Eine Depression ist nicht nur eine grosse Belastung für die betroffene Person selbst, sondern auch für ihr Umfeld. Der richtige Umgang mit Depressionen ist nicht einfach, erst recht nicht, wenn eine Person im engen Umfeld, etwa der Partner oder die Partnerin, der beste Freund oder ein Familienmitglied, betroffen ist. Eine psychische Krankheit kann das Familienklima belasten. Lebt man mit einer Person mit Depressionen, kann das eine sehr grosse Belastung - emotional und körperlich - sein.
Depressionen erkennen und verstehen
Ob sich hinter einem Stimmungstief eine Depression verbirgt, ist für Aussenstehende nicht leicht zu erkennen. Verschiedene Symptome können auf eine Depression hinweisen. Dabei unterscheiden Fachleute zwischen Hauptsymptomen und Zusatzsymptomen. Als Hauptsymptome gelten etwa depressive Stimmung, Interessenverlust und Antriebslosigkeit, Nebensymptome sind beispielsweise Hoffnungslosigkeit, Schlafstörungen, vermindertes Selbstwertgefühl, Konzentrationsprobleme.
Jeder ist mal traurig oder deprimiert, diese Gefühlslagen sind ganz normal. Besonders nach einschneidenden Lebensereignissen wie einer Trennung, dem Tod einer geliebten Person oder dem Verlust des Arbeitsplatzes fühlen sich viele Menschen traurig und betrübt. Daraus kann sich eine Depression entwickeln, aber nicht jeder, der eine schwere Krise durchmacht, wird depressiv. Wenn die depressive Stimmung länger anhält, sollte der Betroffene sich an einen Arzt oder Psycholog*in wenden.
Veränderungen im Verhalten können auf eine entsprechende Belastung hinweisen. Symptome dafür sind beispielsweise der Rückzug aus dem aktiven Leben, Niedergeschlagenheit und/oder Antriebslosigkeit. Auch Traurigkeit oder die Klage über Schlafstörungen tauchen bei psychischen Problemen vermehrt auf. Depressive Angehörige verlassen das Haus oder die Wohnung mit der Zeit immer weniger. Sie reagieren häufig gereizt oder sind unkonzentriert.
Was Sie vermeiden sollten:
- Schlaue Ratschläge wie «Geh doch mal häufiger spazieren»
 - Verharmlosungen wie «Ich bin auch manchmal traurig»
 - Vorwürfe wie «Jetzt stell dich nicht so an»
 
Eine Depression ist eine Erkrankung und die sollte man als Angehöriger und Freund ernst nehmen.
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Wie Sie helfen können
Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen unterstützen Sie mit verschiedenen Hilfestellungen. Sprechen Sie die betroffene Person in einer ruhigen, ungestörten Situation an und nehmen Sie sich genügend Zeit. Wichtig ist, dass sich während des ganzen Gesprächs alle wohl fühlen. Oft hilft es Betroffenen zu wissen, dass man für sie da ist und ein offenes Ohr hat. Am besten fragen Sie den geliebten Menschen direkt, wie man ihr oder ihm Hilfe und Unterstützung bieten kann.
Bereits ein erstes Gespräch mit einem vertrauten Menschen kann Betroffene anspornen, weiterführende Hilfe bei einer Fachstelle in Anspruch zu nehmen. Hat die psychisch beeinträchtigte Person Vertrauen zur Hausärztin oder zum Hausarzt, macht auch ein Arzttermin Sinn. Informieren Sie die betroffene Person immer über Ihre Schritte und Ihre eigenen Gefühle. Versuchen Sie, die Erkrankte oder den Erkrankten in die Entscheidungen mit einzubeziehen.
Wichtige Botschaften, die Sie vermitteln sollten:
- Betroffene haben häufig ein verzehrte Selbstwahrnehmung und fühlen sich schuldig. Wichtig ist, ihnen zu vermitteln, dass sie nicht schuld sind.
 - Depressionen lassen sich gut behandeln.
 
Als Angehöriger ist man nicht die/der Therapeut*in und sollte daher nicht versuchen, in diese Rolle zu schlüpfen. Man kann mit viel Feingefühl begleiten, aber für die Therapie sind Fachleute zuständig. Hilfreich ist ein Netzwerk an Helfenden und ein offener Umgang mit dem Thema.
Man sollte versuchen, in Kontakt zu bleiben. Wenn Menschen mit Depressionen eine Einladung oder ein Angebot ablehnen, sollte man dies nicht persönlich nehmen. Denn wenn sie «Nein» sagen, meinen sie oft: «Ich kann das gerade nicht.» Man kann es an einem anderen Tag wieder versuchen. Vielleicht ist die Aktion zu viel gewesen und man kann mit einem einfacheren Vorschlag mehr motivieren?
Wenn ein Mensch Suizidgedanken äussert, ist es extrem wichtig, darauf einzugehen. Es ist bekannt, dass die Mehrheit der Suizide vorher angekündigt wird. Wenn man Anzeichen bemerkt, sollte man die eigenen Eindrücke mitteilen und fragen, wie es der Person geht. Die Offenheit mag schwerfallen, aber sie ist wichtig.
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Unterstützung im Alltag
Viele Betroffenen hilft ein strukturierter Alltag mit möglichst festen Schlafenszeiten und regelmässig Bewegung. Angehörige können Betroffenen, wenn nötig, auch kleinere Arbeiten abnehmen, wie zum Beispiel Arzttermine organisieren oder im Haushalt mehr Aufgaben erledigen. Die geehelichte Person kann zu gemeinsamen Aktivitäten animiert und dabei unterstützt werden, die Medikamente richtig einzunehmen und Termine einzuhalten. jemanden zu bestärken, wenn er Eigeninitiative zeigt.ihn dabei zu unterstützen, nach und nach wieder zu einem geregelten Tagesablauf zu finden. Denn oft sind es die einfachsten Tätigkeiten wie sich anziehen oder zum Briefkasten gehen, die unüberwindbar geworden sind.
Pflegen Sie innerhalb der Partnerschaft, der Familie und der Freundschaft gemeinsame Hobbys und Freizeitaktivitäten. Bleiben Sie gemeinsam sozial aktiv und pflegen Sie den Umgang mit Ihrem Freundeskreis. Auch Neues zu lernen und kreativ zu sein, hält geistig fit.
Selbstfürsorge ist wichtig
Partnerin bzw. Partner von depressiven Menschen müssen dabei aber immer bedenken, dass sie auch eigene Bedürfnisse haben. Auch wer seine Partnerin bzw. seinen Partner liebt, darf, ab und zu, sauer oder enttäuscht sein. Für die andere Person da sein, heisst nicht zwingend, dass man alles aufgeben und seine eigenen Bedürfnisse zurückstecken soll. Angehörige können die Belastungen durch die Depression besser ertragen, wenn sie sich selbst auch etwas Gutes tun, für seelischen Ausgleich sorgen und eigene Bedürfnisse nicht vernachlässigen. Sich mit Freunden auszutauschen ist wichtig, aber nicht immer ausreichend.
Angehörige verausgaben sich oft und vergessen, dass auch ihre eigenen Bedürfnisse zählen. Für sie ist es wichtig zu verstehen: Nur wenn sie gut für sich selbst sorgen und gesund bleiben, können sie für Menschen mit einer psychischen Erkrankung eine Stütze sein.
Wie Angehörige für sich selbst sorgen können:
- eine Auszeit nehmen.
 - sich mit Freunden austauschen.
 - sich einer Selbsthilfegruppe für Angehörige anschliesst.
 - bei Bedarf selbst zum Therapeuten geht oder mit dem oder der Erkrankten zusammen ein «Angehörigengespräch» vereinbart.
 
Professionelle Hilfe und Ressourcen
Spätestens dann, wenn vergebliches Bemühen um Aufhellung der trostlosen Gemütsverfassung Gefühle ärgerlicher Hilflosigkeit auslösen, stossen Angehörige an ihre Grenzen. Wichtig ist es, dass man seine bessere Hälfte und die Depressionen ernst nimmt. Die Ehegattin bzw. der Ehegatte oder auch Angehörige und Freunde sollten nie versuchen, therapeutisches Fachpersonal zu ersetzen.
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Die Stiftung Pro Mente Sana ist Anlaufstelle für Menschen in psychischen Belastungssituationen (z. B. mit Depressionen oder in Lebenskrisen), deren Angehörige und Fachleute. Eine erste Anlaufstelle ist die Dargebotene Hand unter der Telefonnummer 143.
Hilfe bei Depressionen bietet zudem die Telefonseelsorge unter der kostenlosen Rufnummer: 0800/111 0 111.
Für Angehörige und Nahestehende gibt es vielfältige Unterstützungsangebote: Hilfe zur Selbsthilfe bieten die Vereinigung von Angehörigen psychisch Kranker Bern (VASK) und Stand by You Schweiz. Fachliche Unterstützung erhalten Sie auf den Angehörigenberatungsstellen psychiatrischer Kliniken.
Ein Trost für Betroffene und ein wunderbarer Weg für Angehörige und Freunde ins Gespräch zum Thema Depression zu kommen, bietet das Buch „I had a black dog“ sowie „Living with a black dog“ von Matthew Johnstone; auch auf Deutsch erhältlich. Das Buch gibt es auch als Kurzvideo bei Youtube.
Wichtiger Hinweis: Diese Checklisten und Tipps ersetzen keine ärztliche oder psychotherapeutische Diagnosestellung.