Nicht immer ist der Himmel blau und wolkenlos. Manchmal läuft alles wie am Schnürchen, und manchmal geht einfach nichts mehr. Nimmt die Belastung zu, sei es durch Alltagsstress, Familienstreit oder Jobprobleme, drückt das auf die Stimmung. Das ist normal, Krisen gehören schliesslich zum Leben.
Ein Stimmungstief ist eine momentane, einige Stunden bis wenige Tage dauernde emotionale Schlechtwetterlage. Bei einem längeren Tief sollte man die Unterstützung einer Fachperson suchen, ermutigt Anna Katharina Beer-Heuberger. Sie hält aber auch fest: «Schlechte Stimmungen gehören dazu.
Traurigkeit, Gereiztheit, Energielosigkeit und endlos kreisende Gedanken: Spätestens, wenn solche Anzeichen nach wenigen Tagen nicht von allein verschwinden, sollte man aktiv dagegen angehen, rät Liliana Paolazzi von der Stiftung Pro Mente Sana, die sich seit über 40 Jahren für die psychische Gesundheit einsetzt. «Wir sind unseren Emotionen nicht hilflos ausgeliefert.
Ursachen und Einflüsse
Den einen Auslöser für ein Stimmungstief gibt es nicht, erklärt Psychotherapeutin Anna Katharina Beer-Heuberger. Diese drei Faktoren sind bei allen Menschen unterschiedlich gewichtet:
- Gene
 - Wahrnehmung
 - Alltag und soziales Umfeld
 
Aber: «Meine Gene kann ich nicht beeinflussen - wie ich Dinge wahrnehme sowie meinen Alltag und mein soziales Umfeld gestalte, jedoch schon», sagt die Psychologin Anna Katharina Beer-Heuberger.
Lesen Sie auch: Johanniskraut: Anwendung bei depressiven Verstimmungen
Strategien zur Stimmungsverbesserung
Es gibt verschiedene Ansätze, um aktiv gegen depressive Verstimmungen vorzugehen:
Selbstakzeptanz
«Sich selbst anzunehmen, wie man ist - das ist für mich persönlich der wichtigste Schritt», sagt Paolazzi. Es braucht Übung, seine eigenen Schwächen zu akzeptieren - und genauso, dass es im Leben Höhen und Tiefen gibt.
Positive Verstärkung
Tipp: Schreiben Sie jeden Abend drei Dinge auf, die Sie gut gemacht haben. Beispielsweise, wenn Sie in einem Meeting richtig reagiert haben oder Ihnen die Pastasauce gut gelungen ist. Halten Sie ausserdem drei Dinge fest, für die Sie dankbar sind.
Bewegung und Sport
«Bleiben Sie in Bewegung», so Paolazzi. Denn Bewegung und Sport heben nachweislich die Stimmung. Die Stresshormone Cortisol und Adrenalin werden abgebaut, und im Gegenzug wird die Produktion der Glückshormone Endorphin und Serotonin angeregt.
Tipp: Es muss nicht gleich eine Jogging- oder Fitnesseinheit sein, jede Form von Bewegung tut gut. Wählen Sie etwas, das Ihnen Spass macht. Integrieren Sie zudem Bewegung in den Alltag.
Lesen Sie auch: Behandlung depressiver Verstimmungen
Soziale Kontakte
Studien zeigen, dass Freundschaften für die Gesundheit wichtig sind und das Risiko für Depressionen verringern. Der Austausch mit anderen Menschen beeinflusst zudem die Eigenwahrnehmung. Paolazzi: «Die Mitmenschen reagieren unmittelbar auf uns. Wenn Sie jemanden anlächeln, lächelt die Person zurück.
Tipp: Planen Sie bewusst Zeit mit Freund:innen, Kolleg:innen und der Familie - auch wenn es nach einem langen Arbeitstag Überwindung kostet. Und: Gehen Sie bewusst einen Tag lang freundlich und lächelnd durch die Welt.
Gesunde Ernährung
Früchte und Gemüse verbessern das psychische Wohlbefinden, die Vitalität und die Motivation, das belegen verschiedene Studien. Antioxidantien in Früchten schützen so Körperzellen vor freien Radikalen. Ein gesunder Darm hat ausserdem einen positiven Einfluss auf unsere Psyche. Nachweisbaren Effekt haben etwa Probiotika, die in Sauerkraut und Joghurt stecken.
Aufenthalt im Grünen
Frische Luft im Grünen wirkt sich positiv auf die Psyche aus. Was viele Menschen aus eigener Erfahrung berichten, haben verschiedene Studien belegt.
Entspannung
Unser System benötigt Ruhe, damit es sich entspannen und regenerieren kann. Aber: «Entspannung heisst nicht, stundenlang vor dem Fernseher zu sitzen», sagt Paolazzi. Ab und zu spreche zwar nichts gegen einen Filmabend, aber bewusste Ruhemomente ersetze dieser nicht.
Lesen Sie auch: Umgang mit Depression in Beziehungen
Tipp: Machen Sie Ihre Auszeit zur Priorität und tragen Sie diese in die Agenda ein - sei das ein Saunabesuch, eine Meditation oder eine Massage. Auch Minipausen im Alltag sind hilfreich. Bauen Sie beispielsweise während der Arbeit mehrmals einminütige Pausen ein: Atmen Sie dabei vier Sekunden ein, sechs Sekunden aus.
Geistige Aktivität
Bleiben Sie auch mental aktiv und neugierig. So erweitern Sie Ihren Horizont und stärken das Selbstwertgefühl.
Tipp: Finden Sie heraus, was Sie gerne lernen würden. Eine neue Sprache? Etwas über Kunst?
Gespräche
Über die eigenen Sorgen zu reden, tut gut. Schon allein, weil man seine Gedanken laut formulieren muss und sie dadurch sortiert. «Sie können aber nicht davon ausgehen, dass andere Ihre Gefühlslage bemerken», mahnt Paolazzi.
Tipp: Wenden Sie sich an eine Person, der Sie vertrauen. Das können, aber müssen nicht die engsten Freunde sein.
Gleichgewicht finden
Der Übergang von psychisch gesund zu psychisch krank ist fliessend. Dabei verhält sich das psychische Wohlergehen wie eine Waage: In der einen Waagschale liegen die Belastungen. Wiegt die Belastung gerade schwerer, rutschen wir in ein Stimmungstief. Dann ist es wichtig, die Ressourcen rasch wieder aufzustocken, um zurück ins Gleichgewicht zu kommen. Übrigens: Sind wir in Balance, halten wir Belastung gut aus.
Professionelle Hilfe und Behandlung
Die Behandlung einer Depression erfordert ein multimodales Behandlungskonzept bestehend aus Psychotherapie und Verhaltenstherapie, einer medikamentösen Therapie mit Antidepressiva und der Betreuung durch einen Psychiater. In schweren Fällen gibt es ausserdem die Möglichkeit einer Elektrokrampftherapie.
Psychotherapie
Die adäquate Behandlung der Depression muss stets Psychotherapie beinhalten. Da jede Patientin und jeder Patient über ein individuelles emotionales Profil verfügt, ist eine jeweils hierauf abgestimmte Behandlung erforderlich. Diese führt idealerweise zu einem veränderten Umgang mit Stress und zur Korrektur der negativen individuellen Bewertung und Verarbeitung der persönlichen stressreichen Lebensereignisse.
An psychotherapeutischen Verfahren sind die kognitive Verhaltenstherapie (VT) und die interpersonelle Psychotherapie (IPT) aktuell am besten untersucht und in ihrer Wirksamkeit belegt.
Medikamentöse Therapie
Wie bei den Antidepressiva der ersten Generation, beruht das Wirkprinzip der modernen Antidepressiva immer noch hauptsächlich auf der Unterstützung und Erhöhung der Konzentration der Neurotransmitter (Botenstoffe) Serotonin, Noradrenalin und Dopamin an den Kontaktstellen der Neurone (Nervenzellen) im Gehirn. Diese Neurotransmittersysteme sind bei Depressionen aus dem Gleichgewicht geraten.
Moderne Antidepressiva wirken spezifisch auf bestimmte Komponenten dieser Transmittersysteme. Je nach verwendetem Antidepressivum unterscheiden sich die Zielorte der Wirkung voneinander. Deshalb haben moderne Antidepressiva oft unterschiedliche Wirkungs- und Nebenwirkungsprofile, die sich vorteilhaft in der Therapie nutzen lassen können.
Elektrokrampftherapie (EKT)
Die EKT wird zur Behandlung therapieresistenter Depression und schwerer depressiver Episoden angewandt - in der Regel dann, wenn andere Therapieverfahren versagt haben oder nicht genügend wirksam waren. Die Behandlung gilt als wirksam und nebenwirkungsarm, und der Wirkeintritt erfolgt in der Regel rasch.
Das Behandlungsprinzip ist ein in Kurznarkose und Muskelentspannung schonend ausgelöster therapeutischer Krampfanfall im Gehirn. Während dieses etwa eine Minute dauernden Ereignisses wird der Patient anästhesiologisch überwacht.
Phasen der Depression
Um zu verstehen, wie eine Depression verlaufen kann, wurde sie in fünf Phasen eingeteilt. Diese Einteilung hilft dabei, die Kernerfahrungen und Herausforderungen der Krankheit in verschiedenen Ausprägungen zu beschreiben.
Phase 1: Negative Gedankenmuster
In der ersten Phase der Depression treten negative Gedankenmuster auf, die sich verselbstständigen und über einen längeren Zeitraum anhalten. Betroffene beschreiben diesen Zustand oft als chronische Niedergeschlagenheit und Verzweiflung.
- Abstand schaffen: Erinnern Sie sich daran, Sie sind nicht Ihre Gedanken.
 - Gedanken aufschreiben und loslassen: Schreiben Sie Ihre negativen Gedanken auf Papier.
 - Eigene Stopp-Signale einbauen: Wenn Sie bemerken, dass negative Gedanken ausser Kontrolle geraten, können Sie sich selbst Stopp-Signale setzen.
 - Mit dem Umfeld darüber sprechen: Teilen Sie Ihre Gedanken und Gefühle mit Vertrauenspersonen in Ihrem Umfeld.
 - Sprechen Sie mit Psycholog:innen oder einer anderen Fachperson: Suchen Sie professionelle Hilfe, indem Sie sich an eine Fachperson wenden.
 
Phase 2: Veränderungen im Appetitgefühl
Während der Phase 2 einer Depression treten Veränderungen im Appetitgefühl auf. Negative Gefühle und Depression können sich auf den Appetit und das Hungergefühl auswirken, da sie Stress für den Körper bedeuten.
- Essen schön anrichten: Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre Mahlzeiten ansprechend zu gestalten.
 - In guter Gesellschaft essen: Essen Sie in angenehmer Gesellschaft.
 - Kochen Sie Mahlzeiten, die Sie besonders mögen: Bereiten Sie Gerichte zu, die Ihnen Freude bereiten und Ihren Geschmack treffen.
 - Abstand schaffen und überlegen: Stellen Sie sich die Frage, warum Sie gerade jetzt essen möchten.
 - Auf den Körper hören: Versuchen Sie, auf die Bedürfnisse Ihres Körpers zu achten.
 - Regelmässig essen und sich Zeit nehmen: Vermeiden Sie es, lange Pausen zwischen den Mahlzeiten zu haben.
 - Meal Prep: Planen Sie Ihre Mahlzeiten im Voraus.
 
Phase 3: Schlafstörungen
Während der Phase 3 einer Depression treten häufig Schlafstörungen auf. Negative Gedanken können Betroffene am Einschlafen hindern oder sie während der Nacht immer wieder aufwecken.
- Regelmässigkeit: Versuchen Sie, immer zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzuwachen.
 - Entwickeln Sie ein Zubettgeh-Ritual und schalten Sie bewusst ab: Legen Sie zum Beispiel eine Stunde vor dem Zubettgehen Ihr Handy beiseite, lesen Sie ein Buch oder schreiben Sie Ihre Gedanken auf.
 - Passen Sie Ihr Schlafzimmer an: Verwenden Sie Ihr Bett nur zum Schlafen und sorgen Sie dafür, dass kein Tageslicht während des Schlafens ins Zimmer gelangt.
 - Machen Sie leichte Bewegung an der frischen Luft: Planen Sie kurze Spaziergänge in Ihren Tag ein.
 
Phase 4: Selbstkritik und Schuldgefühle
In dieser Phase neigen Betroffene zu intensiver Selbstkritik und starken Schuldgefühlen. Sie tragen eine überwältigende Last von Schuldgefühlen, die oft in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Ereignissen oder Handlungen stehen.
- Führen Sie ein Positiv-Tagebuch: Schreiben Sie jeden Tag auf, was gut gelaufen ist und wofür Sie dankbar sind.
 - Richten Sie Ihren Blick in die Zukunft: Lassen Sie Geschehenes hinter sich und konzentrieren Sie sich auf das, worauf Sie sich freuen können.
 - Schenken Sie sich selbst etwas: Gönnen Sie sich hin und wieder etwas Besonderes, um sich selbst Wertschätzung entgegenzubringen.
 
Phase 5: Hoffnungslosigkeit und Suizidgedanken
In Phase 5 nehmen das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit bei Betroffenen extrem zu. Sie glauben, dass sich ihre Situation niemals verbessern wird und dass der Tod die einzige Lösung für ihre Qualen darstellt.
In dieser Phase sind schnelle und angemessene Massnahmen von entscheidender Bedeutung. Suchen Sie professionelle Hilfe! Reden Sie offen über Ihre Suizidgedanken, um Unterstützung zu erhalten.
Wichtige Hinweise
- Es ist äusserst wichtig, dass Sie sehr rasch eine ärztliche Behandlung aufsuchen, sei dies der Hausarzt oder Psychiater.
 - Seien Sie geduldig mit sich. Eine Depression entwickelt sich meist langsam und bildet sich auch unter Behandlung eher schrittweise zurück.
 - Planen Sie jeden Tag jeweils am Vorabend möglichst genau (z.B. mit einem Stundenplan). Setzen Sie sich kleine und überschaubare Ziele.
 - Führen Sie ein Stimmungstagebuch.
 
Unterstützung für Angehörige
Das veränderte Verhalten eines depressiven Angehörigen, eines Arbeitskollegen oder Freundes ist oft schwierig zu verstehen und kann dazu verleiten, ungeduldig und vorwurfsvoll zu reagieren. Seien Sie in dieser schweren Zeit geduldig. Die Hilflosigkeit und Trauer - auch Ärger und Wut -, die Sie durch das Miterleben der Erkrankung oft empfinden, sind eine häufige und normale Reaktion.
Es ist sehr wichtig, sich über die Krankheit Depression gut zu informieren. Die Betroffenen sind krank, sie können nicht mehr «etwas wollen». Helfen Sie mit, Geduld aufzubringen. Die Depression ist behandel- und heilbar, aber sie bessert sich meist in kleinen Schritten.
tags: #depressive #Phasen #bekämpfen #was #tun