Viele Hochschul-Studierende kämpfen heutzutage mit mangelnder Konzentration und Fokussierung beim Lernen. Immer öfter hören wir Sätze wie „Irgendetwas stimmt nicht mit mir - ich kann mich einfach nicht konzentrieren!“ Dieses Phänomen erinnert an die typischen Symptome von ADS oder ADHS. Doch egal, ob tatsächlich eine Aufmerksamkeitsdefizit-(Hyperaktivitäts)-Störung (AD(H)S) vorliegt oder nicht - die beschriebenen Konzentrationsschwierigkeiten sind real und belastend.
Wichtig ist vor allem die Erkenntnis: Du bist nicht allein damit und es ist kein persönliches Versagen. Im Gegenteil, vielen Betroffenen fällt ein Stein vom Herzen, wenn sie verstehen, dass ihr Problem einen Namen hat und keine Charakterschwäche ist. Studien zeigen sogar, dass über die Hälfte der Studierenden (53 %) unter Konzentrationsstörungen leidet - ein dramatischer Anstieg im Vergleich zu 21 % im Jahr 2015 (deutschlands-marktforscher.de). Das Thema verdient also unsere Aufmerksamkeit.
In diesem Beitrag beleuchten wir die Hintergründe und Ursachen dieser ADHS-ähnlichen Konzentrationsprobleme und geben konkrete Tipps, wie man mit einfachen Strategien die eigene Fokussierung beim Lernen deutlich verbessern kann.
Konzentrationsschwierigkeiten im Studium sind keine Seltenheit
Konzentrationsprobleme bei Studierenden sind heute ein verbreitetes Phänomen. Statt unbeschwerter Studienzeit empfinden viele jungen Menschen ihren Alltag an der Hochschule als stressig und anstrengend (deutschlands-marktforscher.de). Aufgaben stapeln sich, Prüfungen erzeugen Druck und überall lauern Ablenkungen. Eltern beobachten bei ihren studierenden Kindern vielleicht vermehrt Zerstreutheit, Aufschieben von Aufgaben oder mittelmässige Leistungen trotz Intelligenz.
Studierende selbst fühlen sich oft frustriert: Sie sitzen lange vor dem Lernstoff, schweifen aber gedanklich ständig ab oder finden keinen Anfang - und fragen sich, warum es ihnen so schwerfällt, konzentriert zu arbeiten. All das kann sehr zermürbend sein. Doch es ist wichtig zu wissen, dass Konzentrationsschwierigkeiten im Studium kein Einzelfall sind, sondern viele betrifft (deutschlands-marktforscher.de). Dieses Wissen kann bereits entlasten: Du bist nicht „faul“ oder „dumm“, sondern kämpfst mit einem verbreiteten Problem, für das es Erklärungen und Lösungen gibt.
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ADHS bei Studierenden - was steckt dahinter?
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und die Variante ohne Hyperaktivität (oft ADS genannt) sind neurologische Entwicklungsstörungen. Typische Hauptmerkmale sind Unaufmerksamkeit, Impulsivität und ggf. Hyperaktivität, was heisst: Betroffene können ihre Aufmerksamkeit nur schwer regulieren und sich schlecht auf eine Sache fokussieren (akad.de). Diese Symptome können sich im Hochschulalltag deutlich bemerkbar machen - beispielsweise durch leichtes Abgelenktsein, dauernde Zerstreutheit, chaotisches Zeitmanagement oder impulsives Handeln - und den Studienerfolg beeinträchtigen (akad.de; akad.de).
Interessant ist, dass ADHS längst nicht immer in der Kindheit erkannt wird. Manche Studierende stellen erst an der Uni fest, dass AD(H)S bei ihnen vorliegen könnte, weil plötzlich Selbstorganisation und Eigenmotivation gefragt sind und bekannte Strategien aus der Schulzeit versagen. Andere haben vielleicht kein diagnostizierbares AD(H)S, weisen aber ähnliche Schwierigkeiten auf - sie fühlen sich also wie von AD(H)S betroffen.
Warum treten diese Probleme ausgerechnet im Studium so stark zutage?
Zum einen fehlen im Studium oft die äusseren Strukturen, die es in der Schule gab. Plötzlich ist man selbst verantwortlich, Vorlesungen sind voll, der Lernstoff ist umfangreich, Deadlines rücken unbemerkt näher. Prioritäten zu setzen und Zeit einzuteilen fällt Studierenden mit AD(H)S-bedingter Aufmerksamkeitsstörung schwer, was häufig in Prokrastination mündet - wichtige Aufgaben werden vor sich hergeschoben, bis es fast zu spät ist (akad.de). Auch Nicht-AD(H)S-Studierende kennen dieses Aufschiebeverhalten, aber bei AD(H)Slerinnen ist es besonders ausgeprägt.
Hinzu kommt: In Vorlesungen längere Zeit still sitzen und zuhören erfordert anhaltende Konzentration - für AD(H)S-Betroffene eine enorme Herausforderung (akad.de). Ablenkungen sind allgegenwärtig und jedes Geräusch oder der kleinste externe Reiz dringt „ungefiltert” ins Bewusstsein. Man spricht hier vom durchlässigen Aufmerksamkeitsfilter: Das Gehirn von Menschen mit AD(H)S ist anfälliger dafür, in unwichtigen Reizen eine Belohnung oder Abwechslung zu sehen, und lässt sich daher leichter ablenken (htw-berlin.de). Die Folge: Der Fokus springt ständig hin und her („bottom-up“ statt „top-down“), anstatt bei der eigentlichen Aufgabe zu bleiben.
Das erklärt, warum sich viele Betroffene wie im permanenten Gedankenfeuerwerk fühlen - es blitzen pausenlos neue Einfälle oder äussere Reize auf, die die Aufmerksamkeit vom Wesentlichen wegziehen. Dabei muss man klar sagen: Nicht jeder, der Konzentrationsprobleme hat, hat automatisch AD(H)S. Doch die geschilderten Schwierigkeiten ähneln den AD(H)S-Symptomen oft verblüffend. Tatsächlich leiden Studierende ohne diagnostizierte Störung heute ebenfalls vermehrt unter konstanter Unruhe, Ablenkbarkeit und mentaler Erschöpfung, was viele Ursachen haben kann.
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Eine Erklärung ist die veränderte Lern- und Lebenswelt: Unsere Aufmerksamkeit wird in Zeiten von Smartphone und Internet permanent beansprucht. Studien bezeichnen menschliche Aufmerksamkeit inzwischen als heiss umkämpfte Ressource im digitalen Zeitalter - Apps und Medien buhlen mit allen Mitteln darum, uns möglichst lange zu fesseln (onefocusapp.com). Das Ergebnis? Selbst wer kein AD(H)S hat, zeigt unter Dauer-Digitalbeschallung ähnliche Symptome: unruhiges, reizbares Verhalten, Konzentrationsspannen wie ein Goldfisch und Probleme, sich auf langweilige Aufgaben zu konzentrieren.
Experten betonen, dass übermässige Internetnutzung zwar keine AD(H)S-Erkrankung verursacht, aber durchaus Symptome hervorrufen kann, die wie AD(H)S wirken (onefocusapp.com). Mit anderen Worten: Wer stundenlang von einem schnellen Online-Kick zum nächsten hüpft, kann beim trockenen Lernen echte Entzugserscheinungen in Form von Aufmerksamkeitsproblemen zeigen.
Neben digitalen Ablenkungen spielen auch Stress und Lebensstil eine grosse Rolle. Viele Studierende sind chronisch müde und angespannt - kein Wunder, wenn 43 % unter Schlafproblemen leiden (deutschlands-marktforscher.de). Schlafmangel beeinträchtigt bekanntermassen die Konzentrationsfähigkeit. Ebenso führen hoher Leistungsdruck, Sorgen (fachlicher oder finanzieller Art) und ständige Erreichbarkeit dazu, dass das Gehirn kaum zur Ruhe kommt.
Ein erschöpfter, gestresster Geist schweift leichter ab und kann Informationen schlechter verarbeiten. Insgesamt entsteht so ein Kreislauf: Konzentrationsprobleme führen zu Leistungsproblemen und Stress, der Stress verstärkt wiederum die Konzentrationsprobleme.
Zusammengefasst: Konzentrationsschwierigkeiten im Studium können vielfältige Ursachen haben - von tatsächlichem (oft unerkanntem) AD(H)S über digitale Dauer-Ablenkung bis hin zu Überforderung und ungesundem Lebenswandel. Oft kommen mehrere Faktoren zusammen. Wichtig ist, diese Auslöser zu erkennen und offen darüber zu sprechen. Für Betroffene kann es sehr erleichternd sein zu verstehen, warum ihnen das Lernen so schwerfällt. Denn mit diesem Verständnis im Rücken lassen sich gezielt Strategien entwickeln, um den Fokus Schritt für Schritt zu verbessern. Im nächsten Abschnitt stellen wir konkrete Tipps vor, die sich in der Praxis bewährt haben.
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Tipps: Bessere Konzentration und Fokus beim Lernen
Nun geht es darum, Lösungen zu finden. Die gute Nachricht: Mit ein paar bewussten Änderungen im Lernverhalten und Alltag lassen sich Konzentration und Fokus deutlich steigern - selbst wenn man zu AD(H)S-typischen Symptomen neigt. Hier sind einige konkrete Tipps für Studierende (und auch unterstützende Eltern), um dem Aufmerksamkeitschaos entgegenzuwirken:
- Tagesstruktur schaffen und Lernzeiten planen: Ein fester Rahmen hilft dem zerstreuten Geist ungemein. Lege tägliche Routinen fest - z.B. immer zur gleichen Zeit aufstehen, Lernen, Pausen und Schlafengehen. Erstelle zu Beginn der Woche einen Lernplan mit eingeteilten Lernblöcken für jedes Fach. Diese klare Struktur gibt Orientierung und reduziert das Gefühl der Überforderung. Wichtig ist, realistische Ziele zu setzen: Lieber kürzere Lerneinheiten fest einplanen als sich vage „heute den ganzen Tag lernen“ vorzunehmen. Ein strukturierter Tagesablauf mit definierten Lern- und Erholungsphasen sorgt dafür, dass du weisst, wann du was tun willst - das verringert Prokrastination und hilft, den Fokus jeweils auf die aktuelle Aufgabe zu lenken.
 - Ablenkungsfreie Umgebung einrichten: Sorge für einen aufgeräumten, reizarmen Arbeitsplatz, an dem du dich wirklich konzentrieren kannst. Menschen mit AD(H)S fällt es schwer, unwichtige Reize auszublenden (akad.de) - deshalb sollte dein Lernplatz möglichst wenig Störfaktoren bieten. Räume deinen Schreibtisch auf und entferne alles, was nicht mit der aktuellen Aufgabe zu tun hat. Schalte das Handy in den Flugmodus oder leg es ausser Reichweite (notfalls in eine abschliessbare „Handy-Box“). Wenn Umgebungsgeräusche dich ablenken, nutze Ohrstöpsel oder Noise-Cancelling-Kopfhörer, um Lärm auszublenden (akad.de). Manche Menschen können sich auch mit leiser Hintergrundmusik oder weissem Rauschen besser konzentrieren - probiere aus, was für dich funktioniert (akad.de). Wichtig ist, dass deine Lernatmosphäre stimmt: gemütlich, ruhig und frei von Versuchungen. Teile auch Mitbewohnern oder der Familie mit, dass du während deiner Lernzeiten nicht gestört werden möchtest.
 - Effektive Lerntechniken nutzen (z.B. Pomodoro): Lange Lernsessions ohne Pause sind kontraproduktiv - vor allem für ein wanderndes AD(H)S-Gehirn. Besser ist es, in kurzen, intensiven Intervallen zu arbeiten. Die Pomodoro-Technik hat sich hierfür bewährt: Dabei lernst du z.B. 25 Minuten hochkonzentriert, dann machst du 5 Minuten Pause - diesen Zyklus wiederholst du mehrmals (akad.de). Durch die absehbare Pause bleibt das Gehirn motiviert, weil es weiss, dass es bald Entspannung gibt. Alternativ kannst du auch mit Wecker oder Timer arbeiten, um dir feste Lern-Sprints (z.B. 30-45 Minuten) zu setzen. Wichtig: In den Pausen wirklich abschalten - steh kurz auf, beweg dich, trink einen Schluck Wasser. Anschliessend wieder von vorn. Solche Techniken steigern nachweislich die Produktivität und helfen, die Konzentration über längere Zeit aufrechtzuerhalten (akad.de). Auch andere Methoden wie To-do-Listen oder digitale Aufgaben-Apps können das Lernen effizienter machen - sie verschaffen einen Überblick und strukturieren deine Arbeitsschritte (akad.de), sodass du dich jeweils auf eine Aufgabe fokussieren kannst.
 - Bewegung und aktive Pausen einbauen: Körperliche Aktivität wirkt wie ein natürliches Medikament gegen Konzentrationsprobleme. Schon eine kurze Sporteinheit oder auch nur ein kurzer Spaziergang kann Wunder wirken, wenn du merkst, dass du mental erschöpfst. Studien zeigen, dass regelmässige Bewegung die kognitive Funktion und Aufmerksamkeit bei Studierenden mit AD(H)S deutlich verbessern kann (das-wissen.de). Plane also täglich zumindest eine kleine Sport- oder Bewegungspause ein - sei es Joggen, Radfahren, ein paar Gymnastikübungen oder einfach Tanzen zu deinem Lieblingssong. Bewegung kurbelt die Durchblutung des Gehirns an, steigert die Dopamin-Ausschüttung (wichtig für Motivation und Fokus) und baut überschüssige Energie sowie Stress ab. Gerade bei AD(H)S hilft Sport, innere Unruhe zu reduzieren und das Gehirn in einen aufmerksameren, entspannten Zustand zu versetzen (das-wissen.de). Ideal ist es, alle 60-90 Minuten Lernzeit eine kurze aktive Pause zu machen: Steh auf, streck dich, laufe ein paar Treppen - danach kannst du erfrischt weiterlernen.
 - Ausreichend schlafen und gesund ernähren: Unser Lebensstil beeinflusst die Konzentration massiv. Übermüdung ist der Feind jeder Aufmerksamkeitsspanne - daher sollte genügend Schlaf oberste Priorität haben. Versuche, einen festen Schlafrhythmus einzuhalten (z.B. immer etwa zur gleichen Zeit ins Bett gehen und aufstehen) und sorge für schlaffreundliche Bedingungen. Mindestens eine Stunde vor dem Schlafen Bildschirme auszuschalten, hilft dem Gehirn, zur Ruhe zu kommen (onefocusapp.com). Auch Ernährung spielt hinein: Das Gehirn braucht kontinuierlich Nachschub an Nährstoffen. Hunger oder Blutzuckerschwankungen können Unruhe und Konzentrationslöcher auslösen. Achte also auf ausgewogene Mahlzeiten - viel Protein, Obst/Gemüse, Vollkorn statt zuckerhaltiger Snacks. Genügend Wasser zu trinken ist ebenso wichtig (schon leichte Dehydration vermindert die geistige Leistungsfähigkeit). Manche finden koffeinhaltige Getränke hilfreich für den Fokus, aber Vorsicht: Zu viel Kaffee oder Energydrinks können bei empfindlichen Personen auch Nervosität verstärken. Insgesamt gilt: Ein ausgeruhter, gut versorgter Körper bietet die besten Voraussetzungen, dass auch der Kopf bei der Sache bleiben kann.
 - Kleine Hilfsmittel und Tricks nutzen: Es gibt allerlei praktische Kniffe, um die Aufmerksamkeit zu verbessern. Ein simpler Tipp, der oft belächelt wird, aber tatsächlich Wirkung zeigt: Kaugummi kauen! Untersuchungen legen nahe, dass das Kauen von Kaugummi die Wachheit erhöht und hilft, länger aufmerksam bei einer Sache zu bleiben (srf.ch). Offensichtlich signalisiert das rhythmische Kauen dem Gehirn eine Art Grundentspannung (nach dem Motto „Ich esse, also keine Gefahr in Verzug“), was Stress reduziert - gleichzeitig wird die sensorische Beschäftigung als Stimulation empfunden, die wach hält. Auch das „Fummeln“ mit einem Stressball, Knetmasse, einem Fidget-Spinner oder einfach einem Stift kann die Konzentration fördern, denn es kanalisiert überschüssige motorische Unruhe in eine nebenbei laufende Tätigkeit, während das Denken bei der Hauptaufgabe bleibt. Timer-Apps oder einfache Küchentimer helfen, Pomodoro-Einheiten einzuhalten. Nutze To-do-Listen-Apps oder einen Kalender, um Aufgaben schriftlich festzuhalten - allein das Aufschreiben kann den Kopf entlasten. Solche Tools ersetzen zwar nicht die eigene Willensanstrengung, aber sie unterstützen dich dabei, deine Umgebung und Gewohnheiten ein Stück weit AD(H)S-freundlicher zu gestalten.
 - Hilfe annehmen und Austausch suchen: Zögere nicht, dir bei anhaltenden Konzentrationsschwierigkeiten professionelle Hilfe zu holen. Wir vom Coaching Institute verfügen über fundierte Erfahrung mit verschiedenen Problembereichen und begleiten dich individuell auf deinem Weg zum Erfolg. Viele unserer Studierende profitieren von einer gemeinsam strukturierten Studienwoche und schätzen eine gewisse Verbindlichkeit.
 
Sport als Therapie bei ADHS
Die Betreuung von ADHS-Patienten, die Leistungs- oder ambitionierten Hobbysport betreiben, geht mit besonderen Herausforderungen einher. In einem Positionspapier hat die Amerikanische Gesellschaft für Sportmedizin kürzlich ihre Empfehlungen zu Diagnose und Management dieser Erkrankung bei Athleten aktualisiert.
Es gibt Hinweise darauf, dass die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Sportlern häufiger vorkommt als in der Allgemeinbevölkerung. Dies könnte zum einen damit zusammenhängen, dass körperliche Aktivität ADHS-Symptome bessert und die Betroffenen sich daher überdurchschnittlich stark sportlich engagieren. Zum anderen bringt das Trainieren im Verein Struktur in den Alltag, was sich ebenfalls günstig auf die ADHS auswirkt.
Die Therapie von Athleten birgt jedoch besondere Herausforderungen. Wie in dieser Patientengruppe Diagnose und Therapie am besten gelingen, beschreibt ein aktualisiertes Positionspapier der American Medical Society for Sports Medicine (ASSM) unter Federführung amerikanischer Sportmediziner (1).
Diagnose und Differenzialdiagnose
Zur Diagnose auf Basis der DSM-5-Kriterien sollten Anamnesegespräche mit dem Sportler selbst, seinen Betreuern sowie ggf. Eltern und Lehrern erfolgen. Dieses Netzwerk muss auch an Diskussionen über Therapiepläne beteiligt werden. Die Betroffenen - bzw. bei Minderjährigen ihre Eltern - müssen der Befragung und Aufklärung weiterer Personen explizit zustimmen. Auch zum Behandlungsplan und etwaiger Medikation sollte man immer ein schriftliches Einverständnis einholen.
Eine Reihe von Erkrankungen kann ähnliche Symptome wie ADHS hervorrufen und sollte daher bei der Differenzialdiagnose berücksichtigt werden.
Es ist nicht immer ADHS
Konzentrationsschwierigkeiten, Impulsivität und geringe Aufmerksamkeit können auch durch verschiedene andere psychische oder somatische Erkrankungen hervorgerufen werden oder psychosozial bedingt sein.
Einige der Differenzialdiagnosen, die man im Hinterkopf haben sollte:
- Psychische Störungen: Depression, generalisierte Angststörung, posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), bipolare Störung, Zwangsstörung, Autismus-Spektrum-Störungen
 - Somatische Erkrankungen: Bleivergiftung, Hör- oder Sehschwäche, Mangelernährung, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen, endokrine Störungen, zentralnervöse Erkrankungen
 - Psychosoziale Faktoren: Stress oder Ablenkung durch intensive äussere Reize, Probleme mit den Eltern (z.B. strafende Erziehung oder elterliche Psychopathologie), negative Kindheitserfahrungen wie Missbrauch oder Vernachlässigung
 
Therapeutische Ansätze
Kognitive Verhaltenstherapie, Training der Sozialkompetenz und Psychopharmaka wirken als Hauptpfeiler der Behandlung zusammen. Erste Wahl unter den Pharmaka sind Stimulanzien wie Methylphenidat. Sie steigern zwar Herzfrequenz und Blutdruck, bei ordnungsgemässer Anwendung und fehlendem Risikopotenzial besteht jedoch keine erhöhte Gefahr für kardiovaskuläre Ereignisse wie den plötzlichen Herztod, heisst es im Positionspapier.
Um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten, muss vor der Verordnung von Stimulanzien eine eingehende kardiovaskuläre Eigen- und Familienanamnese erfolgen. In diesem Rahmen routinemässig ein EKG zu schreiben, erhöht die Sicherheit dagegen nicht weiter und sollte ohne konkreten Verdacht unterbleiben.
ADHS und Doping
Unbehandelt schränkt die ADHS die Leistungsfähigkeit im sportlichen Wettkampf durch Kernsymptome wie Konzentrationsmangel oder Impulsivität eher ein. Die Behandlung mit Stimulanzien kann diese Wettbewerbsnachteile ausgleichen, sie ist allerdings bei vielen Wettkämpfen verboten.
Athleten, die aufgrund einer medizinischen Indikation und auf Verordnung von Ärzten Stimulanzien einnehmen, müssen der Welt-Anti-Doping-Agentur zufolge eine Ausnahmegenehmigung vorlegen. Ärzte, die Sportler mit ADHS betreuen, sollten mit den Anforderungen zur Dokumentation der jeweils zuständigen Organisationen vertraut sein. Selbst wenn ein Verzicht auf Stimulanzien vor einem Wettkampf erforderlich ist, kann ihr Gebrauch für die Betroffenen im vorausgehenden Training nützlich sein, etwa durch eine verbesserte Konzentrationsleistung und mentale Fokussierung.
Stimulanzien sind auch bei Sportlern ohne ADHS beliebt, weil diese sich davon eine Leistungssteigerung erwarten. Sie sollen die Ausdauer verbessern und das Erschöpfungsgefühl vermindern.
Auswirkungen von Bewegungspausen auf die Konzentrationsfähigkeit
Geht es um Bewegung in der Schule, herrscht in der öffentlichen Diskussion oft die Meinung vor, dass sich sportliche Aktivität nicht nur positiv auf den Körper, sondern auch positiv auf den Geist auswirkt. So soll mehr Bewegung im Schulalltag zu verbesserter Konzentrationsfähigkeit, erhöhter Gedächtnis- und Schulleistung führen.
Allerdings gibt es für das Kindes- und Jugendalter kaum wissenschaftliche Befunde, die diese Annahmen stützen. Aus diesem Grund wurden in der vorliegenden Studie einerseits die unmittelbare Wirkung von Bewegungspausen (Kurzzeitstudie) und andererseits die Wirkung von Bewegungspausen mit spezifischen Inhalten während zwanzig Wochen (Langzeitstudie) auf die sogenannten "exekutiven Funktionen" untersucht.
Von Mitte August 2015 bis Ende April 2016 haben rund 220 Kinder aus 20 zweiten Klassen des Kantons Bern und Fribourg mitgemacht. Sie wurden sowohl in der Kurz- wie auch in der Langzeitstudie einem von vier Modulen mit unterschiedlichem Grad an kognitiver und körperlicher Aktivierung zugeteilt.
Die Ergebnisse der Kurzzeitstudie zeigen, dass die kognitive Beanspruchung während den Bewegungspausen nicht allzu gross sein darf, da es sonst zu einer unmittelbaren kognitiven Ermüdung führt. Die Resultate bestätigen die bisherigen Untersuchungen die aufzeigten, dass bspw. Sportunterricht mit hoher koordinativer und kognitiver Beanspruchung die kognitiven Leistungen der Schulkinder langfristig positiv beeinflussen kann.
Sportliche Aktivität und selektive Aufmerksamkeit
Mit einer Prävalenz von 5% ist ADHS die am häufigsten auftretende Entwicklungsstörung bei Kindern und Jugendlichen. Betroffene zeigen Defizite in verschiedenen kognitiven Domänen, wobei die selektive Aufmerksamkeit besonders stark betroffen ist. Dies steht eng im Zusammenhang mit einer abnormalen Entwicklung der Gehirnstruktur. Forschungsergebnisse von Kindern mit einer typischen Entwicklung zeigen, dass hohe körperliche Aktivität und ein normaler Body Mass Index die Ausbildung der selektiven Aufmerksamkeit unterstützen. Somit besteht Potenzial, dass beide Faktoren auch bei Kindern mit ADHS eine positive Wirkung haben und kognitive Defizite verringern können.
Geringe körperliche Aktivität und ein hoher Body Mass Index standen über den Beobachtungszeitraum von zwei Jahren mit einer reduzierten selektiven Aufmerksamkeit im Zusammenhang.
Die Resultate weisen darauf hin, dass ein Monitoring der körperlichen Aktivität und des Body Mass Index in der ADHS-Behandlung sinnvoll sind.
Welche Sportarten sind bei ADHS am besten geeignet?
Nicht alle Sportarten eignen sich bei ADHS gleich gut. Am besten eignen sich Aktivitäten mit klaren Regeln. Auch sollte ein Sport gewählt werden, bei welchen man viel in Bewegung ist. Teamsport wie Fußball oder Basketball fördert zum Beispiel die soziale Interaktion. Beim Kampfsport werden wiederum die Disziplin und Konzentration gefördert. Beruhigende Sportarten sind Laufen und Schwimmen. Wer die Koordination verbessert möchte, sollte Sportarten wie Klettern oder Tanzen auswählen. Am wichtigsten ist es immer, dass man Spaß dabei hat, denn nur dann bleibt man auch langfristig dran.
Bewegung im Alltag integrieren
Sport muss nicht nur im Verein stattfinden. Bereits kleine Bewegungen können täglich ausreichen. Einfache Möglichkeiten sind zum Beispiel:
- Spazierengehen
 - Fahrradfahren
 - Treppensteigen
 
Kurze Sporteinheiten zu Hause oder in der Schule bringen mehr Energie und Konzentration. Bewegungspausen im Alltag sind besonders wichtig. Selbst fünf Minuten Tanzen oder Seilspringen machen einen Unterschied. Wichtig ist, Bewegung regelmäßig einzuplanen. Nur dann kann sich die Wirkung auch voll entfalten. Es ist auch nicht notwendig jeden Tag, Sport zu treiben, auch 3 bis 4 mal in der Woche sind ausreichend.
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