Angst ist eine natürliche Reaktion des Körpers und dient dem Schutz vor Gefahren. Angststörungen und Panikattacken treten bei Parkinsonbetroffenen häufig auf. Rund 40 % der Betroffenen entwickeln eine Form von Angststörung. Diese kann sich in diffuse Angst, plötzliche Panik oder in anhaltende Sorgen äussern.
Symptome übersteigerter Ängste
Übersteigerte Ängste zeigen sich auf mehreren Ebenen:
- Gedanken: Zukunftsängste, Katastrophendenken
 - Gefühle: Anspannung, Unsicherheit, Scham
 - Verhalten: Vermeidung, leise Stimme, unsichere Mimik
 - Körperlich: Schwindel, Schweissausbrüche, Übelkeit, Atemnot
 
Angst tritt oft in Kombination mit Depression auf. Ob es sich dabei um eine eigenständige Störung handelt oder ob die Angst ein Teil der Depression ist, ist nicht immer eindeutig.
Mögliche Ursachen von Angststörungen
Es gibt verschiedene Faktoren, die zur Entstehung von Angststörungen bei Parkinson beitragen können:
- Veränderungen der Konzentration verschiedener Botenstoffe im Gehirn: Dies betrifft neben dem Dopamin auch das Serotonin. Dieser Botenstoff spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Angstgefühlen und der Stimmung.
 - Medikamentenwirkungen: Schwankungen im Dopaminhaushalt, insbesondere in Phasen mit schlechter Wirkung, sogenannter «Off»-Phasen, in denen Medikamente wie Madopar nicht mehr ausreichend wirken, neigen Betroffene zu Angstgefühlen, Traurigkeit oder Panikattacken.
 - Individuelle Belastungssituationen: Auch die Auseinandersetzung mit der Krankheit selbst kann Panikgefühle auslösen.
 
Weitere neuropsychiatrische Symptome bei Parkinson
Mehr als jeder zweite Mensch mit Morbus Parkinson zeigt neuropsychiatrische Symptome. Allerdings werden Depressionen, Psychosen, Demenz und andere Seelenleiden bei den Patienten oft lange übersehen oder gar ignoriert.
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Depressionen
Bei Parkinsonpatienten kann eine Depression auch als Prodromalsyndrom auftreten. In vielen Fällen ist zudem mit einer eher leichten Ausprägung zu rechnen, bei der noch nicht die Kriterien für das Vollbild der affektiven Störung erfüllt werden.
Die Behandlung erfolgt mit Antidepressiva und Psychotherapie. Wirkstoffe der ersten Wahl sind SSRI und SSNRI. Vorsicht ist bei Patienten geboten, die bereits MAO-B-Hemmer einnehmen, denn in Kombination kann es zu einem serotonergen Syndrom mit Unruhe, Verwirrtheit, Herzklopfen und Fieber kommen.
Die Psychotherapie sollte auf eine Verhaltensänderung des Patienten abzielen, etwa indem sie ihm Hilfestellung gibt, besser mit der Parkinsonerkrankung zurechtzukommen. Auch ergänzende Massnahmen wie regelmässige Bewegung und Yoga helfen weiter. Bei schwerer Depression, die nicht auf Antidepressiva anspricht, kommt eventuell eine Elektrokrampftherapie in Betracht.
Psychosen
Rund zwei Drittel der Parkinsonpatienten entwickeln Psychosen. Zu den begünstigenden Faktoren zählen neben der Progredienz der Erkrankung auch kognitive Störungen. Bei entsprechendem Verdacht sind zunächst andere Ursachen wie Delir und Infektion auszuschliessen, zudem sollte die Einnahme potenziell begünstigender Wirkstoffe wie Anticholinergika oder Benzodiazepine vermieden werden.
Falls diese Massnahmen nicht ausreichen, lässt sich möglicherweise über die Dosisreduktion der Parkinsonmedikamente die Psychose lindern. Kommt das zum Beispiel wegen einer Verschlechterung der Motorik nicht in Betracht, lassen sich die psychotischen Symptome eventuell mit einem atypischen Neuroleptikum angehen. Die besten Daten gibt es für Clozapin, das jedoch ein Sicherheitsmonitoring erfordert. In der Praxis bleibt Clozapin Patienten mit therapierefraktärer Psychose vorbehalten. Die klinische Erfahrung spricht ausserdem für den Nutzen verhaltenstherapeutischer Massnahmen, etwa um den Tag-Nacht-Rhythmus wiederherzustellen.
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Impulskontrollstörungen (ICD)
Charakteristisch für ICD ist, dass die Betroffenen einem Impuls, bestimmte Handlungen auszuführen, nicht widerstehen können, auch wenn dieses Verhalten für sie oder das Umfeld nicht von Nutzen beziehungsweise sogar schädlich ist.
Beim IPS werden vor allem vier verschiedene Arten von ICD beobachtet: pathologisches Glücksspiel, impulsives Essen oder Kaufen und Hypersexualität. Die Häufigkeit dieser Verhaltensstörungen ist unter den Parkinson-Patienten etwa gleichmässig verteilt, allerdings fanden sich in einer gross angelegten multizentrischen Querschnittsstudie aus Nordamerika (DOMINION-Studie) Unterschiede bei der Geschlechterverteilung. So konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass Hypersexualität häufiger bei Männern auftritt und Frauen eher suchthaftes Kauf- und Essverhalten entwickeln. Pathologisches Glücksspiel scheint etwa gleich häufig bei Männern und Frauen aufzutreten.
Die DOMINION-Studie konnte auch zeigen, dass Impulskontrollstörungen bei IPS-Patienten kein seltenes Phänomen sind: Von den 3090 untersuchten Patienten entwickelten immerhin zirka ein Sechstel mindestens eine oder mehr ICD (9).
Als wichtigster Risikofaktor für die Entwicklung von ICD konnte die Gabe von Dopaminagonisten identifiziert werden, wobei sich in der DOMINION-Studie keine signifikanten Unterschiede zwischen Pramipexol und Ropinorol fanden.
Die derzeit empfohlene Behandlung von ICD besteht in der Regel aus einer Reduktion, einem Wechsel beziehungsweise dem Absetzen von Dopaminagonisten und dem Einsatz einer entsprechenden L-Dopa-Dosis (12). Hierbei kann es allerdings auch zu einem sogenannten Dopamin-Agonisten-Entzugssyndrom kommen, welches sich in Form von Panikattacken, Depression und vegetativen Symptomen äussern kann (13).
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Dopamin-Dysregulations-Syndrom (DDS)
Das DDS bezeichnet den zwanghaften, suchtartigen und deutlich überhöhten Gebrauch von dopaminerger Medikation, der über der für die Behandlung der motorischen Symptome erforderlichen Menge liegt. Die eigenmächtige Einnahme erfolgt trotz negativer Folgen wie zum Beispiel Hyper- und Dyskinesien (Peak-DoseDyskinesien) und der Gefahr von psychotischen Nebenwirkungen und sozialen Konsequenzen.
Das DDS ist mit einer geschätzten Prävalenz von zirka 4 Prozent seltener als andere repetitive impulsassoziierte Verhaltensstörungen.
Punding
Unter Punding versteht man ein komplexes, repetitives und nicht zielorientiertes Verhaltensmuster, welches über einen längeren Zeitraum in fast zwanghafter Manier ausgeübt wird.
Behandlungsmöglichkeiten
Bei der Behandlung von Angststörungen und Panikattacken bei Parkinson kommen verschiedene Therapieansätze in Frage:
- Medikamentöse Behandlung: SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) werden bevorzugt eingesetzt. Bei phobischen Symptomen während der nichtmotorischen Fluktuationen sollte die Parkinsonmedikation entsprechend angepasst werden. Auch niedrig dosierte Benzodiazepine wie Lorazepam oder Alprazolam eignen sich zur Behandlung nichtmotorischer Off-Fluktuationen oder generalisierter Angststörung.
 - Psychotherapie: Aktuelle Daten sprechen für einen Nutzen der kognitiven Verhaltenstherapie. In den Off-Phasen können Entspannungstechniken die Symptomatik mildern.
 - Weitere Massnahmen: Regelmässige Bewegung und Yoga können ebenfalls hilfreich sein.
 
Allgemeine Tipps zum Umgang mit Angst
Angst und Furcht sind Grundgefühle und gehören zur menschlichen Existenz. Furcht wird in der Regel durch eine spezifische äussere Bedrohung ausgelöst. Angst hingegen hat seinen Ursprung oft in einer unbestimmten Bedrohung und wird häufig mit diffusen oder realen Vorstellungen verknüpft, was alles passieren könnte.
Angst zeigt sich in körperlichen und psychischen Symptomen, wobei diese bei jedem Einzelnen unterschiedlich ausgeprägt sein können. Bei einer Person stehen körperliche, bei einer anderen psychische Symptome im Vordergrund.
Körperliche Symptome bei Angst:
Herzklopfen, beschleunigter Puls, beschleunigte Atmung bis hin zur Hyperventilation, Luftnot, Erstickungsgefühl, Unruhe, Zittern, kalter Schweiss, Harndrang, Durchfall, zugeschnürte Kehle und vieles mehr. Die körperlichen Symptome verstärken wiederum die Angst.
Psychische Symptome bei Angst betreffen Gefühle und Gedanken:
Unsicherheit, Schwindel, Schwäche, Benommenheit, Gefühl weiche Knie zu haben, Gefühl in Ohnmacht zu fallen, Angst die Kontrolle zu verlieren, Gefühl verrückt zu werden, Angst zu sterben, etc.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Generell sollen Betroffene, die unter Angstzuständen leiden, frühzeitig fachliche Hilfe suchen. Angsterkrankungen und andere Grunderkrankungen, können in der Regel gut behandelt werden. Eine krankhafte Angst bei körperlichen oder psychischen Erkrankungen bessert sich nur durch die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung.
Menschen, die unter Angsterkrankungen leiden, sollen sich nicht scheuen, früh fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Spätestens aber wenn das alltägliche Leben davon beeinträchtigt wird. Denn eine unbehandelte Angsterkrankung weitet sich mit der Zeit auf weitere Bereiche aus, was die Behandlung langwieriger und aufwändiger macht.
Was kann man bei Hyperventilation tun?
Durch das hektische ein- und ausatmen wird zu viel Kohlendioxid (CO2) ausgeatmet, wodurch der CO2-Gehalt im Blut abnimmt. Die Folge sind: Missempfindungen wie Kribbeln ("Ameisenlaufen"), Verkrampfungen der Hände ("Pfötchenstellung") und Lippen ("Karpfenmaul"), Zittern, Muskelschmerzen, Schwindel, Sehstörungen bis hin zur Benommenheit, selten aber kommt es zu einem kurzen Bewusstseinsverlust (Ohnmacht).
Bei Normalisierung der Atmung verschwinden die Symptome wieder rasch.
Was tun? Betroffenen beruhigen und zu einer ruhigen und langsameren Atmung auffordern. Nötigenfalls den Hyperventilierenden in einen Papier- oder Plastiksack atmen lassen, der vor den Mund gehalten wird. Dabei den Betroffenen immer erklären was man vorhat, damit er durch den vorgehaltenen Plastiksack nicht noch mehr in Panik gerät. Dadurch wird das zu viel ausgeatmete Kohlendioxid aufgefangen und wieder eingeatmet (sogenannte "Rückatmung") Manchmal ist es einfacher, nur in die vor den Mund gehaltene hohle Hand zu atmen.
Vorsicht: Die CO2-Rückatmung darf nicht bei akuter Atemnot aufgrund einer Herz- oder Lungenerkrankung erfolgen. Hier handelt es sich um einen akuten Sauerstoffmangel, der zur beschleunigten Atmung führt. Hier muss eine Sauerstoffgabe erfolge, das Rückatmen von CO2 würde die Situation nur verschlechtern.
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