Offener und verdeckter Narzissmus: Unterschiede und Erkennungsmerkmale

Narzissmus ist ein Begriff, der oft verwendet wird, um Personen zu beschreiben, die selbstverliebt, arrogant und manipulativ sind. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass es verschiedene Formen von Narzissmus gibt, die sich in ihren Erscheinungsformen und Auswirkungen unterscheiden. Dieser Artikel konzentriert sich auf die Unterschiede zwischen offenem und verdecktem Narzissmus.

Was ist Narzissmus?

Der Begriff Narzissmus geht auf den wunderschönen Jüngling Narziss, eine Figur aus der griechischen Mythologie, zurück. Narziss verliebte sich leidenschaftlich in sein eigenes Spiegelbild im Wasser und ging an der Unfähigkeit, den Blick von sich selbst abzuwenden, zu Grunde. Heutzutage wird der Begriff Narzissmus verwendet, um einen Persönlichkeitsstil zu bezeichnen. Narzisstische Personen fühlen sich anderen gegenüber überlegen. Sie fantasieren über ihren eigenen Erfolg und sie denken, sie hätten Anspruch auf Privilegien, die andere nicht haben. Wenn sie sich gedemütigt fühlen, können sie häufig aggressiv oder gewalttätig reagieren.

Sicher ist, es gibt die psychiatrische Diagnose einer „Narzisstischen Persönlichkeitsstörung“. Narzissmus umfasst mehr als eine Eigenschaft, die extrem ausgeprägt sein kann. Natürlich kennen wir alle solche Menschen, die sich selbst für grossartig halten, die gerne andere für ihre Zwecke ausbeuten, arrogant eine Szene beherrschen und ständig nur um sich selbst kreisen.

Wichtig ist es daher, zwischen Narzissmus resp. narzisstischen Persönlichkeitseigenschaften und einer echten narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu unterscheiden. Narzissten sind meist sehr ehrgeizig. Sie sind daher oft auch in Führungspositionen wiederzufinden und können ein sehr erfolgreiches Leben führen. Wenn der Narzissmus jedoch stark ausgeprägt ist und für das Umfeld, aber auch für die eigene Person zu Leid führt, wird der Narzissmus krankhaft.

Typen von Narzissmus

Jochen Peichl konzipiert diese in seinem Buch «Warum es auch gut ist, Narzisst zu sein» als die «offenen Narzissten», im Gegensatz zu den «verdeckten Narzissten». Er ortet beide auf einem Kontinuum ein, das den spezifischen Umgang mit dem Bedürfnis nach Selbstwert aufzeigt. Das Bedürfnis, im Selbstwert bestätigt zu werden, sieht er als dem Menschen grundsätzlich zugehörig, von Kindheit bis ins hohe Alter, und bedeutet, sich als Person wertvoll zu spüren, in seiner Besonderheit wahrgenommen zu werden und ausdrücken zu können.

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Nach einer Studie von Russ und Kollegen (2008) kann man die Narzisstische Persönlichkeitsstörung in drei Typen einteilen:

  • Grandios-maligner Narzissmus
  • Vulnerabel-fragiler Narzissmus
  • Exhibitionistischer Narzissmus mit hohem Funktionsniveau

Offener Narzissmus

Am einen Ende der Skala des Umgangs mit diesem Bedürfnis finden wir den «offenen Narzissten», der nur sich selbst bewundert, schamlos ich-zentriert ist, überheblich, arrogant und macht-getrieben wirkt und folglich sozial fast unverträglich ist, da er sich allen anderen überlegen fühlt.

Dieser Typus wird auch als offener Narzissmus bezeichnet, da sich exhibitionistische Narzissten gerne in Szene setzen und es lieben, im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen. Sie haben ein übertriebenes Selbstwertgefühl und sind in der Regel auch wortgewandt, dynamisch und kontaktfreudig. Exhibitionistische Narzissten sind zudem leistungsorientiert und ambitioniert, womit sie sehr gut in unsere wettbewerbsorientierte und oft kurzfristig denkende Welt passen. Sie fallen in der Regel durch Arroganz und Gefühlskälte auf.

Ein offener Narzisst vernichtet auch sich selbst ständig: Um seinem Selbstbild von Grösse und Allmacht zu entsprechen, darf er gar keine anderen Regungen in sich zulassen. Sich selbst zu spüren ist ihm absolut fremd. Alle Gefühle, alle feineren Empfindungen, alle selbstkritischen Gedanken werden abgewürgt.

Personen, die in seiner Nähe geduldet sind, dürfen an seiner Grösse partizipieren, aber keinen eigenen Wert haben. Sie dürfen sich grossartig fühlen, da sie in seiner Nähe sein dürfen und etwas von seinem Glanz auch auf sie abfällt.

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Verdeckter Narzissmus

Jochen Peichl konzipiert diese in seinem Buch «Warum es auch gut ist, Narzisst zu sein» als die «offenen Narzissten», im Gegensatz zu den «verdeckten Narzissten». Er ortet beide auf einem Kontinuum ein, das den spezifischen Umgang mit dem Bedürfnis nach Selbstwert aufzeigt.

Dieser Typus wird auch verdeckter Narzissmus genannt, da es sich dabei um eine - zumindest auf den ersten Blick - untypische Form von Narzissmus handelt. Verdeckte Narzissten wirken unsicher, ängstlich, teils auch depressiv und sie reagieren besonders empfindlich auf Kritik und Misserfolg. Im Gegensatz zu bösartigen Narzissten, äussern sich ihre heftigen Reaktionen auf Kritik eher unterschwellig. Dennoch können sie grossen Schaden anrichten.

Von Aussenstehenden werden fragile Narzissten oft als besonders empfindsam und liebevoll wahrgenommen. Sie sind nicht selten sozial engagiert, präsentieren sich in der Öffentlichkeit als selbstlos und sind deshalb meist besonders angesehen und beliebt. Verdeckte Narzissten manipulieren ihre Mitmenschen ausgesprochen geschickt, meist durch das Auslösen von Schuldgefühlen und das Schaffen einer emotionalen Abhängigkeit.

Unterschiede zwischen offenem und verdecktem Narzissmus

Die folgende Tabelle fasst die Hauptunterschiede zwischen offenem und verdecktem Narzissmus zusammen:

Merkmal Offener Narzissmus Verdeckter Narzissmus
Selbstbild Überhöht, grandios Unsicher, ängstlich
Verhalten Arrogant, ausbeuterisch, aufmerksamkeitsbedürftig Sensibel, hilflos, passiv-aggressiv
Reaktion auf Kritik Wütend, abweisend Empfindlich, depressiv
Motivation Bewunderung, Macht Bestätigung, Mitleid

Wie man sich vor Narzissmus schützt

Personen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung oder auch ausgeprägten narzisstischen Tendenzen sind in der Regel toxisch für ihr Umfeld. Dies gilt für alle Beziehungsarten und sowohl im beruflichen wie auch privaten Kontext. Im Umgang mit Narzissten ist in jedem Fall eine bewusste Selbstfürsorge essenziell.

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Hier sind einige Tipps, wie man sich vor Narzissmus schützen kann:

  • Grenzen setzen: Definieren Sie, welches Verhalten Sie tolerieren und welches nicht.
  • Selbstwertgefühl stärken: Bauen Sie Ihr Selbstwertgefühl auf, um unabhängiger von der Bestätigung anderer zu sein.
  • Emotionale Distanz wahren: Lassen Sie sich nicht in die emotionalen Spiele des Narzissten verwickeln.
  • Unterstützung suchen: Sprechen Sie mit Freunden, Familie oder einem Therapeuten über Ihre Erfahrungen.
  • Kontaktabbruch: In manchen Fällen ist ein Kontaktabbruch die beste Lösung, um sich selbst zu schützen.

Fazit

Das Verständnis der Unterschiede zwischen offenem und verdecktem Narzissmus ist entscheidend, um toxische Beziehungen zu erkennen und sich davor zu schützen. Indem man die Merkmale beider Formen kennt und gesunde Grenzen setzt, kann man seine eigene psychische Gesundheit schützen und ein erfüllteres Leben führen.

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