Das Thema ADHS und die Behandlung mit Ritalin ist vielschichtig und wirft zahlreiche Fragen auf. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte, von persönlichen Erfahrungen bis hin zu wissenschaftlichen Erkenntnissen, um ein umfassendes Bild zu vermitteln.
Erfahrungsberichte von Ritalin-Konsumenten
Patricia erzählt, dass sie Ritalin zum ersten Mal im Gymnasium nahm, um ihre Leistung zu steigern. Sie bekam es von einem Bekannten, dem das Medikament verschrieben worden war. "Ritalin hat mir so geholfen, dass ich medizinische Abklärungen gemacht habe. Dabei kam heraus, dass ich selbst ADHS habe", sagt sie. Deshalb bekam sie Ritalin verschrieben und konsumierte die Substanz über zehn Jahre.
Durch das Ritalin sei sie sehr fokussiert gewesen. Sie habe einen «Tunnelblick» bekommen und konzentriert lernen können. Dadurch habe sie Erfolg gehabt. Allerdings sei sie nicht nur zielstrebig, sondern auch gefühlskalt geworden: «Man will produktiv sein, arbeiten, Dinge immer noch besser machen.» Wie ein Sog sei das gewesen. Mit der Zeit habe sie die Dosis schleichend erhöht. Der Übergang zum Missbrauch war fliessend. Über Jahre hinweg überschritt ihr Tageskonsum die tägliche Höchstdosis um ein Mehrfaches. «Eine Art Doping», sagt sie.
Stephan Rey leidet an ADHS. Mit Ritalin hat er nach Jahren endlich innere Ruhe gefunden und ein Buch über seine Erfahrungen geschrieben. Für ein Interview wie dieses nehme ich natürlich eine Tablette. Das Kurzzeit-Ritalin, das ich habe, wirkt für drei Stunden. Ich setze es ganz gezielt in stressigen Situationen ein. Beispielsweise bei der Arbeit, beim Autofahren oder wenn ich in Ruhe ein Buch lesen möchte.
Ein anderer Automobilist nimmt ihm den Vortritt. Rey zuckt die Schultern und biegt hinter jenem Auto in die Strasse ein. Das sind im Grunde ganz alltägliche Situationen. Nicht aber für Stephan Rey. «Fast mein ganzes Leben lang habe ich mich über alles aufgeregt, konnte kaum Auto fahren, ohne zu schimpfen und zu gestikulieren. Es ist für mich so schön zu merken, dass ich das heute nicht mehr muss», erzählt der 51-Jährige mit einem breiten Lächeln. Stephan Rey hat das Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS). Erst 2014 wurde dieses vererb- und unheilbare Syndrom bei ihm diagnostiziert.
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«Ich weiss, dass ich mit dieser Aussage anecke, dass viele wütend sein werden darüber. Aber es gibt mir so viel Lebensqualität, dass ich finde, die Öffentlichkeit soll aufhören, Ritalin generell zu verteufeln. In meinem Buch möchte ich jenen eine Stimme geben, die heimlich Ritalin nehmen müssen und sich dafür schämen.» So heisst sein Buch «Warum zum Teufel Ritalin?» - ein Titel, der ironisch gemeint ist, der fragt, warum Ritalin verteufelt wird, wenn es so viel Gutes bewirken kann.
«Heute ist Ritalin für mich ein Luxus, den ich mir gönne», sagt Stephan Rey und lächelt fröhlich. Mit einem Stirnrunzeln erinnert er sich: «Ich habe mein ganzes Leben lang gelernt, mit meinen Symptomen umzugehen. Früher, als ich noch nicht wusste, was ich habe, habe ich mein ADHS mit Cannabis und Alkohol selbst therapiert. Doch weil ich als Psychiatriepfleger gesehen habe, was Sucht auslösen kann, habe ich wieder damit aufgehört und mir stattdessen Fähigkeiten angeeignet, durch die ich trotz meines ständigen inneren Dranges mein Leben leben konnte. Ich war länger in einer Beziehung und habe eine 12-jährige Tochter. Ich habe mein Leben immer irgendwie gemeistert. Also bräuchte ich Ritalin heute im Grunde gar nicht.»
Ein Jahr war ich mit dem Rucksack in Südamerika, ein Jahr in Indonesien und Indien, zwei Jahre in Russland, China und Indochina. Aber nach sechs, sieben Tagen reiste ich immer weiter, ich hielt es nie lange an einem Ort aus. Das Schlimmste waren die Busreisen dazwischen. Mehrere Stunden still zu sitzen, war eine Qual.» Doch was er in den USA erlebte, war eine Offenbarung: «Ich weiss noch, wie ich stundenlang im Bus durch Arizona sass, die unglaubliche Landschaft betrachtete und mich einfach wohlfühlte. Da habe ich erneut festgestellt, was es heisst, innere Ruhe zu fühlen.»
Studien zum Thema Neuro-Enhancement
Eine Studie zum Thema Doping am Arbeitsplatz und im Bildungsbereich zeigt, dass dies kein Einzelfall ist. Durchgeführt haben sie Larissa Maier und Michael Schaub vom Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung (ISGF) der Universität Zürich.
An der repräsentativen Online-Umfrage nahmen etwas mehr als 10'000 erwerbstätige oder sich in Ausbildung befindliche Personen im Alter von 15 bis 74 Jahren mit Wohnsitz in der Schweiz teil. Mehr als ein Drittel (36,1 Prozent) gibt an, sich in den letzten zwölf Monaten häufig oder sehr häufig gestresst gefühlt zu haben. Mindestens vier Prozent der Befragten haben schon einmal verschreibungspflichtige Medikamente oder Drogen eingenommen, um ihre Gehirnleistung zu steigern oder ihre Stimmung aufzuhellen, ohne dass eine medizinische Indikation dafür vorlag. Dabei war die Stimmungsaufhellung der häufigere Grund für eine Einnahme. Etwas mehr als ein Viertel derjenigen, die sich dopten, griffen dafür zu Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Ein Fünftel nahm Antidepressiva. 14 Prozent konsumierten ein ADHS-Medikament.
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Anders sieht es bei Schweizer Studentinnen und Studenten aus. 2013 wollten Maier und Schaub wissen, wie viele von ihnen schon einmal Ritalin oder andere Substanzen konsumierten, um Neuro-Enhancement zu betreiben, also Gehirndoping. Das Ergebnis ihrer Untersuchung: Etwa jeder siebte befragte Studierende hatte schon einmal Substanzen eingesetzt, um die geistige Leistungsfähigkeit zu steigern oder die Stimmung zu beeinflussen. Leistungssteigernde Medikamente wie Ritalin ohne medizinische Indikation oder Drogen. Das war bei 13 Prozent der Studierenden der Fall.
Michael Schaub: Dass Architekturstudierende am häufigsten leistungssteigernde Mittel nutzten und nicht Medizinstudierende, was aufgrund des einfacheren Zugangs naheliegend wäre. Das erklärte sich für Larissa Maier und mich durch den extremen Leistungsdruck. Architekten bekommen ein komplettes Projekt zur Umsetzung und eine Deadline. Typischerweise arbeiten sie dann Nächte durch.
Laut der Studie ist der Konsum verschreibungspflichtiger «Neuro-Enhancer» in allen untersuchten Länder gestiegen.
Expertenmeinungen zu Ritalin und ADHS
Normalerweise wird Ritalin bei einer ADHS-Diagnose verschrieben. Oft werde es aber auch ohne Diagnose zur Leistungssteigerung eingesetzt, sagt der Neurowissenschaftler Hennric Jokeit. Er ist Forschungsgruppenleiter am Zürcher Neurozentrum und Leiter des Instituts für neuropsychologische Diagnostik und Bildgebung am Schweizerischen Epilepsie-Zentrum.
Dieser Ritalin-Konsum beginne in der Zeit des Übertritts von der Primarschule zum Langzeitgymnasium, «um den gesellschaftlich definierten und gemachten Stress dieses Übertritts abzufedern», erklärt Jokeit. Ritalin werde dann für eine gewisse Zeit benutzt, um die Leistungsfähigkeit punktuell zu steigern. «Die Intelligenz kann man mit Ritalin nicht steigern», sagt der Experte.
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Was Kinder mit ADHS angeht, beobachtet Jokeit in der Gesellschaft «eine Ideologie». Wenn sich ein Kind in der Klasse auffällig verhalte, würden Lehrpersonen oft rasch gegenüber Eltern artikulieren, dass es untersucht werden solle. «Das schafft Einzelschicksale, über die gesprochen wird», erklärt Jokeit.
Experte Jokeit spricht von einer Leistungsethik, die vom Menschen «erwarte, Topleistungen zu erbringen». Dabei seien vielen viele Mittel recht und auch billig. Man schaue sich nur einen durchschnittlichen Pillenschrank mit Ginkgo- und Ginseng-Präparaten an.
Die Einnahme von verschreibungspflichtigen Medikamenten, um leistungsfähiger zu sein, habe sich enorm normalisiert, sagt auch Corina Salis Gross, die ebenfalls am Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung arbeitet. In ihrer Forschung stehe inzwischen der Mischkonsum im Fokus. Dieser habe beunruhigende Auswirkungen.
Ritalin ist ein Medikament zur Behandlung von ADHS. Es enthält den Wirkstoff Methylphenidat. Dieser hemmt den Abtransport des Botenstoffs Dopamin im Gehirn, der bei ADHS-Betroffenen wegen einer zu hohen Konzentration an Transportproteinen zu schnell passiert. Der durch das Methylphenidat erhöhte Dopamin-Spiegel sorgt dafür, dass sich Personen besser konzentrieren können und ausgeglichener sind.
Laut Schätzungen der Krankenkassen nehmen etwa die Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit einer ADHS-Diagnose Medikamente mit Methylphenidat. Die Abgabe von Medikamenten zur Behandlung von ADHS ist jedoch umstritten.
Den bisher grössten Metastudien zu Folge ist weiterhin unklar, wie gut Methylphenidat wirkt. Auch könnte der Wirkstoff zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Herz-Kreislauf-Problemen oder psychotische Störungen führen. Zu den bekannten häufigen Nebenwirkungen zählen Schlaflosigkeit und Appetitstörungen. Insgesamt ist die Qualität, der den Übersichtsanalysen zugrundeliegenden Studien, aber ungenügend. Dies erschwert die Einschätzung der positiven Effekte und Risiken.
Als Pflegefachmann weiss er über die Nebenwirkungen Bescheid. «Ich war immer irgendwo in der Mitte: Ich habe eine Ausbildung zum Bachblütentherapeuten gemacht, finde aber, dass man Leuten, die extreme Schmerzen haben, sofort Schmerzmittel geben muss.» Dem heutigen Mitarbeiter der Psychiatriespitex ist wichtig, zu betonen: «Ritalin kann auch für Kinder gut sein, allerdings nie alleine. Es muss immer mit einer Verhaltenstherapie verbunden und genau abgestimmt werden. Kinder einfach damit ruhig zu stellen, ist vollkommen falsch. Das ist es nämlich, was sich viele Unbetroffene unter Ritalin vorstellen. Ruhigstellen ist eine falsche Art der Therapie.»
Die Schweizerische Fachgesellschaft ADHS erklärt das Syndrom so: «Seit über 30 Jahren wird in den USA unter dem Begriff die obligat im Kindesalter beginnende häufige Verhaltens- und Lernstörung verstanden, die der Frankfurter Psychiater Heinrich Hoffmann bereits im 19. Jahrhundert im berühmten ‹Struwwelpeter› in all seinen typischen Erscheinungsformen beschrieben hat.»
«Lange wurde ADHS als eine auf das Kindesalter beschränkte Entwicklungsstörung betrachtet. Heute ist wissenschaftlich belegt, dass auch Erwachsene weiter unter dieser Störung leiden können. Die Aufmerksamkeitsprobleme halten an oder werden erst jetzt belastend.» Auch treten bei ADHS-Patienten viel häufiger Zweiterkrankungen wie Depressionen, Angst- und Sucht-Erkrankungen auf.
Die Frage, die im Umgang mit ADHS-betroffenen Kindern oft aufkommt, hat Stephan Rey der Spezialistin Ilona Maier gestellt: «Wie verhält sich die Situation bei Kindern, deren Abklärung auf ADHS positiv verläuft und die vor der Wahl stehen: Ritalin ja oder nein?» Maiers Antwort, die auch im Buch nachzulesen ist: «Ich bin in der Regel sehr zurückhaltend mit der Abgabe von Medikamenten, insbesondere bei Kindern. Eine ADHS/ADS-Diagnose bedeutet in meinen Augen auch nicht zwangsläufig eine Therapie mit Methylphenidat (Ritalin). Das ausschlaggebende Argument ist für mich der Leidensdruck des Kindes.
Für die Behandlung von ADHS sind in der Schweiz die Wirkstoffe Methylphenidat, Dexmethylphenidat, Lisdexamfetamin und Atomoxetin zugelassen. Psychiater:innen verschreiben am häufigsten Präparate mit Methylphenidat, enthalten zum Beispiel in den Medikamenten Ritalin und Concerta. Die anderen Wirkstoffe kommen zum Zug, wenn Methylphenidat nicht wirkt.
Medikamente helfen einem Grossteil der Betroffenen, indem sie die Dopamin-Konzentration im Gehirn erhöhen und so die Weiterleitung von Nervenimpulsen verbessern.
Behandlungsmethoden und Therapieansätze
Wichtig ist also, dass man etwas dagegen macht. Mein Weg ist Ritalin.
Die Psychiaterin schlägt eine medikamentöse Behandlung vor: «Gerade ihre Reizbarkeit, ihre mangelnde Impulskontrolle und aggressiven Züge könnten wir gut mit Methylphenidat oder besser bekannt als Ritalin therapieren.»
Nach einer zweiwöchigen Bedenkzeit mit viel Lesestoff entscheide ich mich für eine Ritalin-Eindosierung. Vielleicht aus Neugier, aber auch als Hoffnungsschimmer, mein emotionales Chaos endlich etwas regulieren zu können. Zuerst teste ich Medikinet. Eine von vielen Versionen von Ritalin. Medikinet hat eine Kurzzeitwirkung, nach 4-5 Stunden lässt die Wirkung nach. Zudem erhalte ich Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin D3, Magnesium und Omega 3.
Es muss immer mit einer Verhaltenstherapie verbunden und genau abgestimmt werden.
Insbesondere die Medikation sollte immer wieder überprüft werden. So kann dann auch über eine längere Zeit ein guter Erfolg ohne Nebenwirkungen erzielt werden.
Bei einer ADHS wird eine multimodale Therapie empfohlen bestehend aus Psychotherapie, Psychoedukation (d.h. Informationen zur Erkrankung) und Medikation.
Primäres Ziel der Behandlung von ADHS ist die Verminderung des subjektiven Leidensdrucks sowie die Erhöhung der Lebensqualität. Hierzu gibt es diverse Therapiemöglichkeiten, welche einzeln oder auch kombiniert angewandt werden können.
Es werden verschiedene Konzepte mit unterschiedlichen Schwerpunkten angeboten. Inhaltlich sind aber einige Gemeinsamkeiten wie der Umgang mit Desorganisiertheit, Verbesserung der Aufmerksamkeit oder auch Impulskontrolle vorhanden. Es geht in erster Linie darum, den Umgang mit der Symptomatik zu erlernen und zu festigen.
Es ist wichtig festzuhalten, dass aus der Diagnose einer ADHS im Erwachsenenalter sich nicht zwangsläufig eine Behandlungsnotwendigkeit ableitet. So wird in diesem Zusammenhang nochmals genau erörtert, ob die funktionellen Einschränkungen im Leben der Betroffenen und die damit verbundenen Problematiken im sozialen Leben eindeutig durch ADHS verursacht sind.
ADHS im Erwachsenenalter
Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine psychische Veranlagung (lifelong condition), welche sich im Kindesalter bemerkbar macht und über das Adoleszentenalter hinaus bei vielen Betroffenen auch im Erwachsenenleben bestehen bleibt. Es wird davon ausgegangen, dass im Kindes- und Jugendalter vorhandene ADHS-Symptome in 50 - 80 % der Fälle auch im Erwachsenenalter fortdauern. Daraus ergeben sich Prävalenzraten bei Erwachsenen zwischen 2.5 und 5 %. Weltweit sind rund 3.4 % der Bevölkerung an ADHS erkrankt.
So sind Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität auch bei Erwachsenen mit ADHS die Hauptsymptome, jedoch kommt es zu gewissen Änderungen ihrer Ausprägung. Die motorische Unruhe der Kinder und Jugendlichen wird in den meisten Fällen ersetzt durch eine «innere Unruhe» bei der erwachsenen Person.
Ebenfalls hat die Impulsivität eine eigene Ausdrucksform, die sich von derjenigen im Kinder- und Jugendalter unterscheidet. Hier stehen Ungeduld und das Vermeiden von langen Veranstaltungen im Vordergrund. Zusätzlich zu den Hauptsymptomen der ADHS kommen im Erwachsenenalter weitere hinzu wie beispielsweise Desorganisation im Lebensalltag, schnelle Stimmungswechsel, Stressüberempfindlichkeit und Schwierigkeit bei der Temperamentskontrolle.
Zentral hierfür ist nach DSM-5 (die fünfte Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), dem amerikanischen Diagnoseinstrument, der Nachweis von 18 diagnostischen Kriterien (Tabelle 1). Zusätzlich muss nachgewiesen werden, dass einzelne Symptome von ADHS bereits vor dem 12. Lebensjahr bei der betreffenden Person vorhanden waren. Weiter sollen in mehr als einem Lebensbereich die mit ADHS verbundene Auffälligkeiten erkennbar sein.
Im Erwachsenenalter liegt das Verhältnis von Männern zu Frauen bei etwa 2:1. Im Kindesalter liegt das Verhältnis von Knaben zur Mädchen bei etwa 1,6:1. Frauen zeigen dabei häufiger ein ADS.
Vorurteile und Herausforderungen
Zu ADS und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) hat jeder eine Meinung - ohne viel darüber zu wissen. Es handelt sich dabei weder um eine erfundene Krankheit noch um eine Folge von Erziehungsfehlern. Und doch werfen uns Fremde Blicke zu, wenn Luisa aus der Reihe tanzt.
Psychische Erkrankungen und Medikamente dagegen sind nach wie vor ein Tabu in der Schweiz. Da möchte man lieber nichts damit zu tun haben. Ich hoffe, dass mein Buch dazu beiträgt, dass die Leute offener werden und die Diskussion um ADHS und Ritalin weniger ideologisch geführt wird. Und ich möchte informieren. Denn unbehandelt führt ADHS zu Depressionen, Zwängen, Burnouts oder Ähnlichem. Auch ich war früher suchtgefährdet und hatte Angstattacken.
ADHS Medikamente fallen in der Schweiz unter das Betäubungsmittelgesetz, weshalb sie nur mit einem speziellen BtM-Rezept erhältlich sind. Das Einlösen dieser Rezepte ist an konkrete Bedingungen geknüpft. So dürfen sie beispielsweise nicht in digitaler Form ausgestellt und müssen innerhalb von einem Monat eingelöst werden. Die verschriebene Menge des Medikaments darf zudem die Dosis für einen Monat nicht überschreiten.
Umgang mit Nebenwirkungen
Einige Nebenwirkungen können mit einfachen Mitteln gemildert werden. So bietet es sich bei Appetitlosigkeit an, das ADHS Medikament erst nach dem Essen einzunehmen. Bei Schlafstörungen kann es helfen, die Tablette am Morgen zu nehmen oder die Dosis auf den Abend hin zu verringern.
Eine regelmässige Kontrolle und Kommunikation mit Ihren Ärzt:innen ist enorm wichtig! Teilen Sie unbedingt mit, wenn Sie Nebenwirkungen haben, insbesondere wenn es um den Blutdruck oder die Herzfrequenz geht. Natürlich sollten Sie das Medikament nur in der verschriebenen Dosis und zum verschriebenen Zeitpunkt einnehmen. Ändern Sie die Dosierung und den Einnahmezeitpunkt nicht eigenmächtig.
Entscheidung für oder gegen Ritalin
Es ist Ihre persönliche Entscheidung. Fragen Sie sich, wie gross Ihr Leidensdruck durch ADHS ist und wie stark entsprechende Präparate Ihren Alltag erleichtern könnten.
Ob und wie Medikamente eingesetzt werden, hängt vom Schweregrad der Symptome und dem Wunsch des Betroffenen ab. Dabei kann die Medikation sowohl längerfristig wie auch punktuell z.B. für eine Prüfung, eingesetzt werden. Eine regelmässige fachärztliche Evaluation ist dabei notwendig und auch Auslassversuche der Medikation helfen um zu überprüfen ob die Medikation weiterhin sinnvoll resp. hilfreich ist. Eine ausführliche Besprechung soll bei einem Psychiater vorgenommen werden.
Die Krankenkassen in der Schweiz übernehmen die Kosten für ADHS Medikamente, wenn die Symptome seit dem Kindesalter bestehen und eine entsprechende Diagnose vorliegt. Eine Ausnahme besteht bei Ritalin: da es für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren vorgesehen ist, geschieht die Abgabe an Erwachsene off-label und wird nicht von der Krankenkasse bezahlt.
Tabelle: Übersicht der ADHS-Medikamente in der Schweiz
| Wirkstoff | Beispiele (Handelsnamen) | Hinweise | 
|---|---|---|
| Methylphenidat | Ritalin, Concerta | Häufig verschrieben, kurz- bis mittelfristige Wirkung | 
| Dexmethylphenidat | - | Alternative zu Methylphenidat | 
| Lisdexamfetamin | - | Alternative zu Methylphenidat | 
| Atomoxetin | - | Alternative zu Methylphenidat | 
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