Panikattacke beim Friseur: Ursachen und Hintergründe

Viele Menschen erleben im Alltag Ängste und Stress. Bei manchen nehmen diese Gefühle jedoch ein übersteigertes Ausmaß an und beeinträchtigen die Lebensführung erheblich. Eine solche Beeinträchtigung kann sich in Form von Panikattacken äußern, die in unterschiedlichsten Situationen auftreten können. Eine dieser Situationen, die für Betroffene sehr belastend sein kann, ist der Besuch beim Friseur.

Soziale Phobie als Ursache

Eine mögliche Ursache für Panikattacken beim Friseur kann eine soziale Phobie sein. Jemand, der unter Sozialer Phobie leidet, hat - vereinfacht gesagt - Angst vor sozialen Kontakten. Und zwar wirklich Angst in einer Art und Weise, dass daraus starkes Schwitzen, Herzklopfen ("Herz überschlägt sich"), Übelkeit, stellenweise sogar Desorientierung und Panikattacken vorkommen... Und das nicht nur in typischen Stressreaktionen (beispielsweise bei einer Präsentation vor wildfremden Menschen) sondern in ALLEN Umgebungen, in denen man von anderen Menschen beobachtet wird.

Die ganze Zeit überlegt man, wie die andere Person einen beurteilt. Und dieses Überlegen ist leider schon so tief im Bewusstsein drin, dass man garnicht anders kann, als daran zu denken. Infolgedessen ist man die ganze Zeit (ebenfalls mehr unbewusst als bewusst) bemüht, sich nahezu perfektionistisch zu verhalten - man ist die ganze Zeit angespannt wie sonstwas und hat in jeder einzelnen Sekunde des Gespräches Angst, gerade etwas falsches gesagt oder getan zu haben. Wegen der ständigen Angst werden alle Arten von Sozialer Interaktion gemieden, das bis zur Sozialen Isolation führen kann... Man traut sich garnix mehr, weder andere Leute ansprechen (selbst wenn es z.B. beruflich nötig ist - das hat mir während meiner Ausbildungszeit enorme Probleme beschert) noch selbst irgendein Gespräch fortzuführen wenn man angesprochen wird...

Mobbing in der Kindheit als Auslöser

Woher sowas kommt? Meist ist im Jugend- oder sogar Kindesalter mal irgendwas gewaltig schief gelaufen... Bei mir war es von Anfang an so, dass ich, seit ich in die Schule gekommen bin, gemobbt wurde. Ich war immer ein Außenseiter. Und wenn man, stellenweise bis zur letzten Klasse derselben Schule, immer und immer wieder jeden Tag dieselben Beleidigungen und Schimpfwörter hört, wenn die Klassenkameraden schon beim bloßen Anblick einfach alles, was man an Kleidung anhat oder wie man sich verhält darüber hämisch-lustig macht, und beim Busfahren die Klassenkameraden im hintersten Eck über einen Selbst lästern und laut kichern, bekommt man offensichtlich irgendwann einen psychischen Knacks.

Man glaubt wirklich irgendwann, dass das stimmt, was einem die Mitschüler tagtäglich eintrichtern. Den Lehrern petzen oder sich selbst lauthals dagegen wehren half damals nicht, weil ich dann einfach von den Verpetzten am nächsten Tag zusammengeschlagen wurde... Ich aß meine Pausenbrote grundsätzlich immer am Klo, weil ich im Pausenhof sonst immer fertiggemacht wurde (was leider nichts brachte, irgendwann kamen sie dahinter)...

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Agoraphobie und die Angst vor Kontrollverlust

Eine weitere mögliche Ursache für Panikattacken beim Friseur ist die Agoraphobie. Die Agoraphobie ist die schwerwiegendste Phobie. Bei der Agoraphobie besteht nicht nur Angst vor weiten Plätzen (agora = Marktplatz), bestimmten Orten, Situationen oder Menschenansammlungen, sondern Angst davor, was dort passieren könnte, wenn man allein ist, keine schützenden und vertrauten Personen um sich hat oder keine Fluchtmöglichkeit besteht. Das zentrale Gefühl ist: «Du sitzt in der Falle».

Dieses Grundgefühl setzt eine körperliche Stressreaktion in Gange, die zu mancherlei unangenehmen Symptomen wie Herzrasen, Zittern, Schwindel, Schweissausbrüche, Schwächegefühle, Entfremdungsgefühle, Erstickungsgefühle, Herzstechen usw. führt. Diese Symptome lassen sich nicht willentlich kontrollieren und machen Angst, da sie der Situation nicht angemessen sind und man daher befürchtet, in Ohnmacht zu fallen, verrückt zu werden oder gar einen Herzinfarkt zu erleiden. Die Angst vor dem eigenen Körper, das heisst die Angst, körperliche oder psychische Symptome nicht mehr kontrollieren zu können, ist so dominant, dass weder vernünftige Argumente, noch positiv gemeisterte ähnliche Situationen etwas fruchten - die agoraphobische Angst bleibt.

Für den Agoraphobiker scheint der einzige Ausweg das Verlassen und das zukünftige Vermeiden solcher und ähnlicher Situationen. Aufenthalt im Freien bzw. Das ausgeprägte Vermeidungsverhalten führt oft zu einem totalen Rückzug in die eigene Wohnung. Eine Agoraphobie zu haben bedeutet, ständig auf der Suche nach Sicherheit zu sein, wenn man sich potentiell bedrohlichen Situationen aussetzen soll.

Der Teufelskreis der Vermeidung

An einem bestimmten vorher neutralen Ort tritt eine erste Panikattacke oder eine panikähnliche Reaktion (z.B. Übelkeit, Schwindel) auf. Wenn keine sinnvollen Bewältigungsstrategien zur Verfügung stehen, werden ab nun auch ähnliche Situationen «zur Sicherheit» gemieden statt etwa vorher nur der Bus werden nun alle öffentlichen Verkehrsmittel als gefährlich angesehen. So genannte «Sicherheitssignale» (z.B. Vertrauenspersonen, Medikamente, Alkohol, Handy) werden zur einzigen Garantie gegen agoraphobische Ängste.

Bei den meisten Betroffenen beginnt es ähnlich. Das kann überall passieren, oft in öffentlichen Situationen, aber genauso daheim. Treten diese Anfälle häufiger auf, kommt es meist zu einem Vermeidungsverhalten. Der Betroffene weigert sich, den Platz, an dem “es” geschah, noch einmal aufzusuchen. andere Orte, wo er befürchtet, eine ähnliche Attacke erleiden zu können, zieht sich zurück und schlimmstenfalls verlässt er das Haus gar nicht mehr. Panik nämlich auch daheim auf. Das ist jedoch nicht bei jedem Betroffenen zwingend so.

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Weitere Ursachen und Einflussfaktoren

Es gibt viele mögliche Ursachen für Angstzustände und Phobien. Vielfach liegt bereits eine genetische Veranlagung vor. körperlichen Krankheiten, anderen psychischen Störungen oder Vergiftungen liegen. Störung ganz plötzlich aus heiterem Himmel auftritt. ein traumatisches Erlebnis, eine Krankheit, ein Unfall oder ein Todesfall im engen Umfeld. Am Schlimmsten für die Betroffenen sind Panikattacken, die keine erkennbare, körperliche Ursache haben, da man bei jedem Arztbesuch zu hören bekommt, man sei völlig gesund. nächste schlimme Attacke wieder aus heiterem Himmel und man beginnt, an der Kompetenz des Arztes zu zweifeln.

Zusätzlich erhalten wir über alle sozialen Kanäle ungefiltert schlechte News, was das Stresserleben und damit den Angstpegel erhöht. Angsterkrankungen werden gerne als Luxusproblem bezeichnet. Früher hätten die Menschen mit viel schlimmeren alltäglichen Problemen zu kämpfen gehabt. Bei Angsterkrankungen von einem Luxusproblem zu sprechen, wird ihrer Bedeutung für die Betroffenen nicht gerecht. Der Druck, den heute viele Menschen empfinden, wird konstant durch Ängste begleitet, nicht bestehen zu können, die Partnerschaft oder den Job zu verlieren. Und andauernder Stress, der in Ruhe nicht abklingt, verbunden mit schlechtem Schlaf, ist mit dem Auftreten von Angsterkrankungen und Depressionen verknüpft.

Symptome einer Panikattacke

Die Panikstörung zeichnet sich durch wiederholt auftretende heftige Angstattacken aus. Diese Panikattacken treten plötzlich und ohne Vorwarnung auf und können zu Atemnot, Engegefühl in Brust und Kehle, Herzrasen oder Schwindel, Übelkeit und Erbrechen führen. Viele Betroffene haben Schweissausbrüche und enorme Angst, einen Herzinfarkt zu erleiden oder zu sterben. Dabei kann dies überall geschehen, an der Kasse im Supermarkt, im Bus oder bei der Arbeit. Diese Erfahrung ist für Betroffene so einschneidend, dass sie nachher versucht sind, solche Situationen zu meiden.

Kriterien für eine Panikstörung (A und B müssen erfüllt sein):

  1. Die Panikattacken sind wiederkehrend und unerwartet.
    • Anhaltende Besorgnis über das Auftreten weiterer Panikattacken.
    • Sorgen über die Bedeutung der Attacke oder ihre Konsequenzen.
    • Deutliche Verhaltensänderung infolge der Störung.
  2. Die Panikstörung lässt sich nicht auf einen Einfluss von Drogen oder einer körperlichen Krankheit zurückführen.

Es gibt keine Erklärung durch eine andere spezifische Störung.

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Therapieansätze

Es gibt verschiedene Therapieformen zur Behandlung von Angsterkrankungen. Da jede Angsterkrankung ihre eigene Geschichte hat, muss sie individuell abgeklärt und behandelt werden. Eine kognitive Verhaltenstherapie, in deren Mittelpunkt die Konfrontation mit der Angst als Mittel zu deren Bewältigung steht, ist in vielen Fällen erfolgversprechend. Denn Angstpatienten versuchen, die Situationen zu vermeiden, in denen sie Angst haben, und genau das ist der Fehler. Wichtig sind neben der Aufklärung des Patienten auch eine gründliche körperliche Untersuchung und Bluttests zum Ausschluss organischer Ursachen.

Spricht der Betroffene auf eine Psychotherapie nicht an, führt oft eine Kombination mit Medikamenten zur Besserung. Bei Panikattacken werden von Ärzten oft sogenannte beruhigende Benzodiazepine verschrieben, die aber bekanntlich süchtig machen. Bei akuter Angst helfen Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine sehr zuverlässig. Man sollte diese angstlösenden Medikamente aber nicht zu lange einnehmen, weil sie bei unsachgemässer Anwendung ein gewisses Suchtpotenzial haben. Für die mittel- und langfristige Behandlung kommen Antidepressiva, welche eine gute angstlösende Wirkung haben, zum Einsatz.

Weitere Therapieansätze:

  • Pflanzliche Mittel (Johanniskraut, Baldrian, Melisse, Hopfen, Lavendel)
  • Selbsthilfegruppen und der Austausch mit anderen Betroffenen
  • Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder autogenes Training
  • Sportliche Betätigung und Hobbys, die Freude bereiten
  • Soziale Kontakte pflegen

Statistiken und Fakten

Angsterkrankungen kommen in der Schweiz weit häufiger vor als Depressionen. Unter Angststörungen leiden in der Schweiz aktuell rund 800'000 Menschen. Es wird geschätzt, dass über eine halbe Million Menschen mit einer Angsterkrankung nicht diagnostiziert sind und somit unbehandelt bleiben. Die Häufigkeit: 1,5 - 3,5 %; Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Es gibt Hinweise auf genetische Ursachen. Panikattacken treten meist zwischen Adoleszenz und ca. 40 Jahren auf.

Die folgende Tabelle fasst einige wichtige Fakten zu Panikattacken zusammen:

Aspekt Information
Häufigkeit 1,5 - 3,5 % der Bevölkerung
Geschlecht Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer
Alter Meist zwischen Adoleszenz und ca. 40 Jahren
Ursachen Genetische Veranlagung, Stresssituationen, traumatische Erlebnisse
Therapie Kognitive Verhaltenstherapie, Medikamente, pflanzliche Mittel

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