Psychotherapieabbruch durch Therapeuten: Gründe und Folgen

In der Welt der Psychotherapie gibt es große Unterschiede zwischen den psychotherapeutischen Modellen, Theorien und Vorgehensweisen. Es ist wichtig zu verstehen, warum eine Therapie vorzeitig beendet werden könnte.

Gründe für einen Therapieabbruch

Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Therapeut eine Psychotherapie abbrechen könnte. Einige davon sind:

  • Verletzung der persönlichen oder sexuellen Integrität: Wenn ein Therapeut die persönliche oder sexuelle Integrität des Patienten verletzt, sich über die Schweigepflicht hinwegsetzt oder in anderer Weise die Standesregeln bricht, ist ein Abbruch unausweichlich.
  • Fehlende Fortschritte: Wenn Patient und Therapeut sich einig sind, dass Symptome, Ängste, Hemmungen etc. nicht ausreichend reduziert werden konnten und keine Besserung in Sicht ist.
  • Finanzierungsprobleme: Die Therapie kann abgebrochen werden, wenn der Patient die Kosten nicht mehr tragen kann oder die Krankenkasse die Behandlung nicht mehr bezahlt.
  • Beendigung der Weiterbildung: Viele Psychotherapeuten sind in Weiterbildung und können ihre Therapien nicht mehr abrechnen, wenn die Krankenkassen die Behandlung nicht mehr bezahlen.

Der Fall sexueller Ausnutzung in der Psychotherapie

Ein besonders schwerwiegender Grund für einen Therapieabbruch ist die sexuelle Ausnutzung des Patienten durch den Therapeuten. Ein Urteil des Kassationshofes (BGE 131 IV 114) befasst sich mit einem Fall, in dem ein Psychiater die Notlage einer Patientin ausnutzte.

Im konkreten Fall begab sich eine Patientin aufgrund persönlicher Probleme in psychotherapeutische Behandlung zu einem Psychiater. Im Verlauf der Therapie entstand ein therapeutisches Vertrauensverhältnis. In den Einzelgesprächen wurden zunehmend Belange allgemeiner Natur und schliesslich auch das Privatleben des Therapeuten thematisiert. Mit der Zeit dehnte dieser die Therapiesitzungen aus, bedachte die Patientin mit persönlichen Komplimenten, umarmte sie zum Abschied oder küsste sie auf die Wangen und suchte sie gelegentlich auch privat zu Hause an ihrem Wohnort auf, einmal sogar zusammen mit seinen Kindern. Im Rahmen der Therapiesitzungen hielt er ihr hin und wieder die Hand, legte seine Hand auf ihren Arm oder umarmte sie auch. Bei der Verabschiedung nach einem Therapiegespräch gab er ihr, nachdem er sie umarmt und auf die Wange geküsst hatte, unvermittelt erstmals einen Zungenkuss, worauf er sich dafür entschuldigte und anmerkte, er sei auch nur ein Mensch. In der Folge endeten die weiteren Therapien jeweils mit sexuellen Handlungen.

Das Gericht musste entscheiden, ob der Psychiater sich der Ausnutzung einer Notlage schuldig gemacht hat. Das Gericht stellte fest, dass zwischen Psychotherapeut und Patient ein Abhängigkeitsverhältnis bestehen kann, das die Entscheidungsfreiheit des Patienten wesentlich einschränkt.

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Es wurde jedoch auch betont, dass nicht alle therapeutischen Beziehungen zwangsläufig von einem intensiven Vertrauensverhältnis geprägt sind und dass das Bestehen eines besonderen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnisses in jedem Einzelfall geprüft und nachgewiesen werden muss.

Depressionen und Therapieabbruch

Depressionen sind komplexe Krankheitsbilder, die oft mit Gefühlen von persönlichem Versagen und Stigmas behaftet sind. Richtig behandelt, ist die Depression heutzutage häufig heilbar. Dennoch erhalten viele Patienten keine konsequente, antidepressive Behandlung, sei es, weil keine wirksame Behandlung verordnet wurde, oder weil die Patienten die Behandlung aus Angst oder fehlender Aufklärung nicht einhalten bzw. vorzeitig wieder abbrechen oder das Angebot einer Psychotherapie ablehnen.

Eine antidepressive Therapie gliedert sich in drei zeitliche Abschnitte: Akuttherapie (erste 6-12 Wochen), Erhaltungstherapie (4-9 Monate) und einer allfälligen Rückfallprophylaxe (länger als ein Jahr). Die adäquate Behandlung der Depression muss stets Psychotherapie beinhalten. An psychotherapeutischen Verfahren sind die kognitive Verhaltenstherapie (VT) und die interpersonelle Psychotherapie (IPT) aktuell am besten untersucht und in ihrer Wirksamkeit belegt.

Beim vorzeitigen Absetzen der Therapie erleiden ca. 80% der Patienten einen Rückfall. Oft bleiben auch nach erfolgreicher Akuttherapie noch einige depressive Restsymptome bestehen wie Schlafstörungen, kognitive Störungen oder Energiemangel. Restsymptome erhöhen das Risiko, Rückfälle zu erleiden. Die Bekämpfung der Restsymptome ist daher das zweite wichtige Ziel der Weiterbehandlung.

Auswirkungen von Therapieabbrüchen

Therapieabbrüche können schwerwiegende Folgen haben, insbesondere bei Jugendlichen. Sie können zu depressiven Reaktionen, psychotischen Zusammenbrüchen bis zu Suiziden führen. Es ist daher wichtig, Therapieabbrüche nach Möglichkeit zu vermeiden und den Patienten bei der Suche nach einem neuen Therapieplatz zu unterstützen.

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Krankenkassen und Therapieabbrüche

Ein aktuelles Problem ist, dass einige Krankenkassen die Behandlung von Psychologen in Weiterbildung nicht mehr bezahlen. Dies führt dazu, dass viele Patienten ihren Therapieplatz verlieren und die Weiterbildung der Psychologen gefährdet ist. Es handelt sich um jene Therapeutinnen und Therapeuten, die ihre Weiterbildung noch nicht abgeschlossen haben, aber zur Erlangung klinischer Erfahrung bereits praktizieren. Über 10’000 Patientinnen und Patienten könnten deshalb ab Januar ohne Therapieplatz dastehen, schätzt die Föderation Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP).

Einige Kassen haben jedoch Tarifverträge abgeschlossen, die Therapien durch Personen in Weiterbildung einschliessen. Es ist daher ratsam, sich bei der Krankenkasse zu erkundigen, ob die Kosten für die Therapie übernommen werden.

Was tun bei einem Therapieabbruch?

Wenn ein Therapieabbruch bevorsteht, ist es wichtig, das Gespräch mit dem Therapeuten zu suchen. Klären Sie die Gründe für den Abbruch und suchen Sie gemeinsam nach Lösungen. Fragen Sie den Therapeuten nach Empfehlungen für andere Therapeuten oder Beratungsstellen. Holen Sie sich notfalls Unterstützung bei Freunden, Familie oder einer Beratungsstelle.

Umgang mit Depressionen

Wenn Sie an Depressionen leiden, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die Ihnen helfen können, Ihre Depression zu überwinden. Seien Sie geduldig mit sich und geben Sie nicht auf. Mit der richtigen Behandlung können Sie wieder ein uneingeschränktes Leben führen.

Tipps für Angehörige

Das veränderte Verhalten eines depressiven Angehörigen, eines Arbeitskollegen oder Freundes ist oft schwierig zu verstehen und kann dazu verleiten, ungeduldig und vorwurfsvoll zu reagieren. Seien Sie in dieser schweren Zeit geduldig. Die Hilflosigkeit und Trauer - auch Ärger und Wut -, die Sie durch das Miterleben der Erkrankung oft empfinden, sind eine häufige und normale Reaktion. Helfen Sie mit, Geduld aufzubringen. Die Depression ist behandel- und heilbar, aber sie bessert sich meist in kleinen Schritten.

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