Soziale Phobie: Hilfe und Wege, um Freunde zu finden

Angst ist eine natürliche Reaktion auf Gefahrensituationen. Sie kann jedoch problematisch werden, wenn sie in Dauer, Häufigkeit oder Intensität ein normales Mass übersteigt und andere Lebensbereiche beeinträchtigt. Soziale Phobie oder Soziophobie ist eine psychische Angststörung. Laut der Internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD10 vermeiden betroffene Menschen soziale Situationen.

Was ist soziale Phobie?

Ursachen sind die Angst vor Aufmerksamkeit und die Furcht, sich peinlich und beschämend zu verhalten. Kennzeichnend ist das negative Kopfkino in Bezug auf sich selber. Im Zentrum steht das negative Kopfkino in Bezug auf sich selber - ohne Basis in der Realität. «Was denken andere über mich? Angst vor Kontakt mit Menschen und der totale soziale Rückzug.

Eine leichte soziophobische Episode ist, wenn man etwa im Ausland unterwegs ist und sich sprachlich nicht gut ausdrücken kann. Dann entsteht eine leichte Angstsituation, die Unsicherheit und Hemmungen verursacht. Sie ist temporär begrenzt.

Beispiele für soziale Phobie

Beispiel 1: Einem sehr scheuen, jungen Programmierer gefällt eine junge Frau. Seit knapp vier Jahren hat er Angst, sie anzusprechen. «Was, wenn sie nicht will?» Aufgrund des negativen Kopfkarussells vermeidet er den entscheidenden Schritt.

Beispiel 2: Eine junge, erfolgreiche Frau vermeidet alle Anlässe und Aperos. Sie mag keinen Smalltalk.

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Ursachen und Risikofaktoren

Nach kritischen Lebensereignissen, unter Dauerstress, bei Vorliegen genetischer Veranlagungen bzw. früher biografischer Belastungen kann sich aus normaler, gesunder Angst eine Angststörung entwickeln. Scheinbar aus heiterem Himmel kann es zum Aufschiessen intensiver Angstzustände kommen (Panikattacken). Die Forschung konnte zeigen, dass es nicht eine einzige und direkte Ursache für soziale Phobien gibt. Man kennt jedoch zahlreiche Risikofaktoren, welche die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung erhöhen:

  • Mögliche genetische Veranlagung für eine ausgeprägtere Ängstlichkeit
  • Schmerzhafte soziale Erfahrungen
  • Ungeschickte Bemerkungen der Eltern
  • Gewalterfahrung in der Familie
  • Mobbing in der Schule
  • Einschneidende Lebensereignisse wie sexueller Missbrauch oder die Scheidung der Eltern
  • Überbehüteter oder besonders strenger elterlicher Umgang

Mobbingopfer sind oft «dankbare Opfer», weil die soziale Umgebung die Unsicherheit spürt.

Symptome der sozialen Phobie

Betroffene verspüren eine anhaltende und unangemessen starke Angst vor und während Situationen, in denen sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Sie wollen sich auf keinen Fall peinlich verhalten oder blamieren. Zu den Symptomen gehören Zittern, Erröten, Übelkeit, Herzklopfen- oder rasen, Kurzatmigkeit, Schwindel oder Schwitzen.

An sich ist Angst nichts Schlimmes; sie warnt uns vor Gefahren und stellt den Körper auf Alarmbereitschaft. Sie kann allerdings auch krankhaft werden: Wenn sie sogar in nicht-bedrohlichen Situationen übermässig und unkontrollierbar wird und wenn sie den Alltag durch Erwartungsängste (Angst vor der Angst) und körperliche Symptome spürbar einschränkt. Ihr Körper schüttet Stresshormone aus, ihr Herz rast, die Muskeln sind angespannt, sie beginnt zu schwitzen und atmet schneller - typische Anzeichen von Angst.

Umgang mit sozialer Phobie

Wichtig ist, dass Betroffene möglichst früh etwas gegen eine Phobie tun. Je früher diese erkannt wird, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit eines günstigen Verlaufs. Bestenfalls können chronische Vermeidungsstrategien und ein Rückzug aus dem sozialen Leben dann verhindert werden.

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Therapieansätze

Eine konkrete Therapie für die Meisterung des Alltags ist die Konfrontationstherapie: Die Therapeutin geht mit dem menschenscheuen Klienten eine Aufgabe an. Etwa muss er in der Migros fragen, wo sich der Orangensaft befindet. Eine riesige Überwindung, auf die er körperlich mit Schwitzen reagieren kann. Die Therapeutin ist immer in der Nähe und kann sofort zur Stelle sein.

Konfrontationsübungen wirken bewiesenermassen. Die Symptome der Angst reduzieren, die Angst vor der Angst verlieren, die Kraft zur Lebensbewältigung zurückgewinnen! Weitere wichtige Therapiemomente sind: Bearbeitung von Hintergrundursachen aus einem Gesamtverständnis der Lebensgeschichte der Patientin oder des Patienten heraus, Ressourcenaufbau und Neuorientierung in der Lebenssituation.

In schweren Fällen nehmen wir die Hilfe von Medikamenten und Therapien in Anspruch, die unseren Patienten helfen, die durch die Angst verursachten körperlichen Symptome zu bekämpfen, und gehen dann schrittweise auf die Wiederherstellung der psychischen Gesundheit ein. Durch Beratung, medizinische Behandlung und Psychotherapie helfen wir unseren Patienten, ihre Ängste und Phobien zu überwinden.

Selbsthilfe und soziale Interaktion

Rausgehen, etwa das Vereinsleben suchen, also irgendwo dabei sein. Freunde und Kontakte pflegen, weniger auf Social Media unterwegs sein.

Erkennen, dass sich ein Gedankenmuster stets wiederholt. Ergründen, woher es stammt. Da kann eine psychosoziale Beratung hilfreich sein. Wichtige Themen sind dabei die Erkennung des Eigenwertes, also das eigene Potenzial zu entdecken und auszuleben. Das bedeutet, interessante und erfüllende Aufgaben zu haben. Fragen dazu: Wo bin ich gut? Wo bin ich stark? Was mache ich gerne? Nächster Punkt: sich selber sein und die Selbstliebe.

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Online-Selbsthilfeprogramme

Das Online-Selbsthilfeprogramm der Uni Bern nutzt Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie mit interaktiven Übungen, um Betroffenen zu helfen, ihre Ängste zu verstehen und zu überwinden. Ein grosser Vorteil des Programms ist, dass es kostenlos und flexibel zugänglich ist, sodass Nutzende in ihrem eigenen Tempo arbeiten können. Besonders wertvoll ist dies für Menschen, die keine regelmässigen Therapiesitzungen wahrnehmen können oder eine erste Unterstützung suchen.

Tipps für Betroffene

  • Zögern Sie nicht lange und suchen Sie professionelle Hilfe.
  • Lassen Sie die Angst nicht Überhand nehmen.
  • Unterstützen Sie nicht das Vermeidungsverhalten von Betroffenen. Eine Vermeidung macht die Ängste nur grösser.
  • Erkennen und akzeptieren Sie Ihre Ängste.
  • Suchen Sie Unterstützung durch Freunde oder Selbsthilfegruppen.
  • Nehmen Sie sich selbst den Druck.
  • Seien Sie offen für Konfrontationen und sehen Sie diese als Training.

Die Rolle der Selbsthilfegruppen

Unter Gleichgesinnten herrscht keine Hierarchie - jeder kann die Ängste der anderen nachvollziehen, niemand stellt unangenehme Fragen. Teil der Treffen waren Konfrontationsübungen. Jedes Gruppenmitglied musste vor anderen sprechen oder präsentieren. Überraschenderweise erlebte die 25-Jährige Erfolgsmomente: Der Stress war zwar nicht weg, aber das Zittern wurde schwächer.

Zusammenfassung

Soziale Phobie ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen kann. Es gibt jedoch zahlreiche Therapieansätze und Selbsthilfestrategien, die helfen können, die Ängste zu überwinden und ein erfülltes Leben zu führen.

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