Panikattacken verstehen und bewältigen

Die Luft bleibt weg, Angstschweiss bricht aus. Panikattacken sind wie plötzliche Stürme in der Seele - sie überfallen unerwartet, entfesseln eine Welle intensiver Angst und hinterlassen oft Verwirrung und Unsicherheit in ihrem Gefolge.

Was sind Panikattacken?

Eine Panikattacke ist eine plötzlich auftretende heftige Angstreaktion, die sich gelegentlich bis zur Todesangst entwickeln kann. Sie tauchen plötzlich auf und fühlen sich überwältigend an. Betroffene fürchten eine akute Gefahr und erleben dabei unterschiedliche Symptome. Häufig treten Panikattacken im Zusammenhang mit Stress oder anderen belastenden Situationen auf. Die genaue Ursache ist aber nicht immer sofort erkennbar.

Charakteristisch für eine Panikattacke ist, dass die intensive und plötzliche Panik sich körperlich auswirkt. Typische Symptome sind Herzrasen, Schweissausbruch, Zittern und Mundtrockenheit.

Neben dem meistens auftretenden Angstgefühl gehören auch automatische und nicht willkürliche Gedanken dazu (zum Beispiel «Ich werde kollabieren!»). Praktisch immer treten auch körperliche Reaktionen auf. Das sind meist Zeichen des stressaktivierten vegetativen Nervensystems wie Herzrasen, heisser Kopf, Schwitzen, Zittern, Druck auf der Brust, Klossgefühl im Hals, hoher Blutdruck, Schwindel usw.

Oft stehen diese körperlichen Symptome derart im Vordergrund, dass die Betroffenen unsere Notfallstation aufsuchen mit dem Gedanken, dass eine schwere körperliche Krankheit, zum Beispiel ein Herzinfarkt vorliegt.

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Wie lange dauern Panikattacken?

Üblicherweise dauern derartige Zustände nicht länger als 30 Minuten an. Es gibt jedoch auch Panikattacken mit einer Dauer von wenigen Minuten oder mehreren Stunden.

Ursachen und Auslöser von Panikattacken

Beim Entstehen von Ängsten spielt die genetische Veranlagung eine grosse Rolle. Angsterkrankungen können familiär, also durch Vererbung oder auch «Modelllernen», also das Kopieren des Verhaltens von Bezugspersonen, mitbedingt sein.

Auch Stresssituationen wie Konflikte, Trennung oder finanzielle Schwierigkeiten haben einen starken Einfluss. Dasselbe gilt übrigens für psychosoziale Faktoren wie Gewalt in der Familie, Missbrauchs- oder Verlusterfahrungen.

Auch Persönlichkeitsmerkmale wie Perfektionismus oder «nicht Nein sagen können» führen zu Stress, was in der Folge auch Angstzustände begünstigen kann.

Stress, emotionale Belastungen und negative Denkmuster spielen bei der Entwicklung von Panikattacken und damit auch einer Panikstörung eine wichtige Rolle. Betroffenen rate ich daher, den eigenen Lebensstil zu überdenken.

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Andauernder Stress führt zu Spannungszuständen, welche die Entwicklung von Panikattacken begünstigen. Zudem kann es helfen, Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Yoga oder autogenes Training zu erlernen.

Panikattacken haben oftmals keinen offensichtlichen Auslöser. Anders als bei normaler Angst, die eine natürliche Reaktion des Körpers auf eine Gefahrensituation ist, tritt Panik in Momenten auf, in denen objektiv gesehen überhaupt keine Gefahr besteht.

Es gibt jedoch sehr wohl psychische Ursachen. Die möglichen psychischen Ursachen von Panikattacken sind vielfältig. Manchmal liegen sie längere Zeit zurück. Wer in der Kindheit schwierige Erfahrungen gemacht hat, im Alltag oft belastende Situationen erlebt oder sich überfordert fühlt, ist besonders gefährdet.

Panikattacken haben auch mit der Reizverarbeitung und dem Nervensystem zu tun. Eine konstante Überreizung durch Stress, durch übermässiges Konsumieren von negativen Nachrichten im Internet (Doomscrolling), zu wenig Schlaf usw.

Mögliche Auslöser

  • Stress
  • Konflikte
  • Trennung
  • Finanzielle Schwierigkeiten
  • Gewalt in der Familie
  • Missbrauchs- oder Verlusterfahrungen
  • Perfektionismus
  • Schwierige Kindheitserfahrungen

Situationsabhängige Panikattacken

  • Stressige Situationen entstehen beispielsweise im Job oder aufgrund familiärer Streitigkeiten.
  • Ebenso treten Panikattacken wegen Konflikten mit der Partnerin oder dem Partner auf, etwa im Falle einer Trennung oder Scheidung.
  • Auch Alkohol löst möglicherweise Panikattacken aus.
  • Koffein (z. B. in Kaffee) erhöht den Herzschlag.
  • Auch Schicksalsschläge führen mitunter zu Panikattacken. Dazu zählen beispielsweise traumatische Erlebnisse wie der Tod einer geliebten Person.
  • Auch ein Autounfall ist gegebenenfalls traumatisierend. Betroffene haben dann oft Panikattacken beim Autofahren mit entsprechenden Symptomen.
  • In einigen Fällen kommt es zu Panikattacken durch einen Nährstoffmangel.
  • Ebenso begünstigen einige körperliche Erkrankungen die Entstehung von akuter Angst und Panikattacken.

Panikstörung

Treten Panikattacken mehrmals auf und stören sie das gewöhnliche Leben der Person, so handelt es sich um eine Panikstörung. Wenn sie wiederholt auftreten, sprechen wir von einer Panikstörung.

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Definitionsgemäss treten Panikattacken ohne Auslöser auf. Dies im Gegensatz zu den Phobien, also den gerichteten Ängsten, bei denen ein Auslöser bekannt ist. Ein einfaches Beispiel dafür ist die Spinnenphobie.

Sowohl die Panikstörung als auch die Phobien zeichnen sich durch Vermeidungsverhalten aus, was das eigentliche Problem darstellt bei diesen Erkrankungen: Betroffene meiden dann Situationen, von denen sie denken, dass sie erneute Angstattacken provozieren. Dadurch werden die Panikattacken zwar tatsächlich seltener, aber die Personen werden im Alltag immer stärker eingeschränkt und vermeiden beispielsweise soziale Kontakte oder den öffentlichen Verkehr.

Diese «Angst vor der Angst» (sogenannte Erwartungsangst) wird dann zum eigentlichen Problem der Erkrankung.

Symptome einer Panikattacke

Die Symptome einer Panikattacke sind individuell und variieren unter Umständen in ihrer Intensität. Womöglich hat eine leichte Panikattacke ähnliche, aber mildere Symptome.

Die Panikattacke zeichnet sich durch ihre Plötzlichkeit aus. Die Symptome treten ohne Vorwarnung auf - unter anderem Herzrasen, Atemnot, Engegefühl in Brust und Kehle, Schwindel, Zittern, Mundtrockenheit, Übelkeit und Erbrechen.

Manche Menschen haben auch grosse Angst, vor lauter Panik verrückt zu werden und die Kontrolle über ihr Handeln zu verlieren.

Die Heftigkeit der Attacke ist derart prägend, dass selbst informierte Betroffene es für wahrscheinlich halten, dass gerade ein bedrohliches körperliches Problem vorliegt.

Vor allem Herzschlag und Atmung sind während einer Panikattacke anormal. Weil der Körper denkt, er sei in Gefahr, schüttet er die Stresshormone Cortisol und Adrenalin aus. Dadurch verengen sich Blutgefässe, was zu einem schnelleren Herzschlag und flacherem Atem bis hin zu Atemnot führen kann.

Diese Symptome sorgen dafür, dass Betroffene Todesängste ausstehen müssen. Weiter tritt starkes Schwitzen, Blässe sowie Zittern auf. Oft wird die Verdauung in Mitleidenschaft gezogen: berichtet wird von Übelkeit, Brechreiz oder Durchfall.

Neben dem starken Gefühl der Angst kann die sogenannte Depersonalisierung auftreten. Betroffene fühlen sich dann verwirrt oder als wären sie nicht ganz da. Bei einer Derealisierung erscheint die Umgebung unwirklich, als würde alles durch Milchglas wahrgenommen werden.

Was tun bei einer Panikattacke?

Es ist wichtig, selbst Ruhe zu bewahren, sich der betroffenen Person zuzuwenden und ihre Beschwerden ernst zu nehmen. Sprechen Sie mit der Person und leiten Sie sie zu einer regelmässigen, tiefen Bauchatmung an. Diese ruhige Zuwendung kann die Panik sehr rasch mildern. Fragen Sie konkret, wie Sie helfen können. Viele Betroffene haben Erfahrung und können sagen, was ihnen guttut.

Rufen Sie sich ins Gedächtnis, dass es sich nicht um eine körperliche Bedrohung handelt, sondern um eine Panikattacke. Vielen Betroffenen hilft es zudem, sich bewusst auf die Umgebung zu konzentrieren.

Es wird empfohlen, die Panikattacke an Ort und Stelle durchzustehen oder sich an einen ruhigen Platz in der unmittelbaren Umgebung zu begeben. Flüchten Sie weit weg, kann es zu einer Assoziation des Ortes mit der Panikattacke kommen und es besteht die Gefahr, dass Sie diesen Ort in Zukunft meiden werden.

Bleibe dort, wo du gerade bist, und versuche, ruhig in den Bauch zu atmen. Insbesondere die 4-7-8-Atmung hilft: Atme langsam durch die Nase ein und zähle dabei bis vier. Halte den Atem an und zähle bis sieben. Atme langsam durch den Mund aus und zähle dabei bis acht. Wiederhole die Übung, bis du dich beruhigt hast.

Mache dir klar, dass du gerade eine Panikattacke hast und dass diese wieder vergeht. Du wirst weder ersticken noch einen Herzinfarkt erleiden. Versuche nicht, die Panik zu unterdrücken. Gegendruck macht alles nur schlimmer. Lasse die Panikattacke zu, im Wissen, dass sie spätestens nach 30 Minuten vorüber ist.

Eine Art Skills-Box zum Mitnehmen kann dir helfen, die Zeit zu überbrücken: in einem Täschchen kannst du zum Beispiel einen Igelball zum Massieren, etwas Zitronensäurepulver, wovon du bei einer Panikattacke eine kleine Menge auf die Zunge tupfen kannst oder ein Öl mit einem beruhigenden Duft mit dir führen.

Versuche, dich auf etwas zu konzentrieren, das nicht angstauslösend ist. Die 5-4-3-2-1 Methode ist dabei ein gutes Hilfsmittel, um den Fokus auf die Gegenwart zu lenken und so der Angst weniger Raum zu geben. Wichtig dabei ist, dass du die Dinge nicht bewerten musst. Du darfst sie nur wahrnehmen - das ist alles.

Wenn du dich nicht beruhigen kannst und die Panik nicht vergeht, hole Hilfe. Sprich jemanden an, der in der Nähe ist. Rufe jemanden aus deiner Familie, einen Freundin oder 147 an. Oft hilft es, eine vertraute Stimme zu hören.

Lerne, die Signale und Vorboten einer Panikattacke zu erkennen. Wenn du merkst, dass du sehr gestresst bist und Reize nicht mehr richtig verarbeiten kannst, zeigt dies eine Überlastung deines Nervensystems an. Versuche dann, dich bewusst aus der Situation zu nehmen und dein Nervensystem zu regulieren, zum Beispiel, indem du ruhige Musik hörst, in einen reizarmen Raum gehst oder dich auf den Boden legst.

Behandlung von Panikattacken

Panikattacken und Panikstörungen sind bei frühzeitiger und richtiger Diagnose mit Psychotherapie gut behandelbar, zum Beispiel mit einer kognitiven Verhaltenstherapie oder einer Pharmakotherapie (Medikamente wie SSRI, SNRI).

Treten die Panikattacken mindestens einmal pro Monat auf, gehen Sie bestenfalls zu einer Ärztin oder einem Arzt. Dann liegt eventuell eine Panikstörung vor. Schliesst die medizinische Fachperson körperliche Ursachen aus, leitet sie Sie an eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten weiter.

Panikattacken behandeln Medizinerinnen und Mediziner üblicherweise mit einem medikamentösen und psychotherapeutischen Ansatz. Hierbei hat sich besonders die kognitive Verhaltenstherapie etabliert.

Bei akuten Panikattacken helfen Benzodiazepine, sogenannte Angstlöser. Diese sollten aber in Absprache mit dem Arzt in der Regel nur über kürzere Zeit eingenommen werden, da sie ein gewisses Abhängigkeitspotenzial haben.

Medikamentös kann die Attacke mit Notfallmedikamenten unterbrochen werden. Neben dem oben genannten Nachteil des fehlenden Lerneffekts machen diese Tranquilizer jedoch oftmals abhängig. Gewisse Antidepressiva oder auch Lavendelölpräparate sind hingegen etablierte und gut wirksame Basismedikamente, um die Frequenz und Intensität der Attacken zu senken.

Psychotherapeutische Behandlung

Die Behandlung einer isolierten Panikstörung ist die Domäne der Verhaltenstherapie, die auf einem lernpsychologischen Ansatz beruht: Betroffene sollen «lernen», dass Panikattacken zwar äusserst unangenehm, aber völlig ungefährlich sind und immer spontan wieder abklingen.

Je häufiger erlebt wird, dass die Angst vorbei geht und nichts von dem passiert ist, was in der Attacke befürchtet wurde, desto eher zieht sich die Angst zurück und die Attacken werden seltener. Dies setzt aber voraus, dass die Panikattacken erlebt und gewissermassen durchgestanden werden. Sobald sie unterbrochen werden, zum Beispiel durch Ablenkung, Vermeidung oder die Einnahme einer Notfallmedikation wird dieser Lernprozess unterbrochen.

Auch viele anderen Therapieansätze sind erfolgsversprechend. Neuere Methoden arbeiten beispielsweise mit akzeptanzbasierten Ansätzen, bei denen es um das möglichst wertfreie Annehmen der verschiedenen Gefühle, Gedanken und Körpersensationen während der Angst geht.

Kognitive Verhaltenstherapie

Dabei geht die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut dem Ablauf Ihrer Panikattacken auf den Grund. Unter Anleitung einer Fachperson stellen sich Patient:innen stufenweise ihren Ängsten, um ihr Vermeidungsverhalten abzulegen und besser mit ihrer Krankheit umzugehen. Oft wird der angstauslösenden Situation in einem ersten Schritt in der virtuellen Realität begegnet.

Konfrontationstherapien erfolgen einzeln oder in Gruppen.

Medikamentöse Behandlung

Typische Panikattacken-Medikamente sind Antidepressiva, vorrangig aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Ärztinnen und Ärzte setzen in diesem Zusammenhang häufig Citalopram oder Paroxetin ein. In einigen Fällen verschreiben Fachpersonen spezielle Beruhigungsmittel (Benzodiazepine).

Da Angststörungen oftmals zusammen mit Depressionen auftreten, können Antidepressiva Abhilfe schaffen. Üblicherweise werden selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) mit stimmungsaufhellender und angstlösender Wirkung verschrieben.

Panikattacken bei Kindern und Jugendlichen

Eine Panikattacke kann bereits bei Kindern und Jugendlichen auftreten. Doch nicht immer ist sie für Eltern als solche erkennbar.

Der Übergang vom Kind zur erwachsenen Person stellt viele Jugendliche vor Herausforderungen. Psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen haben stark zugenommen. Manchmal beherrscht die Angst sie so stark, dass sie regelrechte Panikattacken bekommen.

Sie haben Angst zu sterben, verrückt zu sein oder die Kontrolle zu verlieren.

Eine Panikattacke bei Jugendlichen kann sich nach aussen sehr dramatisch äussern - mit Schreien, Weinen oder Hyperventilation.

Die Symptome einer Panikattacke sind jedoch von aussen nicht immer sichtbar. Oftmals versuchen die betroffenen Teenager ihre Ängste zu verbergen. Deshalb kann es für Eltern schwierig sein, eine Panikstörung zu erkennen.

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