Eine Psychose ist eine Art von psychischer Störung, bei der die betroffene Person die Fähigkeit verliert, die Realität richtig wahrzunehmen. Es ist, als ob sich die Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen der Person von der tatsächlichen Welt entfernen. Menschen in einer Psychose können Dinge sehen, hören oder glauben, die für andere nicht vorhanden sind. Eine Psychose kann erschreckend und verwirrend sein, sowohl für die Person, die sie erlebt, als auch für ihre Angehörigen. Es ist wichtig zu wissen, dass eine Psychose eine medizinische Erkrankung ist und behandelt werden kann.
Ursachen einer Psychose
Die genauen Ursachen einer Psychose sind nicht bekannt. Man geht von einem multifaktoriellen Geschehen aus, die genauen Zusammenhänge sind jedoch noch nicht vollständig erforscht.
Es gibt Hinweise darauf, dass folgende Faktoren eine Rolle spielen können:
- Genetische Veranlagung: Wenn in der Familie bereits Fälle von Psychosen vorkommen, könnte das Risiko für eine Psychose bei anderen Familienmitgliedern erhöht sein.
 - Ungleichgewichte von Neurotransmittern: Chemikalien im Gehirn, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen steuern, können eine Rolle spielen. Beteiligt sind vermutlich die Botenstoffe Dopamin, Serotonin und Glutamat.
 - Stress und traumatische Erlebnisse: Stress, traumatische Erlebnisse, Drogenmissbrauch oder bestimmte Lebensereignisse könnten das Risiko einer Psychose erhöhen oder vorhandene genetische Veranlagungen auslösen.
 - Abnormale Veränderungen oder Fehlfunktionen im Gehirn: Sie könnten das Risiko für eine Psychose beeinflussen. So können Psychosen aufgrund von Hirnverletzungen, Veränderungen im Nervensystem oder Stoffwechselstörungen entstehen.
 
Manche Psychosen lassen sich auf eine bestimmte Ursache wie eine Erkrankung, Medikamente oder Drogenkonsum zurückführen. Bei anderen sind die genauen Ursachen noch weitgehend unbekannt.
Körperliche Erkrankungen als Ursache
Diverse organische Grunderkrankungen verändern mitunter die Hirnfunktionen und lösen eine organisch bedingte (exogene) Psychose aus. Dazu gehören etwa:
Lesen Sie auch: Erwachsenen-ADHS: Symptome erkennen
- Demenz: Bei Demenzpatienten verändern sich Strukturen im Gehirn. Diese Veränderungen führen in einigen Fällen zu psychotischen Störungen. Besonders die Alzheimer-Demenz wird oft von Halluzinationen und Wahnsymptomen begleitet.
 - Epilepsie: Bei einem epileptischen Anfall entladen sich die Nervenzellen im Gehirn unkontrolliert. Manchmal treten Psychosen vorher und währenddessen auf. Am häufigsten zeigen sich psychotische Symptome jedoch unmittelbar nach einem epileptischen Anfall.
 - Multiple Sklerose: Bei dieser Erkrankung wird sukzessive die schützende Hülle von Nervenfasern (Myelinschicht) zerstört, was unter Umständen Hirnfunktionen beeinträchtigt. Psychotische Symptome sind eine mögliche Folge.
 
Auch Infektionen (etwa Gehirnentzündung = Enzephalitis oder Parasiteninfektionen), Stoffwechselstörungen sowie Verletzungen (wie ein Schädel-Hirn-Trauma) sind mögliche Ursprünge einer Psychose sowie Hirntumore.
Medikamente als Auslöser
Manchmal lösen Medikamente vorübergehend psychotische Symptome wie starke Verwirrtheit oder Halluzinationen aus. Zu den häufigsten medikamentösen Psychose-Auslösern gehören Parkinson-Medikamente:
Bei Morbus Parkinson sterben fortschreitend bestimmte Nervenzellen im Gehirn ab, was zu einem Mangel am Nervenbotenstoff Dopamin führt. Dieser löst die typischen Parkinsonsymptome aus wie verlangsamte Bewegungen, Muskelsteife (Rigor) und Zittern (Tremor).
Parkinson-Medikamente steigern den Dopaminspiegel im Blut der Patienten. Ist der Dopamingehalt dann allerdings zu hoch, ist es möglich, dass psychische Probleme wie eine Psychose entstehen. Sehr alte Parkinson-Patienten sind davon besonders oft betroffen. Stress und Flüssigkeitsmangel verstärken die Symptome oft.
Sehr selten beruht eine Psychose auf Kortison-Präparaten, die - hochdosiert - eine euphorisierende Wirkung haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass dadurch eine Psychose entsteht, ist jedoch sehr gering. Wenn überhaupt, treten die Symptome dann nur vorübergehend auf.
Lesen Sie auch: Autismus-Diagnose: Chancen für Betroffene in Niedersachsen
Drogen als Ursache
LSD (Lysergsäurediäthylamid) löst mitunter eine Drogen-Psychose mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen aus ebenso wie Amphetamine wie etwa Ecstasy und ähnliche (LSD-Psychose oder Amphetamin-Psychose). Je nachdem, wie viel und welche Art der Droge konsumiert wurde, verschwinden die Symptome nach wenigen Stunden oder bleiben einige Tage bestehen.
Auch Kokain und Cannabis sind eventuell für eine drogeninduzierte Psychose verantwortlich - ebenso wie die legale Droge Alkohol. Dabei ist nicht immer klar, ob die Symptome bereits zuvor vorhanden waren oder erst durch den Drogenmissbrauch entstanden sind.
Untersuchen zeigen beispielsweise, dass Cannabis-Konsumenten mit einer genetisch bedingten Anfälligkeit für Psychosen ein deutlich erhöhtes Risiko haben, tatsächlich an einer solchen psychischen Störung zu erkranken (Cannabis-Psychose). Darüber hinaus haben Cannabis und andere Drogen das Potenzial, den Verlauf einer bereits bestehenden Psychose deutlich zu verschlimmern.
Endogene Psychose
Die bekannteste Form ist die Schizophrenie. Experten gehen davon aus, dass an ihrer Entstehung mehrere Faktoren beteiligt sind (etwa genetische Veranlagung, Stress, negative und/oder traumatische Erlebnisse, Veränderungen im Haushalt der Nervenbotenstoffe wie Dopamin und Serotonin).
Ebenfalls zu den endogenen Psychosen zählen affektive Psychosen. Das sind affektive Störungen (= psychische Störungen mit krankhaften Veränderungen der Stimmung: Manie, Depression, bipolare Störung) in Verbindung mit psychotischen Symptomen, die nicht die Kriterien einer Schizophrenie erfüllen.
Lesen Sie auch: Autismus-Spektrum: Anlaufstellen in Münster finden
Andere Psychosen
Eine schizo-affektive Psychose äussert sich in episodischen Störungen, bei denen gleichzeitig oder nacheinander in der gleichen Krankheitsepisode Symptome einer Schizophrenie und einer affektiven Störung (wie Manie oder Depression) auftreten. Die Ursache dieser Form von Psychose wird ebenfalls in einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren (wie genetischer Veranlagung, sozialen Faktoren) gesehen.
Auch bei einer paranoiden Psychose wird ein Zusammenwirken von mehreren Faktoren wie Vererbung und Umwelteinflüssen als Ursache vermutet.
Eine postpartale Psychose (Wochenbettpsychose) tritt in den ersten Wochen nach der Geburt auf und dauert wenige Tage bis mehrere Monate an. Symptome sind etwa Erregung, Verwirrung, Stimmungsschwankungen, Euphorie, Depressionen, Halluzinationen, Wahnvorstellungen und eventuell Gewalttätigkeiten (daher ist konstante Überwachung sehr wichtig). Forscher vermuten, dass der extreme Schlafentzug der frisch gebackenen Mutter das Ausbrechen der Erkrankung begünstigt, neben wahrscheinlichen hormonellen und vielen weiteren Faktoren.
Eine postpartale Psychose bedarf umgehend ärztlicher Behandlung, da der Realitätsverlust der Mutter sowohl diese selbst als auch das Kind potenziell gefährden.
Symptome einer Psychose
Die häufigsten Symptome bei Psychosen können je nach Art und Schwere der Erkrankung variieren. Auch wenn sie meistens viel zu selten weder von den Betroffenen selbst noch von ihrer Umwelt als solche erkannt werden, treten Frühwarnsymptome wie Konzentrationsstörungen, Antriebslosigkeit, depressive Verstimmungen oder innere Leere meist schon längere Zeit vorher auf. Auch zu Beginn der Störung treten diese Symptome auf, meistens kommen dann noch Leistungseinbruch, Schlafstörungen, nachlassende Lebensfreude oder Ängste hinzu.
Hier sind einige typische Symptome:
- Halluzinationen: Menschen in einer Psychose können Dinge sehen, hören, fühlen oder riechen, die für andere nicht existieren. Zum Beispiel hören sie Stimmen, die von außen zu kommen scheinen, obwohl niemand physisch anwesend ist. Der Schizophreniekranke hört etwa Stimmen, die seine Handlungen kommentieren, oder Befehle erteilen. Für die kranken Menschen sind solche Sinnestäuschungen «reale Wahrnehmungen», die sie zu erklären versuchen.
 - Wahnvorstellungen: Betroffene können an unrealistische oder absurde Überzeugungen glauben, die nicht mit der Realität übereinstimmen. Sie können zum Beispiel paranoid sein und denken, dass andere sie verfolgen oder gegen sie intrigieren. Schizophrene Wahngedanken haben oft etwas bizarres oder einen magisch-mystischen Charakter.
 - Desorganisiertes Denken: Menschen in einer Psychose können Schwierigkeiten haben, ihre Gedanken zu ordnen und logisch zusammenzuführen. Ihre Sprache kann verwirrend oder zusammenhanglos sein. Die Folgen können Zerfahrenheit des Denkens, das Aufheben der Einheit von Fühlen, Handeln, Denken, das Gefühl der Beeinflussung von aussen, Autismus, Wahnideen und Halluzinationen sein.
 - Desorganisiertes Verhalten: Das Verhalten kann unvorhersehbar und nicht angemessen sein. Betroffene können sich ungewöhnlich kleiden, unkonzentriert oder übertrieben aktiv sein.
 - Negative Symptome: Diese umfassen eine Abnahme von Emotionen, Antrieb und Interesse an Aktivitäten, die zuvor als angenehm empfunden wurden. Die Betroffenen können sich sozial zurückziehen und Schwierigkeiten haben, im Alltag aktiv zu sein. Antriebsminderung, Initiativemangel, Passivität und Gefühlsarmut werden als Minussymptome beschrieben. Störungen des Sozialverhaltens äussern sich im Rückzug bis hin zur Isolierung und Vereinsamung.
 - Beeinträchtigung des Funktionsniveaus: Psychosen können die Fähigkeit einer Person beeinträchtigen, im Beruf, in der Schule oder im sozialen Leben erfolgreich zu sein.
 
Psychotische Symptome sind meistens von starken, quälenden Ängsten begleitet.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Personen mit einer Psychose alle diese Symptome haben müssen. Die Symptome können von Person zu Person variieren und können sich im Verlauf der Erkrankung ändern.
Diagnostik von Psychosen
Um eine Psychose zu diagnostizieren, sind allgemeinmedizinische Untersuchungen, Blut- und Urintests, eine Kernspintomographie des Gehirns und eine Nervenwasseruntersuchung nötig.
Die Diagnose umfasst:
- Ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten und idealerweise Angehörigen, um Informationen über die Symptome, die Vorgeschichte der Erkrankung und mögliche auslösende Faktoren zu sammeln.
 - Körperliche Untersuchungen, um körperliche Ursachen für die Symptome auszuschließen, da bestimmte medizinische Erkrankungen ähnliche Symptome wie Psychosen verursachen können.
 - Ausschluss anderer psychischer Störungen, die ähnliche Symptome haben können.
 - Spezielle Fragebögen und Skalen, die bei der Diagnostik und Beurteilung von Psychosen verwendet werden können, um die Schwere und den Verlauf der Erkrankung zu messen.
 - Blutabnahme und Untersuchung des Urins sowie ein Drogenscreening.
 - Falls nötig wird eine Bildgebung des Schädels (CT oder MRI) oder eine Ableitung der Hirnströme (EEG) durchgeführt.
 
Behandlung von Psychosen
Wie eine Psychose behandelt werden kann, hängt von der Ursache und dem Stadium der Grunderkrankung ab. Es kann den Verlauf und die Heilungschancen einer Psychose verbessern, wenn frühzeitig eine Diagnose gestellt wird und mit einer entsprechenden Therapie begonnen wird. Es kann mehrere Wochen oder Monate dauern, bis sich Betroffene von einer Psychose erholen.
Die Behandlung umfasst:
- Medikamentöse Therapie: Antipsychotische Medikamente werden häufig zur Behandlung von Psychosen eingesetzt. Sie können dabei helfen, die Symptome zu reduzieren, indem sie das Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Gehirn ausgleichen. Das Mittel der Wahl für die spezifische Behandlung der Schizophrenie ist die medikamentöse Therapie mit einem sogenannten atypischen Neuroleptikum, einem antipsychotischen Medikament der neusten Klasse. Sie wirken symptomunterdrückend und beruhigend. In der Langzeitbehandlung dienen die Medikamente der Reizabschirmung und der Vorbeugung vor Rückfällen, gewähren Schutz vor psychischer Überlastung und verbessern die gestörten Denkprozesse.
 - Psychotherapie: Verschiedene Formen der Psychotherapie können hilfreich sein, um dem Patienten zu helfen, mit den Symptomen umzugehen, negative Gedanken zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern. Psychotherapie kann auch dabei unterstützen, das Verhalten und die Bewältigungsstrategien zu verbessern.
 - Psychosoziale Interventionen: Sie können dabei helfen, das soziale Umfeld des Patienten zu unterstützen und die Funktionsfähigkeit im Alltag zu verbessern. Sozialarbeiter und psychosoziale Fachkräfte können bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Förderung der sozialen Integration und der Verbesserung der Lebensqualität helfen.
 
Ein wichtiger Eckpfeiler der Behandlung ist die Aufklärung der Erkrankten unter Einbezug der Angehörigen, da auch nach Abklingen eine weitere psychiatrische Betreuung unumgänglich ist.
Eventuell ist es im Rahmen der Psychose zu Problemen im sozialen Umfeld gekommen. In diesem Fall wird gemeinsam mit den Erkrankten geklärt, ob Unterstützungsbedarf erforderlich ist.
Bei Kindern und Jugendlichen, bei denen ein Psychose-Risiko bestätigt wird, sind spezifische psychologische und psychosoziale Interventionen empfohlen. Ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Risiko- Symptomen ist die Behandlung der komorbiden Störungen wie Depressionen, Angststörungen und Suchtleiden. Am wichtigsten ist jedoch ein regelmässiges Monitoring, um einen möglichen Übergang zur Psychose ohne Zeitverzögerung zu erfassen.
Zur Behandlung frühbeginnender Symptome wurde im Rahmen der Sprechstunde das Therapieprogramm Robin entwickelt.
Weiter wird innerhalb der Früherkennungssprechstunde regelmässig ein Gruppentraining angeboten, bei dem eine Gruppe von sechs bis sieben betroffenen Jugendlichen erlernt gemeinsam Strategien zu entwickeln, um mit der psychotischen Symptomatik und der Erkrankung besser umzugehen.
Früherkennung von Psychosen
Eine frühe Diagnosestellung, die mit einer adäquaten Behandlung einhergeht, ist mit einer deutlich günstigeren Prognose assoziiert.
Es kann den Verlauf und die Heilungschancen einer Psychose verbessern, wenn frühzeitig eine Diagnose gestellt wird und mit einer entsprechenden Therapie begonnen wird.
Bei den meisten Patientinnen und Patienten mit einer schizophrenen Psychose zeigen sich Monate und Jahre schon Frühsymptome wie etwa Konzentrationsstörungen, veränderte Wahrnehmung, Schlaf- und Antriebsstörungen, Misstrauen. Meist sind junge Erwachsene betroffen, deren Umfeld die Symptome fälschlicherweise als normale Entwicklung in der Pubertät interpretiert hat. Diese Symptome beeinträchtigen allerdings die Leistungsfähigkeit der Betroffenen erheblich und haben negative soziale Folgen.
Im Normalfall ist eine ambulante Behandlung ausreichend und der stationären Behandlung vorzuziehen. Bei spezieller Problematik kann eine intensivere therapeutische Begleitung in einem teil- oder vollstationären Umfeld sinnvoll sein.
tags: #Psychose #Symptome #Ursachen #Behandlung