Übelkeit psychisch bedingt: Ursachen und Behandlung

Übelkeit ist ein weit verbreitetes Symptom, das fast jeder Mensch schon einmal erlebt hat. Meistens ist sie von kurzer Dauer und klingt schnell wieder ab. Hält die Übelkeit jedoch über einen längeren Zeitraum an, kann dies sehr belastend sein und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Von chronischer Übelkeit spricht man, wenn die Beschwerden über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen dauerhaft oder immer wieder auftreten.

Ursachen für wochenlange Übelkeit ohne Erbrechen

Die Ursachen für wochenlange Übelkeit ohne Erbrechen können vielfältig sein. Es ist wichtig zu betonen, dass dieser Artikel nur einige mögliche Ursachen nennen kann und bei anhaltenden und/oder starken Beschwerden immer ärztlicher Rat gesucht werden sollte.

Körperliche Ursachen

Anhaltende oder immer wiederkehrende Übelkeit ohne Erbrechen kann durch verschiedenste Erkrankungen ausgelöst werden. Dazu gehören:

  • Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts: Magenschleimhautentzündung (Gastritis), Magengeschwür (Ulcus ventriculi), Refluxkrankheit, Störungen der Magenentleerung, Morbus Crohn, Reizmagen (funktionelle Dyspepsie), Tumoren im Magen-Darm-Trakt.
  • Erkrankungen im Bauchraum: Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, der Gallenblase oder der Leber.
  • Infektionen: Magen-Darm-Grippe (Gastroenteritis).
  • Neurologische Ursachen: Migräne, erhöhter Hirndruck durch Erkrankungen des zentralen Nervensystems (z.B. schwere Kopfverletzungen, Hirnblutungen, Tumoren). In einigen Fällen kann es hier auch zu Erbrechen ohne vorangegangene Übelkeit kommen.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Herzschwäche (Herzinsuffizienz).
  • Stoffwechselstörungen: Morbus Addison, Diabetes mellitus, schwere Leber- oder Nierenschwäche, Harnvergiftung (Urämie) bei Nierenversagen.
  • Erkrankungen der Geschlechtsorgane: Eileiter- und Eierstockentzündung (akute Adnexitis), stielgedrehte Eierstockzyste (Ovarialzyste), Hodenverdrehung (Hodentorsion).
  • Erkrankungen des Innenohrs: Ménière-Krankheit.
  • Augenprobleme: Ein akuter Glaukomanfall (Grüner Star) kann neben Schmerzen im Bereich der Stirn und Augen auch zu verschwommener Sicht und Übelkeit führen.

Medikamente als Ursache

Medikamente sind eine häufige Ursache für wochenlange Übelkeit und/oder Erbrechen. Einige Beispiele sind:

  • Antibiotika
  • Mittel gegen Diabetes (orale Antidiabetika)
  • Blutdrucksenker
  • Medikamente zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen (z.B. Betablocker)
  • Medikamentöse Verhütungsmittel
  • Medikamente zur Behandlung von Parkinson
  • Opiate
  • Chemo- oder Strahlentherapie

Betroffene Personen sollten regelmäßig eingenommene Medikamente nicht abrupt absetzen, sondern ärztlichen Rat suchen. Wenn der Arzt vermutet, dass die wochenlange Übelkeit durch ein Medikament ausgelöst wurde, kann er gegebenenfalls ein anderes Arzneimittel verschreiben.

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Psychische Ursachen

Wenn die Ärztin oder der Arzt keine körperliche Ursache für die wochenlange Übelkeit findet, ist diese möglicherweise psychisch bedingt. Diese Vermutung liegt vor allem dann nahe, wenn Übelkeit über Jahre hinweg das einzige körperliche Symptom bleibt. Stress kann erhebliche Auswirkungen auf den Körper haben, insbesondere auf den Magen-Darm-Trakt. Ein gereizter Magen ist eine häufige Folge von Stress, da die Magenschleimhaut empfindlich auf psychische Belastungen reagiert. Angststörungen und Panikgefühle können ebenfalls psychosomatische Übelkeit auslösen.

Psyche und Verdauungstrakt sind eng miteinander verbunden. Viele Menschen reagieren bei Angst, Anspannung oder in anderen stressigen Situationen daher mit Symptomen wie Übelkeit, Durchfall, Blähungen, Verstopfung oder Sodbrennen. Je nach Auslöser kann die Übelkeit dann situationsabhängig auftreten, aber auch über Wochen hinweg anhalten.

Schwangerschaft

Eine wochenlange Übelkeit bei Frauen kann Anzeichen einer Schwangerschaft sein. Vor allem in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft (1. Trimester) haben viele Frauen damit zu kämpfen. Gerüche, die die Schwangere vorher als angenehm empfunden hat, lösen dann plötzlich Übelkeit mit oder ohne Erbrechen aus. Schwangerschaftsbedingte Übelkeit kann zu jeder Tageszeit auftreten, ist jedoch häufig am Morgen besonders stark (Morgenübelkeit).

Panikattacken und Übelkeit

Herzrasen, Atemnot, Todesangst - wer eine Panikattacke einmal am eigenen Leib erlebt hat, fürchtet sie. Angst per se ist nichts Schlechtes, sondern eine natürliche Emotion. Sie ist eine gesunde Reaktion auf eine Gefahr. Angst bekommt erst Krankheitswert, wenn sie ohne reale Gefahr auftritt, also aus der Situation heraus nicht nachvollziehbar ist. Und auch wenn sie zu häufig auftritt und zu lange andauert.

Die Panikattacke zeichnet sich durch ihre Plötzlichkeit aus. Die Symptome treten ohne Vorwarnung auf - unter anderem Herzrasen, Atemnot, Engegefühl in Brust und Kehle, Schwindel, Zittern, Mundtrockenheit, Übelkeit und Erbrechen. Manche Menschen haben auch grosse Angst, vor lauter Panik verrückt zu werden und die Kontrolle über ihr Handeln zu verlieren. Die Heftigkeit der Attacke ist derart prägend, dass selbst informierte Betroffene es für wahrscheinlich halten, dass gerade ein bedrohliches körperliches Problem vorliegt.

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Treten Panikattacken wiederholt auf und führen sie zu einer allgemeinen Beeinträchtigung im Alltag? Oft treten Panikattacken aus dem Nichts auf, in der Mehrzahl der Fälle sind jedoch Situationen mit grossen Menschenansammlungen, volle Kaufhäuser, öffentliche Verkehrsmittel oder enge Räume wie Fahrstühle typische Auslöser.

Umgang mit Panikattacken

Panikattacken fühlen sich sehr bedrohlich an. Rufen Sie sich ins Gedächtnis, dass es sich nicht um eine körperliche Bedrohung handelt, sondern um eine Panikattacke. Vielen Betroffenen hilft es zudem, sich bewusst auf die Umgebung zu konzentrieren. Es wird empfohlen, die Panikattacke an Ort und Stelle durchzustehen oder sich an einen ruhigen Platz in der unmittelbaren Umgebung zu begeben. Flüchten Sie weit weg, kann es zu einer Assoziation des Ortes mit der Panikattacke kommen und es besteht die Gefahr, dass Sie diesen Ort in Zukunft meiden werden.

Eine Panikattacke ist für viele Betroffene derart quälend, dass sie Situationen, die sie mit früheren Panikattacken assoziieren, möglichst meiden. Nach einer Panikattacke fühlen sich die Betroffenen oft müde, erschöpft und leer. Viele schämen sich, da sie denken, sie hätten Schwäche gezeigt und ihr Umfeld hätte die mit der Panikattacke einhergehenden körperlichen Veränderungen bemerkt.

Hilfe für Betroffene

Es ist wichtig, selbst Ruhe zu bewahren, sich der betroffenen Person zuzuwenden und ihre Beschwerden ernst zu nehmen. Sprechen Sie mit der Person und leiten Sie sie zu einer regelmässigen, tiefen Bauchatmung an. Diese ruhige Zuwendung kann die Panik sehr rasch mildern. Fragen Sie konkret, wie Sie helfen können. Viele Betroffene haben Erfahrung und können sagen, was ihnen guttut.

Ursachen von Angststörungen

Beim Entstehen von Ängsten spielt die genetische Veranlagung eine grosse Rolle. Angsterkrankungen können familiär, also durch Vererbung oder auch «Modelllernen», also das Kopieren des Verhaltens von Bezugspersonen, mitbedingt sein. Auch Stresssituationen wie Konflikte, Trennung oder finanzielle Schwierigkeiten haben einen starken Einfluss. Dasselbe gilt übrigens für psychosoziale Faktoren wie Gewalt in der Familie, Missbrauchs- oder Verlusterfahrungen.

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Auch Persönlichkeitsmerkmale wie Perfektionismus oder «nicht Nein sagen können» führen zu Stress, was in der Folge auch Angstzustände begünstigen kann.

Was kann man tun?

Die Gene lassen sich nicht umprogrammieren. Stress, emotionale Belastungen und negative Denkmuster spielen bei der Entwicklung von Panikattacken und damit auch einer Panikstörung eine wichtige Rolle. Betroffenen rate ich daher, den eigenen Lebensstil zu überdenken. Andauernder Stress führt zu Spannungszuständen, welche die Entwicklung von Panikattacken begünstigen.

Zudem kann es helfen, Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Yoga oder autogenes Training zu erlernen. Genügend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung wirken vorbeugend.

Diagnostik bei wochenlanger Übelkeit

Um die Ursache für wochenlange Übelkeit ohne Erbrechen zu finden, ist eine gründliche Diagnostik erforderlich. Der Arzt wird zunächst eine ausführliche Anamnese erheben, um mehr über die Beschwerden, Begleitsymptome, Vorerkrankungen und eingenommenen Medikamente zu erfahren.

Wichtige Fragen, die der Arzt stellen kann, sind:

  • Seit wann besteht die Übelkeit?
  • Tritt die Übelkeit zu bestimmten Tageszeiten oder in bestimmten Situationen auf?
  • Gibt es Begleitsymptome wie Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwindel, Gewichtsverlust oder Appetitlosigkeit?
  • Welche Medikamente nehmen Sie ein?
  • Haben Sie Vorerkrankungen?
  • Gibt es in Ihrer Familie Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts oder andere relevante Erkrankungen?
  • Besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft?
  • Leiden Sie unter Stress oder psychischen Belastungen?

Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei der der Bauch abgetastet und Darm- sowie Atemgeräusche abgehört werden.

Mögliche Untersuchungen

  • Blutuntersuchungen: zur Überprüfung von Entzündungswerten, Leber- und Nierenwerten, Schilddrüsenhormonen und anderen Parametern.
  • Urinuntersuchung: zur Beurteilung der Nierenfunktion und zum Ausschluss von Harnwegsinfektionen.
  • Stuhluntersuchung: zum Nachweis von Infektionen oder Entzündungen im Darm.
  • Magenspiegelung (Gastroskopie): zur Beurteilung der Magenschleimhaut und zum Ausschluss von Entzündungen, Geschwüren oder Tumoren.
  • Darmspiegelung (Koloskopie): zur Beurteilung der Darmschleimhaut und zum Ausschluss von Entzündungen, Polypen oder Tumoren.
  • Ultraschalluntersuchung des Bauchraums: zur Beurteilung der Organe im Bauchraum, wie Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und Nieren.
  • Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT): zur detaillierten Darstellung der Organe im Bauchraum und des Gehirns.
  • Funktionsuntersuchungen des Magens: zur Überprüfung der Magenentleerung und der Beweglichkeit des Magens.
  • Allergietests: zum Ausschluss von Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien.
  • Neurologische Untersuchungen: bei Verdacht auf neurologische Ursachen der Übelkeit.
  • Psychologische oder psychiatrische Untersuchung: bei Verdacht auf psychische Ursachen der Übelkeit.

Es kann hilfreich sein, ein Ernährungstagebuch zu führen, in dem über mehrere Tage hinweg alle verzehrten Lebensmittel und eventuell auftretende Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit oder Erbrechen notiert werden. Dies kann dem Arzt helfen, eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder -allergie zu identifizieren.

Behandlung von wochenlanger Übelkeit

Die Behandlung von wochenlanger Übelkeit ohne Erbrechen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.

Behandlung der Grunderkrankung

Wenn die Übelkeit durch eine körperliche Erkrankung verursacht wird, steht die Behandlung dieser Erkrankung im Vordergrund. Diese Medikamente werden als Antiemetika bezeichnet. Es gibt verschiedene Arten von Antiemetika, die auf unterschiedliche Weise wirken. Einige Beispiele sind:

  • H1-Antihistaminika: Sie wirken vor allem bei Reiseübelkeit und Schwangerschaftsübelkeit. Beispiele sind Dimenhydrinat und Doxylamin.
  • Setrone: Sie werden häufig bei Übelkeit im Zusammenhang mit Strahlen- und Chemotherapie eingesetzt.
  • Metoclopramid: Es fördert die Magenentleerung und wirkt gegen Übelkeit.
  • Cannabinoide: Sie können bei Übelkeit helfen, wenn andere Medikamente nicht ausreichend wirken. Die Verschreibung ist in Deutschland jedoch an strenge Voraussetzungen gebunden.

Antiemetika können Nebenwirkungen haben, wie zum Beispiel Müdigkeit und Schläfrigkeit. Daher sollten sie möglichst nur kurzfristig und bei akuter Übelkeit eingenommen werden.

Hausmittel und alternative Behandlungsmethoden

Neben der medikamentösen Behandlung gibt es auch verschiedene Hausmittel und alternative Behandlungsmethoden, die bei Übelkeit helfen können:

  • Ernährung: Vermeiden Sie fettige oder scharf gewürzte Speisen. Essen Sie kleine, leichte Mahlzeiten über den Tag verteilt. Gut geeignet sind Zwieback, Bananenbrei oder Kartoffelbrei.
  • Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit, am besten Wasser oder ungesüßten Tee. Kräutertees mit Pfefferminze, Kamille oder Fenchel, Anis und Kümmel können beruhigend wirken.
  • Ingwer: Ingwer wirkt entzündungshemmend und kann Übelkeit lindern. Sie können Ingwer als Tee trinken, frisch gerieben ins Essen geben oder Ingwer-Lutschtabletten verwenden.
  • Zitrone: Das Lutschen einer frisch geschnittenen Zitronenscheibe oder das Trinken von Wasser mit Zitronensaft kann ebenfalls helfen.
  • Frische Luft: Gehen Sie an die frische Luft oder lüften Sie den Raum gut durch.
  • Entspannung: Stress kann Übelkeit verstärken. Entspannungsübungen wie Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung können helfen, Stress abzubauen.
  • Akupressur: Durch die Massage bestimmter Punkte am Körper, zum Beispiel an der Innenseite des Unterarms, kann Übelkeit gelindert werden. In der Apotheke sind Akupressurbänder erhältlich, die Druck auf diesen Punkt ausüben.

Psychotherapeutische Behandlung

Wenn die Übelkeit psychisch bedingt ist, kann eine Psychotherapie hilfreich sein. In der Therapie können die Ursachen für die psychischen Belastungen aufgedeckt und Strategien zur Stressbewältigung und Angstreduktion erlernt werden.

Stimulation des Vagusnervs

Die Stimulation des Vagusnervs, einem Teil des körpereigenen Erholungssystems, kann in einigen Fällen hilfreich sein. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Vagusnerv zu stimulieren, wie zum Beispiel:

  • Kältetherapie: Niedrige Temperaturen regen das parasympathische Nervensystem an und aktivieren so den Vagusnerv.
  • Atemübungen: Tiefe, bewusste Atemzüge aktivieren den Vagusnerv und senken Herzfrequenz und Blutdruck.
  • Yoga: Ganzheitliche Sportarten wie Yoga, bei denen die Bewegungen zusammen mit der Atmung ausgerichtet werden, wirken beruhigend.
  • Akupunktur: Akupunktur ist eine alternative Behandlungsmethode, die sich bereits für viele Beschwerden bewährt hat.

Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass eine Stimulation des Vagusnervs selbst auch zu Übelkeit führen kann.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

In den meisten Fällen ist Übelkeit harmlos und klingt von selbst wieder ab.

Panikattacken und Panikstörungen

Panikattacken können einmalig oder in grossen Abständen vorkommen. Wenn sie wiederholt auftreten, sprechen wir von einer Panikstörung. Panikattacken und Panikstörungen sind bei frühzeitiger und richtiger Diagnose mit Psychotherapie gut behandelbar, zum Beispiel mit einer kognitiven Verhaltenstherapie oder einer Pharmakotherapie (Medikamente wie SSRI, SNRI). Bei akuten Panikattacken helfen Benzodiazepine, sogenannte Angstlöser. Diese sollten aber in Absprache mit dem Arzt in der Regel nur über kürzere Zeit eingenommen werden, da sie ein gewisses Abhängigkeitspotenzial haben.

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