Die Akut- und Notfallpsychiatrie ist ein facettenreiches Gebiet. Einerseits kann Akutpsychiatrie häufig sehr schnelle Therapieerfolge erzielen, andererseits können Zwangsmassnahmen und geschlossene Abteilungen zum Stigma des Faches Psychiatrie beitragen. Bei psychiatrischen Notfällen stehen häufig unspezifische Symptome im Vordergrund, denen verschiedenste Ursachen zugrunde liegen können.
Regionale Unterschiede bei Unterbringungsraten
Florian Hotzky und Matthias Jäger von der Psychiatrie Baselland berichten über die regionalen, kantonalen Unterschiede von Unterbringungsraten. Sie zeigen, dass die Rate an fürsorgerischen Unterbringungen in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern hoch ist und es deutliche kantonale Unterschiede gibt. Die grossen Unterschiede bei den Unterbringungsraten resultieren aus verschiedenen gesetzlichen Kriterien sowie zeitlichen und prozeduralen Aspekten.
Psychiatrische Notfälle und Interventionen
Robert Maier aus dem Sanatorium Kilchberg, Privatklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, beschreibt in seinem Artikel die unterschiedlichen psychiatrischen Notfälle, wie sie aussehen, wie sie diagnostiziert werden können und welche Interventionsmöglichkeiten existieren.
Syndromgeleitete Kategorien von Notfällen
Die Art des entstandenen Notfalls kann in sieben syndromgeleitete Kategorien eingeteilt werden:
- Unruhe und Erregungszustände
 - Akute Suizidalität und selbstschädigendes Verhalten
 - Akute Angst- und Panikstörung
 - Verwirrtheitszustände
 - Stupor/Katatonie
 - Drogennotfälle
 
Grundlagen der Diagnostik im Notfall
Zur Basisabklärung zählen ein möglichst ausführlicher psychopathologischer Befund (als Minimalstandard sollen Bewusstsein und Orientierung, Affekt und Antrieb, Denk- und Wahrnehmungsleistung, die Merkfähigkeit, das Gedächtnis sowie Suizidalität und Fremdgefährdung beurteilt werden) und ein Somatostatus (inklusive eines neurologischen Status) mit der Erhebung von Vitalfunktionsparametern.
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Wenn möglich sollten diese Daten noch durch eine Laboruntersuchung (Blutbild, Elektrolyte, Blutzucker, Transaminasen, Nierenfunktionswerte) und ein EKG ergänzt werden. Ein Alkohol- und Drogenscreening sollte bei Verdacht auf eine Intoxikation durchgeführt werden.
Die Erhebung von Fremdangaben ist ein wichtiger Baustein in der Diagnostik, da Patienten in Notfallsituationen häufig wenig oder gar keine Auskunft geben können. Wann immer möglich und unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht sollten Fremdinformationen eingeholt werden.
Behandlungsansätze und Deeskalation
Eine empathische und partizipative Haltung unter Verwendung deeskalierender Strategien schafft Vertrauen beim Patienten und ebnet damit den Weg für einen offeneren Austausch, bei dem wichtige Informationen für die Basisdiagnostik gewonnen werden können. Bei der Wahl der Notfallinterventionen spielen die Erfahrung des Behandlers, dessen subjektiver Eindruck der Psychopathologie und des Verhaltens sowie die räumlichen Umstände (stationär, ambulant oder teilstationär) und der soziale und rechtliche Kontext eine Rolle.
Zwangsmassnahmen reduzieren
Tiziana Ziltener und Christian Huber von den Universitären Psychiatrischen Kliniken in Basel geben einen Überblick über aktuelle Konzepte und Massnahmen zur Reduktion von Zwang, welche Traumatisierung, psychische Folgestörungen und Stigmatisierung verhindern können. Diese beinhalten zum Beispiel Safewards, die vor allem die Interaktion von Personal und Patienten betreffen und auf verschiedene Aspekte des Stationsklimas fokussieren.
Der psychiatrische Notfall als Endpunkt
Der psychiatrische Notfall ist in aller Regel der Endpunkt eines Prozesses und nicht ein spontan auftretendes Ereignis. Die Bewältigungsstrategien eines Menschen, der sich zu Beginn in einer psychischen Krise befand, versagen, und hinzu kommen Faktoren wie fehlende soziale Unterstützung, fehlender Zugang zum medizinischen Hilfssystem, eine schwere psychische und/oder körperliche Erkrankung, alles Umstände, welche die Entwicklung eines psychiatrischen Notfalls begünstigen. Die Geschwindigkeit, bis es zu einem Notfall kommt, variiert sehr stark und beträgt wenige Minuten bis Wochen.
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