Erleben Menschen ein extrem bedrohliches oder entsetzliches Ereignis, kann es sein, dass sie aufgrund dieser Erfahrung eine Traumafolgestörung entwickeln. Erleben Menschen ein Trauma kann es sein, dass ihnen das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit völlig abhandenkommt. Nicht alle Menschen, die ein solches Ereignis erleben müssen, entwickeln eine Traumafolgestörung. Bei Opfern von Gewalt, Folter, Krieg oder körperlichen Übergriffen ist das Risiko aber um einiges erhöht.
Dabei muss ein traumatisches Ereignis nicht unbedingt direkt, also am eigenen Leib erlebt werden. Nicht nur die unmittelbar Betroffenen solcher Erlebnisse können Symptome einer PTSD entwickeln, sondern auch Augenzeugen, nahe Angehörige oder Menschen, die beruflich immer wieder mit Traumata konfrontiert sind, z.B. Kriegsfotografen, Mitarbeitende von Blaulichtorganisationen oder Notfallseelsorger. Klingen diese Gefühle nicht ab, kann es sein, dass die betroffene Person eine Traumafolgestörung entwickelt. Dabei muss die Reaktion nicht direkt nach dem traumatischen Ereignis erfolgen.
Was ist ein Trauma?
Der aus dem Griechischen kommende Begriff Trauma (Verletzung) steht einerseits für ein äusserst bedrohliches oder entsetzlichen Ereignis, das eine schwere psychische Erschütterung auslösen kann. «Trauma» meint aber auch die konkrete Verletzung des Körpers und im übertragenen Sinn der Seele. Traumas können sehr unterschiedlich sein und ebenso die daraus entstehenden Folgen. Eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung kann vor allem bei mehrfacher Traumatisierung oder schweren Traumas eintreten.
Symptome der PTBS
Unter einer Posttraumatischer Belastungsstörung (PTSD) versteht man die anhaltende psychische Reaktion auf ein belastendes Ereignis von aussergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmass. PTBS als Reaktion auf traumatische Lebensereignisse entwickelt sich meist mit einer Verzögerung von Tagen bis Monaten nach dem Ereignis. Mit einem Trauma sind also nicht schwierige Lebenssituationen wie Trennung oder Stellenverlust gemeint, sondern Ereignisse, bei denen die körperliche Unversehrtheit oder gar das Leben auf dem Spiel stehen. Traumatische Erfahrungen können sehr kurz dauern - wie etwa bei einem Verkehrsunfall oder einem Überfall - oder sich über viele Jahre erstrecken, beispielsweise bei sexuellem Missbrauch oder politischer Haft und Folter.
Die Posttraumatische Belastungsstörung (englisch: Post Traumatic Stress Disorder, PTSD) entsteht als eine verzögerte oder länger anhaltende Reaktion auf ein belastendes Ereignis. Es kann sich um eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit aussergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmass handeln, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Zentrales Merkmal der Posttraumatischen Belastungsstörung ist das sich aufdrängende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses und der begleitenden Emotionen in Form von Nachhallerinnerungen (Flashbacks). Nachts können Alpträume mit Bezug auf das Trauma auftreten.
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Das innere Wiedererleben der traumatischen Situation kann sich in Form unangenehmer Erinnerungen oder Albträumen äussern. Dabei handelt es sich nicht nur um Bilder oder den „inneren Film“, oft sind damit auch Geruchs-, Geräusch- oder Körpererinnerungen verbunden. Gleichzeitig können damit auch Gedanken und Gefühle der traumatischen Situation aktiviert werden, etwa die Todesangst. Wiedererlebenssymptome können ausgelöst, „getriggert“ werden durch Situationen, welche Ähnlichkeit mit dem traumatischen Ereignis aufweisen.
Als weitere Symptome sind Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen und allgemeine Schreckhaftigkeit häufig. Im affektiven Bereich können sich verminderte emotionale Erlebnisfähigkeit, Gleichgültigkeit und Freudlosigkeit einstellen. Fehlende Anteilnahme am Leben anderer sowie ein Rückzug aus den sozialen Beziehungen sind mögliche Folgen. Die Patienten vermeiden alles, was sie an das Ereignis erinnert.
In einer Bedrohungssituation wird das vegetative Nervensystem stark aktiviert. Dies entspricht einer biologischen Schutzreaktion: Körper und Geist werden maximal aktiviert, um die Überlebenschancen zu verbessern. Typisch für eine Posttraumatische Belastungsstörung ist, dass die Betroffenen auch nach Beendigung der traumatischen Situation in diesem Aktivierungszustand verharren oder im Rahmen des Wiedererlebens immer wieder hineinversetzt werden. Vegetative Übererregbarkeit äussert sich in Anspannung, Schreckhaftigkeit oder auch einem Gefühl ständiger Bedrohung. Körper und Psyche bleiben in einer Art Alarmzustand gefangen. Damit können auch Reizbarkeit, Nervosität, Impulsivität, Schlaf- und Konzentrationsstörungen einhergehen.
Wiedererleben und vegetative Übererregbarkeit können sehr belastend sein. Entsprechend versuchen die meisten Betroffenen - teils bewusst, teils unbewusst - Situationen in ihrem Alltag zu vermeiden, durch welche Erinnerungen an das traumatische Ereignis ausgelöst oder verstärkt werden können. Nach einem Verkehrsunfall wird möglicherweise das Autofahren oder die öffentlichen Verkehrsmittel gemieden. Nach politischer Haft geht man vielleicht nicht mehr in den dunklen, feuchten Keller oder vermeidet den Kontakt mit Menschen in Uniformen. Gerade bei zwischenmenschlichen Traumatisierungen besteht oft eine Tendenz zu generellem sozialem Rückzug und Misstrauen. Solche Vermeidungsstrategien sind verständlich und können kurzfristig auch zu einer Entlastung beitragen. Sie können aber längerfristig zu starken Beeinträchtigungen im Alltag führen.
Traumatische Ereignisse liegen ausserhalb unserer Alltagserfahrung. Ohnmacht und existentielle Bedrohung einer traumatischen Situation widersprechen unserem mehr oder weniger ausgeprägten Gefühl von Sicherheit, Kompetenz und Bewältigbarkeit, welches uns üblicherweise durchs Leben geleitet. Entsprechend führen traumatische Erfahrungen oft zu Erschütterungen unseres Welt- und Menschenbildes wie auch der Vorstellungen über uns selbst. Verunsicherung, Angst, Misstrauen, Wut, Verbitterung, Pessimismus, aber auch Ekel, Scham- und Schuldgefühle können die Folge sein.
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Behandlungsmöglichkeiten
Für die Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung stehen unterschiedliche traumafokussierte Psychotherapieverfahren zur Auswahl. Wir setzen auf spezifische - sogenannte traumafokussierte - Psychotherapien. Da Vermeidungssymptome fast immer eine Rolle spielen, sollten sie in jedem Fall angegangen werden. In der traumafokussierten Behandlung geht es darum, Sie dahingehend zu unterstützen, dass Sie Ihren Alltag wieder bewältigen und neue Perspektiven entwickeln können. Als betroffene Person lernen Sie dabei schrittweise, besser damit umzugehen und die Kontrolle zurückzuerlangen. Die Bilder und Gefühle der traumatischen Situation werden nach und nach schonend bearbeitet.
Auf der kognitiven Verhaltenstherapie basierende Therapieverfahren bieten ein umfassendes Behandlungskonzept an. Im emotionalen Schutz der Therapie werden die Einzelheiten des Ereignisses nochmals genau durchgegangen und gegebenenfalls fehlerhafte Kognitionen korrigiert. Der Patient soll sich den belastenden Erinnerungen nochmals aussetzen und sich so an sie gewöhnen. Strategien des Angstmanagements können hilfreich sein. Schliesslich soll der Patientin geholfen werden, sich neu zu orientieren im Leben.
Bei schwerer Traumatisierung kann eine stationäre Traumatherapie sinnvoll sein. Die Behandlung kann ambulant durchgeführt werden. Modifizierte psychodynamisch fundierte Therapieverfahren (z.B.
Wie Angehörige helfen können
Angehörige können eine wertvolle Unterstützung bei der Bewältigung traumatischer Erfahrungen sein. Gehen Sie wertschätzend mit den Betroffenen um, verurteilen Sie deren Gefühle und Verhaltensweisen nicht, sondern betrachten Sie diese als normale und berechtigte Reaktionen auf ein verstörendes Erlebnis. Seien Sie ein geduldiger Zuhörer, ohne sich aufzudrängen, doch achten Sie auch auf Ihre eigenen Belastungsgrenzen. Holen Sie sich bei Bedarf bei Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen oder bei uns zusätzlichen Rückhalt. Unterstützen Sie die Betroffenen darin, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Oft wiegen Scham und Schuldgefühle des Patienten oder der Patientin so schwer, dass ihnen dieser Schritt beinahe unmöglich scheint.
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme schadet es nicht, wenn man mit den betroffenen Menschen über ihre Traumatisierungen redet. Viele Menschen sind leider oft der Meinung, dass man das traumatisierende Thema nicht ansprechen dürfe.
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Wichtigkeit der Früherkennung und Therapie
Je früher eine PTSD therapiert wird, desto besser sind die Behandlungsaussichten. Allerdings fällt der erste Schritt oft nicht leicht: Die Aussicht, über die traumatische Situation sprechen und sich damit auseinandersetzen zu müssen, ist belastend und wirkt oft abschreckend. Falls Sie sich zu einer Abklärung entschliessen, werden wir Ihnen zwar Fragen zu Ihren Symptomen, deren Ursache und Ihrem Lebenshintergrund stellen, Sie werden aber zu nichts gedrängt und können selbst entscheiden, was Sie berichten möchten. Gerade bei zwischenmenschlichen Traumata benötigt der Vertrauensaufbau Zeit, und besonders schwierige Aspekte können oft erst im Verlauf offengelegt werden.
Mit entsprechender therapeutischer Hilfe kann eine Posttraumatische Belastungsstörung häufig gut bearbeitet und überwunden werden. Wichtig ist daher, bei entsprechendem Verdacht frühzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Je länger die Symptome unbehandelt bleiben, desto höher ist das Risiko einer Chronifizierung, desto schwerwiegender sind die Auswirkungen auf Ihren Alltag und Ihr Umfeld und desto grösser wird der Behandlungsaufwand, um eine Symptomverbesserung zu erzielen.
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