumutbares Invalideneinkommen).

Anspruch auf eine Umschulung besteht nicht erst, wenn eine Invalidität von mindestens 20% bereits entstanden ist, sondern auch dann, wenn sie zu entstehen droht. Die Prognose einer drohenden Invalidität muss ärztlich mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit festgehalten worden sein.

Beispiele

Beispiel 1: Herr T ist Zimmermann und hat 20 Jahre auf seinem Beruf als Vorarbeiter gearbeitet. Zuletzt hat er einen Lohn von monatlich 6'800 Franken erzielt. Wegen erheblichen Rückenbeschwerden muss er seine Tätigkeit aufgeben. Er wünscht eine berufsnahe Umschulung, z.B. zum Sachbearbeiter Planung. Die IV übernimmt diese Umschulung. Sie geht davon aus, dass Herr T in einer angepassten leichten Tätigkeit als Hilfsarbeiter unter Berücksichtigung seiner Leistungseinschränkungen maximal noch einen Verdienst von 4'500 Franken erzielen könnte. Es liegt somit ein Invaliditätsgrad von 33% vor, welcher zu einer Umschulung berechtigt.

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Beispiel 2: Frau F hat 10 Jahre als Coiffeuse gearbeitet und zuletzt einen Lohn von 3'400 Franken monatlich erzielt. Wegen Arthrosen im Bereich der Schultern kann sie ihren Beruf nicht mehr ausüben und wünscht deshalb die Umschulung auf eine kaufmännische Tätigkeit. Die IV verweigert in diesem Fall die Übernahme einer Umschulung. Sie macht geltend, dass Frau F zwar nicht mehr als Coiffeuse arbeiten könne, aber in einer angepassten Tätigkeit, bei welcher mit den Armen nicht in erhöhter Position gearbeitet werden müsse, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Hilfsarbeiterin weiterhin ein Einkommen in der Höhe des bisherigen Einkommens erzielen könne. Eine Umschulung sei deshalb nicht invaliditätsbedingt notwendig. Das Beispiel zeigt, dass Personen (vor allem Frauen), die bisher in Tieflohnberufen gearbeitet haben, oft die Umschulung verweigert wird.

Beispiel 3: Der 25-jährige Herr K kann seinen Beruf als Sanitätsinstallateur behinderungsbedingt nicht mehr ausüben. Sein Arbeitgeber wäre allerdings bereit, ihn im Magazin weiter zu beschäftigen, wobei er statt 4'500 noch 3'800 Franken Lohn bezahlen würde. Herr K wünscht jedoch lieber die Umschulung auf eine neue Tätigkeit. Obschon die behinderungsbedingte Erwerbseinbusse in diesem Fall bei 16% und somit unter 20% liegt, hat Herr K Anspruch auf Umschulung auf einen Beruf, bei welchem er gleichwertige Erwerbsmöglichkeiten wie bisher erhält. Denn bei jüngeren Versicherten, die über eine abgeschlossene berufliche Ausbildung verfügen, werden die realen lohnmässigen Aufstiegsmöglichkeiten mitberücksichtigt. Es kann davon ausgegangen werden, dass Herr K sein Einkommen als Sanitätsinstallateur im Lauf der Jahre deutlich gesteigert hätte, während ihm dies als Hilfsarbeiter kaum mehr möglich wäre.

Verbesserung der Erwerbsfähigkeit als Ziel

Eine gesundheitlich beeinträchtigte Person hat nur dann Anspruch auf eine Umschulung, wenn diese geeignet ist, ihre Erwerbsfähigkeit erheblich zu verbessern. Droht eine weitere Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit, so kann eine Umschulung aber auch die Erhaltung der bisherigen Erwerbsfähigkeit zum Ziel haben. Ob mit einer Umschulung die Erwerbsfähigkeit verbessert oder erhalten werden kann, beurteilt die IV aufgrund der medizinischen Berichte und der Stellungnahme ihrer Berufsfachleute.

Es empfiehlt sich deshalb eine enge und konstruktive Zusammenarbeit mit den Berufsberatern der IV. Erfahrungsgemäss übernimmt die IV nur dann eine Umschulung, wenn das Vorhaben von den Berufsfachleuten der IV unterstützt wird.Die Erwerbsfähigkeit muss mit einer Umschulung für eine längere Dauer verbessert werden können. Bei einer schlechten Prognose über den Verlauf einer Krankheit wird die IV keine mehrjährigen Umschulungen übernehmen, sondern allenfalls eine kürzere Umschulung z.B. von einem Jahr.

Steht eine Person kurz vor dem AHV-Alter, so wird ebenfalls berücksichtigt, ob in diesem Alter noch realistische Chancen bestehen, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Stelle in der neu erlernten Tätigkeit zu finden.

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Beispiel

Frau S hat als Pflegefachfrau gearbeitet. Wegen erheblicher psychischer Beeinträchtigungen musste sie ihre bisherige Tätigkeit aufgeben. Nachdem sich ihr Gesundheitszustand wieder etwas stabilisiert hat, wünscht Frau S eine Umschulung zur Craniosacral-Therapeutin. Die Berufsberaterin der IV gelangt zum Schluss, dass Frau S auch in der gewünschten neuen Tätigkeit nur mit einem beschränkten Pensum wird arbeiten können und dass die Erwerbsfähigkeit durch die Umschulung nicht in erheblichem Mass verbessert werden kann, zumal der Aufbau einer selbständigen Erwerbstätigkeit eine gewisse persönliche Stabilität voraussetzt. Die IV lehnt gestützt auf diese Einschätzung die Übernahme der Umschulungskosten ab.

Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit

Eine Umschulung wird von der IV nur bezahlt, wenn sie unter Würdigung der gesamten Umstände als verhältnismässig erscheint. Die (oft hohen) Kosten einer Umschulung müssen in einem vernünftigen Verhältnis zum erwarteten Eingliederungserfolg stehen. Bei jüngeren Personen, die noch eine längere Erwerbskarriere vor sich haben, darf eine mehrjährige Ausbildung auf einen neuen Beruf durchaus als verhältnismässig betrachtet werden.

Ab 55 Jahren erfüllen demgegenüber solche Ausbildungen das Kriterium der Verhältnismässigkeit kaum je, weshalb kürzere Umschulungen im Vordergrund stehen, welche an den bisherigen beruflichen Fertigkeiten anknüpfen.

Aus der Sicht der IV soll eine Umschulung der gesundheitlich beeinträchtigten Person möglichst zu gleichwertigen, aber nicht zu höheren Verdienstmöglichkeiten verhelfen, als sie ohne ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätte. In der Regel wird deshalb eine Umschulung nur im Hinblick auf einen gleichwertigen Berufsabschluss gewährt. Nur in Ausnahmefällen kann auch eine Umschulung auf einen höheren Berufsabschluss übernommen werden, nämlich dann, wenn nur mit einem solchen höheren Berufsabschluss gleichwertige Verdienstmöglichkeiten bestehen.

Beispiel

Frau H hat bisher während vielen Jahren als Pflegerin in einer Spitex-Organisation gearbeitet. Sie kann diese Tätigkeit wegen Rückenbeschwerden nicht mehr ausüben. Die IV ist bereit, ihr eine 1-jährige Umschulung zu ermöglichen, damit sie Aufgaben im Administrativbereich einer Spitex-Organisation übernehmen kann. Frau H entschliesst sich aber, eine Umschulung zur Psychotherapeutin zu absolvieren. Die IV gewährt ihr an diese Umschulung, die sie zwar als Erfolg versprechend, aber nicht als verhältnismässig betrachtet, einen Kostenbeitrag in der Höhe der Kosten (Ausbildungskosten, Taggeld), welche der IV im Rahmen der vorgeschlagenen 1-jährigen Umschulung entstanden wären. Frau H versucht die ungedeckten Mehrkosten einerseits aus ihrem Vermögen, andererseits mit Gesuchen um finanzielle Unterstützung an Organisationen und Stiftungen zu decken.

Entschliesst sich eine gesundheitlich beeinträchtigte Person, eine mehrjährige Umschulung mit hohen Kosten zu absolvieren, obschon die IV eine weniger kostspielige kürzere Umschulung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit als genügend betrachtet, so gilt der Grundsatz der Austauschbefugnis: Die IV-Stelle kann in solchen Fällen nicht jegliche Kostenübernahme verweigern, sondern sie muss an die gewählte Ausbildung einen Kostenbeitrag in der Höhe der Kosten der von ihr als genügend betrachteten Umschulung leisten.

Abgrenzung zur erstmaligen beruflichen Ausbildung

Eine Umschulung wird von der IV nur finanziert, wenn eine Person bereits erwerbstätig gewesen ist (und dies nicht nur im Sinne vorübergehender Jobs) und nun diese Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben muss. Ist eine Person hingegen bereits vor Beginn ihrer Erwerbskarriere gesundheitlich beeinträchtigt und benötigt deswegen während ihrer Ausbildung Unterstützung, so finanziert die IV die entsprechenden Kosten unter dem Titel einer „erstmaligen beruflichen Ausbildung“.

Die Unterscheidung ist wichtig, weil die IV bei der erstmaligen beruflichen Ausbildung nur die invaliditätsbedingten Mehrkosten der Ausbildung finanziert und nur ein vergleichsweise bescheidenes Taggeld während der Ausbildung bezahlt. Im Falle einer Umschulung kommt die IV jedoch für die gesamten Ausbildungskosten auf und bezahlt in aller Regel ein höheres Taggeld.

Schwierig ist die Abgrenzung häufig dann, wenn eine erstmalige berufliche Ausbildung aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen werden muss. In diesem Fall gilt eine Neuausbildung dann als „Umschulung“, wenn die gesundheitlich beeinträchtigte Person während der abgebrochenen Ausbildung bereits ein monatliches Einkommen von mindestens 3'663 Franken erzielt hat.

Welche Umschulungsmassnahmen kommen in Betracht?

Je nach Alter, Art der Behinderung und persönlichen Fähigkeiten kommen unterschiedliche Massnahmen infrage.

  • In erster Linie ist vor allem bei jüngeren Versicherten eine vollwertige Berufslehre oder zumindest eine Anlehre oder Attestausbildung nach Berufsbildungsgesetz anzustreben.
  • Infrage kommt aber auch der Besuch einer Mittel-, Fach- oder Hochschule, sofern dieser als verhältnismässig angesehen werden kann.
  • Ist eine eigentliche berufliche Ausbildung nicht zweckmässig, so kann auch der Besuch von Berufs- und Fachkursen als Umschulung von der IV übernommen werden, eventuell verbunden mit einer Einarbeitung an einem neuen Arbeitsplatz.
  • Ebenfalls als Umschulung können Vorbereitungsmassnahmen im Rahmen eines eigentlichen Eingliederungsplans finanziert werden, wie z.B. notwendige Sprachkurse oder ein gezieltes Arbeitstraining.
  • Die notwendige Wiedereinschulung in den bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich kann schliesslich ebenfalls als Umschulung übernommen werden.

Beispiel

Frau B ist im Alter von 40 Jahren erblindet. Sie will eine kaufmännische Ausbildung absolvieren. Bevor sie eine solche beginnen kann, muss sie während eines halben Jahres im Rahmen einer Rehabilitation den Umgang mit blindentechnischen Hilfsmitteln an einer spezialisierten Ausbildungsstätte erlernen. Diese vorbereitende Massnahme wird von der IV im Rahmen der Umschulung finanziert.

Welche Leistungen erbringt die IV während einer Umschulung?

Kommt die IV für eine Umschulung auf, so übernimmt sie einerseits sämtliche Kosten, die im Rahmen der Umschulung anfallen, und entrichtet andererseits ein Taggeld zur Deckung des Erwerbsausfalls.

Als Umschulungskosten finanziert werden:

  • Schul-, Lehr- und Ausbildungsgelder, Seminar-, Praktikums- und Prüfungsgebühren
  • Kosten für notwendige Lehrmittel und behinderungsbedingte Hilfsmittel
  • Dienstleistungen Dritter im Zusammenhang mit der Ausbildung: Gebärdensprachdolmetscher bei Gehörlosen, Vorlesehilfen bei Blinden
  • Transportkosten zum Ausbildungsort: Kosten der öffentlichen Transportmittel oder, falls deren Benützung nicht möglich oder zumutbar ist, die Kosten von privaten Transportmitteln oder Taxis.
  • Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung: Die Kosten für eine auswärtige Unterbringung werden allerdings nur übernommen, wenn diese behinderungsbedingt notwendig ist oder eine unerlässliche Bedingung für eine erfolgreiche Ausbildung darstellt, oder wenn die Rückkehr zum Wohnort nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Während der Umschulung wird ein Taggeld bezahlt: Dieses beträgt 80% des letzten Einkommens, welches vor der Umschulung ohne die gesundheitliche Einschränkung erzielt worden ist, jedoch maximal 326 Franken pro Tag (9'780 Franken pro Monat). Zu dieser Grundentschädigung kommt noch ein Kindergeld von täglich 9 Franken (270 Franken pro Monat) pro Kind hinzu.

Das Taggeld wird gekürzt, wenn die IV während der Ausbildung für Unterkunft und Verpflegung aufkommt, und zwar um 20% (jedoch höchstens 20 Franken pro Tag). Bei Personen mit Unterhaltspflichten für Kinder wird das Taggeld um 10% (jedoch höchstens 10 Franken pro Tag) gekürzt. Gekürzt wird es auch, wenn die gesundheitlich beeinträchtigte Person während der Ausbildung einen Ausbildungslohn erzielt: In diesem Fall dürfen Ausbildungslohn und Taggeld zusammen nicht höher sein als das letzte Einkommen, welches vor der Umschulung erzielt worden ist.

Wie weiter nach Abschluss einer Umschulung?

Ist eine Umschulung mit Erfolg absolviert worden, so prüft die IV, ob die gesundheitlich beeinträchtigte Person nun in der Lage ist, dank der Umschulung ein rentenausschliessendes Einkommen zu erzielen. Bejaht sie dies, so wird sie dies mit einem entsprechenden Schreiben mitteilen. Wer mit dieser Einschätzung nicht einverstanden ist, kann verlangen, dass der Rentenanspruch geprüft und eine Verfügung erlassen wird.

Ist eine Person in der Lage, ein rentenausschliessendes Einkommen zu erzielen, bedeutet dies noch nicht, dass sie ohne weiteres eine entsprechende Stelle findet: Hier kann von der IV auch Hilfe bei der Arbeitsuche verlangt werden („Arbeitsvermittlung“). Die IV gewährt allerdings während der Dauer der Arbeitsuche kein Taggeld. Ein solches kann aber von der Arbeitslosenversicherung beansprucht werden.

Beispiel

Herr T ist von der IV während eines Jahres zum technischen Kaufmann umgeschult worden. Er hat die Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen, findet aber nicht sofort eine Stelle. Das Taggeld der IV wird mit dem letzten Ausbildungstag eingestellt. Herr T sollte sich nun unbedingt an die Arbeitslosenversicherung zwecks Bezugs von Taggeldern wenden.

IV-Taggeld während Abklärungs- und Eingliederungsmassnahmen

Die Invalidenversicherung bezahlt während Abklärungs- und Eingliederungsmassnahmen ein Taggeld und deckt damit (zum grossen Teil) den Erwerbsausfall, der als Folge solcher Massnahmen entsteht: Dank des IV-Taggelds wird der Lebensunterhalt der gesundheitlich beeinträchtigten Person und ihrer Familienangehörigen während solcher Massnahmen sichergestellt. Solange ein Taggeldanspruch besteht, entsteht noch kein Anspruch auf eine Rente. Das entspricht auch dem in der IV geltenden generellen Grundsatz «Eingliederung vor Rente».

Wann wird ein IV-Taggeld bezahlt?

Folgende Abklärungs- und Eingliederungsmassnahmen berechtigen zur Ausrichtung eines IV-Taggeldes:

  • Abklärungsmassnahmen in einem Spital, einer medizinischen Abklärungsstelle (z.B. MEDAS) oder in einer beruflichen Eingliederungsstätte
  • Eingliederungsmassnahmen:
    • Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung
    • Massnahmen beruflicher Art (z.B. Umschulung)
    • gewisse erstmalige berufliche Ausbildungen
    • Arbeitsversuche
    • medizinische Massnahmen
    • Gebrauchstraining bei von der IV abgegebenen Hilfsmitteln

Beispiel

Frau B ist 19 Jahre alt und lebt mit einem Herzfehler, der von der IV als Geburtsgebrechen anerkannt worden ist. Während eines mehrtägigen Spitalaufenthalts aufgrund einer notwendigen Operation (medizinische Massnahme) erhält sie von der IV ein Taggeld.

Der Anspruch auf ein IV-Taggeld beginnt frühestens mit dem Beginn der Abklärung oder Eingliederung und erlischt spätestens mit dem Abschluss der Massnahme. Muss eine Eingliederungsmassnahme (z.B. ein Arbeitsversuch) aus gesundheitlichen Gründen unterbrochen werden, so wird das Taggeld für eine beschränkte Zeit weiter bezahlt (je nach Dauer der Eingliederung während längstens 30, 60 oder 90 Tagen).

Wer erhält ein IV-Taggeld?

Anspruch auf ein IV-Taggeld besteht frühestens nach Vollendung des 18. Altersjahrs. Personen, die vor dem 18. Altersjahr in einer erstmaligen beruflichen Ausbildung stehen, für welche die IV ein Taggeld ausrichtet, haben seit 1.1.2022 aber bereits ab Ausbildungsbeginn einen Taggeldanspruch.

Ein IV-Taggeld erhält grundsätzlich nur, wer als erwerbstätig gilt: Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn eine Person unmittelbar vor ihrer Arbeitsunfähigkeit ein AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen erzielt hat. Wer bei Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosentaggelder bezieht oder wer die Erwerbstätigkeit bereits früher aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, gilt ebenfalls als erwerbstätig. Personen in der erstmaligen beruflichen Ausbildung haben nur dann Anspruch auf ein Taggeld, wenn die IV invaliditätsbedingte Mehrkosten übernimmt.

Alle anderen Personen gelten als nicht erwerbstätig und haben keinen Anspruch auf ein IV-Taggeld. Hingegen besteht allenfalls Anspruch auf eine Entschädigung für die wegen einer Eingliederungsmassnahme anfallenden zusätzlichen Kosten für die Betreuung von Kindern oder Familienangehörigen.

Beispiel

Herr A ist Karosseriespengler und hat seine Anstellung aus persönlichen Gründen aufgelöst. Danach findet er leider keine Anstellung mehr, wird bei der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert und bezieht in der Folge Sozialhilfe. Er erleidet nun einen schweren Autounfall und ist hernach querschnittgelähmt. Herr A meldet sich bei der IV an und diese finanziert ihm eine Umschulung zum Sozialarbeiter. Da Herr A vor dem Unfall von der Sozialhilfe unterstützt worden ist, gilt er als nicht erwerbstätig. Während der Umschulung erhält er somit kein IV-Taggeld. Er kann höchstens eine Entschädigung für die aufgrund der Umschulung allenfalls anfallenden Kinderbetreuungskosten verlangen.

Hätte Herr A unmittelbar vor dem Unfall noch Arbeitslosentaggelder bezogen, oder hätte er seine Anstellung als Karosseriespengler aufgrund des Unfalls aufgeben müssen, hätte ihm die IV während seiner Umschulung ein IV-Taggeld ausgerichtet.

IV-Taggeld auch während der Wartezeiten?

Wer aus Gründen, die nicht in der eigenen Person liegen, auf den Beginn einer Umschulung warten muss und in der bisherigen Tätigkeit zu mindestens 50% arbeitsunfähig ist, erhält ein Wartezeittaggeld. Der Anspruch auf ein solches Taggeld beginnt, sobald die IV feststellt, dass eine Umschulung angezeigt ist und deshalb weitere Vorkehren anordnet (z.B. Suche eines geeigneten Umschulungsplatzes).

Solange aber ein ganzes Taggeld der Arbeitslosenversicherung, ein Taggeld oder eine Rente der Militärversicherung, eine IV-Rente, eine Entschädigung der Erwerbsersatzordnung oder ein Taggeld der Unfallversicherung während einer Heilbehandlung im Sinne des Unfallversicherungsgesetzes ausbezahlt wird, richtet die IV kein Wartezeittaggeld aus.

Zu beachten ist folgender Spezialfall: Anspruch auf ein Wartezeittaggeld hat ebenfalls, wer im Anschluss an eine erstmalige berufliche Ausbildung eine Umschulung oder einen Arbeitsversuch von der IV Arbeitsvermittlung erhält und noch keine Stelle gefunden hat. In diesem Fall besteht der Anspruch jedoch längstens während 60 Tagen und nur, wenn kein Anspruch auf ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung besteht.

Beispiel

Frau M erkrankt an Multipler Sklerose und muss ihre Tätigkeit als Physiotherapeutin aufgeben. Die IV erachtet eine Umschulung zur kaufmännischen Angestellten als angezeigt. Bis zum Beginn des entsprechenden Lehrgangs dauert es aber noch 5 Monate. Die IV bezahlt Frau M während diesen 5 Monaten ein Wartezeittaggeld. Nach Abschluss der Umschulung, während der Frau M ein normales IV-Taggeld bezogen hat, unterstützt die IV Frau M noch im Sinne einer Arbeitsvermittlung. Weil Frau M nun aber Anspruch auf ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung hat, kann sie kein IV-Wartezeittaggeld mehr beziehen.

Wie wird das IV-Taggeld bemessen?

Das Taggeld besteht aus einer Grundentschädigung und einem zusätzlichen Kindergeld. Zusammen dürfen Grundentschädigung und Kindergeld den Betrag von 407 Franken pro Tag nicht übersteigen. Die Grundentschädigung entspricht 80% des Erwerbseinkommens, das die Person in ihrer letzten beruflichen Tätigkeit vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung erziehlt hat, maximal aber 326 Franken.

Ein Kindergeld erhält eine Person für jedes Kind und Pflegekind bis zum 18. Altersjahr bzw. bis zum Abschluss der Ausbildung (längstens jedoch bis zum 25. Altersjahr). Ein Kindergeld wird jedoch nur bezahlt, wenn für das Kind nicht bereits eine erwerbstätige Person Familienzulagen erhält. Das Kindergeld beträgt 9 Franken pro Tag pro Kind.

Wenn eine Person während der Eingliederung eine Erwerbstätigkeit ausübt und das Einkommen aus dieser Tätigkeit zusammen mit dem Taggeld höher ist als das vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung erzielte Einkommen, wird das Taggeld wegen Überentschädigung gekürzt.

Kommt die IV während der Eingliederungsmassnahme für Verpflegung und Unterkunft auf, werden vom Taggeld 20%, maximal aber 20 Franken, abgezogen. Bei Personen mit Unterhaltspflichten gegenüber Kindern beträgt der Abzug nur 10%, maximal aber 10 Franken.

Beispiel

Herr K ist Aussendienstmitarbeiter in einer grösseren Firma, als er psychisch erkrankt. Aus gesundheitlichen Gründen kann er nun nicht mehr im Aussendienst arbeiten. Die IV gewährt ihm eine Umschulung auf eine Tätigkeit in der Buchhaltung. Diese Umschulung kann in der gleichen Firma durchgeführt werden. Als Aussendienstmitarbeiter verdiente Herr K 60‘000 Franken pro Jahr. Während der Umschulung erhält er ein Jahreseinkommen von 40‘000 Franken. Die Grundentschädigung beträgt 132 Franken pro Tag (80% × 60‘000 Franken ÷ 365). Weil diese Grundentschädigung zusammen mit dem während der Umschulung bezogenem Verdienst (40'000 Franken pro Jahr bzw. 110 Franken pro Tag) zu einer Überentschädigung führen würde, wird sie auf 54 Franken pro Tag gekürzt. Zusammen erhält Herr K gleich viel, wie er als Aussendienstmitarbeiter bezogen hat, nämlich 164 Franken pro Tag bzw. 60'000 Franken pro Jahr.

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