Angst vor Gewitter: Ursachen und Behandlung

Viele Kinder haben Angst vor der Dunkelheit, vor imaginären Monstern, vor Sturm oder Gewitter oder sie haben Panik, von ihrer Bezugsperson getrennt zu werden. Bei Kindern werden viele Ängste sichtbar.

Ein lauter Schrei ertönt aus dem Kinderzimmer. Als Sie angerannt kommen, steht Ihr Kind starr vor Schreck und mit weit aufgerissenen Augen auf dem Basteltisch.

Im Laufe ihrer Entwicklung lernen Kinder Tag für Tag viel Neues. Das ist einerseits spannend, andererseits aber auch verunsichernd. Wer weiss denn, wo überall unbekannte Gefahren lauern? Dass sich da immer mal wieder Ängste bemerkbar machen, ist vollkommen normal - und auch wichtig.

Die Angst schützt Kinder nämlich davor, sich in ihrem Entdeckerdrang Hals über Kopf in gefährliche Situationen zu begeben. Sie mahnt dazu, erst einmal vorsichtig das Terrain abzutasten und sich gewisse Fertigkeiten anzueignen, ehe man sich ins Abenteuer stürzt.

Zu einer normalen kindlichen Entwicklung gehören daher auch alterstypische Ängste. Sie treten oft zeitgleich mit wichtigen Entwicklungsschritten auf. Diese sogenannten Entwicklungsängste sind eher mild und verschwinden mit der Zeit von selbst wieder. Oft treten gleichzeitig mehrere Ängste auf.

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Ab dem Alter von zwei bis vier Jahren ängstigen sich viele Kinder vor Gewittern, Feuer und der Dunkelheit. Diese Ängste dauern oft bis ins Kindergartenalter an. Auch das Alleinsein wird als beängstigend empfunden.

Das Empfinden von Angst ist sehr unterschiedlich. Während manche Kinder nahezu furchtlos durchs Leben gehen, wagen sich andere nur äusserst zögerlich an neue Situationen heran. Grundsätzlich aber gilt: Angst ist nichts Schlechtes, sie muss nicht bekämpft werden. Wichtig ist jedoch, dass das Kind lernt, mit ihr umzugehen und sie zu überwinden.

Wenn wir Angst empfinden, verarbeitet das Gehirn blitzschnell Sinneseindrücke, gleicht sie mit bisherigen Erfahrungen ab und setzt entsprechende körperliche Reaktionen in Gang. Der Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt, damit wir entweder kämpfen oder flüchten können: Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Bronchien erweitern sich, sodass die Atmung schneller und flacher wird, die Muskeln werden stärker durchblutet und spannen sich an, die Pupillen weiten sich, die Tätigkeiten von Magen, Darm und Blase werden gehemmt und wir fangen an zu schwitzen.

Je nach Situation kann es aber auch sein, dass wir bei Angst erstarren. Bei sehr grosser Gefahr reagieren wir schon, ehe wir uns der bedrohlichen Situation bewusst geworden sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn wir ein Kind vom Fussgängerstreifen zurückziehen, bevor wir das Auto überhaupt wahrgenommen haben, das mit grosser Geschwindigkeit herannaht.

Doch nicht immer, wenn wir Angst empfinden, besteht eine reale Gefahr. Dies liegt daran, dass das Gehirn Erfahrungen, die mit negativen Emotionen verbunden sind, als gefährlich einstuft und daher die gleiche Reaktion auslöst wie bei einer tatsächlichen Bedrohung.

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Sie müssen und können nicht verhindern, dass Ihr Kind in manchen Situationen Angst empfindet - Sie können aber viel dazu beitragen, dass es lernt, damit umzugehen.

Wie Sie Ihrem Kind helfen können, mit Angst umzugehen

  1. Nehmen Sie Ihr Kind ernst: Sagen Sie ihm nun, es brauche keine Angst zu haben, hilft ihm das nicht weiter. Im Gegenteil, es lernt dadurch, dass seine Empfindungen nicht wichtig sind und dass es sie besser für sich behält.
  2. Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Kindes: Sofern Ihnen das Gefühl der Angst nicht gänzlich fremd ist, können Sie davon ausgehen: Ihr Kind fühlt sich gerade ganz ähnlich. Dies hilft Ihnen, einfühlsamer zu reagieren und auf seine Not einzugehen.
  3. Vermitteln Sie Ihrem Kind Sicherheit: Wenn die Angst grad richtig zuschlägt, ist nicht der Zeitpunkt für lange Reden. Alles, was Ihr Kind jetzt braucht, ist Geborgenheit und die Gewissheit, dass Sie an seiner Seite sind, bis die Sache durchgestanden ist.
  4. Machen Sie die Angst zum Thema: Erzählen Sie Ihrem Kind, wie Sie in Ihrer Kindheit Angst erlebt haben und was Ihnen geholfen hat. Sagen Sie ihm, in welchen Momenten Sie auch heute Furcht und Unsicherheit empfinden und wie Sie damit umgehen. Lesen Sie ihm Geschichten zum Thema vor und unterhalten Sie sich darüber, ob es sich gleich verhalten hätte wie die Figuren im Buch oder ob es anders gehandelt hätte, um die Angst zu überwinden.
  5. Achten Sie auf Ihre Wortwahl: "Sei vorsichtig!" - "Pass auf!" - "Mach dir nicht weh!" Das alles ist gut gemeint und leicht dahingesagt, kann beim Kind jedoch Angst auslösen oder eine bestehende Angst verstärken. Dies gilt erst recht, wenn Ihr Kind sich gerade in einer gefährlichen Situation befindet. Es braucht jetzt keine Ermahnungen, sondern Unterstützung und Ermutigung, damit es bald wieder sicheren Boden unter den Füssen hat.
  6. Verzichten Sie auf Zuschreibungen: Oft reicht es für ein Kind, eine solche Aussage ein-, zweimal zu hören, bis es der festen Überzeugung ist, dass es sich gar nicht lohnt, etwas gegen die Furcht zu unternehmen. Noch einschneidender sind die Folgen, wenn jemand zum Kind sagt, es sei ein Angsthase oder ein Feigling. Jetzt fühlt es sich nicht nur der Angst ausgeliefert, es lernt auch, dass es beschämend ist, sich zu fürchten.
  7. Spielen Sie Gefahren nicht herunter: Vermitteln Sie ihm stattdessen: Ja, Feuer kann wunderschön, aber auch gefährlich sein. Es gibt Möglichkeiten, die Gefahr zu bannen und wir treffen alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen.
  8. Werden Sie vertraut mit Ihren eigenen Ängsten: Es ist jedoch wichtig, dass Sie Ihre eigenen Ängste kennen und lernen, mit ihnen umzugehen. So vermitteln Sie Ihrem Kind: Es ist normal, Angst zu haben - man braucht sich dadurch jedoch nicht kleinkriegen zu lassen.

Rituale geben Sicherheit: Legen Sie mit Ihrem Kind fest, mit welchen stets gleichbleibenden Handlungen Sie der Angst begegnen wollen. Das kann ein Lied sein, das Sie immer gemeinsam singen, wenn draussen ein Gewitter tobt. Ein abschliessbarer Schrank, wo Sie abends die Monster "einsperren", bevor das Kind sich ins Bett legt. Ein fester Ablauf, den Sie bei jedem Abschied in der Kita zusammen durchspielen.

Etwas zum Festhalten: Ein kleines "Trösterli" kann Wunder bewirken. Beim Einschlafen ist das vielleicht der Lieblingsteddy, der Wache hält, solange Mama und Papa im Nebenzimmer schlafen. Bei der Tagesfamilie ist es das "Nuscheli", das nach zu Hause riecht. Und auf dem Weg in den Kindergarten, den das Kind jetzt alleine bewältigt, ist es ein bunt bemalter Stein in der Hosentasche, den es festhalten kann, wenn sich die Angst melden will.

Die Angst wahrnehmen und benennen: Sagen zu können "Ich habe Angst" ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Erstens gelingt es dem Kind so, die eigenen Empfindungen einzuordnen, was ihnen schon viel von ihrem Schrecken nimmt. Und zweitens wissen die Menschen im Umfeld gleich, was los ist und können dadurch besser helfen.

Erst mal beobachten ... Geben Sie ihm die Möglichkeit, die Dinge erst einmal von einer sicheren Warte aus zu beobachten, bevor es selber mitmachen muss. Fürchtet es sich vor bestimmten Tieren, ist es zunächst vielleicht überfordert damit, sie in echt anzuschauen. Möglicherweise erträgt es zuerst mal nur die Fotos in einem Sachbuch oder einen Ausschnitt aus einem Dokumentarfilm. Für die Begegnung mit Grossvaters Katze oder den Besuch im Zoo ist es jetzt noch nicht bereit.

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... und dann in kleinen Schritten annähern: Legen Sie mit Ihrem Kind kleine Ziele fest, die es erreichen kann. Also nicht: "Ab heute bleibst du ohne mich in der Spielgruppe", sondern "Heute Morgen bleibe ich nur bis zum ersten Kreisspiel und danach begleitet dich der Teddy". Hat dies mehrmals geklappt, erfolgt der nächste kleine Schritt, bis das grosse Ziel - ohne Eltern in der Spielgruppe bleiben - erreicht ist.

Den Blick aufs bereits Erreichte richten: Helfen Sie ihm, zu erkennen, was es bisher erreicht hat. Es hat zwar noch nicht den Mut aufgebracht, alleine in die Bäckerei zu gehen, um Brötchen zu kaufen, aber immerhin ist es bereits selbständig den ganzen Weg dorthin gegangen. Letztes Mal hat es schon nach wenigen Schritten kehrtgemacht - es ist seinem Ziel also schon ein grosses Stück näher gekommen.

Was tue ich, wenn ...? Überlegen Sie mit Ihrem Kind, was es tun kann, wenn sich die Angst bemerkbar macht. Sich eine Handlungsmöglichkeit auszudenken, nimmt ihm das Gefühl der Machtlosigkeit. Lassen Sie es dabei zuerst selbst überlegen, was ihm helfen würde und geben Sie ihm erst Inputs, wenn ihm nichts einfällt.

Wann professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden sollte

Ängste sind zwar grundsätzlich normal und Teil einer gesunden kindlichen Entwicklung - sie können aber auch ein ungesundes Mass annehmen. Von einer Angststörung spricht man, wenn die Ängste stark ausgeprägt sind, über mehrere Wochen oder Monate andauern und das Kind in seinem Alltagsleben und seiner Entwicklung beeinträchtigen.

Zunächst wird nur die angstauslösende Situation gemieden, mit der Zeit weitet sich das Vermeidungsverhalten jedoch aus und betrifft immer weitere Lebensbereiche. Auch Dinge, die dem Kind stets Freude bereitet hatten, will es nicht mehr tun, um der Angst aus dem Weg zu gehen.

Oft ist es schwierig zu erkennen, dass sich hinter den veränderten Verhaltensweisen Angst verbirgt. Jüngere Kinder sind meist auch noch gar nicht in der Lage, die Angst als solche zu erkennen und zu benennen. Sie nehmen diese diffus wahr und klagen vorwiegend über die körperlichen Symptome wie Bauchweh oder Übelkeit. Auch vermehrte Reizbarkeit und aggressives Verhalten können Anzeichen sein.

Soziale Ängste äussern sich vielfach darin, dass das Kind alles unternimmt, um nicht aufzufallen. Dinge, die unangenehme Reaktionen von Mitmenschen auslösen könnten, werden so gut als möglich versteckt. So kann es unter Umständen recht lang dauern, bis Eltern und Lehpersonen merken, dass das Kind Hilfe braucht.

Eine Phobie ist eine dauerhafte ausgeprägte Angst vor bestimmten Objekten, Tieren oder Situationen, die eigentlich ungefährlich sind. Es handelt sich dabei um eine Angststörung. Alleine schon der Gedanke an die Sache oder Situation kann starke Angstgefühle auslösen. Die betroffene Person meidet diese Angstauslöser im Alltag oder versucht, vor ihnen zu flüchten, was zu erheblichen Einschränkungen führen kann.

Einige Beispiele für Phobien, die im Kindesalter auftreten können:

  • Ailurophobie: Angst vor Katzen
  • Akrophobie: Höhenangst
  • Arachnophobie: Angst vor Spinnen
  • Astraphobie: Furcht vor Blitz und / oder Donner
  • Coulrophobie: Angst vor Clowns
  • Emetophobie: Angst vor dem Erbrechen
  • Kynophobie: Angst vor Hunden
  • Trypanophobie: Angst vor Spritzen und Injektionen

Ein Spezialfall ist die Schulphobie. Hier leidet das Kind unter einer starken Angst vor dem Schulbesuch, die sich in der Regel durch körperliche Beschwerden äussert. Diese können beispielsweise Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Erbrechen sein. Die Schulphobie kann verschiedene Ursachen haben, wie z. B. Überforderung, Mobbing oder Trennungsängste.

Gewitterangst ist nicht selten erlernt. Auch Erwachsene fürchten sich ab und zu vor befremdlichen Situationen und jeder von uns hat schon mal den einen oder anderen Schreckensmoment im Leben verkraften müssen. Doch so belastend eine solche Emotion auch sein mag, so wichtig ist sie auch für unseren Schutz. Die Evolution hat es uns mit auf den Weg gegeben, damit wir uns durch Angstreaktionen vor Bedrohungen schützen können.

Bei einem gesunden Erwachsenen beschränkt sich diese Furcht in erster Linie auf greifbare und reale Bedrohungen, wobei jedoch viele Menschen auch irrationalen Angstzuständen ausgesetzt sind - sie haben Angst vor Dingen, die in Wirklichkeit nicht existieren.

Diese Angst führt dazu, dass dein Kind sowohl körperlich als seelisch leidet. Daher ist unbedingt Hilfe notwendig, am besten bei einem Kinderpsychologen.

Es kann auch helfen, bedrohende Situationen mit vernünftigen Erklärungen oder Abhilfen zu entschärfen. Warum blitzt und donnert es?

Je ängstlicher die Eltern sind, desto ängstlicher werden die Kinder. Hinterfrage also auch dein Verhalten.

Viele Angstzustände haben eine rein entwicklungspsychologische Ursache, sodass unter Umständen eine homöopathische Behandlung helfen kann.

Werden die Angstgefühle aber so gross, dass es das Leben des Kindes beeinträchtigt, sollten Eltern unbedingt passende Hilfe in Anspruch nehmen. Angst kann bei einem Kind eine Vielzahl von Symptomen hervorrufen und sogar zu Depressionen kann eine dauerhafte Furcht führen.

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