Eine Traumafolgestörung, auch bekannt als Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), ist eine psychische Gesundheitsstörung, die auftreten kann, nachdem jemand eine traumatische oder belastende Erfahrung gemacht hat.
Ursachen und Risikofaktoren
Traumafolgestörungen, auch als posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) bekannt, entstehen als Reaktion auf ein traumatisches Ereignis oder eine Serie von Ereignissen, die aussergewöhnlich stressig oder erschütternd sind. Solche Ereignisse können körperliche Gewalt, sexuellen Missbrauch, Krieg, Naturkatastrophen, Unfälle oder andere lebensbedrohliche Situationen umfassen. Die genauen Ursachen sind komplex und können genetische, neurobiologische, psychologische und Umweltfaktoren miteinander verknüpft sein.
Der Entstehung einer Traumafolgestörung geht in jedem Fall das Erleben einer traumatischen Situation voraus. Diese Situationen können zum Beispiel sexuelle oder körperliche Gewalterfahrungen, Missbrauchserfahrungen, Kriegserfahrungen, schwere Unfälle, Naturkatastrophen oder der gewaltsame Tod anderer sein. Allen Situationen ist gemein, dass die Betroffenen Gefühle von Hilflosigkeit und Kontrollverlust erleben.
Körperliche Gewalterfahrungen in Form von Vergewaltigung, Folter oder Krieg begünstigen eine posttraumatische Belastungsstörung meist noch mehr als durchlebte Naturkatastrophen oder Unfälle, für die niemand direkt verantwortlich ist. Die erlebte menschliche Gewalt ist in der Regel nicht mit dem bisher bestehenden Weltbild zu vereinbaren. Es gibt dann einen direkten “Feind”, der die Bedrohung darstellt.
Ob eine Traumafolgestörung ausgebildet wird, hängt unter anderem von der Resilienz der betroffenen Person ab. Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit. Personen, die über eine bessere, allgemeine Stimmungslage verfügen, weniger häufig grübeln, weniger schnell Beunruhigung durch Alltagsstress erleben und eine grössere Zufriedenheit mit ihrer sozialen Rolle erleben, sind weniger anfällig für die Entstehung einer Traumafolgestörung nach dem Erleben einer potentiell traumatisierenden Situation.
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Es gibt einige Faktoren, die einen Einfluss auf die Entstehung, Schwere und den Verlauf einer posttraumatischen Belastungsstörung nehmen können. Einerseits gibt es unspezifische Risikofaktoren, die das Risiko für die Entstehung irgendeiner psychischen Erkrankung erhöhen. Dazu gehören zum Beispiel frühere Traumatisierung, Vorerkrankungen, frühe Trennungserlebnisse sowie geringe Ressourcen.
Ein spezifischer Risikofaktor stellt der sogenannte Dosis-Wirkungs-Zusammenhang dar. Das beschreibt, dass die Schwere der posttraumatischen Belastungsstörung mit höherer Intensität und längerer Dauer des Traumas zunimmt. Ein weiterer spezifischer Risikofaktor ist die Intensität der emotionalen Reaktion auf das traumatische Erlebnis. Je stärker die Reaktion der betroffenen Person unmittelbar in der Situation ausfällt, desto wahrscheinlicher ist die Entstehung einer Traumafolgestörung.
Je jünger die betroffene Person beim Erleben eines traumatischen Ereignis ist, desto wahrscheinlicher ist die Ausbildung einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung. Dieser Risikofaktor kommt besonders dann zum Tragen, wenn mehrere Traumata in entwicklungssensitiven Phasen auftreten, in denen sich der Selbstwert, die Selbstregulation und Selbstwahrnehmung ausbildet. Dies hat dazu geführt, dass die komplexe posttraumatische Belastungsstörung auch als Störung der Persönlichkeitsentwicklung beschrieben wird.
Symptome
Die Symptome von Traumafolgestörungen können vielfältig sein und in folgende Hauptkategorien unterteilt werden:
- Wiedererleben: Betroffene erleben immer wieder belastende Gedanken, Erinnerungen oder Albträume über das traumatische Ereignis. Flashbacks, bei denen es sich anfühlt, als ob das Ereignis erneut stattfindet, können auftreten. Das innere Wiedererleben der traumatischen Situation kann sich in Form unangenehmer Erinnerungen oder Albträumen äussern. Dabei handelt es sich nicht nur um Bilder oder den „inneren Film“, oft sind damit auch Geruchs-, Geräusch- oder Körpererinnerungen verbunden. Gleichzeitig können damit auch Gedanken und Gefühle der traumatischen Situation aktiviert werden, etwa die Todesangst. Wiedererlebenssymptome können ausgelöst, „getriggert“ werden durch Situationen, welche Ähnlichkeit mit dem traumatischen Ereignis aufweisen.
 - Vermeidung und Betäubung: Betroffene vermeiden bewusst Gedanken, Gefühle oder Orte, die an das Trauma erinnern könnten. Sie könnten auch ein allgemeines Gefühl der Gefühllosigkeit oder Entfremdung von anderen erleben. Entsprechend versuchen die meisten Betroffenen - teils bewusst, teils unbewusst - Situationen in ihrem Alltag zu vermeiden, durch welche Erinnerungen an das traumatische Ereignis ausgelöst oder verstärkt werden können. Solche Vermeidungsstrategien sind verständlich und können kurzfristig auch zu einer Entlastung beitragen. Sie können aber längerfristig zu starken Beeinträchtigungen im Alltag führen.
 - Hyperarousal (Gesteigerte Erregbarkeit): Dies kann sich durch übermässige Schreckhaftigkeit, einschiessende Selbstmordgedanken (Suizidalität), Schlafprobleme, Wutausbrüche, Reizbarkeit oder Schwierigkeiten mit Konzentration und Gedächtnis äussern. In einer Bedrohungssituation wird das vegetative Nervensystem stark aktiviert. Typisch für eine Posttraumatische Belastungsstörung ist, dass die Betroffenen auch nach Beendigung der traumatischen Situation in diesem Aktivierungszustand verharren oder im Rahmen des Wiedererlebens immer wieder hineinversetzt werden. Vegetative Übererregbarkeit äussert sich in Anspannung, Schreckhaftigkeit oder auch einem Gefühl ständiger Bedrohung. Körper und Psyche bleiben in einer Art Alarmzustand gefangen. Damit können auch Reizbarkeit, Nervosität, Impulsivität, Schlaf- und Konzentrationsstörungen einhergehen.
 - Hypoarousal (Sinkende Erregbarkeit): Manche PTBS-Patient/innen können statt Hyperarousal auch Hypoarousal erleben. Dies äussert sich in Entfremdung (die eigene Person oder die Welt fühlt sich nicht mehr echt an), Gefühllosigkeit, Erstarrung oder zeitweisem Verlust von Bewusstsein oder Schmerzempfinden.
 
Traumatische Ereignisse liegen ausserhalb unserer Alltagserfahrung. Ohnmacht und existentielle Bedrohung einer traumatischen Situation widersprechen unserem mehr oder weniger ausgeprägten Gefühl von Sicherheit, Kompetenz und Bewältigbarkeit, welches uns üblicherweise durchs Leben geleitet. Entsprechend führen traumatische Erfahrungen oft zu Erschütterungen unseres Welt- und Menschenbildes wie auch der Vorstellungen über uns selbst. Verunsicherung, Angst, Misstrauen, Wut, Verbitterung, Pessimismus, aber auch Ekel, Scham- und Schuldgefühle können die Folge sein.
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Diagnostik
Die Diagnose einer Traumafolgestörung erfordert eine professionelle Beurteilung durch Psychiater/innen oder Psychotherapeut/innen. Dabei werden die Symptome, ihre Schwere und Dauer berücksichtigt, um festzustellen, ob eine PTBS vorliegt.
Die Diagnose erfolgt durch einen Psychiater, eine Psychiaterin oder eine Psychologin, einen Psychologen aufgrund einer sorgfältigen Untersuchung. Dabei wird abgeklärt, ob eine typische Symptomkonstellation im Anschluss an ein traumatisches Erlebnis besteht. Da der Begriff «Trauma» manchmal auch falsch verwendet wird, muss die Abklärung durch eine erfahrene Fachperson erfolgen.
Da die posttraumatische Belastungsstörung nicht die einzige mögliche Folge traumatischer Erfahrungen ist, werden wir im Abklärungsgespräch auch auf andere Krankheitsbilder zu sprechen kommen, etwa eine Depression, eine Angststörung oder ein Burn-out, die gemeinsam mit einer PTSD oder auch für sich alleine auftreten können. Auch der Konsum von Beruhigungsmitteln, Alkohol oder Drogen findet sich oft im Sinne einer Selbstbehandlung, um etwas zur Ruhe zu kommen oder weniger Angst zu haben, und wir werden uns deshalb danach erkundigen.
Behandlung
Die Behandlung von Traumafolgestörungen kann verschiedene Ansätze umfassen:
- Zunächst muss ein sicherer Rahmen erarbeitet werden: eine sichere Wohnsituation (bei Gewalt im häuslichen Umfeld) und ein Umgang mit Suizidalität muss erreicht werden.
 - Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und spezialisierte Formen wie Traumatherapie (z. B. EMDR - Eye Movement Desensitization and Reprocessing) können helfen, die Symptome zu bewältigen, indem sie den Umgang mit belastenden Gedanken und Gefühlen erleichtern. Um die Symptome zu behandeln, haben sich verhaltenstherapeutische Ansätze bewährt. Bei länger anhaltenden Symptomen, die sich auf die Beziehungsfähigkeit auswirken, eignen sich ergänzend auch tiefenpsychologische und systemische Methoden. In der Regel handelt es sich um ambulante Psychotherapien im Einzelsetting.
 - Medikamente: Antidepressiva, insbesondere selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), können zur Linderung von Symptomen wie Depressionen, Angstzuständen und Schlafproblemen eingesetzt werden. Von ärztlicher Seite her können wir Sie unterstützen mit geeigneten Medikamenten, die Ihnen helfen können, die Situation besser auszuhalten.
 - Selbsthilfestrategien: Stressbewältigung, Entspannungstechniken, Sport, gesunde Ernährung und ausreichender Schlaf können dazu beitragen, die Symptome zu mildern.
 - Unterstützungsnetzwerk: Familie, Freunde und Selbsthilfegruppen können eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Betroffenen spielen.
 
Die Behandlung sollte individuell auf die Bedürfnisse und Umstände jeder Person abgestimmt werden. Jegliche Behandlung sollte durch speziell ausgebildetes Fachpersonal erfolgen.
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Mit entsprechender therapeutischer Hilfe kann eine Posttraumatische Belastungsstörung häufig gut bearbeitet und überwunden werden. Wichtig ist daher, bei entsprechendem Verdacht frühzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Je länger die Symptome unbehandelt bleiben, desto höher ist das Risiko einer Chronifizierung, desto schwerwiegender sind die Auswirkungen auf Ihren Alltag und Ihr Umfeld und desto grösser wird der Behandlungsaufwand, um eine Symptomverbesserung zu erzielen.
Wir haben in unserer Praxisgemeinschaft in Herisau speziell ausgebildete Ärzte und Psychologinnen, die Erfahrung haben in der Therapie der psychischen Belastung nach einer schweren seelischen Verletzung. Mit besonders dafür entwickelten Psycho - therapiemethoden (z.B. EMDR, PE, SE…) können belastende Ereignisse so „verar- beitet“ werden, dass sie nicht mehr die Symptome verursachen, an denen Sie jetzt leiden.
Wir vermitteln Ihnen auch gerne eine ambulante Psychotherapie bei anderen hierfür ausgebildeten ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten, die wir aus unserem kollegialen Netzwerk kennen.
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