Burnout und Bluthochdruck: Ein Zusammenhang

Nichts beschreibt den Zustand totaler Erschöpfung besser als der Begriff «Burn-out». Körper und Psyche ziehen die Notbremse. Totale Erschöpfung - körperlich, emotional, geistig. Wer ein Burn-out hat, fühlt sich leer, energielos und eben: ausgebrannt. Treffen kann es jede:n. Manche Studien gehen von 7 Erwerbstätigen unter 100 Menschen aus. Andere Zahlen liegen deutlich darüber oder darunter.

Zwar existiert der Begriff «Burn-out» seit den 1970er-Jahren, doch erst im Mai 2019 hat Burn-out Einzug in den ICD-Katalog gehalten, das internationale Klassifikationssystem aller Krankheiten. In anderen Worten: Burn-out ist eine sich langsam entwickelnde Stressbelastungsstörung, die ein grosses Risiko für schwere körperliche, emotionale und psychische Erschöpfung darstellt.

Und die in eine Depression münden kann. Ausserdem gibt es einen Zusammenhang zwischen einem Burn-out und verschiedenen körperlichen Symptomen, beispielsweise erhöhtem Blutdruck oder Lungenkrankheiten. Das zeigt eine Studie des Universitätsspitals Zürich. Erste Anzeichen eines Burn-outs sollte man daher auf keinen Fall ignorieren, sondern frühzeitig Gegensteuer geben.

Was ist Burnout?

Der Begriff Burnout bezeichnet einen Erschöpfungszustand, der als Folge von Stress, anhaltenden Belastungen in der Arbeitswelt und anderen Einflüssen entsteht. Betroffene sind physisch und emotional erschöpft, fühlen sich innerlich ausgebrannt und sind dem grossen Druck nicht gewachsen.

Eine wichtige Rolle in der Entstehung eines Burnout-Syndroms spielen aber auch hohe Ansprüche und übertriebene Anforderungen an sich selbst. Wenn in solchen Fällen Ressourcen und sozialer Rückhalt fehlen, können sich schwerwiegende Symptome entwickeln, die das gesamte Leben und Erleben von Betroffenen beeinträchtigen. Meist beginnt ein Burnout schleichend mit Schlafproblemen, Lustlosigkeit, Konzentrationsstörungen, Gereiztheit und zunehmender Energielosigkeit.

Oft kommen auch körperliche Beschwerden wie Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen und Muskelverspannungen hinzu. Betroffene beachten diese Warnsignale in der Regel zu wenig und versuchen weiterhin, allen Anforderungen zu genügen, bis eines Tages die Batterien komplett leer sind. Nicht selten kommt es dann zu einem totalen Zusammenbruch.

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Wie entsteht ein Burnout?

Auslöser eines Burn-outs ist zwar eine hohe Belastung bei der Arbeit, wozu auch unbezahlte Tätigkeiten wie Betreuung von Angehörigen oder Familienarbeit gehören. Doch die Menge der Wochenarbeitsstunden ist nicht alleine massgeblich. Ins Gewicht fallen auch ein schlechtes Betriebsklima, Mobbing, übermässiger Stress oder Angst, den Job zu verlieren, sowie private Belastungen. Vor allem aber spielen die individuellen Voraussetzungen eine Rolle.

Ein Burn-out entwickelt sich nicht von heute auf morgen. Am Anfang steht der begeisterte Idealist, der für ein Projekt, die Arbeit, die Familienbetreuung brennt - und sich die konstante Überforderung partout nicht eingestehen will. Es herrscht eine «Ich schaffe das schon»-Mentalität, die Überanstrengung wird zum Normalzustand. Oft ist auch die Freizeit von Leistungsdenken geprägt, Entspannung und Erholung kommen zu kurz.

Erste Anzeichen der Erschöpfung und Überforderung werden ignoriert oder das Arbeitspensum wird gar noch erhöht, um des Stresses Herr zu werden. Die Quittung sind körperliche Symptome wie Schlaf- und Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen und Rückenschmerzen. Aber auch Distanz zum sozialen Umfeld und Resignation in der Arbeit sind Warnzeichen.

Die zahlreichen Symptome - je nach Quelle weit über 100 - lassen sich nur schwer objektiv fassen. Ein klares Krankheitsbild existiert daher nicht. Ein Burn-out verläuft in Phasen. Nur: Eindeutig kategorisieren lassen sich diese nicht, denn jede betroffene Person erlebt das Ausbrennen anders. Einzelne Phasen können übersprungen oder in anderer Reihenfolge durchlaufen werden. Je nach Quelle wird von einem 3-, 5-, 7- oder 12-Phasen-Modell gesprochen, wobei sich die meisten nicht grundlegend widersprechen. Auch wenn die Phasenmodelle nicht wissenschaftlich belegt sind, geben sie dennoch wichtige Hinweise, wie ein Burn-out verlaufen kann. Nicht zuletzt regen sie zur Selbstreflexion an.

Phasen des Burnouts

Ein oft zitiertes Modell geht auf den Pionier der Burn-out-Forschung Herbert Freudenberg zurück. Erste Fehler passieren, diese werden genauso ignoriert wie erste körperliche Beschwerden. Betroffene werden zynisch und reagieren zunehmend aggressiv. Betroffene ziehen sich zurück, verlieren die Hoffnung. Deutliche Veränderungen im Verhalten.

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Betroffene fühlen sich losgelöst von ihrem Körper, Geist und ihren Gefühlen. Betroffene fühlen sich nutzlos, leer und erschöpft. Nebst dem psychischen Zusammenbruch sind auch körperliche Erkrankungen möglich.

Anmerkung: Burn-out ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Risikozustand für psychische und körperliche Erkrankungen wie Depression.

Studie zum Zusammenhang von Burnout und Bluthochdruck

Wie ist der Zusammenhang zwischen einem Burnout und körperlichen Krankheiten? Das hat Roland von Känel, Direktor der Klinik für Konsiliarpsychologie und Psychosomatik, in einer Studie untersucht. Menschen, die unter einem Burnout leiden, sind oft erschöpft, zynisch oder nicht voll leistungsfähig. Schon länger ist bekannt, dass ein Burnout das Risiko für die Entwicklung körperlicher Störungen erhöht.

Roland von Känel und seine Mitarbeitenden haben in einer Studie zusammen mit DU DA Data & Commtech by Farner den Zusammenhang eines Burnouts und körperlichen Symptomen untersucht. Dazu haben 5671 Personen (Alter 18-70 Jahre, ∅ 44,1 Jahre, 38,6% Männer) an einer Online-Umfrage zum Thema Burnout am Arbeitsplatz teilgenommen.

Für die Erhebung wurde von DU DA Data & Commtech eine webbasierte Gesundheits-App entwickelt, welche die vier wichtigsten, als Gold-Standard deklarierten Tests, vereint und im neuen Index-Wert Burnout Risk Index (BRIX) abbildet. Die anschliessend durchgeführte Netzwerkanalyse zeigte, unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Bildungsniveau, depressiven Symptomen und allen eingeschlossenen Krankheitskategorien, eine signifikante Verbindung von starker Erschöpfung mit einem hohen Blutdruck und anderen körperlichen Erkrankungen.

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Eine verminderte Leistungsfähigkeit zeigte eine signifikante Assoziation mit chronischen Lungenkrankheiten und klinisch relevante, depressive Symptome hatten eine signifikante Verbindung mit hohem Blutdruck, anderen chronischen somatischen Krankheiten und Hautkrankheiten.

«Nach der gängigen Lehrmeinung ist Burnout keine Krankheit, aber sehr wohl ein Risikozustand, dass Betroffene eine psychische oder körperliche Krankheit entwickeln können», sagt Roland von Känel. «Mit der Netzwerkanalyse konnten wir nun einen signifikanten Zusammenhang zwischen Burnout und verschiedenen körperlichen Störungen - erhöhter Blutdruck, Lungenkrankheiten und weiteren somatischen Krankheiten - nachweisen. Der Zusammenhang ist bei Erschöpfungszuständen beim beruflichen Burnout besonders deutlich.

Die Studie kann aufzeigen wie wichtig es ist, dass ein Burnout frühzeitig erkannt wird. Aus alltäglichen Informationen über Stimmung, Schlaf, Stresslevel sowie körperlichen Indikatoren wie z.B. bestimmter Hormone oder Botenstoffe im Blut lässt sich eine Scorecard für das individuelle Burnout-Risiko erstellen.

Wichtige Ergebnisse der Studie

  • Starke Erschöpfung ist signifikant mit hohem Blutdruck verbunden.
  • Verminderte Leistungsfähigkeit zeigt eine Assoziation mit chronischen Lungenkrankheiten.
  • Depressive Symptome sind mit hohem Blutdruck, somatischen Krankheiten und Hautkrankheiten verbunden.

Behandlung und Prävention

Die Behandlung eines Burn-outs richtet sich nach den Ursachen und vor allem nach der betroffenen Person. Bei sehr schweren Fällen ist ein stationärer Aufenthalt in einer Klinik notwendig, etwa wenn jemand suizidgefährdet ist. Ansonsten ist eine ambulante Therapie in der Regel ausreichend. Zusätzlich zur psychologischen Behandlung gilt es, die Balance wiederherzustellen und die Energiespeicher aufzufüllen.

Auch da gibt es kein 08/15-Rezept: Was der einen Person guttut, findet die andere langweilig. Grundsätzlich bewährt haben sich Entspannungsmethoden, Körpertherapien, Sport und Achtsamkeitsübungen. Besonders wichtig sind das Erlernen von langfristigen Strategien, um mit Stress umzugehen, die Fähigkeit, Nein zu sagen, und das Ablegen des Perfektionismus.

Ein oberflächlicher Kratzer auf einer Tischplatte lässt sich viel schneller ausbessern als eine tiefe Kerbe. Dasselbe gilt für die Psyche: Je länger man nichts gegen die Erschöpfung unternimmt, desto tiefer rutscht man ab und desto länger dauert die Heilung. Ein Mensch unter Dauerbelastung schafft es nicht mehr, sich zu entspannen. Dies muss erst wieder erlernt werden.

Tatsächlich berichten viele Burn-out-Betroffene über Langzeitfolgen. Das hat auch eine Studie an der Universität Göteborg gezeigt, in deren Rahmen Personen mit stressbedingter Erschöpfung untersucht wurden. Das Resultat: Nur 16 Prozent der Proband:innen betrachteten sich sieben Jahre nach der ersten Behandlung als komplett genesen. 4 Prozent gaben an, ihr gesundheitlicher Zustand sei unverändert oder gar schlechter.

Stress komplett zu umgehen ist in den meisten Fällen nicht möglich. Und auch nicht nötig. Denn in einem gesunden Mass ist er nicht schädlich - solange Erholungsphasen folgen und sich keine konstante Überforderung einstellt.

Tipps zur Prävention

  • Eigene Bedürfnisse erkennen und Rücksicht auf diese nehmen: Wie viel Schlaf brauche ich? Esse ich ausgewogen und regelmässig? Wo liegen meine Grenzen? Welche Aufträge schaffe ich realistischerweise? Was tut mir gut?
  • Stressauslöser erkennen: In welchen Situationen fühle ich mich überfordert?
  • Verhaltensmuster analysieren und aufbrechen: Welches sind die Gründe für meinen Stress? Sind die Ansprüche an mich selbst zu hoch?

Zusammenfassung

Das Burnout-Syndrom ist die Folge von übermässigem Stress, dem Menschen im Berufsleben ausgesetzt sind. Die Überforderung führt dazu, dass Betroffene sich ausgebrannt fühlen. Das individuelle Verhalten und der Charakter können das Risiko erhöhen, einen Burnout zu erleiden: So neigen Menschen mit einem Drang zum Perfektionismus und einer niedrigen Stresstoleranz dazu, ein hohes Mass an Überforderung im Beruf zu verspüren.

Emotionale Erschöpfung, Selbstentfremdung und verringerte Arbeitsleistung gelten als die drei Ansatzpunkte bei einem Burnout-Syndrom. Aufgrund des chronischen Stresses fühlen sich Menschen mit einem Burnout ausgelaugt, leiden an Konzentrationsstörungen, distanzieren sich von ihrem Arbeit- und Sozialleben und verdrängen innere Konflikte.

Durch Verhaltenstherapien lernen Betroffene, wie sie den Stress in ihrem Alltag kompensieren können. Zusätzliche Interventionen im Arbeitsbereich können Bedingungen schaffen, um das Ausmass des Stresses zu reduzieren.

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