Jeder fünfte in der Schweiz lebende Mensch erkrankt mindestens einmal im Leben an einer Depression. Aber was ist genau eine Depression? Stimmt der landläufige Gebrauch des Begriffs «depressiv» mit der Bezeichnung der Krankheit «Depression» überein?
Die landläufigen Verwendungen des Begriffes «Depression» bezeichnen oft vorübergehende Gefühlsreaktionen wie Stimmungstiefs, Enttäuschungen, Schmerz und Trauer, aber auch Freude und Lust.
Eine vorübergehenden Verstimmung oder Lebenskrise ist oft nur schwer von einer Depression zu unterscheiden. Erst durch gezieltes Nachfragen einer Fachperson kann eine sichere Diagnose gestellt werden.
Was ist eine Depression?
Eine Depression ist eine psychische Störung, bei der die Betroffenen sich niedergeschlagen, freudlos und ohne Antrieb fühlen. Dazu kommen häufig Symptome wie ein geringes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, Schlafstörungen und Konzentrationsschwäche. Depressionen beeinträchtigen die Betroffenen in der Regel stark, schränken ihren Alltag ein, belasten Liebesbeziehungen und führen bei manchen Patienten zur Arbeitsunfähigkeit - im schlimmsten Fall sogar zum Suizid.
Häufigkeit von Depressionen: Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation erleiden jedes Jahr etwa sieben Prozent der Bevölkerung in Europa eine Depression. Werden Angstzustände und leichtere Formen der Depression hinzugerechnet, betreffen diese Störungen jeden vierten Europäer.
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Symptome einer Depression
Typische Symptome einer Depression sind gedrückte Stimmung, negative Gedanken und fehlender Antrieb. Auch Freud- und Lustempfinden, Selbstwertgefühl, Leistungsfähigkeit und das Interesse am Leben können vermindert sein oder verloren gehen. Bei einer Depression dauern diese Symptome über mindestens zwei Wochen an und sind stark ausgeprägt. Vor allem Menschen mit einer schweren Depression leiden häufig unter Suizidgedanken.
Weitere Symptome sind:
- Anhaltende oder wiederkehrende Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit
 - Interessensverlust und Freudlosigkeit bis hin zu einem Gefühl innerer Leere
 - Konzentrations- und Schlafstörungen
 - Emotionale, geistige und körperliche Erschöpfung, aber auch Angetrieben sein
 - Schuldgefühle und Gefühl von Wertlosigkeit
 - Appetitlosigkeit
 - Negative oder pessimistische Zukunftsaussichten
 - Vernachlässigung von alltäglichen Aufgaben, beruflichen Verpflichtungen, Freizeitaktivitäten und sozialen Kontakten
 - Körperliche Beschwerden, u.a. unerklärliche Schmerzen oder andere körperliche Beeinträchtigungen, beispielsweise Rücken- oder Kopfschmerzen, Schwindel, Erschöpfung, Herzklopfen.
 
Wichtig: Betroffene sind keine Versager. Sie sind auch nicht faul oder wehleidig.
Ursachen und Risikofaktoren
In der Medizin wird von multifaktoriellen Ursachen gesprochen, das heisst, sowohl biologische Komponenten (wie beispielsweise Veränderungen im Hormonhaushalt), genetische Faktoren (bereits ein Verwandter leidet oder litt an Depressionen), als auch Umwelteinwirkungen (Verlust der Arbeit oder eine Trennung) können alleine oder in Kombination zu einer depressiven Episode führen.
Manchmal findet sich ein Auslöser für die Beschwerden, in anderen Fällen lässt sich der Symptombeginn keinem bestimmten Ereignis zuordnen. Bei chronischen Depressionen zeigt sich oft ein Zusammenhang mit belastenden Lebenserfahrungen in Kindheit und Jugend.
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Einer Depression geht oft eine besondere Belastung oder ein kritisches Ereignis voraus. Etwa der Verlust einer einer geliebten Person, eine Krankheit, eine anhaltende Überforderung, der Auszug eines Kindes oder eine Geburt. Eine Depression kann aber auch wie ein Blitz aus heiterem Himmel empfunden werden.
Formen der Depression
Es gibt verschiedene Formen der Depression. Sie unterscheiden sich unter anderem durch die Art und Häufigkeit der Symptome, die Ursache sowie durch persönlichkeitsspezifische Merkmale:
- Unipolare Depression: Hierbei treten typische Depressionssymptome wie Traurigkeit und Antriebslosigkeit über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten auf.
 - Bipolare Depression: Hier wechseln sich depressive Episoden mit manischen Phasen ab.
 - Dysthymie: Die depressiven Symptome sind weniger stark ausgeprägt, aber über einen langen Zeitraum vorhanden (chronische Depression).
 - Winterdepression: Tritt nur in der dunklen Jahreszeit auf.
 - Postnatale Depression: Entsteht bei manchen Frauen nach der Geburt.
 - Agitierte Depression: Äussert sich in ängstlicher Getriebenheit.
 - Atypische Depression: Die Stimmung lässt sich durch positive Ereignisse verbessern.
 
Depressionen in verschiedenen Altersgruppen
Depressive Erkrankungen können in jedem Alter auftreten. Man nimmt heute an, dass es keine spezifische «Altersdepression» gibt und im hohen Alter dieselben Prozesse beteiligt sind wie in jüngeren Jahren.
Auch bei Kindern und Jugendlichen sind depressive Störungen weit verbreitet. Zwischen drei und zehn Prozent der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren sind von Depressionen betroffen. Bei Kindern unter 12 Jahren liegt die Häufigkeit von depressiven Störungen zwischen 0.3 und 2.5%.
Zu beachten gilt aber, dass bei Patienten im höheren Lebensalter eine Depression übersehen und damit oft auch lange nicht behandelt werden kann. Ältere Patienten tendieren eher dazu, depressive Symptome zu verschweigen und klagen vermehrt über körperliche Erkrankungen. Unklare Schmerzen können oftmals Ausdruck einer zugrundeliegenden Depression sein.
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Ein Spezialfall ist hingegen die sogenannte Wochenbettdepression in den Wochen nach einer Geburt (welche übrigens auch bei Vätern auftreten kann).
Diagnose
Eine optimale medizinisch-therapeutische Versorgung kann aber nur nach einer eindeutigen Diagnose erfolgen. Das zur Diagnose notwendige ausführliche Gespräch erfolgt mit einer Ärztin oder einem Arzt für Psychiatrie oder mit psychologischen Psychotherapierenden.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Kriterien zusammengestellt, aufgrund derer eine Depression festgestellt (diagnostiziert) werden kann. Dafür müssen die depressiven Symptome für mindestens zwei Wochen vorherrschend sein.
Für die moderne Diagnostik kommt es aber nicht in erster Linie darauf an, ob es sich bei der psychischen Erkrankung um eine biologische Störung oder um die Reaktion auf schwierige Lebensumstände handelt. Sie nützt als Kriterien klare, idealerweise durch Beobachtung zugängliche Symptome, die in einem Katalog der Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegt sind (ICD-10). Eine Patientin oder ein Patient gilt in diesem Kontext dann als depressiv, wenn mindestens 12 davon über einen Zeitraum von wenigstens 4 Wochen zutreffen.
Behandlung von Depressionen
Depressionen lassen sich in der Regel gut behandeln, sie sind weder persönliches Versagen noch unabwendbares Schicksal. Die psychotherapeutischen und medikamentösen Behandlungsmethoden haben sich als wirksame Therapien gegen Depressionen erwiesen.
Nach der Diagnosestellung werden die verfügbaren Behandlungsoptionen gemeinsam besprochen. Die Therapieentscheidung wird stets auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Betroffenen abgestimmt. Eine optimale Therapie kombiniert im Idealfall eine Psychotherapie mit einer symptomorientierten medikamentösen Behandlung, falls eine solche erforderlich ist.
Psychotherapie
In einer Psychotherapie und in der Psychoedukation können depressiv Erkrankte lernen, anders mit ihrer Lebenssituation, ihren Problemen umzugehen und dadurch die Depression zu bewältigen. Dabei spielen der Abbau von negativen Gedanken (Grübeleien, pessimistische Zukunfts- bis hin zu Suizidgedanken) und der Aufbau von positiven Erfahrungen eine grosse Rolle.
Gute Ergebnisse verspricht häufig eine Verhaltenstherapie. Die analytische Psychotherapie basiert auf Sigmund Freud. Hierbei geht es darum, nicht bewältigte Konflikte oder traumatische Erlebnisse aus früherer Zeit (beispielsweise der Kindheit) zu verarbeiten. Bei der Gesprächstherapie entsteht ein enges und vertrautes Verhältnis zwischen Therapeut oder Therapeutin und Patient oder Patientin.
Auch bei bipolaren Störungen haben sich Psychotherapien, vor allem Verhaltenstherapie, als wirksam erwiesen. Oftmals werden diese gekoppelt mit praxisorientierten Coachings, die helfen einen Umgang mit der Krankheit zu finden.
Medikamentöse Behandlung
Bei einer Depression treten Störungen im Stoffwechsel des Gehirns auf. Antidepressive Medikamente können diesen veränderten Gehirnstoffwechsel ausgleichen. Diese Medikamente ermöglichen häufig erst, dass eine Psychotherapie überhaupt wirken kann.
Bei schweren Depressionen unterstützen häufig Psychopharmaka die Therapie, meist Antidepressiva. Sie wirken nicht sofort, sondern oft erst nach zwei, manchmal auch erst nach drei, vier oder fünf Wochen. Antidepressiva beeinflussen die Neurotransmitter, die Botenstoffe im Gehirn. Das sind vor allem Serotonin und Noradrenalin.
Es gibt verschiedene Arten von Antidepressiva:
- Tri- und tetrazyklische Antidepressiva: Sie hemmen den Abbau der Botenstoffe in den Nervenzellen.
 - ssRI/ssNRI: Diese Antidepressiva sorgen ebenfalls dafür, dass Nervenzellen die Botenstoffe langsamer abbauen.
 - MAO-Hemmer: Sie unterdrücken die Wirkung des Enzyms Monoaminoxidase (MAO), das die Botenstoffe im Gehirn abbaut.
 - Lithium: Nur, wenn andere Medikamente nicht helfen, setzen wir Lithium ein. Es verstärkt oft die Wirkung anderer Antidepressiva.
 - Johanniskraut: Bei einer leichten Depression hilft oft Johanniskraut. Vor einer Verordnung klären wir Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ab.
 
Weitere unterstützende Maßnahmen
Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich.
Als unterstützend im Genesungsprozess kann sich auch die Beratung von Angehörigen erweisen.
Verlauf und Prognose
Einige Betroffene erleiden nur eine einzige depressive Phase, die Wochen oder Monate andauern kann. Bei anderen tritt die Depression immer wieder auf. Je nach Form und Verlauf können wiederkehrende Schübe von längerer Dauer und intensiveren Symptomen auftreten (beispielsweise Suizidgedanken), bis hin zu einer über Jahre andauernden, chronischen Episode.
Depressionen verlaufen individuell ganz unterschiedlich. Den meisten Menschen, die unter einer Depression leiden, hilft eine konsequente Behandlung gut. Die Therapie ermöglicht es, depressive Episoden zu durchbrechen oder vollkommen abklingen zu lassen. Eine Depression gilt als heilbar. Unbehandelt ist die Wahrscheinlichkeit allerdings hoch, dass eine Depression über Monate oder Jahre bestehen bleibt.
Etwa die Hälfte der Menschen, die einmal eine depressive Episode durchlebt haben, erleidet einen Rückfall. Bei Betroffenen mit einer schweren Depression sind es 75 Prozent. Mit jedem Rückfall steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weitere depressive Phasen auftreten. Besonders schwer zu heilen sind chronische Depressionen. Sie werden nicht selten zum lebenslangen Begleiter und bedürfen ständiger Behandlung.
Vorbeugung
Eine Neuerkrankung lässt sich nur bedingt vorbeugen. Es gibt Massnahmen, um beispielsweise die persönliche Stresstoleranz zu fördern. Falls bekannt, werden Auslöser wie behandelbare Grunderkrankungen vorrangig angegangen. Bei leichten Gemütsverstimmungen können allenfalls pflanzliche Arzneimittel verordnet werden (beispielsweise Johanniskraut).
Um die eigene psychische Gesundheit zu stärken und damit womöglich das Risiko einer Depression zu verringern, empfiehlt es sich, Stress zu reduzieren. Auch ein stabiles soziales Netzwerk wirkt schützend. Pflegen Sie daher regelmässig Kontakt zu Freunden und tauschen Sie sich über Sorgen und Probleme aus. Sport und regelmässige Bewegung haben sich in der Therapie von Depressionen bewährt und leisten einen Beitrag, um der Entstehung einer Depression vorzubeugen.
Statistiken und Fakten
Depressive Erkrankungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. In einem Jahr leiden ca. 7% der Bevölkerung an einer depressiven Störung. Die Lebenszeitprävalenz von Depressionen beträgt ca. 17%. Dies bedeutet, dass 17% der Bevölkerung im Leben mindestens einmal eine depressive Störung erlebt. Frauen sind mit ca. 20% Lebenszeitprävalenz häufiger betroffen als Männer mit ca. 13%.
Hier eine Tabelle, die die Prävalenz von Depressionen nach Geschlecht zusammenfasst:
| Geschlecht | Lebenszeitprävalenz | 
|---|---|
| Frauen | Ca. 20% | 
| Männer | Ca. 13% | 
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