Als sich unsere menschlichen Vorfahren zu Zweibeinern entwickelten, wurde der Skapulohumeralkomplex entwickelt, um den spezifischen Anforderungen einer orthograden Haltung gerecht zu werden und die Prähension zu erleichtern. Die knöcherne Gelenkkongruenz, die für gewichtstragende Aktivitäten erforderlich ist, wurde in den oberen Extremitäten zugunsten der Weichteilstabilität geopfert, um eine größere Beweglichkeit des Schultergelenks zu ermöglichen. Unser Schultergelenk bietet einen grösseren Bewegungsspielraum als jedes andere Gelenk im Körper und birgt somit gleichzeitig das größte Risiko für Instabilität.
Anatomie der Schulter
Das Glenohumeralgelenk (GH) wird durch den Humeruskopf und das Glenoid der Skapula gebildet. Ihre geometrische Beziehung ermöglicht einen bemerkenswerten Bewegungsumfang. Das so genannte Scapulothorakalgelenk ist kein echtes Gelenk, sondern fungiert als integraler Bestandteil des Schulterkomplexes.
Das Schulterblatt, das durch die axioappendikulären Muskeln mit der hinteren Seite der Brustwand verbunden ist, bildet den Ursprung der Rotatorenmanschette und des Deltamuskels. Der Trapezius setzt an seiner oberen Seite an. Die Schulterkapsel ist groß und hat eine doppelt so große Oberfläche wie der Humeruskopf. Sie nimmt normalerweise etwa 28 bis 35 ml Flüssigkeit auf, wobei die Menge bei Frauen größer ist als bei Männern. Die Kapsel ist von Synovium ausgekleidet und erstreckt sich vom Glenoidhals (oder gelegentlich vom Labrum) bis zum anatomischen Hals und zum proximalen Schaft des Humerus in unterschiedlichem Ausmaß, wobei die Kapsel häufig nach oben zum Processus coracoideus und zu beiden Seiten der Skapula (über die vordere und hintere Aussparung) reicht.
Die Gelenkkapsel verschmilzt mit Bandstrukturen, die an nahe gelegenen knöchernen Landmarken entspringen, und enthält in ihrer Substanz die glenohumeralen Bänder, einschließlich des inferioren glenohumeralen Komplexes. Alle diese Strukturen weisen große Unterschiede in Größe, Form, Dicke und Befestigung auf.
Auf allen Seiten der Schulterkapsel, mit Ausnahme des unteren Teils, wird die Kapsel durch die Sehnen der Rotatorenmanschettenmuskeln, d. h. des M. Supraspinatus, Infraspinatus, Teres minor und Subscapularis, verstärkt und gefestigt. Die Sehnen gehen über unterschiedliche Längen in die Kapsel über und sind im Durchschnitt etwa 2,5 cm lang. Am stärksten ausgeprägt ist der vordere Sehnenanteil des M. Subscapularis. Zusammen bilden sie die muskulotendinöse oder kapsulotendinöse Manschette.
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Die glenohumeralen Bänder sind kollagene Verstärkungen der Schulterkapsel, die an der Aussenfläche nicht sichtbar sind. Sie lassen sich am besten in situ arthroskopisch ohne Dehnung durch Luft oder Kochsalzlösung beurteilen. Ihre Funktion hängt von ihrer kollagenen Integrität, ihren Befestigungsstellen und der Position des Arms ab.
Das Akromioklavikulargelenk (AC Gelenk) ist ein sphärisches Gelenk zwischen der lateralen Clavicula und dem Akromion, welches der Scapula entspringt. Das AC- und SC-Gelenk bewirken einen grösseren Bewegungsumfang in der Schulter, speziell in der Abduktion und Rotation. Ausserdem ermöglichen die beiden Gelenke eine axiale Rotation der Clavicula, eine Elevation/Depression und eine Vorwärts-/Rückwärtsbewegung der gesamten Schulter.
Das Sternoklavikulargelenk (SC-Gelenk) ist ein kugelförmiges Gelenk zwischen dem medialen Ende des Schlüsselbeins und sowohl dem Manubrium als auch dem ersten Rippenknorpel. Eine intraartikuläre Faserknorpelscheibe stabilisiert das Gelenk und verhindert eine mediale Verschiebung des Schlüsselbeins. Die Gelenkkapsel wird durch das vordere und hintere SC-Band verstärkt.
Das SC ist im inferior-medialen Anteil (diskoklavikuläres Kompartiment) ein bewegliches und schlecht kongruentes Gelenk, dort treten Subluxationen auf und es entwickeln sich degenerative Veränderungen (Arthrosen). Im kranialen Anteil befindet sich ein stark vaskularisierter Bereich mit Faserknorpel. In diesem Bereich tritt die septische Arthritis am häufigsten auf.
In der Schulterregion sind mehrere Schleimbeutel vorhanden, und in der Schulterkapsel befinden sich zwischen den glenohumeralen Bändern eine Reihe von Recessus. Zwei Schleimbeutel sind von besonderer klinischer Bedeutung: Die Bursa subacromialis und die Bursa subscapularis. Obschon selten, kann ein weiterer Schleimbeutel zwischen dem Musculus infraspinatus und der Gelenkskapsel vorhanden sein. Andere synoviale Recessus befinden sich normalerweise im vorderen Teil der Kapsel. Anzahl, Größe und Lage dieser Aussparungen hängen von topografischen Variationen der glenohumeralen Bänder ab.
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Unabhängig von der Anordnung, in der sie sich befinden, weisen die Recessus eine extreme Variabilität auf.
Die oberflächlichen und tiefen Strukturen der Schulter werden von einem Netz von Nervenfasern innerviert, die hauptsächlich von den Nervenwurzeln C5, C6 und C7 stammen (die Wurzel C4 kann ebenfalls einen kleinen Beitrag leisten). Die Innervation des Schultergelenks folgt dem Hilton'schen Gesetz, das besagt, dass Nerven, die ein Gelenk kreuzen, Äste in das Gelenk abzweigen und dessen Innervation gewährleisten. Daher handelt es sich bei den Nerven, welche die Bänder, die Kapsel und die Synovialmembran der Schulter versorgen, um medulläre und nicht-medulläre Fasern der axillären, suprascapulären, subscapulären und musculocutanen Nerven. Gelegentlich leisten kleine Äste des posterioren Strangs des Plexus brachialis einen Beitrag.
Die Schultermuskulatur
Die Schultermuskulatur zählt zur Skelettmuskulatur. Im oberen Brustbereich bildet sie ein komplexes Konstrukt aus zahlreichen Muskeln, die an Bewegungen der Arme, der Schultern, der Schulterblätter und im weitesten Sinne auch des Oberkörpers und des Kopfes beteiligt sind. Dass es sich dabei auch um kleinste Bewegungen handelt, merkt man beim Beobachten des Atems. Atmen wir tief in den oberen Brustbereich ein, heben sich neben der Brust auch die Schultern, das Schlüsselbein und sogar der Kopf leicht an.
Die Schultermuskulatur lässt sich grob in folgende Gruppen aufteilen:
- Schultermuskulatur der Körperrückseite 
- Obergrätenmuskel (Musculus supraspinatus)
 - Untergrätenmuskel (M. infraspinatus)
 - Deltamuskel (M. deltoideus)
 - Grosser Rundmuskel (M. teres major)
 - Kleiner Rundmuskel (M. teres minor)
 
 - Schultermuskulatur der Körpervorderseite 
- Unterschulterblattmuskel (Musculus subscapularis)
 - Hakenarmmuskel (M. coracobrachialis)
 
 - Rotatorenmanschette 
Dabei handelt es sich um eine wichtige Muskelgruppe, die das Schultergelenk umhüllt. Gebildet wird sie von drei dorsalen Muskeln (M. supraspinatus, M. infraspinatus, M. teres minor), einem ventralen Muskel (M. subscapularis) und einem Band (Ligamentum coracohumerale). Die Sehnen der kurzen Schulterrotatoren sind zu einer Sehnenplatte verwachsen und geben der Rotatorenmanschette ihren Namen.
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 - Entfernte Schultermuskulatur 
Neben der Schultergelenksmuskulatur gibt es weitere Muskeln im Schultergürtelbereich, die der Schultermuskulatur zugerechnet werden können: die Muskeln des Oberarms (wie Bizeps und Trizeps), Teile der Rückenmuskulatur (Trapezmuskel, grosser Rückenmuskel, Rautenmuskeln, Schulterblattheber), Brustmuskeln (grosser und kleiner Brustmuskel, vorderer Sägemuskel) und der Unterschlüsselbeinmuskel. Sie haben ebenfalls Einfluss auf die Schulterbewegungen.
 
Funktion der Schultermuskulatur
Ohne seine umgebende Muskulatur wäre das Schultergelenk ziemlich instabil - Grund dafür ist das Missverhältnis zwischen dem grossen Gelenkkopf des Oberarms und der relativ kleinen und flachen Gelenkpfanne, die vom Schulterblatt gebildet wird. Die Schultermuskulatur macht zudem die umfangreichen Bewegungen der Arme und Schultern möglich wie zum Beispiel Drehen, Heben oder Senken. Hauptstabilisator ist dabei die Rotatorenmanschette, die den Oberarmkopf zentriert in der Gelenkpanne des Schulterblatts hält.
Je nachdem, welche Bewegung wir mit den Armen durchführen wollen, sind unterschiedliche Muskeln im Einsatz:
- Seitliches Abspreizen der Arme (Abduktion): 
- Deltamuskel (Musculus deltoideus, Pars acromialis), wichtigster Muskel für die Abduktion
 - Obergrätenmuskel (M. supraspinatus)
 - Langer Kopf des Bizepsmuskels (Caput longum des M. biceps brachii)
 
 - Heranführen der Arme (Adduktion): 
- Grosser Brustmuskel (M. pectoralis major)
 - Sehr breiter Rückenmuskel (M. latissimus dorsi)
 - Grosser Rundmuskel (M. teres major)
 - Kleiner Rundmuskel (M. teres minor)
 - Hakenarmmuskel (M. coracobrachialis)
 - Kurzer Kopf des Bizepsmuskels (Caput breve des M. biceps brachii)
 - Trizepsmuskel (M. triceps brachii)
 - (Teile des Deltamuskels (Pars clavicularis und Pars spinalis))
 
 - Heben der Arme nach vorne (Anteversion): 
- Deltamuskel (M. deltoideus, Pars clavicularis)
 - Grosser Brustmuskel (M. pectoralis major)
 - Bizepsmuskel (M. biceps brachii)
 - Hakenarmmuskel (M. coracobrachialis)
 
 - Heben der Arme nach hinten (Retroversion): 
- Deltamuskel (M. deltoideus, Pars spinalis)
 - Sehr breiter Rückenmuskel (M. latissimus dorsi)
 - Grosser Rundmuskel (M. teres major)
 
 - Drehen der Arme nach aussen (Aussenrotation): 
- Deltamuskel (M. deltoideus, Pars spinalis)
 - Untergrätenmuskel (M. infraspinatus)
 - Kleiner Rundmuskel (M. teres minor)
 
 - Drehen der Arme nach innen (Innenrotation): 
- Deltamuskel (M. deltoideus, Pars clavicularis)
 - Unterschulterblattmuskel (M. subscapularis)
 - Grosser Brustmuskel (M. pectoralis major)
 - Sehr breiter Rückenmuskel (M. latissimus dorsi)
 - Grosser Rundmuskel (M. teres major)
 - Hakenarmmuskel (M. coracobrachialis)
 - Bizepsmuskel (M. biceps brachii)
 
 
Unsere Schultermuskulatur ist aber auch gefragt, wenn wir mit den Schultern zucken (Trapezmuskel), Liegestützen machen (kleiner Brustmuskel) oder in den Boxring steigen (Boxermuskel, Musculus serratus anterior).
Wo befindet sich die Schultermuskulatur?
Zur Schultermuskulatur gehören explizit alle Muskeln, mit der wir Arm und Schulter bewegen, also eine Aktivität im Schultergelenk bewirken. Im weiteren Sinn aber auch Muskeln, die den Schultergürtel mit dem Rumpf und dem Hals verbinden. Diese Muskelregionen verlaufen an der Körpervorder- und -rückseite im oberen Rumpfbereich und ziehen bis in die Arme sowie über Hals und Nacken Richtung Kopf.
Die einzelnen Muskelgruppen (Muskellogen) sind von Bindegewebe (Faszien) umgeben. Erst diese besondere Verpackung macht zusammen mit den Sehnen eine Fixierung der Muskeln am Knochen und somit eine Kraftübertragung möglich. Knöcherne Ansatzstellen der Schultermuskulatur sind vor allem die beiden Knochen des Schultergürtels, Schulterblatt und Schlüsselbein, sowie der Oberarmknochen, aber auch Halswirbel, Dornfortsätze der Brustwirbel und Rippenknorpel.
Probleme der Schultermuskulatur
Verspannungen im Schulterbereich sind ein weit verbreitetes Problem. Auslöser sind in der Regel unbewusste Fehlhaltungen, zum Beispiel wenn wir bei Kälte oder Stress die Schultern Richtung Ohren ziehen. Die Schmerzen können mitunter sogar bis in den Kopfbereich einstrahlen und chronisch werden. Aber auch durch Überanstrengung, Fehlstellung oder nach einer Verletzung entwickeln sich Beschwerden in der Schultermuskulatur.
Diese äussern sich in Form von:
- Muskelschmerzen
 - Bewegungseinschränkungen
 - Kraft- oder Funktionsverlust
 - Lähmungen oder Gefühlsstörungen
 
Setzen Schmerzen in der Schultermuskulatur plötzlich ein, sind folgende Ursachen wahrscheinlich:
Typische Verletzungen der Schultermuskulatur sind die Rotatorenmanschettenruptur und der Bizepssehnenriss.
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