Sie haben sich für eine stationäre Therapie in einer psychiatrischen Klinik entschieden - ein mutiger Schritt. Damit Sie sich voll und ganz auf Ihre Genesung konzentrieren können, kann es hilfreich sein, gewisse Dinge bereits im Vorfeld zu organisieren.
Der Weg in die Klinik
Ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik erfolgt in der Regel nach Anmeldung durch Ihren behandelnden Hausarzt oder Psychiater*in. Sie können sich jedoch auch selbst direkt bei der Klinik melden und diese bei einem Vorgespräch besichtigen.
Welche Klinik ist die Richtige?
Sofern es Ihre Situation erlaubt, informieren Sie sich bereits im Vorfeld in Ruhe über die Klinik und deren Angebot. Vergleichen Sie die Angebote und tauschen Sie sich mit einer Person Ihres Vertrauens aus. Ist ein sofortiger Klinikeintritt nötig, erfolgt eine Triage in die nächste Klinik, welche über ein freies Bett verfügt.
Welche Station passt?
Je nachdem, weshalb Sie sich in der Klinik behandeln lassen möchten, kommen Sie auf eine dafür spezialisierte Station. Die meisten Kliniken verfügen beispielsweise über eine Depressionsstation, eine Station für Abhängigkeitserkrankungen oder für die Alterspsychiatrie. Erfolgt die Einweisung kurzfristig, werden Sie in der Regel auf einer Akut-Aufnahmestation platziert.
Stationen können offen, teil-offen oder geschlossen geführt werden. Dies ist abhängig vom Gefährdungspotential (Selbst- oder Fremdgefährdung) einzelner Patient*innen auf der Station.
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Der stationäre Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik wird durch die obligatorische Krankenversicherung gedeckt.
Ablauf eines stationären Klinikaufenthaltes
Am Eintrittstag erfolgt in der Regel eine körperliche Aufnahmeuntersuchung sowie ein ausführliches Aufnahmegespräch mit dem behandelnden Arzt. In den meisten Kliniken wird Ihnen eine pflegerische Bezugsperson zugeteilt, welche während Ihres Aufenthaltes Ihre Ansprechperson sein wird.
Bei Behandlungsbeginn erhalten Sie schriftliche Unterlagen und Informationen zu Ihrem Aufenthalt, den Stationsregeln und anderen praktischen Hinweisen.
Behandlungsangebote
Neben regelmässigen psychotherapeutischen Gesprächen ist es möglich, dass man Ihnen Medikamente anbietet. Das Behandlungsteam ist dazu verpflichtet, Sie über sämtliche Behandlungsschritte aufzuklären und Ihnen Wirkung und mögliche Nebenwirkungen von Psychopharmaka zu erläutern. Sie haben das Recht, die Einnahme zu verweigern.
Im Verlaufe des Aufenthaltes haben Sie die Möglichkeit, verschiedene Therapieangebote zu besuchen. Diese reichen von Ergotherapie über Musiktherapie, Physio- und Bewegungstherapie bis hin zu diversen gruppentherapeutischen Angeboten zu verschiedenen Themen.
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Der soziale Aspekt
Auf der Station werden Sie in Kontakt zu anderen Patient*innen kommen. Die meisten erleben den Austausch mit anderen Betroffenen als sehr hilfreich und unterstützend. Manchmal können die Schicksale der anderen Sie jedoch auch zusätzlich belasten. In dem Fall ist es wichtig, dass Sie sich abgrenzen und zurückziehen können.
Normen des Zusammenlebens auf der Station
Ihre Individualität und Ihre Eigenständigkeit sind uns wichtig. Das Zusammenleben in der Stationsgemeinschaft erfordert jedoch, gegenseitig Rücksicht zu nehmen und einige Regeln einzuhalten. Folgende Regeln tragen dazu bei, dass das Ziel der Behandlung, die psychischen Beschwerden abzuheilen, gut und rasch erreicht werden kann.
- Therapieplan, Wochenplan, Termine: Die Therapien (und Untersuchungen oder Diagnostik) und Termine werden bei der Visite und/oder mit der pflegerischen Bezugsperson vereinbart. Sie erhalten einen individuellen Wochenplan. Alle Termine sind verbindlich. Sollten Sie sich nicht in der Lage fühlen, einen Termin wahrzunehmen, besprechen Sie das mit dem Stationsarzt oder der pflegerischen Bezugsperson.
- Visiten: Die Visite mit der Ärztin/dem Arzt oder mit der Psychologin/dem Psychologen findet in der Regel montags und mittwochs statt. Die für Sie gültige Visitenzeit wird am Montagmorgen bekannt gegeben.
- Morgenrunde: Nehmen Sie an der Morgenrunde teil. Sie findet jeweils dienstags und freitags von 8.30 bis 9.00 Uhr im Untergeschoss im Gruppenraum statt. Sie ist ein wichtiger Treffpunkt, um Angelegenheiten des Zusammenlebens und andere Themen, die alle Patienten betreffen, zu besprechen.
- Ämtliplanbesprechung: Verschiedene Aufgaben (z.B. Mithilfe beim Tischdecken) werden bei der Ämtliplanbesprechung - montags nach dem Mittagessen - vereinbart. Wir bitten Sie, nach Ihren Möglichkeiten einen Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten.
- Nachtruhe: Bitte verhalten Sie sich während der Nachtruhe von 22.00 bis 7.00 Uhr besonders ruhig und nehmen Sie Rücksicht auf Ihren Zimmernachbarn. Fernsehen ist im Aufenthaltsraum bis 24.00 Uhr möglich.
- Mahlzeiten und private Lebensmittel: Die Essenzeiten sind verbindlich. Private Lebensmittel bitte in der Küche im Kühlschrank aufbewahren und mit dem Namen kennzeichnen.
- Privatsphäre, Vertraulichkeit: Alle Informationen, die Sie über Ihre Mitpatienten (z.B. im Rahmen einer Gruppentherapie) erfahren, sind streng vertraulich und dürfen nicht nach aussen weitergegeben werden.
- Elektronische Medien, Telefonieren: Es ist erlaubt, das Handy für Nachrichten und Gespräche zu nutzen. Wir bitten Sie, Rücksicht auf Ihre Mitpatienten zu nehmen. D.h. das Handy nicht in Gemeinschaftsräumen zu benützen, es während den Therapiezeiten auszuschalten und die Nachtruhe einzuhalten. Elektronische Geräte (z.B. Notebook, Tablet, Smartphone) in den Patientenzimmern von 22 bis 7 Uhr nicht verwenden. Die WLAN-Zugangsdaten erhalten Sie beim Pflegepersonal im Stationsbüro.
- Fotos und Videos: Das Fotografieren und Filmen von jeglichen Personen auf der Station sowie der Versand von Foto- oder Filmmaterial ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes strengstens untersagt.
- Medikation, Alkohol und andere psychoaktive Substanzen: Nehmen Sie während der Behandlung nur die von uns verordneten Medikamente ein. Mitgebrachte Medikamente müssen am Eintrittstag abgegeben werden. Die Medikamente werden Ihnen (bei den Mahlzeiten) abgegeben. Wenn eine Selbstverwaltung vereinbart ist, erhalten Sie eine Medikamentendosette. Auf Alkohol, nicht verordnete Medikamente oder andere psychoaktive Substanzen muss während des gesamten Aufenthaltes verzichtet werden, auch am Wochenende oder wenn Sie einen Besuch zu Hause machen. Ebenfalls nicht erlaubt sind bestimmte alkoholfreie Getränke, wie zum Beispiel alkoholfreies Bier.
- Ordnung, Kleidung, Körperhygiene: Wir bitten Sie, in Ihrem Zimmer und auf der Station Ordnung zu halten.
- Besuche: Auf Wunsch können wir Ihre Angehörigen in die Therapieplanung einbeziehen und Familiengespräche durchführen. Wir bitten Sie, die Besuche so zu vereinbaren, dass diese ausserhalb der Therapie- und Essenszeiten stattfinden. Besuch nur in den Gemeinschaftsräumen empfangen.
- Geld, Ausweise und andere Wertsachen: Gefährliche Gegenstände (z.B. Messer) und Substanzen (z.B. Medikamente, Rauschmittel) sowie Wertsachen (z.B. Schmuck, Bargeld) sollen im Effektenfach deponiert werden. Sprechen Sie dazu die Pflegepersonen an. Für eventuellen Verlust von persönlichen Gegenständen, die nicht deponiert wurden, übernimmt die Psychiatrie St.Gallen Nord keine Haftung.
- Konflikte, Gewalt, massive Regelverstösse: Um die Sicherheit und das Vertrauen auf der Abteilung zu gewährleisten, können wir Gewaltandrohung sowie Gewalt gegen Gegenstände oder Personen nicht tolerieren. Je nach Schweregrad des Verhaltens müssen wir unser Behandlungsangebot vorübergehend oder dauerhaft zurückziehen.
Ausgang / Verlassen der Station
Für jeden Patienten gilt eine eigene Ausgangsregelung. Diese wird bei den Visiten oder im Gespräch mit der pflegerischen Bezugsperson - in Rücksprache mit dem Arzt - festgelegt oder geändert. Wenn Sie die Station im Rahmen eines Ausgangs verlassen, melden Sie sich bitte im Stationsbüro verbindlich an und ab und teilen Sie Zweck und Ziel des Ausgangs mit. Die Termine auf dem Wochenplan haben Vorrang vor Ausgängen.
Urlaub
Es besteht die Möglichkeit, ab der zweiten Behandlungswoche, an den Wochenenden Urlaube von maximal 24 Stunden zu Hause zu verbringen. Diese Urlaube dienen zur Belastungserprobung und gehören zur Therapie. Reichen Sie mit dem dafür vorgesehenen Formular einen Antrag ein und planen Sie die Urlaube mit Ihrer Bezugsperson und werten Sie diese danach gemeinsam aus.
Fahrtauglichkeit
Durch die psychische Erkrankung und die medikamentöse Behandlung ist die Fähigkeit, aktiv am Strassenverkehr teilzunehmen (z.B. ein Fahrzeug oder Velo zu führen), während der Dauer der Behandlung im Haus A07 stark eingeschränkt bzw. aufgehoben. Dieser Hinweis gilt auch für alle anderen Tätigkeiten, die eine hohe Konzentration und gutes Reaktionsvermögen voraussetzen.
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Das Behandlungsteam
Beim Eintritt führen eine Ärztin oder ein Arzt sowie eine Pflegefachperson ein erstes Gespräch mit Ihnen oder allenfalls Ihrem gesetzlichen Vertreter. Die Behandlung erfolgt immer in einem interdisziplinären Team, welches nach den Recovery-Grundsätzen arbeitet.
Die Behandlungsschritte werden mit Ihnen oder allenfalls Ihrem gesetzlichen Vertreter besprochen. Angehörige werden - mit Ihrem Einverständnis - in die Behandlung miteinbezogen. Die Behandlung umfasst u.a. die detaillierte Diagnostik, Psychotherapie im Einzel- und Gruppensetting, ggf. psychopharmakologische Therapie, pflegerische Betreuung sowie handlungs-, körperorientierte und ausdruckszentrierte Therapieformen und ergänzend beratende Angebote.
Eine medikamentöse Behandlung ist bei bestimmten psychischen Erkrankungen notwendig und hilfreich. Ausserdem bildet sie nicht selten die Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung weiterer Therapien. Selbstverständlich erläutern wir Wirkungsweisen und allfällige Nebenwirkungen der verschiedenen Therapien.
Aus dem Pflegeteam wird Ihnen eine Bezugsperson zugeteilt.
Entlassung und Weiterbehandlung
Der Austritt aus der Klinik sollte sorgfältig mit Ihnen geplant werden. Manchmal geht es auch nicht direkt nach Hause, sondern es empfiehlt sich der Besuch eines Ambulatoriums oder einer Tages- oder Nachtklinik. Diese teilstationären Angebote ermöglichen eine schrittweise und begleitete Rückkehr in den Alltag.
Viele der Therapieangebote, welche Sie in der Klinik kennen gelernt haben, können auch ambulant besucht werden. Sollten Sie also zum Beispiel von der Kunsttherapie profitiert haben, empfiehlt es sich, rechtzeitig nach ambulanten Angeboten in Ihrer Nähe zu suchen.
Eine Psychiatriespitex zum Beispiel besucht Sie regelmässig zu Hause und unterstützt Sie dabei, in Ihrem Alltag wieder zurecht zu kommen. Wichtige Themen sind die Gestaltung sozialer Beziehungen und das Trainieren der Selbstständigkeit.
Wichtig: Sowohl für die ambulanten Therapien als auch für die Psychiatriespitex wird eine ärztliche Überweisung benötigt. Klären Sie mit Ihrer Krankenkasse im Voraus ab, welche ambulanten Angebote übernommen werden und welche nicht.
Ein sogenannter Krisen- oder Notfallplan ist ein bewährtes Instrument. Dieser kann sehr gut mit einer Bezugsperson zusammen erarbeiten werden. Der Krisen- und Notfallplan basiert auf Ihren persönlichen Erfahrungen mit Krisensituationen und beinhaltet neben Selbsthilfemöglichkeiten auch Telefonnummern von Freunden und Bekannten.
Rechtliche Hinweise
Über eine Entlassung oder Verlegung entscheiden die behandelnden Ärztinnen und Ärzte in Rücksprache mit dem Behandlungsteam und Ihnen oder gegebenenfalls Ihrem gesetzlichen Vertreter.
Sollten Sie der Meinung sein, dass Sie in unserer Klinik gegen Ihren Willen zurückbehalten werden, können Sie oder eine Ihnen nahestehende Person ein schriftliches Entlassungsgesuch an die Klinikleitung richten.
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