Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung: Dauerstress, Symptome und Behandlung

Zu den Traumafolgestörungen gehören die einfache und komplexe posttraumatische Belastungsstörung. Als Ursache liegt in jedem Fall eine traumatische Situation vor. Eine Reihe von Faktoren beeinflussen, ob eine Traumafolgestörung ausgebildet wird und es sich dabei um eine einfache oder komplexe posttraumatische Belastungsstörung handelt.

Ursachen einer Traumafolgestörung

Der Entstehung einer Traumafolgestörung geht in jedem Fall das Erleben einer traumatischen Situation voraus. Diese Situationen können zum Beispiel sexuelle oder körperliche Gewalterfahrungen, Missbrauchserfahrungen, Kriegserfahrungen, schwere Unfälle, Naturkatastrophen oder der gewaltsame Tod anderer sein. Allen Situationen ist gemein, dass die Betroffenen Gefühle von Hilflosigkeit und Kontrollverlust erleben. Die Art des Auslösers hat einen Einfluss darauf, ob eher eine einfache oder komplexe posttraumatische Belastungsstörung ausgebildet wird. Während bei der einfachen posttraumatischen Belastungsstörung ein Ereignis aussergewöhnlicher Bedrohung oder grauenhafter Natur zugrunde liegt, führen solche Ereignisse, die zudem länger andauern oder sich wiederholen und aus denen eine Flucht schwierig oder unmöglich ist, vermehrt zu einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung.

Ob eine Traumafolgestörung ausgebildet wird, hängt unter anderem von der Resilienz der betroffenen Person ab. Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit. Personen, die über eine bessere, allgemeine Stimmungslage verfügen, weniger häufig grübeln, weniger schnell Beunruhigung durch Alltagsstress erleben und eine grössere Zufriedenheit mit ihrer sozialen Rolle erleben, sind weniger anfällig für die Entstehung einer Traumafolgestörung nach dem Erleben einer potentiell traumatisierenden Situation.

Risikofaktoren zur Entstehung einer Traumafolgestörung

Es gibt einige Faktoren, die einen Einfluss auf die Entstehung, Schwere und den Verlauf einer posttraumatischen Belastungsstörung nehmen können. Einerseits gibt es unspezifische Risikofaktoren, die das Risiko für die Entstehung irgendeiner psychischen Erkrankung erhöhen. Dazu gehören zum Beispiel frühere Traumatisierung, Vorerkrankungen, frühe Trennungserlebnisse sowie geringe Ressourcen. Ein spezifischer Risikofaktor stellt der sogenannte Dosis-Wirkungs-Zusammenhang dar. Das beschreibt, dass die Schwere der posttraumatischen Belastungsstörung mit höherer Intensität und längerer Dauer des Traumas zunimmt. Ein weiterer spezifischer Risikofaktor ist die Intensität der emotionalen Reaktion auf das traumatische Erlebnis. Je stärker die Reaktion der betroffenen Person unmittelbar in der Situation ausfällt, desto wahrscheinlicher ist die Entstehung einer Traumafolgestörung. Wenn betroffene Personen in einen dissoziativen Zustand verfallen, scheint dies ein besonders verlässlicher Prädiktor für die spätere Entstehung einer Traumafolgestörung zu sein. Zuletzt spielt es auch eine Rolle, ob die betroffene Person von der traumatischen Situation überrascht wird oder sich darauf vorbereiten kann.

Risikofaktoren zur Entstehung einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung

Ob sich nach einem traumatischen Ereignis eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, kann von einigen Faktoren abhängen. Wie bereits erwähnt, führen insbesondere traumatische Erlebnisse, die länger andauern oder sich wiederholen und aus denen eine Flucht schwierig oder unmöglich ist, vermehrt zu einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung. Ein weiterer Risikofaktor ist das Alter. Je jünger die betroffene Person beim Erleben eines traumatischen Ereignis ist, desto wahrscheinlicher ist die Ausbildung einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung. Dieser Risikofaktor kommt besonders dann zum Tragen, wenn mehrere Traumata in entwicklungssensitiven Phasen auftreten, in denen sich der Selbstwert, die Selbstregulation und Selbstwahrnehmung ausbildet. Dies hat dazu geführt, dass die komplexe posttraumatische Belastungsstörung auch als Störung der Persönlichkeitsentwicklung beschrieben wird. Es hat sich jedoch gezeigt, dass eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung bei Erwachsenen genauso auftreten kann. Dies geschieht besonders häufig nach Fluchterfahrungen oder bei Opfern von organisierter und politischer Gewalt.

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Abgrenzung zu anderen Erkrankungen

Die Abgrenzung zu psychotischen Erkrankungen stellt häufig eine Herausforderung dar. Die Symptomatik einer Traumafolgestörung ähnelt in einigen Bereichen psychotischen Symptomen. So können Intrusionen als Stimmenhören fehlverstanden werden, das Hyperarousal kann als psychotischer Erregungszustand interpretiert werden und traumaverursachtes Misstrauen kann paranoid wirken. Weiter zeigen sich Ähnlichkeiten zwischen den Symptomen einer Traumafolgestörungen und der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Ähnliche Symptome sind Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation, zwischenmenschliche Schwierigkeiten sowie ein negatives Selbstkonzept.

Was ist ein Trauma?

Die Psychologie spricht dann von einem Trauma, wenn uns ein extrem bedrohliches Ereignis oder eine Reihe von Ereignissen widerfährt. «Diese Erfahrungen können tiefe Spuren hinterlassen und das psychische Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Besonders wenn Betroffene keine Möglichkeit hatten, das Erlebte zu verarbeiten, können langfristige Folgen auftreten», sagt Rahel Bachem. Zu den häufigsten Ursachen von traumatischen Erlebnissen zählen unterschiedliche Formen von Gewalt. Hinzu kommen sexuelle Gewalt, gewaltvolle Erlebnisse im Krieg oder körperliche und emotionale Gewalt in Beziehungen. Traumata können einmalig und zeitlich klar abgrenzbar sein, wie etwa ein Unfall oder eine Naturkatastrophe. Oft erleben Menschen aber auch sich wiederholende oder andauernde Belastungserfahrungen. Das ist etwa der Fall, wenn ein Kind über längere Zeit miterleben muss, wie der Vater die Mutter schlägt oder es selber jahrelang missbraucht wird.

Symptome der (komplexen) posttraumatischen Belastungsstörung

Während der potentiell traumatisierenden Situationen treten Symptome wie Amnesie, Derealisation, Depersonalisation, Einengung der Wahrnehmung sowie ein Gefühl der Gefühllosigkeit oder Abwesenheit auf. Eine Amnesie bezeichnet die Unfähigkeit, sich an Vergangenes zu erinnern, eine Derealisation bezeichnet eine abnorme oder verfremdete Wahrnehmung der Umwelt und die Depersonalisation bezeichnet eine abnorme oder verfremdete Wahrnehmung seiner selbst.

Nach der belastenden Situation kehrt das Trauma immer wieder unkontrolliert ins Bewusstsein zurück. Betroffene fühlen sich ins Trauma zurückversetzt und zeigen ähnliche Reaktionen wie während des Traumas selbst. Manchmal können die Erinnerungen kaum von der Realität unterschieden werden. Häufig leiden Betroffene unter Alpträumen und wachen mit Symptomen ähnlich einer Panikattacke auf. Reize, die an ein Trauma erinnern, wie zum Beispiel Gerüche, Geräusche oder Gefühle, lösen das Wiedererleben des Traumas aus.

Es lassen sich drei Symptomgruppen bilden, in die häufige Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung eingeordnet werden können. Diese drei Symptomgruppen sind Intrusionen, Vermeidungsverhalten und Hyperarousal. Intrusionen beschreiben das Wiedererleben des Traumas in Form von ungewollten Erinnerungen, Träumen, Bildern oder Gefühlen. Das Vermeidungsverhalten bezieht sich auf das Meiden von Reizen, die mit dem Trauma in Verbindung gebracht werden, wie Orte, Situationen oder Menschen. Das Hyperarousal beschreibt Symptome wie übertriebene Wachsamkeit, anhaltende Bedrohungswahrnehmung und Schreckhaftigkeit.

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Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung enthält zusätzlich zu den bereits beschriebenen Symptomgruppen drei weitere. Diese sind die beeinträchtigte Affektregulation, ein negatives Selbstkonzept und interpersonelle Probleme. Die beeinträchtigte Affektregulation bezeichnet eine zu starke oder zu geringe emotionale Reaktivität. Dazu gehört zudem eine Dissoziationsneigung bei Stress, das heisst, ein Ausfall von Wahrnehmungs- oder Bewusstseinsfunktionen. Das negative Selbstkonzept beschreibt anhaltende Selbstvorwürfe, ein Gefühl von Beschädigung oder Beschmutzung sowie ein niedriges Selbstwertgefühl.

Selbstcheck: Wichtige traumabezogene Symptome

  • Bei einem Trauma sind die Momente des Wiedererlebens häufig sehr lebhaft und fühlen sich so an, als würde man das Erlebte erneut durchleben.
  • Meiden Sie Orte oder Menschen, um traumatische Erinnerungen nicht aufzuwecken? Beide Vermeidungsstrategien sind typisch für traumatisierte Menschen. Oft sind sich Betroffene in der Situation jedoch nicht bewusst, wieso sie so handeln.
  • Fällt es Ihnen schwer, zur Ruhe zu kommen? Traumatisierte Menschen verharren häufig ihr Leben lang im Fluchtmodus. In diesem Modus kämpft der Körper ums Überleben.
  • Fühlen Sie oft nichts, weder sich selber noch anderen Menschen gegenüber? Traumatisierte Menschen empfinden Gefühle oft sehr unterschiedlich und wechselhaft. «Manche Betroffene können keine starken Gefühle mehr empfinden», sagt Psychologin Rahel Bachem. Zudem fühlen sich viele traumatisierte Menschen oft so, als wären sie «nicht richtig hier». «Sie erleben sich und ihre Umwelt als unwirklich, fremd oder wie durch einen Schleier betrachtet», beschreibt Bachem.
  • Haben Sie Probleme mit unkontrollierten, starken Gefühlsausbrüchen? «Menschen mit solchen Ausbrüchen haben meist ein schweres und tiefgreifendes Problem mit dem, was wir in der Psychologie Affektregulierung nennen», sagt Expertin Rahel Bachem. Dabei typisch seien eine erhöhte emotionale Reaktivität auf geringfügige Stressoren, gewalttätige Ausbrüche, rücksichtsloses oder selbstzerstörerisches Verhalten oder dissoziative Symptome unter Stress.

Stressassoziierte und affektive Erkrankungen

Stressassoziierte und affektive Erkrankungen beziehen sich auf psychische Störungen, die stark mit Stress und emotionalen Veränderungen verbunden sind. Diese Erkrankungen können durch chronischen Stress, traumatische Ereignisse oder emotionale Belastungen ausgelöst oder verschlimmert werden. Zu den affektiven Erkrankungen zählen insbesondere Störungen, die mit Stimmungsschwankungen einhergehen, wie Depressionen oder bipolare Störungen.

Was sind stressassoziierte und affektive Erkrankungen?

Stressassoziierte und affektive Erkrankungen sind komplexe psychische Störungen, die durch verschiedene innere und äussere Faktoren beeinflusst werden. Eine frühzeitige Diagnose und eine ganzheitliche Behandlung, die sowohl psychotherapeutische als auch medikamentöse Ansätze umfasst, sind entscheidend, um das Wohlbefinden der Betroffenen zu verbessern und langfristige Folgen zu vermeiden.

Stressassoziierte Erkrankungen

Stressassoziierte Erkrankungen entstehen durch langanhaltenden oder intensive Stress. Diese können sowohl körperliche als auch psychische Symptome verursachen.

  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): PTBS tritt nach traumatischen Erlebnissen wie Unfällen, Kriegserfahrungen, körperlicher Gewalt oder Missbrauch auf. Typische Symptome sind Flashbacks, Albträume, Vermeidungsverhalten und übermässige Erregung (Hyperaraousal). Betroffene fühlen sich oft emotional taub oder entfremdet.
  • Akute Belastungsstörung: Ähnlich wie PTBS tritt diese Störung kurz nach einem traumatischen Ereignis auf und hält nur für einige Tage oder Wochen an. Sie kann sich jedoch zu einer PTBS entwickeln, wenn sie nicht behandelt wird.
  • Anpassungsstörung: Eine Anpassungsstörung tritt als Reaktion auf belastende Lebensereignisse auf, wie etwa den Verlust eines geliebten Menschen, Scheidung oder Arbeitsplatzverlust. Die Symptome umfassen Angst, Depression, Reizbarkeit und ein Gefühl der Überforderung.
  • Burnout-Syndrom: Burnout entsteht durch chronischen beruflichen oder sozialen Stress. Es ist gekennzeichnet durch emotionale Erschöpfung, reduzierte Leistungsfähigkeit und eine zunehmende Distanzierung von der Arbeit oder dem sozialen Umfeld. Burnout ist stark mit Überforderung und einem Mangel an Erholung verbunden.

Affektive Erkrankungen

Affektive Erkrankungen betreffen das emotionale Erleben und die Stimmung.

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  • Depression: Depression ist eine der häufigsten affektiven Störungen. Sie ist gekennzeichnet durch anhaltende Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Interessenverlust, Schlafstörungen, Appetitveränderungen und manchmal auch Suizidgedanken. Depression kann sowohl durch Stress ausgelöst als auch durch eine genetische Prädisposition begünstigt werden.
  • Major Depression: Dies ist eine schwere Form der Depression, die länger als zwei Wochen anhält und die Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen, erheblich beeinträchtigt.
  • Dysthymie (Persistierende Depressive Störung): Disthymie ist eine weniger schwere, aber chronische Form der Depression, die über Jahre hinweg bestehen kann.
  • Bipolare Störung: Die bipolare Störung ist durch extreme Stimmungsschwankungen gekennzeichnet, die zwischen manischen Phasen (übermässig gehobene oder gereizte Stimmung, erhöhte Energie, Impulsivität) und depressiven Phasen wechseln. Diese Schwankungen können das soziale Leben und die Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen.
  • Zyklothymie: Zyklothymie ist eine mildere Form der bipolaren Störung, bei der die Stimmungsschwankungen weniger extrem, aber über längere Zeiträume hinweg anhaltend sind.

Entstehung und Ursachen von stressassoziierten und affektiven Erkrankungen

Die Ursachen sind multifaktoriell und beinhalten eine Kombination von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren:

  • Biologische Faktoren: Genetische Veranlagung, Neurotransmitter-Ungleichgewichte (wie Serotonin, Dopamin und Naradrenalin), hormonelle Veränderungen (z. B. in der Stressachse mit Cortisol) spielen eine Rolle.
  • Psychologische Faktoren: Traumatische Erlebnisse, chronische Überlastung, negative Denkmuster und ein Mangel an Bewältigungsmechanismen.
  • Soziale Faktoren: Familiäre, berufliche und finanzielle Probleme, Mobbing, soziale Isolation oder belastende Lebensumstände können die Entwicklung dieser Störungen begünstigen.

Diagnostik

Ein Arzt oder Psychotherapeut führt ein ausführliches Gespräch über die Symptome, die Dauer der Beschwerden und mögliche Auslöser. Zudem werden psychologische Tests wie Fragebögen und ein strukturiertes Interview zur Bestätigung der Diagnose durchgeführt. Um körperliche Ursachen (wie hormonelle Störungen oder neurologische Probleme) auszuschliessen, werden oft Bluttests oder bildgebende Verfahren durchgeführt.

Behandlungen

Die Posttraumatische Belastungsstörung äussert sich unter anderem durch emotionale Abgestumpftheit, Ängste und Schlafstörungen. Da die Störung gut auf therapeutische Behandlung anschlägt, sollten sich Betroffene unbedingt Hilfe suchen.

Mit entsprechender therapeutischer Hilfe kann eine Posttraumatische Belastungsstörung häufig gut bearbeitet und überwunden werden. Wichtig ist daher, bei entsprechendem Verdacht frühzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Je länger die Symptome unbehandelt bleiben, desto höher ist das Risiko einer Chronifizierung, desto schwerwiegender sind die Auswirkungen auf Ihren Alltag und Ihr Umfeld und desto grösser wird der Behandlungsaufwand, um eine Symptomverbesserung zu erzielen.

Nachdem eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung zum Patienten bzw. Nach erfolgreicher Etablierung dieser Techniken beginnt behutsam die Konfrontationsphase, in welcher Patientinnen und Patienten mit dem traumatischen Ereignis konfrontiert werden. Dabei behalten sie immer die Kontrolle über das Geschehen. Unterstützend können manchmal auch medikamentöse Behandlungen zusätzlich durchgeführt werden.

Therapeutische Ansätze

  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine der effektivsten Methoden, um mit stressassoziierten und affektiven Störungen umzugehen. Sie hilft den Betroffenen, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern.
  • Traumatherapie: Traumatherapie ist bei PTBS und akuten Belastungsstörungen besonders wirksam.
  • Medikamentöse Behandlung: Antidepressiva werden häufig zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen eingesetzt. Stimmungsstabilisatoren und Antipsychotika werden bei bipolaren Störungen eingesetzt, um die Stimmungsschwankungen zu regulieren.
  • Stressbewältigungsstrategien: Stressbewältigungsstrategien wie Achtsamkeit, Meditation, Progressive Muskelentspannung und Yoga können helfen, die physiologischen und psychischen Auswirkungen von Stress zu reduzieren.
  • Soziale Unterstützung: Ein stabiles soziales Netzwerk und Unterstützung durch Freunde, Familie oder Selbsthilfegruppen sind entscheidend für die Genesung.

Spezielle Trauma-Therapieformen

  • Prolongierte Exposition: Bei der prolongierten Exposition leitet die Therapeutin den Patienten dazu an, sich die traumatischen Geschehnisse vor seinem inneren Auge zu vergegenwärtigen und darüber so zu berichten, als ob sie gerade geschehen würden. Die prolongierte Exposition ist besonders wirksam bei postraumatischen Störungen, insbesondere wenn das Trauma gut abgrenzbar und spezifisch ist (z. B. Verkehrsunfälle, Überfälle, Naturkatastrophen).
  • Narrative Expositionstherapie: Bei dieser Methode geht es darum, dass Patientinnen und Patienten ihre Biographie von der Geburt bis in die Gegenwart möglichst detailliert erzählen. Mit der exakten Erzählung ordnen die Betroffenen die Geschehnisse räumlich und zeitlich ein. Erfahrenes erhält so einen Kontext. Die behandelnde Person unterstreicht dabei, dass die Ereignisse in der Vergangenheit liegen. «Mit diesem Vorgehen kommt es zu einer Nachverarbeitung im Gedächtnis.
  • Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR): Bei dieser Therapieform vergegenwärtigt sich die betroffene Person das traumatische Ereignis in Gedanken und Gefühlen und erlebt es auf diese Weise nochmals. Das sorgt für eine zusätzliche Stimulierung der Sinne. Man gehe davon aus, dass durch das zusätzliche Stimulieren das Gehirn der betroffenen Person in der Lage sei, die Erinnerung an das traumatische Erlebnis schneller zu verarbeiten, sagt Traumaexpertin Rahel Bachem.
  • Imaginative Verfahren: Die Kraft der Imagination steht bei dieser Methode im Zentrum der Therapie. Die behandelnde Person gibt lediglich den Rahmen der Imagination vor. Die traumatisierte Person erzählt, was sie auf ihrer inneren Bühne wahrnehmen kann.
  • Kognitive Therapie: Diese Therapie wird sehr breit zur Behandlung von seelischen Problemen eingesetzt und zählt zu einer der am besten erforschten psychotherapeutischen Methoden. Es geht darum, sich schlechter Gedanken und Vorstellungen im Zusammenhang mit einem Trauma bewusst zu werden.

Ablauf einer Traumatherapie

  1. Stabilisierung: Zu Beginn einer Behandlung geht es darum, eine Beziehung aufzubauen und die betroffene Person bei Bedarf mit professioneller Unterstützung zu stabilisieren. Wenn jemand etwa akute Ängste hat, kaum noch schläft und sein Nervensystem chronisch überreizt ist, könnten auch Medikamente für die Phase der Stabilisierung Sinn machen.
  2. Konfrontation: Im nächsten Schritt arbeitet die betroffene Person zusammen mit der Therapeutin oder dem Therapeuten an der Konfrontation ihres Traumas. Die Aufarbeitung eines Traumas verläuft bei jeder Person unterschiedlich. Entsprechend sei es schwierig, hier überhaupt eine Aussage treffen zu können, sagt Bachem.

Häufige Fragen

  • Welche Rolle spielt das Gehirn bei affektiven und stressassoziierten Erkrankungen? Das Gehirn ist massgeblich an diesen Erkrankungen beteiligt. Ungleichgewichte in Neurotransmittern mit Serotonin, Dopamin und Noradrenalin können Stimmungsschwankungen und emotionale Störungen auslösen. Bei stressassoziierten Erkrankungen wird oft eine Überaktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenfinden-Achse (HPA-Achse) beobachtet, die den Körper in einen dauerhaften Alarmzustand versetzt und zu physischen und psychischen Symptomen führt.
  • Können stressassoziierte und affektive Erkrankungen geheilt werden? Viele Menschen können durch eine angemessene Behandlung eine deutliche Verbesserung ihrer Symptome erfahren oder sogar vollständig genesen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass einige Erkrankungen chronisch verlaufen können, weshalb eine kontinuierliche Behandlung und Stressbewältigung entscheidend sind, um Rückfälle zu vermeiden.
  • Wann sollte ich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen? Wenn Sie oder jemand in Ihrem Umfeld über einen längeren Zeitraum hinweg an Symptomen wie Traurigkeit, Angst, anhaltenden körperlichen Beschwerden, Schlafstörungen oder einer erheblichen Beeinträchtigung des Alltags leiden, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Besonders wichtig ist dies, wenn Gedanken an Selbstverletzung oder Suizid auftreten.

Traumafolgestörungen fallen - was die Diagnose angeht - unter die sogenannten psychischen Störungen. Ihre Therapie zahlt die Grundversicherung, sofern eine ärztliche Verordnung vorliegt. Meist umfasst diese 15 bis 30 Sitzungen.

Wie viele Menschen sind betroffen?

Es wird geschätzt, dass in der Schweiz jede hundertste Person einmal im Leben eine PBTS entwickelt.

Wie viele Personen aus einem Trauma eine PBTS entwickeln, hängt auch von der Schwere des Traumas ab. Bei Vergewaltigungs- sowie Kriegs- und Folteropfer sind es etwa die Hälfte aller Personen, die später an PBTS leiden.

Tabelle: Überblick über Stressassoziierte und Affektive Erkrankungen

Erkrankung Beschreibung Typische Symptome
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Tritt nach traumatischen Erlebnissen auf Flashbacks, Albträume, Vermeidungsverhalten, Hyperarousal
Akute Belastungsstörung Tritt kurz nach einem traumatischen Ereignis auf Ähnlich wie PTBS, jedoch kürzer
Anpassungsstörung Reaktion auf belastende Lebensereignisse Angst, Depression, Reizbarkeit, Überforderung
Burnout-Syndrom Chronischer beruflicher oder sozialer Stress Emotionale Erschöpfung, reduzierte Leistungsfähigkeit, Distanzierung
Depression Häufige affektive Störung Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Interessenverlust, Schlafstörungen
Bipolare Störung Extreme Stimmungsschwankungen Manische und depressive Phasen

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