Dieser Artikel beleuchtet die Schwerpunkte von Holger Arnold im Bereich der Psychologie, insbesondere im Kontext von Pädagogik, Suchtprävention und der Förderung von Kommunikationskompetenzen in der Schule.
Mentalisierungsbasierte Pädagogik
Jede erforderliche pädagogische Interaktion setzt eine mentalisierende pädagogische Fachkraft voraus! In den Bereichen Erziehung und Bildung legt mentalisierungsbasierte Pädagogik den Fokus auf Emotionen, Verstehen und Motive sowie auf die pädagogische Beziehung. Damit spricht sie alle an, die in pädagogischen Bereichen praktisch und theoretisch tätig sind.
Dieses Praxisbuch greift den aktuellen Forschungsstand einiger zentraler Themen wie etwa soziales Lernen und epistemisches Vertrauen auf und bezieht sie fundiert und alltagsnah auf verschiedene pädagogische Felder: Frühpädagogik, Schulpadagogik, Sozialpädagogik und pädagogische Beratung. Praxisbeispiele stehen dabei im Mittelpunkt.
Sie vermitteln einen konkreten Einblick in die beziehungsintensive pädagogische Arbeit. Anhand einer großen Bandbreite von unauffälligen/unproblematischen bis hoch konflikthaften Kasuistiken werden verschiedene pädagogische Interaktionen thematisiert und vor dem Hintergrund des Mentalisierungsansatzes reflektiert.
Suchtprävention in der Schule
Als wichtiger suchtpräventiver Schutzfaktor steht in der Schule die Förderung von überfachlichen Kompetenzen - auch Lebenskompetenzen genannt - im Mittelpunkt. Damit werden die Schüler:innen kontinuierlich darin gestärkt, die Herausforderungen des Schulalltags und des Lebens zunehmend aus eigener Kraft zu bewältigen und einen selbstregulierten Umgang mit persönlichen, auch für die Suchtentwicklung relevanten Risikofaktoren wie etwa hoher Impulsivität oder Emotionalität zu entwickeln.
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Dazu gehört auch die Stärkung der allgemeinen Kommunikations- und Beziehungskompetenzen, einschliesslich der konstruktiven Problemlösung in sozialen Situationen. Zudem können Schüler:innen dafür sensibilisiert werden, wie sowohl persönliche Grundbedürfnisse als auch externe Faktoren das eigene Konsumverhalten beeinflussen. Zu letzterem zählen insbesondere die Produkteigenschaften von Genussmitteln und digitalen Medien oder auch die Normen und Werte, wie sie im sozialen Umfeld vorgelebt oder über Werbung und Unterhaltungsmedien vermittelt werden.
Gegen Ende des zweiten Zyklus ist besonders bezüglich des Medienkonsums die Wissensvermittlung zu gesundheitlichen Risiken, zu Symptomen einer übermässigen Nutzung sowie zu den gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendschutz wichtig. Dies ist auch mit Blick auf gewisse psychoaktive Substanzen angebracht, falls deren Konsum aufkommt. Mit diesen suchtpräventiven Schwerpunkten trägt die Schule zur Persönlichkeitsentwicklung der Schüler:innen bei.
Sie unterstützt die Schüler:innen darin, informierte und reflektierte Entscheidungen zu treffen und die Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Eine Unterrichtsform, die es den Schüler:innen erlaubt, sich aktiv mit der Thematik auseinanderzusetzen, erweist sich als wirksamste Methode der Wissensvermittlung und Kompetenzförderung.
Stärkung der Selbstregulation
Ein zentraler Faktor der verhaltensorientierten Suchtprävention ist die Stärkung der Selbstregulation. Bedeutsam sind die Fähigkeit der Selbstbeobachtung bezüglich Verhalten, Emotionen, Gedanken und Überzeugungen ebenso wie die Fähigkeit zur Aufmerksamkeits- und Impulskontrolle und dem Belohnungsaufschub. Auch die Fähigkeit, verhaltensbezogene Ziele zu setzen und diszipliniert zu verfolgen, gehört dazu.
Suchtpräventiv bedeutsam sind diese Fähigkeiten besonders dann, wenn sie den zunehmend selbstregulierten Umgang mit externalisierenden Verhaltenstendenzen wie Impulsivität, Hyperaktivität und Aggression ermöglichen und bei der Emotionsverarbeitung unterstützen. Der Schulalltag ist prädestiniert, um Schüler:innen langfristig in ihrer Selbstregulation zu stärken.
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Ziel ist es, den Aufbau dieser Fähigkeiten über die ganze Schulzeit hinweg altersangemessen zu unterstützen. Auf der Grundlage der Förderung der Selbstwahrnehmung kann die Verhaltensregulation durch gemeinsam erarbeitete Strategien und Regeln angestossen werden. Auch mit Blick auf die Emotions- und Stressregulation ist die Einführung von möglichen Strategien in der Klasse hilfreich.
Diese muss jedoch erweitert werden durch eine individuelle Begleitung der Schüler:innen und persönlich zugeschnittene Möglichkeiten im Umgang mit negativen Emotionen oder Verhaltensauffälligkeiten. Eine wichtige Voraussetzung für Selbstregulation ist zudem das Zeitverständnis. Dieses ermöglicht es den Schüler:innen zu verstehen, dass Tätigkeiten, seien sie attraktiv oder auch weniger attraktiv, zeitlich geordnet werden können.
Förderung von Kommunikations- und Beziehungskompetenzen
Allgemeine Kommunikations- und Beziehungskompetenzen wie aktives Zuhören, das Einstehen für eigene Bedürfnisse und Sichtweisen sowie Problemlösefähigkeiten in sozialen Konflikten sind grundlegende Fähigkeiten, um den Lebensalltag und das Gemeinschaftsleben verantwortungsvoll und selbstbestimmt zu meistern. Eine gelingende Kommunikation und konstruktive Beziehungen sind Zeichen für gelebte Teilhabe und Inklusion.
Sie stärken die Selbstwirksamkeitsüberzeugung der Schüler:innen in sozialen Situationen und wirken sich positiv auf den Selbstwert und puffernd gegenüber emotionalem Stress und Depression aus. Dadurch sind Kommunikations- und Beziehungskompetenzen auch suchtpräventiv wirksam, indem sie die jungen Menschen beispielsweise darin befähigen, mit Gruppendruck konstruktiv umzugehen.
Die Schule als Lebenswelt, in der junge Menschen viel Zeit verbringen und essenzielle soziale und emotionale Erfahrungen machen, ist aufgefordert, ein Zusammenleben zu schaffen, in dem die Kommunikations- und Beziehungskompetenzen der Schüler:innen gefördert werden. Nebst spezifischen Unterrichtselementen sind die vielfältigen Lerngelegenheiten des Schulalltags entscheidend für die Förderung der Kompetenzen.
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Schüler:innen können beispielsweise:
- Gemeinschaftsfördernde Aktivitäten in der Klasse vorschlagen und umsetzen sowie Mitverantwortung für das Wohlergehen aller übernehmen (zum Beispiel Ordnung im Klassenzimmer, wertschätzender Umgang miteinander).
 - Lernen, Konflikte in der Gruppe fair zu lösen, und können verschiedene Strategien anwenden (zum Beispiel Schlichtung, Abstimmung, Konsens).
 - Sich in andere Menschen hineinversetzen und deren Gefühle, Bedürfnisse und Rechte respektieren und sich für sie einsetzen (zum Beispiel bei Streit, Mobbing).
 - In anforderungsreichen Situationen (zum Beispiel Zeitdruck, Nebengeräusche) Emotionen der sprechenden Person einschätzen.
 - In vertrauten Kommunikationssituationen Stimmungen wahrnehmen (zum Beispiel emotionale Verletzung, Betroffenheit, Wut, Ärger, Freude).
 - Nachfragen, wenn sie etwas in einem Gespräch nicht verstanden haben.
 - Verschiedenen, längeren Gesprächen folgen und dabei ihre aktive Beteiligung nonverbal, paraverbal und verbal zeigen (aktives Zuhören).
 - Vertraute Kommunikationssituationen, die Absichten der Sprechenden und die emotionale Wirkung von Gehörtem einschätzen.
 - An einem Gespräch teilnehmen und die entsprechenden Gesprächsregeln meist einhalten (zum Beispiel zuhören, ausreden lassen).
 - In Aushandlungs- oder Konfliktsituationen das Gesprächsverhalten der anderen einschätzen und angemessen reagieren.
 - Ihre Gedanken im Gespräch einbringen, im Austausch verdeutlichen und ihre Meinung mit einem Argument unterstützen.
 - In Konsens- und Konfliktgesprächen ihre eigene Meinung in Mundart und Standardsprache zum Ausdruck bringen und von sich aus mit einem Argument stützen.
 - Im Gespräch auf vorhergehende Aussagen Bezug nehmen.
 - Eine angenehme und wertschätzende Gesprächsatmosphäre als Bereicherung erfahren und dies in eigenen Worten ausdrücken.
 - Über Sinn und Funktion von Gesprächsregeln nachdenken.
 - Sich darüber austauschen, welche (emotionale) Wirkung ein Gesprächsbeitrag auf sie hat.
 - Unter Anleitung darüber nachdenken, in welcher Art und Weise sie selber den Gesprächsverlauf beeinflusst haben.
 
Sensibilisierung für das eigene Konsumverhalten
Kinder leben stark gegenwartsorientiert, das heisst auf die Befriedigung der aktuellen physiologischen und psychologischen Grundbedürfnisse und damit auf ihr physisches und emotionales Wohlbefinden ausgerichtet. Nebst der Beseitigung von Hunger und Durst gehört beispielsweise die Erfüllung der Bedürfnisse nach Anregung, Kompetenzerleben, Verbundenheit und Autonomie dazu.
Um diese Bedürfnisse zu erfüllen, handeln Kinder und nutzen beispielsweise ab dem Alter von etwa 11 Jahren vermehrt die digitalen Medien auf einem Handy. Die Nutzung von digitalen Medien oder der Konsum von Genussmitteln kann dabei auch der Stressreduktion und der Bewältigung von negativen Gefühlen dienen.
Das Bedürfnis, etwas zu konsumieren, kann auch dadurch entstehen, dass Produkte mit bestimmten Eigenschaften, beispielsweise Lebensmittel mit süssem Geschmack oder digitale Medien mit ihrem Aufheiterungs- und Unterhaltungsangebot, in echt oder bildlich dargeboten werden.
Im Zusammenhang mit dieser Bedürfnisbefriedigung zielt Suchtprävention im zweiten Zyklus auf die Sensibilisierung für das eigene Konsumverhalten, und dies vor allem hinsichtlich verschiedener Genussmittel und digitaler Medien, die abhängig machen können. Dabei ist das emotionale Erleben ein zentraler Schlüssel für die Selbstwahrnehmung und die Initiierung einer Verhaltensänderung.
Über das Thematisieren und Erfahren beispielsweise von Konsum und Verzicht oder von Spannung und Entspannung wird es möglich, die dem Konsum zugrunde liegenden Bedürfnisse und Emotionen wahrzunehmen. Indem alternative Aktivitäten erprobt werden, die emotional ähnlich positiv wirken, kann ein neuer Umgang mit der eigenen Bedürfnisbefriedigung initiiert werden.
Schüler:innen können beispielsweise:
- Grundbedürfnisse von Menschen nach Dringlichkeit ordnen und Wünsche von überlebenswichtigen Bedürfnissen unterscheiden (zum Beispiel Nahrung, Wohnen versus Spielsachen, Ausflüge).
 - An Beispielen Konsumentscheidungen unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten prüfen sowie Alternativen der Bedürfnisdeckung diskutieren (zum Beispiel selber herstellen).
 - Vor- und Nachteile direkter Erfahrungen, durch Medien oder virtuell vermittelter Erfahrungen benennen und die persönliche Mediennutzung begründen.
 - Die Grundfunktionen der Medien benennen (Information, Bildung, Meinungsbildung, Unterhaltung, Kommunikation); kennen Mischformen und können typische Beispiele aufzählen (Infotainment, Edutainment).
 
Einfluss von Normen und Werten
Normen und Werte der Familie, der Gleichaltrigen und weiterer persönlich wichtiger Bezugspersonen beeinflussen die eigenen Einstellungen und damit auch das eigene Konsumverhalten. Auch das Produktmarketing für Genuss- und Suchtmittel prägt diese Vorstellungen von Normalität mit: Mit Bild und Wort spricht die Werbung spezifische Gruppen von Menschen an und verbindet den Konsum von Genuss- und Suchtmitteln mit positiven Emotionen.
In der schulischen Suchtprävention geht es deshalb darum, die Schüler:innen für diese Einflüsse von aussen zu sensibilisieren und die Vorstellungen darüber, was bezüglich Konsumverhalten normal ist, kritisch zu hinterfragen. Um diesbezüglich wirksam zu sein, ist es allerdings wichtig, die hinter dem Konsum- und Nutzungsverhalten liegenden Bedürfnisse, wie jene nach Anregung, Zugehörigkeit und positivem Erleben, zu berücksichtigen.
Nur durch das gleichzeitige Erleben von Möglichkeiten, wie diese Bedürfnisse alternativ und ohne Rückgriff auf riskante Verhaltensweisen erfüllt werden können, kann eine Standfestigkeit gegenüber Konsumangeboten gestärkt werden. Ein positives und inklusives Schulklima mit nachvollziehbaren Regeln und Normen ist für solche Prozesse ein wichtiger Pfeiler.
Schüler:innen können beispielsweise:
- Geschlechterrollen (zum Beispiel Merkmale, Stereotypen, Verhalten) beschreiben und hinterfragen sowie Vorurteile und Klischees in Alltag und Medien erkennen.
 - An Beispielen den Wandel von Konsumgewohnheiten untersuchen sowie Auswirkungen auf den Alltag aufzeigen (zum Beispiel Schulutensilien).
 - Konsumgüter als Statussymbole und als Zeichen der Zugehörigkeit oder Abgrenzung von Gruppen erkennen.
 - Im eigenen Handeln Werte erkennen und beschreiben, wie sie Verantwortung übernehmen können (zum Beispiel Ressourcennutzung, zwischenmenschlicher Umgang).
 - Werte, die in ihrem Leben bedeutsam sind, beschreiben, vertreten und mit denen von anderen vergleichen.
 - Folgen medialer und virtueller Handlungen erkennen und benennen (zum Beispiel Identitätsbildung, Beziehungspflege, Cybermobbing).
 - Informationen aus verschiedenen Quellen (zum Beispiel Internet, soziale Netzwerke) vergleichen und beurteilen (zum Beispiel Fake News).
 - Werbeaussagen und -strategien erkennen, vergleichen und bezüglich ihrer Absichten beurteilen (zum Beispiel Schönheitsideale, Versprechen).
 
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