Demenz: Ursachen und Behandlung von unruhigem Verhalten

Die gesteigerte Aktivität eines Menschen mit Demenz kann für Angehörige und Pflegepersonal anstrengend sein. Erregung und Bewegungsdrang können viele Gründe haben.

Was ist Agitation?

Unter Agitation (auch: Agitiertheit) versteht man einen Zustand der innerlichen Erregung, der sich durch einen unstillbaren Bewegungsdrang äussert. Die Betroffenen selbst empfinden bei einem Agitationszustand in der Regel eine starke innere Anspannung und Unruhe.

Agitierte Menschen laufen meist rastlos auf und ab und wollen nicht still sitzen. Zudem zeigen sie oft unkontrollierte, ziellose Bewegungsabläufe wie Herumzappeln, ständiges Zupfen an der eigenen Kleidung oder beiläufiges Hantieren mit Gegenständen. Auch Zittern kann eine Form der Agitiertheit sein.

Im Gegensatz zu Menschen, die generell nervös veranlagt sind oder sich in einer Stresssituation angespannt fühlen, sind agitierte Personen jedoch nicht in der Lage, den Bewegungsdrang zu unterdrücken.

Agitationszustände können als Anzeichen verschiedener Erkrankungen auftreten oder als Nebenwirkung bestimmter Medikamente wie auch Drogen(entzug) auftreten. Eine der Krankheiten, zu denen Agitiertheit gehört, ist die Demenz. Bei einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung tritt Agitiertheit häufiger auf.

Lesen Sie auch: Mehr zum Thema Demenz

Die zumeist älteren Patienten entwickeln eine grosse Unruhe und Bewegungsdrang. Beispielsweise laufen sie stundenlang in der Wohnung auf und ab, auch nachts. Manche Experten sprechen hier nicht von einer Weglauf-, sondern von einer Hinlauftendenz. Denn die Demenzkranken verfolgen mit ihrer Unruhe ein vermeintliches Ziel. Zum Beispiel wollen sie zur Arbeit gehen oder die Kinder von der Schule abholen.

Weil nicht nur die räumliche, sondern auch die zeitliche Orientierung fehlt, verlangen die Betroffenen nachts ihr Frühstück und wollen tagsüber ins Bett gehen. Aufgrund ihrer Orientierungslosigkeit finden sie sich meist im Strassenverkehr nicht zurecht und verlaufen sich. Auf Hinweise oder Einmischung reagieren sie mitunter gereizt oder aggressiv, was sich durch Schreien, wildes Gestikulieren oder Wegdrängen von anderen Menschen bemerkbar machen kann. Für Angehörige und Pflegepersonal ist all dies eine grosse Herausforderung.

Ursachen von Agitiertheit bei Demenz

Herausforderndes Verhalten kann viele Gründe haben, wobei diese oft nicht klar eruierbar sind. Demenzerkrankte erleben ihren Alltag häufiger als konfliktreich oder gar bedrohlich; sie verstehen Abläufe nicht mehr und entsprechend sind sie überfordert. Das verunsichert, frustriert und löst Angst aus. Weil sie diese Gefühle schlecht in Worte fassen können, reagieren sie oft ungeduldig, aufgebracht oder aggressiv.

Mit fortschreitender Krankheit sinken zudem die Hemmschwellen und die Selbstkontrolle geht zurück. Dies kann dazu führen, dass sie impulsiv und handgreiflich werden.

Auch Schmerzen können Agitiertheit auslösen. In diesem Fall sind Betroffene nicht in der Lage, sich aufgrund ihrer Erkrankung anders zu äussern, dass ihnen etwas weh tut. Es ist daher sinnvoll, zunächst immer zu prüfen, ob Schmerzen als Ursachen für das Auftreten der Agitiertheit in Frage kommen können.

Lesen Sie auch: Demenz und herausforderndes Verhalten

Betreuende und pflegende Angehörige können aggressivem Verhalten vorbeugen oder es zumindest mildern, indem sie zum Beispiel:

  • die «Auslöser» bzw. die Warnsignale für die Aggressionen erkennen lernen und diese möglichst entschärfen. Dies kann etwa Lärm, zu viel Licht, eine laute und grelle Stimme sein.
  • den Alltag vereinfachen, um die Überforderungsmomente zu vermindern, d.h. zum Beispiel die Sachen immer am selben Platz lassen, in der richtigen Reihenfolge geben, Routinen beibehalten.
  • dafür sorgen, dass sich die demenzerkrankte Person im Alltag begleitet fühlt, etwa indem Sie Augenkontakt halten und mit ihr sprechen.
  • bei ausserordentlichen Tätigkeiten wie einem Arztbesuch genügend Vorbereitungszeit einplanen.

Umgang mit Agitiertheit

Immer in Bewegung bleiben! Dies ist ein guter Ansatz. Bewegung ist gesund und gibt eine gute Laune. Beobachten Sie den Betroffenen und finden Sie heraus, in welchen Situationen und unter welchen Umständen er sich entspannt. Hier haben Spaziergänge an der frischen Luft, kleine Hausarbeiten und Spiele einen positiven Einfluss auf die Agitiertheit.

Der Umgang mit Agitiertheit hat auch eine ethische Dimension, denn daran gekoppelt ist die Frage: Wie gross ist die gesellschaftliche Akzeptanz bei Demenz? Oftmals werden Betroffene mit Medikamenten sediert, damit sie nicht mehr stören.

Nach dem Sturm reagieren: Keinesfalls ist eine Strafe angesagt - weder körperlich noch mit dem Verweigern einer geliebten Sache, denn die Person mit Demenz kann daraus nichts lernen. Schlagen Sie der betroffenen Person zum Beispiel eine Tätigkeit vor, die sie mag und sie auf andere Gedanken bringt.

Zentral ist es zudem, zu sich selbst Sorge zu tragen. Bleiben Sie als Angehörige nicht allein mit Ihren Gefühlen, damit Sie auch wieder Distanz zu solchen Geschehnissen gewinnen. Eine Angehörigengruppe bietet die Möglichkeit des Austauschs.

Lesen Sie auch: Demenz und Schizophrenie im Vergleich

Häuft sich das aggressive Verhalten oder verstärkt es sich trotz Versuchen, besprechen Sie die Situation mit der Ärztin, dem Arzt oder mit der Beratungsstelle von Alzheimer Schweiz Ihres Kantons.

Medikamentöse Therapie

Wenn der Bewegungsdrang für den Patienten leidvoll oder mit Gefahren verbunden ist, schlagen Ärzte mitunter eine medikamentöse Therapie vor. Zur Verfügung stehen dabei grundsätzlich Antidementiva, Antidepressiva, Antiepileptika, Sedativa (Beruhigungsmittel) oder Hypnotika (Schlafmittel). Gegebenenfalls können auch pflanzliche Pharmaka eingesetzt werden. Bei manchen Patienten reicht eine einmalige oder kurzzeitige Gabe eines oder mehrerer akut wirksamer Medikamente zur Beruhigung.

Benzodiazepine sollten in der Regel nach circa vier bis sechs Wochen abgesetzt werden, da sonst das Risiko der Abhängigkeit besteht. Bei Antipsychotika und Antidepressiva besteht dagegen keine Suchtgefahr.

Pflegekonzepte und Aktivitäten des täglichen Lebens

Lebensaktivitäten bestimmen den Alltag eines jeden Menschen. Er gestaltet sie nach seinen grundlegenden Lebensbedürfnissen. Verschiedene Pflegekonzepte, die in Alters- und Pflegeheimen und zum Teil auch in Institutionen für Menschen mit Behinderungen umgesetzt werden, strukturieren die Aktivitäten des täglichen Lebens.

In der Praxis finden insbesondere zwei Modelle Anwendung: die Gliederung von 12 Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) nach Liliane Juchli und die 13 Aktivitäten, Beziehungen und existenziellen Erfahrungen des Lebens (ABEDL) nach Monika Krohwinkel. Die beiden Modelle sind zu einem grossen Teil deckungsgleich.

Menschen mit einer Demenzerkrankung weisen zunehmend Lücken in der Fähigkeit der Selbstgestaltung dieser Aktivitäten auf. Die als Kind erworbene Alltagskompetenz geht stufenweise verloren. Als Folge davon müssen Pflege-, Betreuungs- und Begleitungsleistungen zunehmend intensiviert werden.

Diese Demenzbox beschreibt die körperbezogenen Unterstützungsfelder. Dargestellt werden dabei die Auswirkungen der Demenzerkrankung auf die jeweilige Lebensaktivität sowie mögliche Unterstützungsmassnahmen.

Beispiele für Aktivitäten des täglichen Lebens und Unterstützungsmöglichkeiten

Essen und Trinken

Auswirkungen der Demenzerkrankung in späten Phasen:

  • Apraxie ist eine Störung der willkürlichen, zielgerichteten Bewegungen bei intakter motorischer Funktion (z.B. Umgang mit Besteck, Tassen und Gläsern).
  • Agnosie ist eine Erkenntnisstörung trotz intakter Sinnesorgane. Es werden z.B. Speisen auf dem Teller nicht mehr erkannt oder das Wissen, was mit dem Essbesteck gemacht wird, kann nicht mehr abgerufen werden.
  • Entscheidungsunfähigkeit bei mehreren Komponenten auf dem Teller.
  • Störungen beim Beissen, Kauen und Schlucken von Nahrungsmitteln und Getränken.
  • Aspirieren, d.h. Eindringen von Nahrung in die Atemwege.
  • Hunger- und Durstgefühle werden nicht mehr wahrgenommen bzw. können nicht zugeordnet werden. Dies kann zu einer Gewichtsabnahme und einer Dehydrierung führen.
  • Kachexie ist ein pathologischer Gewichtsverlust, der einhergeht mit Blutarmut, Appetitlosigkeit und Kräfteschwund.

Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Genügend Ruhe- und Essenszeiten gewähren und diese auf den ganzen Tag verteilen.
  • Unterstützung nach dem Grundsatz «nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich».
  • Jahreszeiten, Brauchtum, Rituale berücksichtigen.
  • Biografiebezogene Verpflegung und entsprechendes Essmilieu. Dabei gilt es unter anderem, die regionale Küche und das Essen aus der Kindheit und der Jugendzeit zu berücksichtigen.
  • Gerichte frisch vor Ort zubereiten (Frontcooking) und möglichst viele Sinne ansprechen. Dabei können wesentliche Teile des Zubereitungs- und des Kochvorgangs beobachtet und miterlebt werden.
  • Die Kostformen dem aktuellen Gesundheitszustand anpassen (z.B. grob gewürfelt, Fingerfood, fein geschnitten, passiert-püriert oder flüssig).
  • Menschen mit einer Demenzerkrankung, die zum Essen nicht ruhig sitzen können, Fingerfood und Foodtankstellen anbieten («fliegende Verpflegung», «Eat by walking»). Dabei werden Schüsseln/Platten mit mundgerechten Stücken von Käse, Fleisch, Wurst, Gemüse, Trockenfrüchten und Keksen oder fantasievolles Apérogebäck bereitgestellt.
  • Smoothfood, d.h. mit Lachgas aufgeschäumte Produkte, eignen sich für Personen mit starken Schluck- und Kaustörungen. Durch ihre mousseartige Konsistenz können sie mit einem Kaffeelöffel eingenommen werden.
  • Auch bei geduldiger und zeitaufwendiger Nahrungseingabe essen Patienten mit fortgeschrittener Demenzerkrankung oft nur noch wenig und verlieren an Gewicht. Zudem verschlucken sie sich wiederholt. Wenn Entzündungen in Mund- und Rachenraum ausgeschlossen werden können, muss dieses Verhalten als nonverbale Willensäusserung akzeptiert werden.
  • Der Einsatz von Ernährungssonden ist aus verschiedenen Gründen problematisch. Zudem konnte bislang ein positiver Effekt bei Menschen mit Demenzerkrankung nicht nachgewiesen werden. Auch die Flüssigkeitszufuhr mittels Infusion ist selten angezeigt und kann oft nur mit Zwangsmassnahmen, z.B. durch die Fixation der Hände, erreicht werden.

Ruhen und Schlafen

Auswirkungen der Demenzerkrankung:

  • Zunehmende Unruhe am späten Nachmittag und am Abend (vgl. «Sundowning-Phänomen», das Angetriebensein von Menschen mit einer demenziellen Erkrankung).
  • Agitation am Morgen (vgl. «Sunrising-Phänomen», das auch in Zusammenhang mit einer Depression auftreten kann).
  • Zubettgehen und Einschlafen kann schwierig werden.
  • Längere Wachperioden in der Nacht, aufstehen und Drang zu Aktivitäten.
  • Beim polyphasischen Schlaf wird der Schlafbedarf nicht am Stück, sondern in mindestens drei Schlafphasen gedeckt. Dabei sind Schlaf- und Wachphasen unabhängig von Tages- und Nachtzeit.
  • Bei der Tag-und Nacht-Umkehr wird der Tag zur Nacht und die Nacht zum Tag.

Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Genügend Aktivitäten und soziale Kontakte am Tag ermöglichen.
  • Viel Bewegung tagsüber, möglichst im Freien, z. B. durch Spaziergänge. Die Aufnahme von genügend Tageslicht unterstützt die Produktion des körpereigenen Hormons Melatonin, das den Schlaf reguliert.
  • Klare, einfache, gleichbleibende und möglichst vertraute Tagesstruktur.
  • Am Abend gedämpftes Licht. Reize und Aufregung vermeiden.
  • Friedliches, beruhigendes Abend- und/oder Einschlafritual, Entspannungstee, sanfte Musik.
  • Abklären von körperlichen Ursachen für den gestörten Schlaf (z.B. Schmerzen, Halluzinationen, Depressionen, Hunger oder Durst).
  • Kaffee kann bei Menschen mit einer Demenzerkrankung entspannend wirken und sie schläfrig machen.
  • Schlafmedikamente nur nach Absprache mit dem Arzt (Erhöhung der Sturzgefahr).
  • Akzeptanz der Rhythmusänderung von Begleit- und Betreuungspersonen, wenn der Tag zur Nacht wird. Oft ist diese Änderung eine zeitlich begrenzte Phase im Verlauf der Krankheit.
  • Unterstützung der «inneren Uhr» durch eine entsprechende Steuerung des künstlichen Lichts (vgl. Demenzbox «Räumlich-architektonische Faktoren»).
  • Nachtcafé, Nachtprogramm, Nachtaktivitäten, Nachtklinik.

Sich Bewegen

Auswirkungen der Demenzerkrankung:

  • Die erlernte, hochkomplexe Planung, Steuerung und Koordination des Gehens geht verloren.
  • Unfähigkeit zur Ausführung gleichzeitiger Handlungen (z.B. jemandem beim Gehen zuhören oder etwas erzählen). Stellt man eine Frage, steht der Demenzkranke abrupt still und versucht, diese zu beantworten.
  • Bewegungsprobleme entstehen oft in Kombination mit anderen Einschränkungen (z.B. eingeschränkte Wahrnehmung der Oberfläche von Gehstrecken, Seh- und Hörprobleme, Gelenkschmerzen, schwindende Muskelkraft).
  • Zunehmende Sturzgefahr.
  • Teilweise, d.h. bei etwa 10-20 Prozent aller Patienten mit fortgeschrittener Demenz treten bizarre motorische Bewegungsmuster auf (z.B. «Wandering», d.h. Umherstreifen, Umherirren).

Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Für eine Sturzprophylaxe ist an unterschiedliche Massnahmen zu denken, z.B. an bauliche Massnahmen, an den Einsatz einer spezifischen Beleuchtung, an Gehhilfen, an Sitz- und Liegegelegenheiten «unterwegs», aber auch an die Verbesserung der Sehfähigkeit (Brille) und des Gehörs (Hörapparat).
  • Eine proteinreiche Ernährung kann die muskuläre Stabilität und Balance unterstützen.
  • Ressourcen und Fähigkeiten vorausschauend einschätzen, nicht überfordern.
  • Keine medikamentöse Ruhigstellung durch Neuroleptika oder Benzodiazepine.
  • Bewegungsabläufe nicht im «Hauruckverfahren», sondern gemäss kinästhetischen Grundsätzen ausführen.
  • Bewegungskompetenz durch den gezielten Einsatz von rhythmischen Kadenzen fördern, z.B. durch Singen, Taktklopfen, Tanzen oder Angebot spezifischer Dalcroze-Ateliers.

Sexualität leben

Auswirkungen der Demenzkrankheit:

  • Das Bedürfnis nach Nähe und Intimität kann sich infolge der Krankheit Demenz verändern. Eigene Bedürfnisse können im Vordergrund stehen, z.T. kommt es, insbesondere bei einer frontotemporalen Demenz, zu einer Enthemmung, da die Selbstkontrolle vermindert ist.
  • Die sozialen und moralischen Verhaltensformen können verloren gehen. Auch Hemmschwellen können schwinden. Dies kann ein unangepasstes Verhalten, mitunter auch in der Öffentlichkeit, zur Folge haben (grobe Wörter, Annäherungsversuche, Berühren des eigenen Intimbereichs oder des Intimbereichs anderer Personen).
  • Das Schamgefühl im eigentlichen Sinne ist oft nicht mehr vorhanden.
  • Da Menschen mit einer Demenzerkrankung eher in der Vergangenheit als in der Gegenwart leben, nehmen sie sich selbst häufig als jung wahr und wissen beispielsweise nicht mehr, dass sie verheiratet waren oder sind.
  • Sie können sich bei der Intimpflege bedroht oder stimuliert fühlen.

Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Privat- und Intimsphäre wahren.
  • Spärlich bekleidete oder sexuell erregte Person umsichtig vor fremden Blicken schützen.
  • Bei der Intimpflege begleitend erklären, was gemacht wird und was die Rolle der pflegenden Person ist.

Der Gang zur Toilette

Auswirkungen der Demenzerkrankung:

  • Durch die Demenzerkrankung kann die notwendige Verknüpfung von verschiedenen kognitiven Fähigkeiten verloren gehen, welche zur Ausführung dieser Aktivität notwendig sind (z.B. Ausscheidungsbedürfnis wahrnehmen, Entscheidung für den Toilettengang treffen, Toilette finden, sich entkleiden und die Entleerung gezielt durchführen).
  • Dadurch entsteht eine nicht steuerbare Situation bei der Entleerung der Blase und des Enddarms.
  • Das Schamgefühl erschwert die Akzeptanz von Unterstützungsleistungen.

Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Täglich ballaststoffreiche Ernährung einnehmen und genügend trinken, d.h. 2-3 Liter Flüssigkeit.
  • Auf eine regelmässige Darmentleerung achten (Kalender führen).
  • Intimsphäre wahren, z.B. durch den Einsatz von Paravents oder durch das Schliessen der Zimmertüre.
  • Auf nonverbale Signale oder Bedürfnisse achten.
  • Regelmässig zum Toilettengang animieren oder direkt auf die Toilette begleiten.
  • Leicht zu öffnende Kleidungsstücke.
  • Klar erkennbare Toiletteneingänge, gute Beleuchtung.
  • Eventuell Zusatzhocker für begleitendes Personal (oft werden bis zu 10 Minuten gebraucht, bis die Ausscheidung erfolgt) oder die Tür einen Spalt breit offen lassen).
  • Bequemes Sitzen ermöglichen (evtl. Aufsatz, Schemel).
  • Erfolg bestätigen, eventuell loben und sich bedanken.
  • Einlagewechsel langsam, eventuell unter dem Deckbett wechseln.
  • Basale Stimulation durch langsame Streichungbewegungen in Darmrichtung.
  • Kombination von osmotisch wirksamen Laxanzien (Abführmittel) mit Gleitmittel Klistiere grosszügig und häufig anwenden.

Herausforderndes Verhalten

Im Verlauf der Krankheit kann sich das Verhalten von Menschen mit einer Demenzerkrankung und von Menschen mit kognitiver Behinderung und einer Demenzerkrankung so verändern, dass es als störend und problematisch empfunden wird. Das herausfordernde Verhalten kann sich in Form von Aktivität oder von Passivität äussern. Dazu gehören etwa zielloses Herumwandern, Aggressivität, Schreien, Depressionen und Apathie. Solche Verhaltensweisen sind Ausdruck des starken Leidensdrucks, dem die Betroffenen ausgesetzt sind.

Gerade bei herausforderndem Verhalten ist es wichtig, über ein gewisses Grundwissen zum möglichen Verlauf und zu den möglichen Begleiterscheinungen einer demenziellen Erkrankung zu verfügen. Wesentliche Voraussetzungen für deeskalierendes Handeln in Krisensituationen sind die Haltung und die daraus folgende Handlung bzw. Reaktion der Fachpersonen. In diesem Sinn tragen die Fachpersonen einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität der Menschen bei, die an Demenz erkrankt sind. Dies gilt gleichsam für Menschen mit einer geistigen oder einer psychischen Behinderung, die an einer Demenz erkrankt sind.

Im neuropsychiatrischen Inventar Version Pflegeheim NPI-NH von RAI werden folgende Verhaltensweisen als «herausfordernd» klassiert:

  • Wahnvorstellungen
  • Halluzinationen
  • Erregung/Aggression
  • Depression/Dysphorie
  • Angst
  • Euphorie/Hochstimmung
  • Apathie/Gleichgültigkeit
  • Enthemmung
  • Reizbarkeit/Labilität
  • Abweichendes motorisches Verhalten

Grundsätzlich gilt: Verhalten ist immer im Beziehungskontext zwischen dem Individuum und seiner Umwelt zu betrachten und zu verstehen, d.h., das Verhalten einer Person steht immer in Beziehung zu ihrer aktuellen Umwelt. Daher ist neben der Lebensgeschichte auch diese Beziehung zu berücksichtigen, um ein Verhalten verstehen zu können.

Für diese Verhaltensveränderungen werden im deutschsprachigen Raum Fachbegriffe wie Verhaltensstörungen, Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensprobleme verwendet. In der internationalen Literatur trifft man oftmals auf den Begriff «behavioural and psychological symptoms in dementia», abgekürzt BPSD.

Verhaltenssymptome

Herausforderndes Verhalten im Sinne von psychischen Symptomen und Verhaltenssymptomen ist bei Menschen mit einer Demenzerkrankung sehr häufig: 80-90 Prozent aller Erkrankten sind im Verlauf ihrer Krankheit davon betroffen. Man geht davon aus, dass dies auch bei Menschen mit kognitiver Behinderung oder psychischer Behinderung und einer demenziellen Erkrankung der Fall ist.

Als häufigste Symptome sind bekannt:

  • Agitation (Angetriebenheit)/Aggression
  • Reizbarkeit, Apathie (Teilnahmslosigkeit)
  • Depression
  • Ängstlichkeit
  • Wahnvorstellungen
  • Enthemmung
  • Abweichendes motorisches Verhalten
  • Euphorie
  • Halluzinationen

Herausforderndes Verhalten kann in verschiedenen Stadien der demenziellen Erkrankung in unterschiedlichen Ausprägungen und Kombinationen auftreten. Dieses Verhalten belastet Erkrankte, Angehörige, Betreuende und Pflegende oft stärker als die kognitiven Einschränkungen.

Das NDB-Modell

Eine handhabbare Übersicht über mögliche Ursachen und Auslöser für herausforderndes Verhalten bietet das sogenannte NDB-Modell (need-driven dementia-compromised behavior model), das von einer Gruppe von nordamerikanischen Pflegewissenschaftlerinnen entwickelt wurde. Das NDB-Modell wird im deutschsprachigen Raum als «bedürfnisorientiertes Verhaltensmodell bei Demenz» bezeichnet. Das Modell dient unter anderem als Hilfsmittel für eine verstehende Diagnostik.

Das Modell unterscheidet zwei Arten von Variablen oder Faktoren, die ein Verhalten beeinflussen. Gemäss Alzheimerforum.de (Rahmenempfehlungen, 2006. S. 15) handelt es sich dabei einerseits um Hintergrundfaktoren, welche durch Interventionen kaum beeinflusst werden können. Die Beschreibung dieser Faktoren hilft aber, Risiken zu erfassen. Zur Gruppe der Hintergrundfaktoren zählen etwa der Gesundheitsstatus, physische und kognitive Fähigkeiten, aber auch Merkmale, die in die Krankheit mitgebracht wurden (z.B. Persönlichkei...

tags: #Demenz #unruhiges #Verhalten #Ursachen #und #Behandlung