Psychischer Druck vom Chef, oft als "Bossing" bezeichnet, ist eine Form des Mobbings, bei der Vorgesetzte ihre Machtposition missbrauchen, um Mitarbeiter zu schikanieren, zu demütigen oder auszugrenzen. Es handelt sich um einen anhaltenden, gezielten Prozess, der das persönliche Wohlbefinden, die Arbeitsatmosphäre und die Arbeitsleistung beeinträchtigt.
Was ist Mobbing und was nicht?
Es ist wichtig, zwischen Mobbing und gelegentlichen Konflikten zu unterscheiden. Mobbing ist ein anhaltender, gezielter Prozess mit Demütigung oder Ausgrenzung einer Person. Ein einmaliger Streit oder eine Meinungsverschiedenheit zählen nicht als Mobbing.
Werden Konflikte ganz gezielt eingesetzt, um Kollegen zu schaden, spricht man von Mobbing (engl.: "über jemanden herfallen"). Meist greift dann eine Gruppe von mehreren Mitarbeitern einen unliebsamen Arbeitskollegen auf unfaire Weise, aber zielgerichtet, an.
Mobbing erfolgt in einer Grauzone zwischen erlaubten und verbotenen Handlungen: Das Opfer wird von seinem Umfeld ignoriert, vor anderen bloßgestellt oder verspottet, systematisch von Informationen abgeschnitten oder in seinen Leistungen negiert.
Doch Vorsicht: Eine inflationäre Begriffsverwendung hat dazu geführt, dass nahezu jedes soziale Problem am Arbeitsplatz mit Mobbing gleichgesetzt wird. Mobbing bezeichnet jedoch eine genau einzugrenzende Form des arbeitsplatzbezogenen Psychoterrors.
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Definition von Mobbing
Nach der Definition der Gesellschaft gegen psychosozialen Stress und Mobbing e. V. Inhaltlich wird Mobbing über ein Spektrum von 45 verschiedenen Handlungen definiert, mit denen das Opfer konfrontiert wird.
-  Sie werden systematisch isoliert 
- Man spricht nicht mit Ihnen.
 - Man will von Ihnen nicht angesprochen werden.
 - Sie werden an einem Arbeitsplatz eingesetzt, an dem Sie von Kollegen isoliert sind.
 - Den Kollegen wird verboten mit Ihnen zu sprechen.
 - Sie werden "wie Luft" behandelt.
 
 -  Ihre Arbeitsaufgaben werden geändert um Sie zu bestrafen 
- Sie werden ständig zu neuen Arbeitsaufgaben eingeteilt.
 - Sie erhalten Arbeitsaufgaben, die weit unter Ihrem Können und/oder Ihrer Qualifikation liegen.
 - Sie erhalten Arbeitsaufgaben, die Sie aufgrund fehlender Erfahrung und/oder Qualifikation weit überfordern.
 - Sie bekommen sinnlose Arbeitsaufgaben zugewiesen.
 - Sie werden für gesundheitsgefährdende Arbeitsaufgaben eingesetzt.
 - Sie bekommen keine Arbeitsaufgabe zugewiesen und sind während Ihrer Arbeit ohne Beschäftigung.
 
 -  Sie werden in Ihrem Ansehen herabgewürdigt 
- Man spricht hinter Ihrem Rücken schlecht über Sie.
 - Man verbreitet Gerüchte über Sie.
 - Man macht Sie vor anderen lächerlich.
 - Man verdächtigt Sie psychisch krank zu sein.
 - Man imitiert Ihren Gang und/oder Ihre Stimme und/oder Ihre Gesten, um Sie lächerlich zu machen.
 - Man greift Ihre Herkunft an und macht sich darüber lustig.
 - Man beurteilt Ihre Arbeit in falscher und/oder kränkender Weise.
 - Man stellt Ihre Meinung infrage.
 - Man belästigt Sie in sexueller Weise und/oder macht sexuelle Anspielungen
 
 
Phasen von Mobbing
Mobbing oder Bossing kann sich über Monate oder Jahre hinziehen. Es handelt sich nicht um einen einmaligen Konflikt, sondern um einen längerfristigen Prozess. Dieser erfolgt zumeist in fünf Phasen:
- Der Grund für das Phänomen Mobbing oder Bossing ist in der Regel ein nicht oder nur schlecht bearbeitetes Problem. Ein einfacher Konflikt - wird er nicht gelöst - entwickelt eine eigene Dynamik. Es kommt zu ersten, manchmal wechselnden Angriffen zwischen den Betroffenen. Ein Opfer kristallisiert sich heraus.
 - Die Angriffe konzentrieren sich auf eine Person, werden häufiger und intensiver. Psychoterror entsteht. Beim Opfer kommt es zu Kränkungen und damit zur Abnahme des Bewältigungsvermögens. Das Opfer wird immer mehr - auch für Dritte erkennbar - in seine Rolle verstrickt. Die Situation des Opfers wird zum "Fall" - und damit betriebsöffentlich.
 - Die Entwicklung eskaliert. Rechtsbrüche und Kränkungen nehmen zu. Beim Opfer entsteht Verzweiflung. Es sucht ärztliche oder psychologische Hilfe. Depressionen und Aggressionen wechseln sich ab. Das Opfer fühlt sich nicht mehr akzeptiert und ausgeschlossen.
 - Der Weg zur Ausgrenzung ist beschritten. Das Opfer wird so auffällig, dass sich der Arbeitgeber mit ihm beschäftigt. Während das Opfer verzweifelte Versuche zur Wiederaufrichtung seines Selbstwertgefühls unternimmt, wird die Meinung über seine Auffälligkeit festgeschrieben. Durch Abschieben, Kaltstellen oder Versetzung wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorbereitet.
 - Das Opfer verlässt das Unternehmen. In manchen Fällen erhält es eine Abfindung. Versuche, diese Erfahrungen in der Zeit danach zu bewältigen, bleiben zumeist ohne Erfolg. Mobbing oder Bossing ist ein gravierender Angriff auf die Persönlichkeit und es nagt am Selbstwertgefühl. Gedanken der Fassungslosigkeit, Ohnmacht und Angst machen sich breit.
 
Was tun bei Mobbing am Arbeitsplatz?
Wenn Sie Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz sind, ist es wichtig, die richtigen Schritte zu unternehmen, um Ihre Rechte zu schützen und die Situation zu verbessern. Im Folgenden finden Sie einige nützliche Tipps, die Ihnen helfen können.
- Mobbing-Tagebuch führen Dokumentieren Sie detailliert alle Mobbingvorfälle. Notieren Sie Datum, Uhrzeit, Ort, beteiligte Personen und genaue Beschreibungen der Ereignisse. Diese Aufzeichnungen können später als Beweismittel dienen.
 - Vorgesetzten schriftlich informieren und um Unterstützung bitten Teilen Sie Ihrem Vorgesetzten schriftlich die Mobbingvorfälle mit und fordern Sie Unterstützung an. Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeiter:innen (siehe Punkt 3). Beschreiben Sie, welche Massnahmen Sie erwarten, um die Situation zu verbessern. Wichtig: Verfassen Sie das Schreiben sachlich, schildern Sie die Mobbingvorfälle detailliert und weisen Sie im Brief auf Ihre gesetzlich verankerten Rechte hin (siehe Punkt 3).
 - Auf Fürsorgepflicht hinweisen und Massnahmen verlangen Arbeitgeber:innen haben eine Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitenden. Artikel 328 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) verpflichtet Arbeitgeber:innen, die Persönlichkeit der Arbeitnehmer:innen zu respektieren und zu schützen sowie für die Wahrung der Gesundheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Arbeitgeber:innen müssen darum schon von Gesetzes wegen Massnahmen ergreifen, um Mobbing zu verhindern und spätestens dann eingreifen, wenn sie von Mobbingvorfällen in Kenntnis gesetzt werden.
 - Personalabteilung und Arbeitsinspektorat einbeziehen Wenden Sie sich an die Personalabteilung, wenn sich die Situation nicht verbessert. In schwerwiegenden Fällen können Sie auch das Arbeitsinspektorat einschalten, das die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen überwacht.
 
Zusätzlich zu diesen Schritten können Sie auch folgende Massnahmen ergreifen:
- Wenden Sie sich an eine Vertrauensperson und besprechen Sie die Situation.
 - Melden Sie sich beim Vorgesetzten jener Person, von der Sie sich gemobbt fühlen.
 - Leiten Sie rechtliche Schritte ein. Spätestens, wenn die Leistung durch das psychische Leiden merklich leidet. Oder wenn andere beeinträchtigt werden.
 - Sagen Sie "Nein"! Lösen gewisse Bemerkungen oder Handlungen aus Ihrem Arbeitsumfeld negative Gefühle in Ihnen aus? Nehmen Sie Ihre Wahrnehmung ernst und beginnen Sie, diese Momentaufnahmen zu notieren: Handlungen, Bemerkungen und was das in Ihnen auslöst.
 - Hat sich dieser Eindruck bestätigt, so nutzen Sie die Möglichkeiten unternehmensinterner und/oder -externer Hilfsangebote.
 - Das Ziel bei einer spezialisierten Beratungsstelle ist, die Situation vertrauensvoll und diskret zu analysieren, Lösungsansätze zu finden und weitere Schritte zu planen. Dazu eignen sich vor allem das Case-Management, betriebliche Mentorinnen und Mentoren oder Coaches, Psychotherapeutinnen, Anwälte, das HR im eigenen Unternehmen oder das betriebliche Gesundheitsmanagement sowie spezifische externe Fachstellen für Mobbing.
 
Weitere Aspekte von Mobbing am Arbeitsplatz
Mobbing am Arbeitsplatz betrifft viele Arbeitnehmende Von scheinbar harmlosen Sticheleien bis hin zu Gewalt: Mobbing am Arbeitsplatz kann jede und jeden treffen. In der Schweiz sind gemäss Studien bis zu rund 8 Prozent der Erwerbstätigen im Laufe ihres Lebens davon betroffen.
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Bossing/Mikromanagement: Übermässige Kontrolle und unfaire Kritik seitens Vorgesetzter.
Ist Mobbing am Arbeitsplatz strafbar in der Schweiz? Ja. In der Schweiz können gewisse Mobbinghandlungen bestraft werden, wobei diese für eine strafrechtliche Verfolgung bewiesen werden müssen. Dazu gehören unter anderem Beleidigung, üble Nachrede, Nötigung und Körperverletzung. Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz können Strafanzeige bei der Polizei erstatten.
Sie haben auch zivilrechtliche Ansprüche Betroffene können je nach Dauer und Schwere der Mobbinghandlungen zivilrechtlich klagen und Schadenersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Ein ärztliches Attest, das die gesundheitlichen Beeinträchtigungen dokumentiert, ist dabei sehr hilfreich.
Arbeitsrechtliche Schritte bei Mobbing am Arbeitsplatz Im Arbeitsrecht können Sie auf die Einhaltung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bestehen. Ist Mobbing der Grund für eine Kündigung, haben Sie die Möglichkeit, eine Klage wegen Missbräuchlichkeit beim Gericht zu erheben.
Es hilft alles nichts: Kündigung wegen Mobbing am Arbeitsplatz Mobbingopfer sind teilweise nicht mehr in der Lage, die volle Arbeitsleistung zu erbringen. Kündigt Ihnen Ihr Arbeitgeber:in wegen dieses Leistungsabfalls, liegt eine missbräuchliche Kündigung gemäss Art. 336 OR vor, sofern die Firma vom Mobbing am Arbeitsplatz wusste und keine Massnahmen dagegen ergriffen hat.
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Dabei geschieht Mobbing (auch «Bullying» genannt) meist wiederholt und über einen längeren Zeitraum hinweg.
Formen von Mobbing am Arbeitsplatz:
- Verbale Belästigung: Dazu gehören abfällige Bemerkungen und Kommentare sowie Beleidigungen, Spott und herabwürdigende Witze.
 - Soziale Isolation: Mitarbeitende bewusst auszugrenzen und zu ignorieren, gilt als Mobbing.
 - Rufschädigung: Wer gezielt Gerüchte oder falsche Informationen über andere verbreitet, kann deren Ruf dauerhaft und irreparabel schädigen.
 - Sabotage: Konkurrenzkampf ist in der Arbeitswelt bis zu einem gewissen Grad normal.
 - Diskriminierung: Leider gehört die Benachteiligung von Menschen aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Religion, sexueller Orientierung oder Alter nach wie vor vielerorts zum Arbeitsalltag.
 - Sexuelle Belästigung: Übergriffigkeit kann sich in sexualisierten Kommentaren, Bemerkungen oder Anspielungen äussern.
 - Cybermobbing: Die meisten Unternehmen sind heutzutage relativ stark digitalisiert.
 - Drohungen: Einschüchterung und Bedrohung gehen weit darüber hinaus, sich mal im Ton zu vergreifen.
 - Überlastung: Überstunden und Mehrarbeit sind in der modernen Unternehmenswelt und vielen Branchen (leider) üblich. Mobbing am Arbeitsplatz beginnt dann, wenn Vorgesetzte einzelnen Mitarbeitenden Berge übermässiger Arbeit auftragen oder ihnen unrealistische Fristen setzen.
 - Körperliche Angriffe: Psychische Gewalt kann auch in physische Gewalt umschlagen.
 
Bullying am Arbeitsplatz darf nicht toleriert werden. In erster Linie, um damit die Betroffenen zu schützen. Prävention ist der beste Weg, um Mobbing am Arbeitsplatz zu verhindern - und ist «Chefsache». Es ist die Aufgabe von Führungskräften, eine Unternehmenskultur zu fördern, in der eine Nulltoleranz für Mobbing gilt. Das kann beispielsweise durch klare Anti-Mobbing-Richtlinien geschehen.
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