Hausaufgaben und ADHS: Tipps für Eltern zur Unterstützung ihrer Kinder

Die Schulzeit kann für Kinder mit ADHS und ihre Eltern eine tägliche Herausforderung darstellen. Elpos weiss, dass die Schule für Eltern betroffener Kinder ein herausforderndes und oft belastendes Thema ist. Je nach Ausprägung der Symptome, können sein soziales Verhalten oder Schwierigkeiten mit dem Lernen grossen Druck aufs Elternhaus ausüben, der letztlich das ganze Familiensystem betrifft. Doch mit dem richtigen Wissen und den passenden Strategien können Eltern viel bewirken.

Die Herausforderungen von ADHS in der Schule

Eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) aus dem Jahr 2014 zeigt, dass ADHS-Symptome in bestimmten Bereichen zu starken Beeinträchtigungen führen:

  • Bewältigung von Hausaufgaben
  • Verhalten im Schulunterricht
  • Verhalten allgemein in der Schule
  • Soziale Beziehungen zu Gleichaltrigen

Oft konfrontiert mit dem Unverständnis oder Schuldzuweisung der Gesellschaft, reagieren Eltern manchmal auch gegenüber der Schule mit Schweigen oder Widerstand. Eine Haltung, die das Kind jedoch nicht unterstützt und zur Falle werden kann.

Transparenz und Zusammenarbeit mit der Schule

Informieren Sie die Lehrperson Ihres Kindes spätestens dann über die ADHS, wenn Sie eine Verstärkung der Symptome feststellen. In der ADHS-Beratung erleben wir häufig eine grosse Verunsicherung der Eltern, wie sie mit der Schule umgehen sollen. In der Regel empfehlen wir den «Brückenschlag», um eine tragfähige Unterstützung aufzubauen. Sie haben es in der Hand, durch die Transparenz eine Vertrauensbasis zu schaffen, bevor die Situation eskaliert und sich die Fronten verhärten.

Für die Lehrperson ist es hilfreich zu wissen, welche Strukturen bei Ihnen zuhause wirksam sind, weil sie diese eventuell auch für den Unterricht adaptieren kann. Gemäss ZHAW-Forschungsbericht sind die am häufigsten genannten Gründe: Besorgnis betreffend Kompetenzen der Lehrperson in Bezug auf ADHS. Angst vor Vorwürfen, Vorurteilen, Verständnislosigkeit und Überforderung der Lehrperson mit dem Kind. Schlechte Erfahrungen mit anderen Lehrpersonen sind ebenfalls ein Grund für die Nichtinformation.

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Die Studie hält fest, dass 93 Prozent der Klassenlehrpersonen von den Eltern über die ADHS-Betroffenheit ihres Kindes informiert wurden. Dies in der Hoffnung, dass daraus ein bessere Zusammenarbeit, Verständnis und Akzeptanz der Diagnose resultiert.

Es ist unangenehm, wenn sich die Schule beschwert und eine solche Forderung stellt. Sie löst Widerstand oder Schuldgefühle aus. Wenn Sie Ihr Kind unterstützen wollen, dann signalisieren Sie der Schule Gesprächsbereitschaft. Falls es für Sie ein schwerer Gang ist, wenden Sie sich an eine Fachperson, die Sie begleitet.

Tipps für Gespräche mit Lehrpersonen

  • Zeigen Sie Grösse und Kooperationsbereitschaft, gehen Sie auf Augenhöhe mit der LP.
  • Führen Sie mit der Lehrperson nie ein Gespräch zwischen Tür und Angel.
  • Bereiten Sie sich mit einer Liste auf die Punkte vor, die Sie gerne besprechen würden.
  • Klagen Sie nicht an. Schuldzuweisungen sind nicht konstruktiv. Fordern Sie stattdessen Unterstützung.

Weil wir mit unseren betroffenen Kindern sehr verbunden sind, fehlt uns manchmal die nötige Distanz bei solchen Gesprächen. Wenn Sie spüren, dass Sie der Begegnung emotional nicht gewachsen sind, lassen Sie sich von jemandem begleiten, der mit Ihrer Situation vertraut ist.

Wenn Sie trotz Kooperation nicht weiter kommen, ziehen Sie eine Fachperson (Arzt, ADHS-Beratung) bei und verlangen sie ein Standortgespräch mit der Schulleitung. Ziehen Sie die Notbremse, wenn die Lehrperson trotz allen Massnahmen nicht aus ihrer negativen Haltung gegenüber dem Kind heraus kommt.

Nachteilsausgleich

Der Anspruch auf Nachteilsausgleich hat sich aus verschiedensten Auflagen aus der Bundesverfassung (BV) entwickelt. Der Nachteilsausgleich ist sinnvoll und wichtig. Es ist aber nicht einfach, für die Betroffenen einen sinnvollen Nachteilsausgleich zu finden. Die Nicht-Betroffenen dürfen dadurch nicht benachteiligt werden. Die betroffene Person muss deshalb trotz Nachteilsausgleich die genau gleiche Leistung erbringen wie die Nicht-Betroffene.

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In den Kernelementen beschrieben, muss der Nachteilsausgleich individuell festgelegt werden. Ein Kind mit ADHS hat andere Bedürfnisse.

Das Verständnis der Aufmerksamkeit bei ADHS

Wie kann es sein, dass sich ein Kind in der Schule und bei den Hausaufgaben ständig ablenken lässt, während es sich beim Spielen, Fernsehen oder Gamen stundelang konzentrieren kann? Als Mutter oder Vater haben Sie sicherlich schon häufig ungläubig den Kopf darüber geschüttelt. Ist auch Ihr Kind wie ausgewechselt, wenn es sich seine Tätigkeit selbst aussuchen kann?

Wir können ableiten, dass sich Kinder mit ADHS anders konzentrieren: Ihr „hinteres Aufmerksamkeitssystem“ ist hoch aktiv und sorgt dafür, dass Betroffene blitzschnell von neuen, spannenden oder emotionalen Reizen angezogen werden. Auf der anderen Seite ist die bewusste Aufmerksamkeitslenkung im vorderen Aufmerksamkeitssystem durch die relativ häufigen Gedankenabschweifungen und Tagträumereien vielfach blockiert. ADHS ist demnach kein „Aufmerksamkeitsdefizit“, sondern ein „Aufmerksamkeits- lenkungsdefizit“.

Gleichzeitig kann die Verträumtheit ADHS-Betroffener Kinder als Stärke genutzt werden. Denn indem Kinder ihre Aufmerksamkeit nach innen richten, können sie Erlebnisse verarbeiten, neue Ideen entwickeln, Pläne schmieden und sich abgrenzen. Viele kreative Menschen - Künstler, Schriftsteller, Unternehmer - sind Träumer.

Tipps zur Nutzung der Verträumtheit als Stärke

  • Helfen Sie Ihrem Kind, seine Phantasie und das Träumen zu nutzen, indem Sie dieses zulassen, ihm ab und zu aber auch eine Richtung geben.
  • Nutzen Sie Rollenspiele, um Ihr Kind zu motivieren.
  • Ermutigen Sie Ihr Kind, seine Verträumtheit als Stärke zu sehen.

Hilfreiche Werkzeuge und Apps

Viele Kinder mit ADHS sind sehr Technik-affin. Sie tippen lieber, als von Hand zu schreiben. Unsere App „Hase plant Hausaufgaben“ erleichtert Ihrem Kind die Planung der Hausaufgaben.

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Die App bietet die Möglichkeit, die einzelnen Aufgaben zu erfassen, über die Woche zu verteilen und innerhalb der geplanten Zeit zu bearbeiten. Das Kind kann beim Eintragen der Hausaufgaben angeben, in welchem Zeitraum es eine bestimmte Aufgabe schaffen will. Sobald es mit der Aufgabe beginnt, zeigt ihm eine ablaufende Uhr, wie viel Zeit es noch zur Verfügung hat.

Weitere Hilfsmittel:

  • Hausaufgaben-Parcours
  • Grundstruktur für Kurzzusammenfassungen
  • Mind Mapping
  • Wochenplan mit Karteikarten und Whiteboard

Stärkenorientierung

Kinder mit ADHS sind sich manchmal gar nicht bewusst, wie viele positive Eigenschaften und Fähigkeiten sie haben. Gerade dann, wenn sich in der Schule Misserfolge häufen, wird es wichtig, dass Kinder ihre starken Seiten entdecken.

Sie können sich das folgende Stärke-Tagebuch herunterladen, um den Blick für die Kompetenzen Ihres Kindes zu weiten:

  • Stärkenfragebogen
  • Stärken-Tagebuch
  • "Was-ist-gut-gelaufen-Übung" aus der Positiven Psychologie

Empfehlungen für Lehrpersonen

Nachfolgend haben wir die wichtigsten Tipps zusammengefasst, die Kindern mit ADHS das Lernen in der Schule deutlich erleichtern können. Eltern, die verstehen, wie ihr Kind tickt, können viel bewirken. Und mit dem richtigen Wissen wird aus Frust wieder Vertrauen.

Die meisten Kinder mit einem Aufmerksamkeitsdefizit sind sehr vergesslich. Lehrkräfte können eine ganze Menge dazu beitragen, dass Kinder mit ADS / ADHS lernen, sich besser zu organisieren und dass dadurch auch Hausaufgabenkonflikte zwischen Eltern und Kindern abnehmen. Man kann sich kaum vorstellen, wie dankbar Eltern betroffener Kinder sind, wenn Lehrkräfte sich auf einige wenige Punkte einlassen.

Tipps für Lehrkräfte:

  • Hausaufgabenroutine einführen
  • Hausaufgabenheft führen
  • Fester Zeitpunkt für Hausaufgabennotiz
  • Signalwort für Hausaufgaben verwenden
  • Kontrollsystem oder Banknachbarnsystem einführen

ADHS: Ursachen, Symptome und Diagnose

Rund fünf Prozent der Kinder in der Schweiz sind von ADHS betroffen. Das Gehirn von Menschen mit ADHS arbeitet anders als jenes anderer Menschen. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass bei ADHS ein Mangel an den Botenstoffen Noradrenalin und Dopamin besteht.

ADHS zeigt sich bei jedem Kind etwas anders. Manche Kinder sind stark betroffen, andere nur schwach. Manche kommen im Alltag trotz ADHS gut zurecht, andere leiden unter ihrer Andersartigkeit. Es gibt ein grosses Spektrum an Ausprägungen.

Mögliche Symptome:

  • Probleme, sich auf Aufgaben zu konzentrieren
  • Schnelle Ablenkbarkeit
  • Auffälligkeiten im Bereich der Emotionsregulation
  • Schulisch schwache Leistungen
  • Mühe, sich in der Klasse einzugliedern
  • Probleme, sich zu organisieren
  • Ungeduld und niedrige Frustrationstoleranz
  • Fehlendes Zeitgefühl
  • Hohe Sensibilität und Empfindsamkeit
  • Aufgaben werden nicht begonnen oder nicht beendet

Es ist ihnen nicht möglich, ihre Aufmerksamkeit oder ihren Fokus willentlich auf etwas zu steuern, wenn sie kein Interesse daran haben.

Stärken von Kindern mit ADHS

  • Kreativität
  • Sensibilität
  • Lebhaftigkeit
  • Hilfsbereitschaft
  • Neugier
  • Empathie

Bei Jungen wird ADHS viel häufiger diagnostiziert als bei Mädchen. Das bedeutet aber nicht, dass Mädchen weniger von ADHS betroffen sind. Die Symptome sind bei ihnen oftmals weniger auffällig.

ADHS hat nichts mit Erziehungsfehlern zu tun. Eltern trifft keine Schuld.

Erste Anlaufstelle für eine ADHS-Abklärung kann der Kinderarzt oder die Kinderärztin sein. Zeigen sich Auffälligkeiten primär in der Schule, können sich die Eltern an den schulpsychologischen Dienst wenden.

Unterstützung und Behandlung

Was Kinder mit ADHS an Unterstützung brauchen ist individuell und hängt stark von der Ausprägung, den jeweiligen Symptomen und vom Leidensdruck ab. Manche Kinder profitieren von einer Behandlung mit Medikamenten.

Bei Auffälligkeiten bezüglich Motorik kann eine Psychomotorik- oder Ergotherapie sinnvoll sein. Für ältere Kinder kommt vielleicht ein psychologisches Coaching oder eine Psychotherapie infrage.

Hat ein Kind Schwierigkeiten in der Schule und sind die Möglichkeiten der Klassenlehrperson ausgeschöpft, kann der schulpsychologische Dienst eine gute Anlaufstelle sein. Gemeinsam kann geschaut werden, welche Unterstützungsmöglichkeiten das Kind braucht. Kinder mit der Diagnose ADHS haben ein Recht auf Nachteilsausgleich.

Eltern dürfen zuversichtlich sein, dass auch ihr Kind seinen Weg finden wird. Weitere Informationen und Unterstützung erhalten Eltern bei elpos Schweiz.

Kovive: Unterstützung in Camps und Betreuungsangeboten

Die Grundhaltung von Kovive in Bezug auf Kinder mit ADHS besteht darin, dass jedes Kind so genommen wird wie es ist - mit allen Bedürfnissen, Geschichten und Handicaps. Dabei wird abgeklärt, welche Rahmenbedingungen nötig sind damit das Kind von den Angeboten (Camps oder Betreuungsangebote) profitieren kann.

Stressfreie Hausaufgaben: 6 Tipps

Mit diesen 6 Tipps gehts leichter:

  • Auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen
  • Beim Arbeitseinstieg begleiten
  • Struktur schaffen
  • Gemeinsam planen
  • Orientierung geben
  • Rückzugsmöglichkeiten schaffen

Hausaufgaben sollten nicht ausufern. Mit der Lehrperson ein Limit festlegen. Flexibel sein, was den Arbeitsort betrifft. Eine Verschnaufpause für beide einlegen, wenn Eltern merken, dass sie mit ihrem Kind gleich in Streit geraten. Externe Entlastung holen.

Das tägliche Zettelchaos angehen. Den Kopf systematisch entlasten und Ordnung schaffen. Jedes Schulfach einer Farbe zuordnen. Handlungsabläufe einschleifen. Sich dabei auf eine Sache konzentrieren. Als Eltern akzeptieren, dass das Kind zerstreut ist.

Zusammenfassung

Kinder mit ADHS und ihre Familien stehen vor besonderen Herausforderungen, die nicht nur ihre Konzentration, sondern auch ihr Selbstbild und ihre sozialen Beziehungen betreffen. Gleichzeitig verfügen sie über beeindruckende Stärken, die oft übersehen werden. Eine gezielte Unterstützung durch Struktur, positive Verstärkung und individuelle Strategien kann diesen Kindern helfen, ihre Stärken zu entfalten und alltägliche Hürden zu meistern.

Bereich Herausforderungen Stärken Unterstützung
Aufmerksamkeit Konzentrationsschwierigkeiten, Ablenkbarkeit Kreativität, Fantasie Struktur, Routinen, Apps
Verhalten Impulsivität, Hyperaktivität Begeisterungsfähigkeit, Spontanität Positive Verstärkung, klare Kommunikation
Soziales Schwierigkeiten in Beziehungen Empathie, Hilfsbereitschaft Gespräche mit Lehrern, Coaching

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