Genauso wie der Körper kann auch die Psyche eines Menschen verletzt sein. Ob eine Depression nach dem Verlust einer nahestehenden Person, ein Burnout wegen hoher Belastung oder plötzlich auftretende Ängste: Die psychische Gesundheit kann aus der Balance geraten und das hat viele Facetten. Manchmal wird dabei das innere Gleichgewicht so stark erschüttert, dass die gewohnten Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen.
Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder das Burn-Out-Syndrom sind heutzutage häufig gestellte Diagnosen. Das Risiko, im Laufe seines Lebens an einer Depression zu erkranken, liegt bei 16-20%.
In Psychotherapien behandeln Therapeutinnen seelisches Leiden, das die Betroffenen in allen Aspekten ihres Lebens beeinträchtigt - beispielsweise Ängste, Depression, Zwänge, Abhängigkeiten oder Beziehungsprobleme. In einer psychologischen Beratung mit einigen Sitzungen bei einer ausgebildeten Fachperson wird in der Regel ein konkretes Thema ins Zentrum gerückt. In einer Psychotherapie werden komplexere Themen und Krankheiten über einen längeren Zeitraum behandelt.
Die Finanzierungsmöglichkeiten hängen einerseits von der Art der Psychotherapie (psychologische oder ärztliche Psychotherapie) ab.
Übernahme durch die Grundversicherung
Seit dem 1. Juli 2022 werden psychologische Psychotherapien von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) übernommen, sofern sie von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben wurde und ein Krankheitswert vorliegt. Seit dem 1. Juli 2022 ist die psychologische Psychotherapie eine Leistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Grundversicherung) und wird von der Krankenkasse bezahlt. Angeordnet wird sie von einer anerkannten Fachperson (Arzt/Ärztin oder Psychiater/in). Mit der Aufnahme der psychologischen Psychotherapie in die Grundversicherung findet ein Wechsel vom bisherigen Delegations- zum Anordnungsmodell statt. Menschen mit psychischen Problemen erhalten dadurch einfacher und schneller Zugang zur Psychotherapie.
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Damit die Kosten für eine Psychotherapie von der Grundversicherung übernommen werden, muss sie ärztlich angeordnet sein. Hausarzt besuchen: Fragen Sie zuerst Ihren Hausarzt und besprechen Sie mit ihm das weitere Vorgehen. Dies hat sich zwischenzeitlich geändert: Sobald Ihnen Ihr Hausarzt oder Kinderarzt eine Psychotherapie verschreibt, werden die Kosten dafür von der Grundversicherung übernommen. Im Prinzip haben Sie auch ohne Zusatzversicherung Anspruch auf Psychotherapie, sofern diese ärztlich verordnet wurde und Ihr Therapeut im Kanton zugelassen ist.
Die Grundversicherung übernimmt pro ärztliche Anordnung die Kosten für höchstens 15 Abklärungs- und Therapiesitzungen. Die Krankenkasse zahlt weitere 15 Sitzungen nach einer erneuten ärztlichen Überweisung. Für mehr als 30 Sitzungen benötigen Sie eine Kostengutsprache Ihrer Krankenkasse. Kosten für Therapien im Bereich «Selbstentwicklung, Selbsterfahrung und Persönlichkeitsreifung» werden nicht übernommen.
Bei ärztlicher Psychotherapie durch eine Psychiaterin oder einen Psychiater können bis zu 40 Sitzungen pro Kalenderjahr übernommen werden. Bei angeordneter Psychotherapie werden zunächst 15 Sitzungen übernommen. Besteht danach weiterer Behandlungsbedarf, kann der Hausarzt weitere 15 Sitzungen anordnen. Mehr als 30 Sitzungen bedürfen der Kostengutsprache der Krankenkasse, dabei beurteilt eine psychiatrische Fachperson den Fall und spricht eine Empfehlung für oder gegen die Fortsetzung der Therapie aus.
Ab der 13. Sitzung kontaktieren die psychologischen Psychotherapeut:innen die anordnenden Ärzt:innen. Wenn die Ärzt:innen ebenfalls eine Fortsetzung der Therapie für notwendig halten, wird eine erneute Anordnung ausgestellt.
Seit Sommer 2022 sind psychologisch-psychotherapeutische Behandlungen als Grundleistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung anerkannt. Die Leistungsabrechnungen stellen wir in der Regel direkt und elektronisch an die Krankenversicherung (tiers payant, tiers soldant). Für die Kostenübernahme ist eine schriftliche Anordnung Ihrer Hausärztin/ Ihres Hausarztes oder einer Psychiaterin/ eines Psychiaters notwendig. Die Leistungen werden pro Minute zu einem Taxpunktwert von 2.58 (gemäss Psy-Tarif, Krankenpflege-Leistungsverordnung, ab 01.07.2022) resp. im Stundenhonorar von 154.80 Franken erbracht.
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Im Verhinderungsfall bitten wir Sie, sich bis 48 Stunden (Wochenarbeitszeit) vorher abzumelden, da sie ansonsten pauschal mit 154 Fr privat in Rechnung gestellt werden. Absagen müssen mündlich oder schriftlich der zuständigen Psychologin oder dem Psychologen mitgeteilt werden. Annullierungen, die auf die Combox gesprochen werden, gelten nicht als Absage. Psychologische Dienstleistungen, die nicht im Rahmen der Behandlung einer diagnostizierten psychischen Erkrankung erbracht werden, gelten nicht als Pflichtleistungen der Krankenkassen. Diese Kosten sind privat zu tragen.
Zusatzversicherungen
Beachten sollten Sie zunächst, dass für die Psychotherapie allein keine Zusatzversicherung existiert - die Leistungen hierfür sind immer Teil eines kleineren oder grösseren Leistungspakets. Die Zusatzversicherung hat gegenüber der Grundversicherung den Vorteil, dass keine jährliche Franchise anfällt.
Psychologische Beratungen werden von einigen Zusatzversicherungen teilweise übernommen. Der übernommene Betrag hängt stark von den Modellen und den Versicherungen ab (feste Jahrespauschale, Pauschale pro Sitzung usw.).
Vor dem Abschluss einer Zusatzversicherung sollten Sie deshalb genau überprüfen, welche Leistungen Ihre gewünschte Zusatzversicherung anbietet, welche Beschränkungen sie hat und welche Leistungen andere Versicherer anbieten. Während einige Krankenkassen grosszügige Leistungen bei einer Behandlung ohne Anordnung gewähren, zeigen sich andere hier eher zurückhaltend.
Hier sind einige Beispiele für Zusatzversicherungen und ihre Leistungen:
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- Sanitas bietet zudem mit verschiedenen Partnern wie Klenico, Aepsy, Gaia oder HelloBetter Online-Programme an. Sie finden diese im Guide für mentale Gesundheit in der Sanitas Portal App. Mit der Zusatzversicherung Vital sind die Programme kostenlos oder vergünstigt.
 - Die Zusatzversicherung Vital in den Versicherungsstufen Smart und Premium beteiligt sich an telefonischen Psychotherapien bei Aepsy, sofern diese ärztlich verordnet werden. Ausserdem vergütet sie Online-Kurse für die mentale Balance (einmaliger App-Kauf bzw.
 
Einige Zusatzversicherungen bieten auch Leistungen für nicht-ärztliche Psychotherapie:
- Vital Basic: kein Beitrag
 - Vital Smart: 80% der Kosten, max. 1000 Franken pro Kalenderjahr
 - Vital Premium: 80% der Kosten, max.
 - Jump*: kein Beitrag
 - Classic*: 80% der Kosten, max. 1000 Franken pro Kalenderjahr
 - Family*: 80% der Kosten, max.
 
* Die Zusatzversicherungen Jump, Classic und Family können nicht mehr neu abgeschlossen werden.
Was erfüllt sein muss: Der Therapeut, die Therapeutin ist nicht dem sogenannten KVG-Tarifvertrag beigetreten, darf also nicht über die Grundversicherung abrechnen.
Weitere Beispiele für Vital Zusatzversicherungen:
- Vital Basic: kein Beitrag
 - Vital Smart: wählbare Kostendeckung von 50% der Kosten, max. 400 Franken bzw. max. 600 Franken pro Kalenderjahr
 - Vital Premium: 80% der Kosten, max.
 
Wieder andere übernehmen seit der Einführung des Anordnungsmodells am 1. Psychotherapeutin keine Zulassung für die Abrechnung über die Grundversicherung (sogenannte OKP-Zulassung) hat.
Die Helsana Versicherung bietet im Tarif „Omnia“ bzw.
Weitere Finanzierungsmöglichkeiten
Ist die Ursache für eine psychische Erkrankung ein Unfall, kann die Unfallversicherung die Kosten für eine Psychotherapie übernehmen. In diesem Fall braucht es immer vorgängig eine Kostengutsprache der Unfallversicherung.
Die Invalidenversicherung kommt bis zum vollendeten 20. Lebensjahr für die Kosten einer Psychotherapie auf, wenn die Therapie aufgrund eines Geburtsgebrechens notwendig ist. Leistungen an Psychotherapie bis zum vollendeten 20. Lebensjahr, teilweise auch bis zum vollendeten 25. obligatorische Schule, die berufliche Erstausbildung, ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenbereich gerichtet sind.
Personen, die Opfer von Straftaten geworden sind, haben Anspruch auf Unterstützung gemäss dem Opferhilfegesetz (OHG). Behandlungen, wozu auch die Psychotherapie zählt, wenn sie aufgrund der erlittenen Straftat notwendig wird.
Gesuche um Kostenübernahme für Psychotherapien sind vor Therapiebeginn an die Opferhilfe-Beratungsstelle zu richten.
Psychiater vs. Psychotherapeut
Psychiaterinnen haben Medizin mit der Fachrichtung Psychiatrie studiert. Sie dürfen Medikamente verschreiben. Psychotherapeutinnen haben Psychologie studiert und danach eine mehrjährige Ausbildung in Psychotherapie oder Psychoanalytik abgeschlossen. Sie dürfen keine Medikamente verschreiben. Wenn Sie auf Psychopharmaka angewiesen sind, suchen Sie eine Psychiaterin auf - oder einen psychologischen Psychotherapeuten, der eng mit einer Psychiaterin zusammenarbeitet.
Abgesehen davon, dass Psychiater Medizin mit der Fachrichtung Psychiatrie studiert haben und entsprechend Medikamente verschreiben dürfen und Psychotherapeutinnen Psychologie, liegt ein weiterer Unterschied in der Anzahl der Therapiesitzungen: Bei Psychotherapeuten benötigen Sie nach insgesamt 30 Sitzungen eine Kostengutsprache der Krankenkasse, bei Psychiaterinnen nach 40 Sitzungen.
Weitere Aspekte
Bei beruflichen Konflikten, schwierigen Entscheidungen oder Trennungen kann eine kurzfristige psychologische Beratung unterstützen. Dabei steht ein klar umrissener Sachverhalt im Zentrum, der in wenigen Sitzungen besprochen wird. Ein Coach oder eine Psychologin führt durch das Gespräch. Auch Online-Angebote können unterstützen. Weder die Grundversicherung noch die Zusatzversicherung übernehmen Kosten für Coachings und Beratungen. Nicht übernommen werden Beratungsangebote wie etwa berufliches Coaching oder Eheberatung.
Derzeit warten immer mehr Menschen mit einem psychischen Leiden auf einen geeigneten Therapieplatz in einer Praxis. Vermehrt auch Kinder und Jugendliche - diese sollten nicht lange auf Unterstützung warten müssen, da die Probleme sonst längerfristige Auswirkungen auf ihr Leben haben können.
Vor Beginn einer Therapie ist es allerdings ratsam, die Kostenerstattung der eigenen Krankenversicherung genau zu prüfen. Nicht jede Therapieform wird von der Grundversicherung übernommen, und auch die Zusatzversicherungen haben meist Beschränkungen hinsichtlich Höhe und/oder Dauer der Behandlung.
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