Aromatherapie in der Psychiatrie: Anwendungsgebiete und Wirkung

Die Komplementärmedizin bietet eine grosse Vielfalt an Behandlungsmethoden an. In diesem Artikel steht die Aromatherapie im Fokus. Aromatherapie nennt man die kontrollierte Anwendung von ätherischen Ölen zur Erhaltung und/oder Verbesserung der Gesundheit. Aromatherapie nutzt die ätherischen Öle zur Beeinflussung und Entspannung des Körpers und/oder zur Linderung von Krankheiten. Bei dieser Therapieform ist das Dufterlebnis zentral, denn durch die entstehenden Folgereaktionen im Gehirn können unsere Gefühle und unser Wohlbefinden beeinflusst werden.

Wirkungsweise der Aromatherapie

Jede Aufnahme von ätherischen Ölen hat nämlich einen doppelten Effekt: Einerseits wird das Gehirn angesprochen und werden damit hormonelle und intellektuelle Prozesse ausgelöst, andererseits gelangen die Wirkstoffe über unsere Organe (Haut, Lunge, Magen oder Darm) in den Blutkreislauf und damit schlussendlich in den gesamten Körper. Die durch einen Duft auftretenden Gefühle werden unterschiedlich wahrgenommen, z.B. als beruhigend, anregend, angstlösend oder euphorisierend.

Natürlich verwenden Aromatherapeuten und -therapeutinnen nur solche Öle, die bei der Patientin oder beim Patienten positive Emotionen hervorrufen. Duftabneigungen sollten im Vorfeld einer Aromatherapiebehandlung immer besprochen werden. So vermeidet man unangenehme Überraschungen und kann die positive Wirkung der Therapie voll ausschöpfen. Die Anwendung der ätherischen Öle kann durch unterschiedliche Formen erfolgen, sei es zum Beispiel über Massagen, Bäder, Inhalation, Verdunstung, Duftlampen und noch vielem mehr. Die ätherischen Öle werden nach der Aufnahme im Körper innerhalb von drei bis sechs Stunden wieder ausgeschieden.

Historischer Hintergrund

Die Aromatherapie ist bereits vor Jahrtausenden praktiziert worden. So fanden Archäologen ein mesopotamisches Destilliergerät, das zur Herstellung von ätherischen Ölen diente. Das Gerät wird auf ein Alter von 5000 Jahren geschätzt. Von den Ägyptern weiss man, dass sie schon 4000 Jahre vor Christus ätherische Öle einsetzten. Sie verwendeten sie beispielsweise zur Einbalsamierung ihrer Toten, in der Kosmetik oder zur Massage. Bei wichtigen Staatsakten wurde Weihrauch verbrannt. Auch Pillen, Salben, Puder und Zäpfchen aus ätherischen Ölen wurden damals schon hergestellt.

Die Babylonier gingen noch weiter und parfümierten den Mörtel, mit welchem sie ihre Tempel bauten. Auch die Chinesen und Inder stellten schon früh ätherische Öle her, vor allem von Rosen und Kalmus. Die Chinesen erkannten auch, dass man mit ätherischen Ölen bestimmte Wirkungen auf Körper und Psyche erzielen kann. So setzten sie Weihrauch ein, um eine Stimmung von Harmonie und Ausgeglichenheit zu erreichen. Griechen und Römer zehrten vom Wissen der Ägypter und deren Erfahrung mit Heilpflanzen nach Eroberung des ägyptischen Reiches.

Lesen Sie auch: Jenaer Psychiatrie im Fokus

Auch in der Bibel finden sich Stellen, wo ätherische Öle erwähnt werden. So steht im 2. Mose/Exodus 30/ 22-25, dass Mose vom Herrn folgend Anweisung erhielt: «Besorge dir kostbare Duftstoffe, 6 Kilo Myrrhe, 3 Kilo Zimt, 3 Kilo Kalmus, 6 Kilo Kassia, gewogen nach dem Gewicht des Heiligtums und dazu 5 Liter Olivenöl.

Am Ende des 10. Jahrhunderts entdeckte der bekannte arabische Arzt Avicenna (980-1037) die Dampf-Destillation wie man sie heute verwendet. Durch die Kreuzzüge kam das Wissen von den duftenden Wässern und aromatischen Essenzen nach Europa. Handschuhfabrikanten verwendeten Essenzen, um ihre Produkte zu beduften.

Wissenschaftliche Studien über die therapeutischen Eigenschaften von ätherischen Ölen begannen Anfang des 20. Jahrhunderts durch den französischen Chemiker und Parfümeur René-Maurice Gattefossé. Durch Zufall entdeckte er, dass Lavendelöl nicht nur eine äusserst angenehmen Duft verströmt, sondern auch für die Desinfektion und schnellere Heilung von Wunden angewendet werden kann. Als er sich nämlich bei einem Unfall in seinem Labor die Hand verbrannte, hielt er diese, ohne nachzudenken, in die nächststehende Flüssigkeit - Lavendelöl. Zu seinem Erstaunen liess der Schmerz rasch nach und anstelle der üblichen Verbrennungserscheinungen mit Rötung, Hitze, Schwellung und Blasen, heilte die Wunde rasch und hinterliess keine Narbe. Von da an widmete Gattefossé den Rest seines Lebens der Erforschung der heilenden Eigenschaften ätherischer Öle. Er war es auch, der der Aromatherapie ihren Namen gab.

Anwendungsgebiete der Aromatherapie

Die Aromatherapie kann bei der Behandlung unterschiedlichster Beschwerden zum Einsatz kommen. So kann zum Beispiel der Duft von Orangen stimmungsaufhellend wirken oder die Inhalation von Thymian bei Erkältungen Erleichterung verschaffen. Mit ein paar Tropfen Lavendelöl auf dem Kopfkissen kann die Entspannung unterstützt und ein guter Schlaf gefördert werden und mit bestimmten Essenzen kann sogar die Stärkung des Immunsystems begünstigt werden.

Die Aromatherapie kommt zunehmend auch in Pflegeeinrichtungen zum Einsatz. Palliativstationen und Hospize waren dabei sicherlich Vorreiter bei der Anwendung von ätherischen Ölen. Aber auch in der Psychiatrie, Geriatrie und in Kliniken mit Ausrichtung auf eine Integrative Medizin werden sie immer öfters eingesetzt. In der Altenpflege können z.B. Unruhezustände und Rastlosigkeit durch eine einfach durchzuführende Aroma-Handmassage günstig beeinflusst werden.

Lesen Sie auch: Universitätsklinikum Essen Psychiatrie

Wichtige Hinweise zur Anwendung

Auch wenn die Aromatherapie als sanfte Therapiemethode gilt, gibt es doch einige Punkte zu beachten. So sollten ätherische Öle nie pur auf die Haut aufgetragen werden, einzige Ausnahme ist das Lavendelöl, das auch punktuell pur aufgetragen werden darf. Grundsätzlich gilt: Weniger ist mehr. Oft benötigt es nur wenige Tropfen eines ätherischen Öls für eine Anwendung. Bevor ein ätherisches Öl zum Einsatz kommt, sollte immer zuerst abgeklärt werden, ob der Patient/die Patientin auf einen der Inhaltsstoffe allergisch ist oder eine Abneigung gegen einen gewissen Duft hat.

Ebenso ist es äusserst wichtig auf die Reinheit des ätherischen Öls zu achten. Nur Pflanzen, die wild wachsen oder aus biologischem Anbau stammen, liefern ätherische Öle von hochstehender Qualität. Billige Öle stammen oft von grossen Anbauflächen in ärmeren Ländern. Dort werden leider immer noch häufig Pestizide und Kunstdünger für bessere Erträge eingesetzt. Da Pestizide öllöslich sind, gehen sie in die Essenz über und so können billige Öle oft mehr Schaden anrichten, als dass sie helfen. Heute ist es zudem möglich beinahe von allen ätherischen Ölen eine mehr oder weniger identische synthetische Kopie herzustellen.

Aromatherapie in der Psychiatrie

In vielen psychiatrischen Institutionen in der Schweiz werden Aromapflege und/oder Aromatherapie angeboten.Wie kann Aromatherapie Menschen in psychischen Krisen helfen? Ein Duft hat einen direkten Zugang zu unseren Gefühlen. So ist es möglich, sehr schnell und unkompliziert auf die Emotionen einzuwirken, unmittelbar schöne Gefühle auszulösen, Spannungen zu regulieren oder zu fokussieren. Aromatherapie ist ein einfaches Mittel, um auf die psychische Befindlichkeit einzuwirken.

Anwendung in den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPK)

Wie wird Aromatherapie bei Ihnen in den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPK) angewendet? Auf der Haut und vor allem auch inhalativ, das heisst durch das Riechen an einem Riechstreifen oder Riechstift, oder an einem nahe platzierten Duftstein. Hautanwendungen wie Einreibungen werden hauptsächlich als sogenannte angeleitete Selbstanwendungen angeboten. Dann gibt es auch Fussbäder und Vollbäder, die aber in der Tagesstruktur etabliert werden müssen. Einen Fokus legen wir auch auf mobile Anwendungen wie Roll-ons, die schnell zur Hand und über Haut und Nase erlebbar sind.

Unterschiede bei verschiedenen psychischen Erkrankungen

Unterscheiden sich die Anwendungen bei verschiedenen psychischen Erkrankungen (z. B. Depression, Angststörungen, Suchterkrankungen)? Ja, da gibt es tatsächlich Unterschiede. Menschen mit depressiven Erkrankungen sprechen besser auf niedrige Dosierungen an, zu starke Düfte bedeuten eher eine Überforderung. Bei Klient*innen mit hohem Spannungspotenzial empfehlen sich eher Hautanwendungen bei höheren Dosierungen von bis zu drei Prozent.

Lesen Sie auch: UKE Expertise Psychiatrie

Verwendete ätherische Öle

Welche ätherischen Öle werden am häufigsten in der Behandlung psychiatrischer Klient*innen eingesetzt und warum? Zitrusdüfte sind sehr wichtig, wobei auch nicht alle Menschen sie gleich gern haben. Es braucht aber auch Down-Düfte. Süsse Komponenten wie Tonka oder Benzoe sind bedeutsam, ebenso haben Kräuter wie Lavendel und Majoran einen hohen Stellenwert. Bei den Baumölen beginnen wir mit Fichtennadel, die Atlaszeder ist in dieser Kategorie ein wichtiger Folgeduft.

Die Rolle der Klientenpräferenzen

Spielen die Vorlieben der Klient*innen bei der Auswahl der ätherischen Öle auch eine Rolle? Sogar die Hauptrolle! Ich als Fachperson treffe eine Vorauswahl an Düften basierend auf meiner Expertise, und der/die Klient*in wählt aufgrund seiner/ihrer Riechwahrnehmung aus, welchen Duft er/sie nutzen möchte.

Rückmeldungen von Klienten

Welche Rückmeldungen zur Aromatherapie erhalten Sie von Klient*innen? Sehr viele positive Rückmeldungen. Menschen, die mit Düften etwas anfangen können, sind sehr dankbar für diese Möglichkeit, da sie sehr persönlich und individuell ist. Bei manchen Menschen geht ein Türchen zur Selbstfürsorge auf, was sehr schwierig ist in dieser Situation. Natürlich gibt es auch Klient*innen, die sagen, dass sie keine Wirkung erleben. Dann geht es darum, zu lernen, einem angenehmen Gefühl Raum und vor allem Wert zu geben. Wenn das gelingt, bemerken sie, wie schön es sein kann, sich in der Situation der Hospitalisierung - und auch später - etwas Gutes zu tun. Der Schwerpunkt der aromatherapeutischen Arbeit liegt dabei auf der Selbstwahrnehmung und Selbstwirksamkeit.

Unterschiede zur Aromatherapie in anderen Spitälern

Wie unterscheidet sich die Aromatherapie in einem psychiatrischen Klinikum von anderen Spitälern? Somatische Spitäler sind ausgerichtet auf klare Symptome. Häufig kann die Wirkung gemessen oder beurteilt werden. Einen Blutdruck kann man messen oder eine Wundpflege beurteilen. Im psychiatrischen Setting sind die Ergebnisse so nicht messbar. Es geht um das Wahrnehmen in der Krise, und um die Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Die Bewertung erfolgt von den Klient*innen selber.

Bedeutung der Selbstwirksamkeit

Was ist mit Selbstwirksamkeit genau gemeint? Es geht darum, bewusst wahrzunehmen, was einem guttut, und dies dann gezielt anzuwenden. Dies kann man stärken und üben. Die ätherischen Öle eignen sich sehr gut dafür, weil der Effekt schnell eintritt und die Klient*innen damit eigenverantwortlich arbeiten können.

Zusammenfassung der Aromatherapie in der Psychiatrie

In der Aromatherapie werden inhalative und dermale Anwendungen verdünnter, unverfälschter ätherischer Öle eingesetzt. Bei der Aromatherapie in der Psychiatrie liegt der Fokus aromatherapeutischer Anwendungen auf der psychischen Befindlichkeit. Durch gezielte Interventionen (Riechen, Körperwahrnehmung, Achtsamkeit) wird in prozesshafter Arbeit Selbstwahrnehmung und Selbstmanagement unterstützt. Ziel ist, die in der Therapie erlernten Erfahrungen und Handlungen in den Lebensalltag zu integrieren (Rudolf von Rohr, 2014).

Das Basler Modell: In den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPK) wurde die Aromatherapie 2007 in das therapeutische Angebot aufgenommen, um die Standardbehandlung zu unterstützen. Der Schwerpunkt der aromatherapeutischen Arbeit liegt dabei auf der Selbstwahrnehmung. Ziel ist der Auf- und Ausbau von Selbstfürsorge, möglichst über den stationären Aufenthalt hinaus. Das heisst, die übergeordnete Zielsetzung besteht in der Erweiterung des eigenverantwortlichen Handlungsraumes.

Weitere Therapieangebote

  • Verschiedene ätherische Öle tragen zur Linderung von Beschwerden und zur Steigerung des Wohlbefindens bei.
  • Die Duftstoffe werden entweder dem aufgeheizten Wasser beigemengt, inhaliert oder als Raumduft, Bad oder Fussbad benutzt.
  • Auch können sie als Zusatz von Körperpflegeprodukten in die Haut einmassiert werden.
  • Die feinen Duftnoten sprechen Ihren Geruchssinn an.
  • Dies führt zu einer Sinneswahrnehmung mit den damit verbundenen Nebeneffekten (Gefühlseindruck, Erinnerung, reflektorische Beeinflussung verschiedener Körperfunktionen und weitere).
  • Bei Erkrankungen der Atemwege, vor allem bei Asthma, werden die Medikamente mit dem verordneten Inhalationsgerät eingeatmet.
  • Die Wirkstoffe werden durch das Einatmen in die Luftröhre, in die Bronchien und in die Lunge transportiert - da wo sie wirken sollen.
  • Diese Therapie beschreibt einen gemeinsamen therapeutischen Prozess im Rahmen einer temporären Lebensgemeinschaft.
  • Sie setzt sich aus diversen Methoden zusammen, die auf eine selbständige und selbstbestimmte Lebensgestaltung zielen.
  • Mittels der Milieugestaltung wird ein Umfeld geschaffen, welches Sie in Ihren Selbst- und Sozialkompetenzen unterstützt und stärkt.

Ohrakupunktur

  • Das Ohr spiegelt als Mikrosystem den gesamten Körper wieder.
  • Regulierendes Einwirken bei akuten Ereignissen oder chronischen Erkrankungen, körperlicher oder seelischer Natur, ist mit Ohrakupunktur möglich.
  • Es gibt für jedes Körperteil oder Organ einen bestimmten Punkt am Ohr, der mit diesem korrespondiert.
  • Mit kleinen Stahlnadeln, die in beide Ohren gestochen werden, werden diese Zonen stimuliert und das Organ dadurch positiv beeinflusst.
  • Die Ohrakupunktur ist eine wirkungsvolle Methode, akute und chronische Erkrankungen funktioneller, organischer und psychogener Natur ohne Nebenwirkungen zu behandeln.

Weitere Therapieformen

  • Tanzen als Sport fördert den Muskelaufbau, die Motorik, Koordination und den Gleichgewichtssinn.
  • Das erfolgreiche Erlernen, Planen und Umsetzen komplexer Bewegungsabläufe bilden Selbstvertrauen und unterstützen ein gesundes Verhältnis zum eigenen Körper sowie den eigenen Ressourcen.
  • Es entstehen Bewältigungsmöglichkeiten.
  • Warme und kalte Wickel fördern den Heilungsvorgang durch Ruhe und Zuwendung sowie die sanfte Kraft von Temperatur und Wirkstoff.
  • Die Anwendungsgebiete sind vielfältig.
  • Bei Schwellungen helfen Quarkwickel.
  • Das diplomierte Pflegepersonal versorgt einfache und kleine Wunden.
  • Komplexe Wunden werden von unserer zertifizierten Wundmanagerin in enger Zusammenarbeit mit dem Arzt, der Ärztin behandelt.
  • Das Ziel ist eine wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche Wundbehandlung mit schneller Schmerzbefreiung und nachhaltiger Wundheilung.

tags: #Aromatherapie #psychiatrie #anwendungsgebiete