Menschen, die an Fibromyalgie erkranken, gehen oft einen langen Leidensweg, bevor die richtige Diagnose gestellt wird und eine wirksame Therapie eingeleitet werden kann.
Was ist Fibromyalgie?
Die Fibromyalgie, auch unter dem Begriff „myofasziales Schmerzsyndrom“ bekannt, beschreibt eine nicht-entzündliche Erkrankung, die chronisch und schubweise verläuft und dem rheumatischen Formenkreis zugeordnet wird. Die Erkrankung ist umgangssprachlich auch als „Weichteilrheuma“ bekannt, doch dieser Begriff ist irreführend: Fibromyalgie ist keine rheumatische Krankheit.
Die Fibromyalgie ist als rheumatische Krankheit anerkannt, aber bei vielen noch komplett unbekannt. Fibromyalgie bedeutet Faser-Muskel-Schmerz.
Es sind aber nicht nur schmerzende Muskeln und Fasern, die den an Fibromyalgie Erkrankten zu schaffen machen. Die körperlichen Beschwerden sind begleitet von Müdigkeit und Erschöpfung, oft auch von Kraftlosigkeit und weiteren Leiden.
Charakteristisch sind auch die sogenannten Tender Points, bestimmte schmerzempfindliche Stellen am Körper, die bei einer klinischen Untersuchung zur Diagnose herangezogen werden können. Bei der Fibromyalgie kommen also mehrere Krankheitszeichen (Symptome) zusammen, weshalb man hier zusammenfassend von einem Syndrom spricht.
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Die Fibromyalgie gehört zu den häufigsten Schmerzerkrankungen. Wie viele Menschen davon betroffen sind, ist zwar nicht genau bekannt, doch die geschätzten Zahlen für die Gesamtbevölkerung sind hoch - sie liegen zwischen 1,4 und 6,6 Prozent. Für die Schweiz sind das rund 122.000 bis 574.000 Patientinnen und Patienten.
Die Fibromyalgie ist ein in den westlichen Industrienationen weit verbreiteter Symptomkomplex, der geschätzte vier Prozent der Bevölkerung betrifft. Da Frauen im Vergleich zu Männern um ein Vielfaches häufiger daran erkranken, vermuten Wissenschaftler, dass hormonelle Faktoren die Entstehung einer Fibromyalgie begünstigen.
Die Tatsache, dass die Erkrankung in Familien gehäuft auftritt, lässt darauf schließen, dass auch eine genetische Disposition eine Rolle spielen könnte.
Ursachen der Fibromyalgie
Die genauen Ursachen der Erkrankung sind bis heute nicht gänzlich erforscht. Unklar ist, was sie stattdessen ist, denn ihre Ursache ist unbekannt.
Als Ursachen werden Schädigungen des zentralen Nervensystems angenommen, die dazu führen, dass im Gehirn Veränderungen in der Verarbeitung von sensorischen Signalen stattfinden und ein chronisches Schmerzempfinden auslösen.
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Rein organisch betrachtet liegen der Fibromyalgie bestimmte Störungen zugrunde, die im Bindegewebe, also direkt unter der Haut befindliche Nervenfasern betreffen.
Obwohl die genauen organischen Ursachen der Fibromyalgie nicht gänzlich erforscht sind, haben Wissenschaftler verschiedene Auslöser definiert.
Lange Zeit nahmen Mediziner an, dass es sich bei der Fibromyalgie um eine Begleiterscheinung psychischer Erkrankungen handelt. Tatsächlich treten die charakteristischen Symptome häufig als Folge von seelischen Traumata oder psychischer Überbelastung auf. Allerdings sind sich die Wissenschaftler heute einig, dass die Fibromyalgie eine eigenständige Krankheit beschreibt.
Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Frauen, die körperliche oder seelische Gewalt wie etwa sexuellen Missbrauch erfahren haben, besonders häufig an einer Fibromyalgie erkranken. Auch Menschen, die unter Burn-out leiden, sind einem hohen Risiko ausgesetzt, die Krankheit zu entwickeln.
Neben hormonellen Einflüssen und psychischen Faktoren kann auch eine zu starke körperliche Belastung oder Überanstrengung über einen längeren Zeitraum die Entstehung einer Fibromyalgie begünstigen. Häufig tritt die Erkrankung plötzlich nach einer Infektion wie beispielsweise einer schweren Influenza auf.
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Es ist denkbar, dass Stesserfahrungen in der Kindheit in späteren Jahren ein Schmerzsyndrom auslösen können.
Symptome der Fibromyalgie
Die Betroffenen leiden unter teils starken, meist generalisierten Schmerzen der Muskulatur und des Bewegungsapparats. Diese manifestieren sich an den von Medizinern als Tender Points bezeichneten Körperbereichen in Form von Brennen, Stechen oder Muskelkater-ähnlichen Beschwerden.
Sowohl die Schmerzen als auch die vielfältigen Begleitsymptome wie Erschöpfung, Morgensteifigkeit, Schwellungen, Reizblase und Reizdarm, Tinnitus oder Zittern in den Gliedmaßen führen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität und Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit.
Für eine Fibromyalgie gibt es zahlreiche Anzeichen. Mehrere Dutzend solcher Krankheitssymptome sind bekannt, aber sie müssen nicht alle vorhanden sein, um von einem Fibromyalgiesyndrom sprechen zu können.
Bei den meisten Betroffenen bleibt es nicht bei diesen vier Kernsymptomen. Die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten leidet unter mindestens einem von vielen weiteren möglichen Krankheitszeichen.
Die neue Einteilung Die Rheumatologie definiert die Fibromyalgie als generalisiertes Weichteilrheuma. Allerdings hat sie die WHO aus der Gruppe der rheumatischen Erkrankungen gestrichen und umgeteilt in die neu geschaffene Gruppe der chronischen primären Schmerzsyndrome.
Diese Umteilung erfolgte im Rahmen der elften Überarbeitung der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11). Die neue internationale Einteilung gilt seit 2022, ist in der Schweiz aber noch nicht in Kraft gesetzt worden.
Diagnose der Fibromyalgie
Obwohl die Schmerzen so offensichtlich sind, lässt sich die Fibromyalgie mit den gängigen Diagnoseverfahren nicht nachweisen. Zwar leiden die Betroffenen unter teilweise heftigen Beschwerden, doch Belege dafür gibt es weder im Blutbild noch bei Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Kernspintomografie oder Ultraschall. Fibromyalgie ist keine organische Erkrankung.
Viele Betroffene erleben, dass mehrere Arztbesuche und Untersuchungen zunächst keine Klarheit bringen. Oft ist es so, dass die Fibromyalgie erst dann eindeutig festgestellt wird, wenn alle anderen infrage kommenden Schmerzerkrankungen ausgeschlossen wurden. In vielen Fällen erfolgt die Diagnose - und eine entsprechend gezielte Behandlung der Krankheit - deshalb sehr spät.
Zunächst will Ihr Arzt oder Ihre Ärztin möglichst genau herausfinden, an welchen Körperstellen Sie Schmerzen haben. Die Antwort „überall“ wäre für eine zuverlässige Diagnose der Fibromyalgie zu unpräzise.
Deshalb kann ein diagnostisches Schema wie der sogenannte Widespread Pain Index (WPI) helfen, die körperlichen Schmerzzonen zu ermitteln: Hier sind auf einer Ganzkörperzeichnung 19 Zonen beschriftet (z. B. Kiefer links, Unterleib, Oberarm rechts). Der Patient oder die Patientin soll mit einem Stift ankreuzen, welche dieser 19 Körperbereiche in den vergangenen Tagen wehtaten oder empfindlich auf Berührungen reagierten.
Weitere Fragen des Arztes oder der Ärztin beziehen sich auf die Intensität (Heftigkeit) der empfundenen Schmerzen. Auch ihre Dauer spielt eine Rolle: Bestehen sie seit drei Monaten oder länger, ist das ein weiteres Indiz dafür, dass es sich beim Krankheitsbild um Fibromyalgie handelt.
Wenn all diese Angaben ermittelt sind und dabei klar definierte Grenzwerte überschritten werden, kann eine Fibromyalgie meist eindeutig diagnostiziert werden.
Eine weitere Methode, um eine Fibromyalgie-Diagnose zu erstellen, ist die sogenannte Symptom-Schwere-Skala (Symptom Severity Scale, kurz SSS). Auch hier sollen die Betroffenen persönliche Angaben machen, zum Beispiel über die Häufigkeit von Konzentrationsstörungen oder Erschöpfungszuständen.
Letztlich sind es also die eigenen Angaben der Betroffenen, die ganz entscheidend darüber Auskunft geben, ob ein Fibromyalgiesyndrom vorliegt oder nicht.
Behandlung der Fibromyalgie
Eine ursächliche Behandlung der Erkrankung ist nach heutigem Wissensstand nicht möglich. Dementsprechend zielt die Behandlung darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Die Therapie einer Fibromyalgie zielt daher darauf ab, durch verschiedene Maßnahmen einer Chronifizierung der Beschwerden entgegenzuwirken und dadurch die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Eine zentrale Rolle kommt der psychologischen Betreuung der Patienten zu. Unter Anleitung eines erfahrenen Psychotherapeuten oder Psychiaters können die Betroffenen lernen, chronischen Stress oder die der Erkrankung zugrundeliegenden seelischen Belastungen zu überwinden.
Schmerzbewältigungstechniken, Entspannungsübungen, Meditation oder Biofeedback werden in der Psychotherapie erfolgreich eingesetzt, um den Umgang mit den Beschwerden langfristig zu erleichtern.
In der Schulmedizin stehen kaum Möglichkeiten zur Verfügung, um eine Fibromyalgie zu behandeln. Da die Einnahme von Schmerzmitteln mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden ist, eignet sich diese Maßnahme nicht für die Anwendung über einen langen Zeitraum.
Physikalische Therapiemethoden hingegen haben sich in der langfristigen Behandlung der Fibromyalgie sehr erfolgreich bewährt. Heilpraktikern und Physiotherapeuten stehen unterschiedliche sanfte Methoden zur Verfügung, die darauf abzielen, die Bewegungsfähigkeit der Patienten zu verbessern.
Durch die chronischen Muskelschmerzen und die Gelenksteifigkeit leiden viele Betroffene unter erheblichem Bewegungsmangel, der die Symptome einer Fibromyalgie verstärkt und den Verlauf der Erkrankung negativ beeinflusst. Durch physikalische Behandlungsmethoden kann der Körper wieder langsam an Bewegung gewöhnt werden. Dies stärkt und dehnt die Muskulatur und erleichtert den Patienten, sanfte sportliche Betätigung wie Thai Chi, Yoga oder Schwimmen allmählich in den Alltag zu integrieren.
Um den Erfolg einer physikalischen Behandlung zu beschleunigen, können unterstützend verschiedene alternative und ganzheitliche Therapieansätze zur Anwendung kommen. Bei akuten Schmerzen sind Akupunktur, Behandlungen mit Infrarotlicht, warme Moorpackungen und Kälteanwendungen besonders empfehlenswert.
Begleitend setzen viele Physiotherapeuten die Elektrotherapie und die lokale Vibrationstherapie ein, um die Schmerzen nachhaltig zu lindern.
Menschen mit Fibromyalgie können selbst einiges dazu beitragen, um ihre Lebensqualität langfristig positiv zu beeinflussen. Der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel, die das Schmerzempfinden erhöhen, ist eine wichtige ganzheitliche Maßnahme zur Verbesserung der Lebensqualität.
Betroffene sollten alle säurebildenden Lebensmittel, vor allem rotes Fleisch und Wurstwaren, Zucker, Fertignahrung und Weißmehlprodukte weitgehend vom Speiseplan streichen. Um den Hormonhaushalt zu stabilisieren, sollte die Ernährung hohe Mengen an Omega-3-Fettsäuren aus hochwertigen Pflanzenölen und fettem Seefisch sowie tägliche Portionen an Obst und Beeren, Trockenfrüchten, Nüssen, Kräutern und Blattgemüse umfassen. Diese Lebensmittel enthalten hohe Konzentrationen an Mineralstoffen, Vitaminen und Antioxidantien, die sich nachweislich positiv auf die Schmerzverarbeitung im Gehirn auswirken.
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