Umgang mit ADHS: Tipps und Strategien für den Alltag

Bei der Behandlung von ADHS wird auf eine multimodale Therapie gesetzt. Die verschiedenen Therapieansätze bei ADHS beinhalten Aufklärung und Beratung (Psychoedukation), Psychotherapie und medikamentöse Therapie. Bei Kindern wird oft auch das schulische und soziale Umfeld mit einbezogen, beispielsweise durch ein Elterntraining.

Therapieansätze bei ADHS

Grundsätzlich kommt es darauf an, wie stark die Symptome sind und wie Sie sich unter den Auswirkungen der Symptome fühlen, oder ob bereits Komorbiditäten vorliegen. Hierfür ist der behandelnde Arzt, beziehungsweise die behandelnde Ärztin zuständig.

Psychoedukation

In der Psychoedukation wird ein umfassendes Bild von ADHS vermittelt. Es wird auf die Symptome, Stärken und Behandlungsmöglichkeiten eingegangen. Ebenso werden umfassende Informationen zu praktischen Massnahmen für den Alltag mitgegeben. In der Psychoedukation geht man davon aus, dass je besser Sie ADHS und sich verstehen, desto besser können Sie auch mit ADHS umgehen. Ausserdem wird eine umfassende Information als Basis verstanden, um das eigene Selbstbild und die Selbstwahrnehmung zu verbessern.

Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie zielt vor allem darauf ab, gemeinsam Problemlösungsstrategien zu erarbeiten. Die Therapieform kann als Einzel- oder Gruppentherapie durchgeführt werden. In der Trainingsphase wird Bereitschaft und Motivation vorausgesetzt.

Tiergestützte Therapie

Die tiergestützte Therapie eignet sich bei Kindern ab dem 6. Lebensjahr und ebenso bei Komorbiditäten. Es ist jedoch nur sinnvoll, wenn Kinder vernünftig mit Tieren umgehen können. Der Umgang mit Tieren fällt Menschen mit ADHS einfacher, da Sie ehrlich sind, aus dem Bauch heraus entscheiden und wertungsfrei sind.

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Medikamentöse Therapie

Medikamente bei ADHS verändern nicht die Persönlichkeit, sondern unterstützen dabei, die Aufmerksamkeit zu verbessern. Ebenso soll die innere Unruhe und äussere Hyperaktivität verringert werden. Dabei sorgen sie für einen Ausgleich des gestörten Botenstoff-Haushaltes im Gehirn. Da jedoch jeder Mensch und jedes Gehirn individuell ist, muss herausgefunden werden, welches Medikament und welche Dosis hilfreich sind. ADHS-Medikamente können Effekte auf die Herz-Kreislauf-Funktionen haben.

Strategien für den Alltag

Für einige Menschen mit ADHS können Symptome belastend sein. Beispielsweise, wenn man regelmässig Zeit verliert, durch das Suchen von Gegenständen oder impulsiv handelt. Für Menschen mit ADHS ist es oft ein Problem, sich lange mit einer Aufgabe zu beschäftigen, vor allem dann, wenn die Aufgabe als langweilig empfunden wird. Es ist hilfreich, die Faktoren zu erkennen, die einen Stimmungswechsel begünstigen.

Organisation und Struktur

  • Feste Plätze für Gegenstände können langes Suchen vermeiden und Zeit sparen.
  • Um Aufgaben im Blick zu behalten, sind To-do-Listen hilfreich. Seien Sie geduldig mit sich selbst. To-do-Listen funktionieren nicht sofort.
  • Planen sich auch genügend Zeit für Freunde und Familie ein, möglicherweise durch einen festen Tag in der Woche.
  • Auch beim Aufräumen sollten Sie einen festgelegten Zeitpunkt und eine Zeitspanne einrichten.
  • Für den Alltag ist es hilfreich, ihn mit verschiedenen Aufgaben zu organisieren. Dabei sollten Sie nicht ausser Acht lassen, auch Pausen zwischen den Aufgaben und im Alltag einzuplanen.

Umgang mit Impulsivität

  • Impulskäufe sind häufig eine Folge von ADHS und zeichnen sich durch spontane, unüberlegte Käufe aus. Aus diesen Impulskäufen kann auch eine Kaufsucht resultieren. Sie können ebenfalls zu Konflikten innerhalb der Familie oder mit der Beziehungsperson führen.

Stimmungsschwankungen

  • Stimmungsschwankungen können ein Nebensymptom von ADHS sein. Dabei treten sie häufiger im Erwachsenenalter auf. Zudem sind sie anfälliger für Stress sowie schnell enttäuscht oder frustriert.
  • Wutausbrüche sind keine Seltenheit bei impulsiven Menschen, wobei häufig Schuldgefühle die Folge sind.

Selbstwahrnehmung und Selbstwertgefühl

  • Oftmals haben Menschen mit ADHS ein negatives Selbstbild, geprägt von Versagensgefühlen und dem Gefühl, «anders» zu sein.
  • Es ist daher wichtig, dass Sie die eigenen Stärken erkennen und diese sich bewusst machen. Vielleicht empfinden Sie ihre Hyperaktivität als störend, doch versuchen Sie einen anderen Blickwinkel: Sie sind offen und begeisterungsfähig.
  • Gerade erwachsenen Menschen hilft es, wenn sie wissen, dass hinter ihrem Verhalten eine ADHS steckt.

Weitere Strategien

  • Machen Sie sich eine Wohlfühlliste.
  • Achtsamkeitsübungen können helfen, Symptome besser in den Griff zu bekommen. Durch sie entwickelt man eine:n innere:n Beobachter:in, wodurch automatische Handlungen gestoppt werden können. Ebenso kann die Aufmerksamkeit verbessert und die Gelassenheit gesteigert werden. Dies kann hilfreich sein, wenn Sie mit Wutausbrüchen zu kämpfen haben.
  • Regelmässiger Ausdauersport hilft dabei, den Kopf freizubekommen.
  • Verspüren Sie eine innere Anspannung? Dann kann eine monotone Tätigkeit helfen. Dadurch wird die Aktivität heruntergefahren.
  • Ebenfalls ist eine aktive und vielseitige Freizeitgestaltung wichtig.
  • Im Berufsalltag kann für Menschen mit ADHS eine gute Mischung aus Abwechslung und monotoner Tätigkeit wichtig sein.

Tipps für Jugendliche mit ADHS

Jugendliche mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und ihre Energie zu kontrollieren. Dies kann ihre schulische Leistung beeinträchtigen und zu Verhaltensproblemen führen. Hier sind einige Tipps und Tricks, die bei der Arbeit mit Jugendlichen mit ADHS helfen können:

  • Schaffen Sie eine strukturierte Umgebung: Jugendliche mit ADHS haben Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit zu konzentrieren. Eine strukturierte Umgebung kann ihnen helfen, sich besser zu orientieren und ihre Aufgaben zu erfüllen. Sorgen Sie dafür, dass die Räume aufgeräumt und organisiert sind und geben Sie klare Anweisungen.
  • Setzen Sie klare Regeln und Konsequenzen: Jugendliche mit ADHS können Schwierigkeiten haben, ihre Impulse zu kontrollieren. Setzen Sie klare Regeln und Konsequenzen für Verhaltensweisen, die nicht akzeptabel sind. Dies kann dazu beitragen, das Verhalten der Jugendlichen zu verbessern und ihnen eine Struktur zu geben.
  • Bieten Sie Unterstützung bei Hausaufgaben und Prüfungen: Jugendliche mit ADHS können Schwierigkeiten haben, sich auf Hausaufgaben und Prüfungen zu konzentrieren. Verwenden Sie visuelle Hilfsmittel wie Diagramme, Grafiken und Bilder, um ihnen zu helfen, Aufgaben besser zu verstehen.
  • Fördern Sie Bewegung: Jugendliche mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, ihre Energie zu kontrollieren. Fördern Sie regelmässige körperliche Aktivität, um ihnen zu helfen, ihre Energie zu kanalisieren und sich zu entspannen.
  • Zusammenarbeit mit Eltern und Fachleuten: Die Zusammenarbeit mit Eltern und Fachleuten kann dabei helfen, die Bedürfnisse von Jugendlichen mit ADHS besser zu verstehen. Besprechen Sie mit ihnen die Fortschritte des Jugendlichen und arbeiten Sie gemeinsam an einem Plan, um ihm zu helfen.

ADHS im Erwachsenenalter

Lange Zeit ging man davon aus, dass sich ADHS auswächst. Inzwischen ist bekannt, dass dies oftmals nicht der Fall ist. Zuweilen wird eine ADHS-Diagnose auch erst im Erwachsenenalter gestellt. ADHS ist gekennzeichnet durch die drei Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.

Symptome im Erwachsenenalter

  • Die Unaufmerksamkeit, die sich oft durch hohe Ablenkbarkeit äussert, ist auch bei Erwachsenen weiterhin eine grosse Herausforderung.
  • Die Hyperaktivität, die sich bei Kindern in einem ausgeprägten Bewegungsdrang bemerkbar macht, ist nach der Pubertät meistens nicht mehr so stark wahrnehmbar. An ihre Stelle tritt eine innere Unruhe, die viele erwachsene ADHS-Betroffene verspüren.
  • Auch die Impulsivität schwächt sich bei manchen mit zunehmendem Alter ab und zeigt sich eher darin, dass oftmals sehr spontan und ohne grosse Überlegungen gehandelt wird.

Herausforderungen im Erwachsenenalter

  • Organisation und Strukturen: Im Haushalt Ordnung zu halten, Termine einzuhalten, Pflichtaufgaben wie die Steuererklärung zu erledigen oder immer alles Wichtige dabei zu haben, sind grosse Herausforderungen.
  • Soziale Beziehungen: Erwachsene Betroffene haben zuweilen Mühe, sich an Regeln und Abmachungen zu halten. Eine geringe Frustrationstoleranz und eine starke Reizbarkeit können bewirken, dass die Stimmung ganz unvermittelt kippt.
  • Selbstwertgefühl: Insbesondere bei unerkannter und unbehandelter ADHS können Betroffene mit der Zeit ein negatives Selbstbild entwickeln.
  • Depressionen: Diese können als Begleiterkrankung von ADHS auftreten, oftmals ausgelöst durch das viele Scheitern in alltäglichen Situationen.
  • Suchterkrankungen: Diese können einhergehen mit einer unerkannten und unbehandelten ADHS.

Diagnose bei Erwachsenen

Auch für Erwachsene gibt es nicht den einen Test, der eine ADHS zweifelsfrei nachweisen kann. Eine Abklärung läuft ähnlich ab wie bei Kindern: Andere Krankheiten, die für die Symptome verantwortlich sein könnten, müssen ausgeschlossen werden. Es werden ausführliche Anamnesegespräche mit der betroffenen Person und allenfalls engen Bezugspersonen geführt, standardisierte Fragebögen ausgefüllt und bei Bedarf testpsychologische Untersuchungen durchgeführt.

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Unterstützung für Eltern von Kindern mit ADHS

Die vielen Unvorhersehbarkeiten, die ein Leben mit Kindern mit sich bringt, sind an sich schon herausfordernd. Für ADHS-Betroffene bringt der Familienalltag jedoch zusätzliche Hürden mit sich. Umso wichtiger sind deshalb ...

  • Zu verstehen, dass ADHS die Ursache für so viele Herausforderungen im Leben ist, bedeutet für Betroffene oftmals eine grosse Erleichterung.
  • Menschen, die einspringen können, wenn alles aus dem Ruder läuft, sind Gold wert.
  • Insbesondere, wenn die ADHS lange unerkannt geblieben ist, kann ein Coaching helfen, Strukturen und Strategien für einen funktionierenden Alltag zu entwickeln.
  • Zu wissen, wer was wann macht, ist enorm wichtig, um dem Alltag Struktur zu geben. Ein schriftlich festgehaltener Wochenplan ist dabei sehr hilfreich.

Mögliche Stärken von Kindern mit ADHS

Kinder mit ADHS haben aber auch ganz viele positive Seiten und besondere Stärken. Sie sind häufig äusserst kreativ, sensibel, lebhaft, hilfsbereit, neugierig, unterhaltsam, empathisch und haben einen grossen Gerechtigkeitssinn. Interessiert sie etwas, sind sie darin oft überdurchschnittlich gut.

Zusammenfassung der Tipps und Strategien

Hier ist eine Tabelle, die einige der wichtigsten Tipps und Strategien für den Umgang mit ADHS zusammenfasst:

Bereich Tipp/Strategie
Organisation Feste Plätze für Gegenstände, To-do-Listen, strukturierter Tagesablauf
Impulsivität Bewusstsein für Impulskäufe, Strategien zur Vermeidung
Stimmungsschwankungen Erkennen von Auslösern, Bewegung zur Spannungsabbau
Selbstwertgefühl Fokus auf Stärken, positives Selbstbild
Therapie Psychoedukation, Verhaltenstherapie, medikamentöse Therapie

Die Unterstützung eines Kindes mit ADHS erfordert Geduld, Verständnis und Kreativität. Eltern dürfen zuversichtlich sein, dass auch ihr Kind seinen Weg finden wird.

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