Die Psychologie ist ein faszinierendes Feld, das uns hilft, das komplexe menschliche Verhalten besser zu verstehen. Einige psychologische Experimente sind nicht nur aufschlussreich, sondern auch überraschend unterhaltsam. Dieser Artikel beleuchtet einige dieser kuriosen Studien.
Warum wir uns nicht selbst kitzeln können
Es ist ein bekanntes Phänomen: Andere zu kitzeln, ist kein Problem, aber wenn man versucht, sich selbst zu kitzeln, funktioniert es einfach nicht. Forscher haben ein mathematisches Modell entwickelt, um zu erklären, warum unser Gehirn zwischen internen und externen sensorischen Reizen unterscheidet.
Das Modell zeigt, dass unser Gehirn konstant sensorische Informationen verarbeitet und dabei unterscheidet, ob wir selbst der Verursacher sind oder jemand anderes. Studienleiterin Anna-Lena Eckert erklärt: «Dies erklärt, warum wir uns nicht selbst kitzeln können oder warum wir in einer dunklen Strasse den Schritten einer fremden Person mehr Aufmerksamkeit schenken als unseren eigenen.»
Zwei unabhängige Experimente bestätigten das Modell. Im ersten Experiment wurde die Wahrnehmung eines Vibrationsreizes am Finger durch Gehirnvorhersagen beeinflusst, was auf eine sensorische Abschwächung hinweist. Im zweiten Experiment wurde eine eingefügte Zeitverzögerung bei aktiven Handbewegungen weniger stark wahrgenommen.
Diese Erkenntnisse könnten langfristig dazu beitragen, psychische Störungen wie Schizophrenie besser zu verstehen, bei denen eine veränderte sensorische Abschwächung eine Rolle spielen könnte.
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Verliebt machen in 45 Minuten: Das 36-Fragen-Experiment
Kann man jemanden verliebt machen? Ein Experiment des US-amerikanischen Psychologen Arthur Aron aus den 1980er-Jahren legt dies nahe. In der Studie «Die experimentelle Erzeugung zwischenmenschlicher Nähe» beantworten sich zwei fremde Menschen abwechselnd 36 Fragen über 45 Minuten.
Die Fragen sind intim und persönlich und schaffen Nähe. Judith Oehler vom SRF erklärt: «Wir öffnen uns und dadurch entsteht Intimität: Ich weiss etwas vom anderen, das vielleicht niemand anders weiss.» Diese Intimität kann allenfalls in Verliebtheit münden.
Nach den 36 Fragen sollen sich die beiden Menschen vier Minuten lang in die Augen schauen. Dieser Blick scheint uns etwas sehen oder spüren zu lassen, was eine grosse Nähe bewirkt - auch auf der physischen Ebene.
Hier sind einige der 36 Fragen:
- Wenn du dir eine Person auf der Welt aussuchen könntest: Wen hättest du gerne als Gast zum Abendessen?
 - Wärst du gerne berühmt? Auf welche Art?
 - Hast du jemals einstudiert, was du am Telefon sagen willst, bevor du jemanden angerufen hast? Warum?
 - Wie würdest du einen perfekten Tag beschreiben?
 - Wann hast du das letze Mal für dich gesungen? Für jemand anderen?
 - Wenn du 90 Jahre alt werden könntest und du ab dem 30. 60 Jahre behalten könntest, was würdest du wählen?
 - Hast du eine geheime Vorahnung davon, wie du sterben wirst?
 - Nenne drei Dinge, die du und dein Gegenüber offenbar gemeinsam haben.
 - Für welchen Aspekt deines Lebens bist du am dankbarsten?
 - Wenn du irgendetwas an der Art ändern könntest, wie du aufgezogen wurdest, was wäre das?
 - Nimm dir vier Minuten, um deinem Partner so viel von deiner Lebensgeschichte zu erzählen, wie möglich.
 - Wenn du morgen mit einer Qualität oder Fähigkeit aufwachen könntest, welche wäre das?
 - Wenn eine Kristallkugel dir die Wahrheit über dich selbst, dein Leben, die Zukunft oder irgendetwas anderes sagen könnte, was würdest du wissen wollen?
 - Gibt es etwas, von dem du schon sehr lange träumst? Warum hast du es noch nicht getan?
 - Was ist die grösste Leistung deines Lebens?
 - Was schätzt du an einer Freundschaft am meisten?
 - Was ist deine wertvollste Erinnerung?
 - Was ist deine schlimmste Erinnerung?
 - Wenn du wüsstest, dass du in einem Jahr plötzlich sterben würdest, würdest du irgendetwas an der Art ändern, wie du jetzt lebst? Warum?
 - Was bedeutet Freundschaft für dich?
 - Welche Rolle spielen Liebe und Zuneigung in deinem Leben?
 - Erzählt euch abwechselnd, welche positiven Eigenschaften euer Gegenüber hat. Nennt insgesamt fünf Charakterzüge.
 - Wie nahe steht sich deine Familie? Hast du das Gefühl, deine Kindheit war glücklicher als die der meisten anderen Menschen?
 - Wie stehst du zu der Beziehung zu deiner Mutter?
 - Macht drei wahre «Wir»-Aussagen über euch. Zum Beispiel «Wir sind gerade in diesem Raum und fühlen uns...»
 - Vervollständige diesen Satz: «Ich wünschte, ich hätte jemanden, dem ich erzählen könnte, dass...»
 - Wenn dein Gegenüber einer enger Freund von dir werden würde, was müsste er über dich wissen?
 - Sag deinem Gegenüber, was du an ihm magst. Sei sehr ehrlich und sag etwas, das du normalerweise jemandem nicht sagen würdest, den du gerade kennengelernt hast.
 - Teile einen peinlichen Moment aus deinem Leben mit deinem Gegenüber.
 - Wann hast du das letzte Mal vor einem anderen Menschen geweint? Wann hast du das letzte Mal alleine geweint?
 - Erzähle deinem Gegenüber, was du jetzt schon an ihm magst.
 - Was - wenn es überhaupt etwas gibt - ist zu ernst, um Witze darüber zu machen?
 - Wenn du heute Abend sterben würdest, ohne die Möglichkeit zu haben, mit irgendjemandem zu kommunizieren, was würdest du am meisten bedauern, nicht gesagt zu haben? Warum hast du es demjenigen noch nicht gesagt?
 - Dein Haus, in dem sich alles befindet, was du besitzt, fängt Feuer. Nachdem du deine Lieben und Haustiere gerettet hast, hast du noch aus, um eine Sache aus dem Haus zu retten. Was wäre das? Warum?
 - Von allen Menschen in deiner Familie - wessen Tod würde dich am meisten mitnehmen? Warum?
 - Teile ein persönliches Problem mit deinem Gegenüber und bitte ihn um Rat, wie es lösen würde. Bitte ihn ausserdem, dir zu sagen, wie du dich mit dem Problem fühlst.
 
Robotik gegen Einsamkeit: Der Lovot-Effekt
In Japan, wo die Bevölkerung altert und viele ältere Menschen einsam sind, wird der interaktive Hausroboter Lovot eingesetzt, um der Einsamkeit entgegenzuwirken. Lovot hat Sensoren und eine 360-Grad-Kamera, kann sich Gesichter merken und reagiert auf seinen Namen.
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Studien haben gezeigt, dass Lovot die Zufriedenheit älterer Menschen merklich steigert und pflegende Angehörige entlasten kann. Durch die Interaktion mit dem Roboter fühlen sich die Menschen verantwortlich und wertvoll.
Moralische Dilemmata: Ethische Entscheidungen auf dem Prüfstand
Um ethische Prinzipien auf den Prüfstand zu stellen, konstruieren Ethiker Gedankenexperimente, in denen sie moralische Dilemmata in zugespitzter Form präsentieren. Einige Beispiele:
- Das Gleisarbeiter-Dilemma: Ein ausser Kontrolle geratenes Tram rast auf fünf Gleisarbeiter zu. Soll man es auf ein anderes Gleis umleiten, auf dem sich ein einzelner Arbeiter befindet?
 - Das «Dicker-Mann»-Dilemma: Eine Lore rast auf fünf Gleisarbeiter zu. Soll man einen dicken Mann von einer Brücke stossen, damit sein Körper die Lore stoppt, obwohl dies seinen Tod verursachen würde?
 - Das Chirurgen-Dilemma: Ein Chirurg hat fünf Patienten, die ein Spenderorgan benötigen. Soll er einen gesunden Touristen als unfreiwilligen Organspender benutzen, um die fünf Patienten zu retten?
 - Sophies Entscheidung: Eine Frau im Konzentrationslager muss entscheiden, welches ihrer beiden Kinder sie behalten darf.
 - Das Terroristen-Dilemma: Soll man einen Terroristen foltern, um Informationen über versteckte Bomben zu erhalten?
 - Das Unfall-Dilemma: Man überfährt einen Fussgänger. Eine andere Frau glaubt, sie sei die Schuldige. Soll man die Schuld auf sich nehmen oder die Frau irrtümlich belasten?
 - Das Robin-Hood-Dilemma: Soll man einen Bankräuber verraten, der seine Beute an ein Kinderheim spendet?
 
Der Zuschauereffekt: Warum helfen Menschen in der Menge weniger?
Der Fall Kitty Genovese, die 1964 in New York ermordet wurde, inspirierte Latané und Darley zu einer Studie über den Zuschauereffekt. Dabei wurde festgestellt, dass je grösser die Anzahl der Zuschauenden bei einem Vorfall ist, desto geringer ist die Bereitschaft der Einzelnen, dem Opfer zu helfen.
In einem Experiment hörten Teilnehmende über eine Gegensprechanlage einen epileptischen Anfall. Wenn die Versuchsperson glaubte, als einzige Person den Anfall gehört zu haben, wurde in 85 Prozent der Fälle innert 60 Sekunden geholfen. Wenn sie glaubten, dass noch vier weitere Personen zuhören, halfen nur 31 Prozent innerhalb von 60 Sekunden.
Soziale Einflüsse: Das Stanford-Experiment und das Konformitätsexperiment von Asch
Wie stark werden Individuen von ihrem sozialen Umfeld beeinflusst? Ross und Samuels zeigten 1993 in einem Experiment, dass der Name eines Spiels («Das Wall-Street-Spiel» vs. «Das Gemeinschaftsspiel») einen erheblichen Einfluss auf das Spielverhalten der Teilnehmenden hatte, unabhängig von ihren Persönlichkeitseigenschaften.
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Im Konformitätsexperiment von Solomon Asch gaben 76 Prozent der Teilnehmenden bei mindestens einem Durchgang eine offensichtlich falsche Antwort an, um mit den Antworten der Gruppe zu harmonieren.
Die Wissenschaft des Humors: Eine ernste Angelegenheit
Humorforschung wird von Psychologen, Linguisten, Soziologen und anderen betrieben. Entsprechend vielfältig und komplex ist der Diskurs. Humor hat je nach Kulturkreis unterschiedliche Bedeutungen.
Willibald Ruch, Professor für Psychologie an der Universität Zürich, entwickelte einen Witztest, um den Zusammenhang zwischen Witzpräferenzen und Persönlichkeit zu untersuchen. Er fand heraus, dass konservative Menschen Blondinenwitze lieben, während Nonsenswitze Progressive und Intellektuelle zum Lachen bringen. Auch zeigte die Studie, dass Menschen, die Sexwitze lustig finden, überdurchschnittlich sexuell aktiv sind.
Andere Studien untersuchen, ob man in einem Theater einen Witz gleich lustig findet wie zu Hause, messen die Muskelbewegungen im Gesicht beim Lachen oder schauen, welche Hirnregionen Lustiges verarbeiten.
Humor und Terrorismus
Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 suchten Forscher nach Witzen, die ihren Ursprung in diesem tragischen Ereignis hatten. Humor ist ein beliebtes Mittel, um mit schrecklichen Ereignissen fertig zu werden. Der Feind kann dabei zum Beispiel domestiziert werden, wie Usama bin Ladin, der in Cartoons als Weihnachtsmann auftritt.
Weitere interessante psychologische Forschungsbefunde
Hier sind einige weitere interessante psychologische Forschungsbefunde aus der aktuellen Fachliteratur:
- Bumerangfragen: Ein Gesprächsmuster, bei dem man nach einer kurzen Antwort ausführlich von sich selbst erzählt.
 - Der Einfluss von Online-Inhalten auf die Stimmung: Was wir online suchen und lesen, kann unsere Stimmung und mentale Gesundheit beeinflussen.
 - Kulturelle Unterschiede durch den Anbau von Reis vs. Weizen: Ob unsere Vorfahren Reis oder Weizen angebaut haben, könnte unser Denken und Verhalten bis heute beeinflussen.
 - Der Hyper-Optimismus von Kindern: Kinder sind optimistischer und vertrauen anderen schneller als Erwachsene.
 - Die Auswirkungen von Armut: Armut hat weitreichende Konsequenzen für Betroffene.
 - Die Bedeutung von effektivem Lernen: In einer Welt mit Komplexität und ständigem Wandel ist es entscheidend, effektiv von anderen zu lernen.
 - Gehirnjogging: Können wir den Begriff „Gehirnjogging“ wörtlicher nehmen als es Ratgeberautor*innen vorschlagen?
 - Regelkonformität: Unsere Gesellschaft baut darauf auf, dass sich Menschen an Regeln halten.
 - Die Rolle des Witzes im Unbewussten: Sigmund Freud beschäftigte sich ausgiebig mit der Rolle eines gut erzählten Witzes.
 - Veränderungen im Konsumverhalten: Veränderungen im Konsumverhalten sind wichtig, um den Klimawandel abzuschwächen.
 - Zoom-Fatigue: Was macht virtuelle Meetings erschöpfend?
 - Der Mythos Linkshändigkeit: Denken Linkshändige wirklich anders als Rechtshändige?
 - Verlustaversion: Verluste wiegen stärker als Gewinne.
 - Stereotypen über Einzelkinder: Sind Einzelkinder narzisstischer als Geschwisterkinder?
 - Wandernde Gedanken: Wandernde Gedanken können mittels Achtsamkeitstraining vermindert werden.
 - Der Serial Position Effect: Personen entscheiden sich häufig für die erste oder die letzte Option.
 - Beweggründe für vegetarische oder vegane Ernährung: Gesundheits-, Umwelt- und Tierschutzbezogene Bedenken sind die zentralsten Beweggründe.
 - Ausgrenzung am Arbeitsplatz: Das subjektive Erleben, von anderen Personen am Arbeitsplatz ignoriert oder ausgeschlossen zu werden, senkt die Arbeitszufriedenheit und Produktivität.
 - Die Auswirkungen von Natur und Tieren: Es gibt kaum Zweifel daran, dass man sich durch den Aufenthalt in der Natur und den Kontakt mit Tieren etwas Gutes tut.
 - Das Geheimnis der Gedächtnisleistung: Unsere Gedächtnisleistung ist an die Struktur unserer Umwelt angepasst.
 - Distanced Self-Talk: Mit oder über sich selbst sprechen und dabei Ihren eigenen Namen anstatt «Ich» verwenden.
 - Verschwörungstheorien: Psychologische Faktoren, die Verschwörungstheorien zugrunde liegen.
 - Ansteckendes Gähnen: „Ansteckendes Gähnen“ hängt mit der Empathie-Fähigkeit einer Person zusammen.
 
Diese Experimente und Forschungsbefunde zeigen, wie vielfältig und spannend die Psychologie sein kann. Sie bieten uns wertvolle Einblicke in das menschliche Verhalten und helfen uns, uns selbst und andere besser zu verstehen.
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