Anhaltende Depressive Störung: Definition, Ursachen und Therapie

Eine Depression kann viele Gesichter haben. Es gibt viele verschiedene Arten und Unterformen dieser psychischen Erkrankung. Die sogenannte rezidivierende depressive Störung ist eine Form der Depression, bei der Betroffene wiederholt depressive Episoden durchlaufen. Die Symptome können in den Episoden variieren, aber die wiederkehrende Natur ist charakteristisch für diese Störung.

Symptome und Diagnose

Bei der rezidivierenden depressiven Störung treten depressive Symptome in Schüben auf, die sich mit beschwerdefreien Phasen abwechseln. Dabei werden Hauptsymptome und Begleitsymptome unterschieden: Hauptsymptome sind die Kernsymptome, die für die Diagnose der Depression entscheidend sind. Begleitsymptome hingegen sind zusätzliche Symptome, die zwar bei der Erkrankung auftreten können, aber nicht unbedingt für die Diagnose ausschlaggebend sind.

Die Symptome können in unterschiedlicher Ausprägung auftreten. Die Klassifizierung und Differenzierung dieser Ausprägungen erfolgt durch spezifische Diagnoseschlüssel, die einen wichtigen Beitrag zur genauen Identifizierung und Behandlung dieser Erkrankung leisten.

  • F33.0: Dieser Diagnoseschlüssel kennzeichnet eine wiederkehrende depressive Störung, bei der die gegenwärtigen Symptome als leicht eingestuft werden.
  • F33.1: Hierbei handelt es sich um eine wiederkehrende depressive Störung mit aktuell mittelgradigen Symptomen.
  • F33.2: Dieser Diagnoseschlüssel beschreibt eine wiederkehrende depressive Störung mit einer aktuellen schweren Episode.
  • F33.3: Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine wiederkehrende depressive Störung mit einer gegenwärtigen schweren Episode.
  • F33.9: Wenn die genaue Ausprägung der wiederkehrenden depressiven Störung nicht klar spezifiziert ist, wird dieser Schlüssel verwendet.

Eine Depression ist eine psychische Erkrankung. Betroffene fühlen sich ständig niedergeschlagen, antriebslos, interessenlos, in tiefer Stimmung oder gefühllos. Sie kann von körperlichen Problemen, Appetitlosigkeit und Schlafstörungen begleitet sein.

Im Vordergrund stehen eine bedrückte, niedergeschlagene Stimmung, Konzentrations- und Interessensverlust oder Freudlosigkeit. Die Freudlosigkeit kann bis zu einem quälenden Empfinden einer Gefühlslosigkeit oder auch der Unfähigkeit reichen, traurig zu sein. Ausserdem gehören oft ein Verlust des Vitalitätsempfindens und eine Antriebslosigkeit dazu.

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Manchmal macht sich eine depressive Erkrankung auch in körperlichen Beschwerden bemerkbar wie etwa Appetitverlust, Schlafstörungen oder Libidoverlust.

Bestehen diese und weitere Symptome wie Ängste, Selbstzweifel oder eine Entscheidungsunfähigkeit über mehr als zwei Wochen, ist eine ärztliche Diagnostik empfehlenswert.

Ursachen einer Depression

Eine Depression entsteht zumeist aus dem Zusammenwirken von verschiedenen Faktoren. Wie wichtig die einzelnen Faktoren bei der Entstehung einer Depression sind, ist individuell unterschiedlich. Als Auslöser wirken oft sehr belastende Ereignisse, Verluste oder Überforderungssituationen, auf welche Betroffene sensibler reagieren als andere Personen. Als grundlegendes Paradigma wird in der klinischen Psychologie das Vulnerabilitäts-Stress-Modell verwendet.

Die Vulnerabilität beschreibt dabei die individuelle Anfälligkeit eines Menschen, an einer psychischen Störung zu erkranken. Diese kann unter anderem genetisch aber auch durch Lernerfahrungen wie zum Beispiel kindliche Traumata oder emotionale Vernachlässigung bedingt sein. Bei erhöhter Vulnerabilität reichen bereits geringere aktuelle oder chronische Belastungen aus, um einen Krankheitsausbruch zu bewirken, während bei geringer Vulnerabilität die Belastungen dementsprechend grösser sein müssen. Diese Schwelle zum Krankheitsausbruch wird durch unterschiedliche Risiko- und Schutzfaktoren (zum Beispiel die soziale Unterstützung aus dem Umfeld) beeinflusst.

Im Folgenden werden sowohl psychosoziale als auch biologische Aspekte betrachtet, welche eine zentrale Rolle bei der Entstehung einer Depression spielen können. Die beiden Aspekte schliessen sich dabei nicht aus, sondern ergänzen sich im Sinne des Vulnerabilitäts-Stress-Modells. Eine Depression ist somit nicht entweder psychosozial oder biologisch bedingt, sondern ein beidseitiges Zusammenwirken.

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Psychosoziale Aspekte

Tiefgreifende Lebensereignisse, welche mit einem Verlust oder Rollenwechsel zusammenhängen (wie zum Beispiel das Elternwerden oder die Berentung), können das Risiko für eine Depression erhöhen. Auch anhaltende Stressbelastungen, wie beispielsweise Mobbing am Arbeitsplatz, Langzeitarbeitslosigkeit oder Konflikte in der Familie begünstigen eine Depression.

Für Seligman sind Ursachenzuschreibungen von entscheidender Bedeutung. Wenn Ursachen für ein negatives Ereignis wie folgt eingeschätzt werden, kann das depressionsauslösend wirken:

  • intern (das Problem liegt bei sich persönlich)
  • global (das Problem ist allgegenwärtig)
  • stabil (das Problem ist unveränderlich)

So kann sich die Überzeugung entwickeln, dass man nicht fähig ist, die eigene Lebenssituation zu verändern und für den Zustand selbst verantwortlich ist. Es resultiert ein Gefühl der Hilflosigkeit.

Ähnlich wie bei der erlernten Hilflosigkeit sind auch bei kognitiven Schemata negative Lebenserfahrungen für eine Depression ursächlich. Personen mit einer Depression verwenden dabei vor allem dysfunktionale Schemata, welche die wahrgenommene Realität zu sich selbst, der Welt und der Zukunft negativ verzerren.

Biologische Aspekte

Eine Depression ist zwar nicht direkt vererbbar, jedoch können bestimmte genetische Merkmale das Risiko für eine Erkrankung erhöhen. Ein Beispiel dafür ist das FKBP5-Gen, welches die Kontrolle über das Stresshormonsystem blockiert und so zu einer überschießenden Stressantwort führen kann.

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Ebenfalls beteiligt sind bestimmte Botenstoffe (Neurotransmitter), welche für das Zusammenspiel und Kommunikation der Zellen im Körper wichtig sind. Bei einer Depression sind Botenstoffe wie zum Beispiel Serotonin und Noradrenalin, welche die Stimmung positiv beeinflussen, im Ungleichgewicht. Diese Erkenntnis gilt als Erklärungsmodell für die Wirkung der Medikamentengruppe der Antidepressiva. Antidepressiva erhöhen diverse Botenstoffe und können Symptome einer Depression mindern. Jedoch sprechen nicht alle Betroffenen auf Antidepressiva an, was für individuelle Ausprägungen des Ungleichgewichts im Neurotransmittersystem spricht.

Frauen sind zweimal so häufig von einer Depression betroffen wie Männer. Eine Ursache dafür kann der Hormonhaushalt sein. Nach der Geburt eines Kindes sind ungefähr 10 bis 15 Prozent der Frauen von einer postpartalen Depression betroffen. Diverse Hormone wie zum Beispiel Progesteron, Östrogen und Schilddrüsenhormone sind dabei im Ungleichgewicht.

Ebenfalls können depressive Störungen durch die Einnahme oder das Absetzen (sog. Absetzerscheinungen) von diversen Medikamenten verursacht werden. Deshalb erheben Fachpersonen eine ausführliche Krankheitsgeschichte, um eine durch Medikamente verursachte Depression ein- oder auszuschließen.

Betroffene reagieren auf jahreszeitliche Veränderungen, was zu einer jahreszeitlichen Schwankung des Vitamin B durch Sonnenlicht führt. Frauen leiden viermal häufiger an einer Winterdepression.

Oft entsteht eine depressive Störung aus einer Kombination von genetischen, psychosozialen und umweltbedingten Faktoren.

Therapie

Die Behandlung einer rezidivierenden depressiven Störung ist komplex. Zur möglichen Behandlung gehört die Gabe von Antidepressiva oder anderen Medikamenten, eine Psychotherapie sowie weitere Therapieformen. Suchen Sie sich auf alle Fälle Unterstützung von einer Fachperson.

Wichtig für Betroffene einer rezidivierenden depressiven Störung ist das frühzeitige Erkennen von Zeichen, die auf eine bevorstehende Episode hinweisen. Dies können Veränderungen im Schlafmuster, Stimmungsschwankungen oder ein allgemeines Gefühl von Niedergeschlagenheit sein. Indem Sie die ersten Anzeichen einer depressiven Episode erkennen, können Sie frühzeitig Massnahmen ergreifen, um den Verlauf der Episode abzumildern oder zu verkürzen.

Um erste Anzeichen möglichst früh zu erkennen, kann es helfen, diese während einer guten Phase aufzuschreiben. Versuchen Sie sich zu erinnern, wann Ihre Symptome begonnen und woran Sie bemerkt haben, dass etwas nicht mehr stimmt. Tragen Sie alles in ein Tagebuch ein, sodass Sie immer nachlesen können, ob Sie sich gerade wieder auf dem Weg in eine depressive Episode befinden.

Selbsthilfe-Tipps

  • Fester Tagesablauf: Wenn es Ihre Symptome zulassen, halten Sie Ihren Rhythmus mit festen Zeiten fürs Aufstehen, Arbeiten, Essen und Schlafen ein. Das erhält Ihre Schlafqualität und schafft Struktur und Stabilität im Alltag.
  • Sport und Bewegung: Egal ob ein gemütlicher Spaziergang oder ein High-Intensity-Training, sportliche Betätigung setzt Glückshormone frei. Versuchen Sie damit, Ihren Körper und Geist zu stärken. Dazu gehören z.B. Yoga und Achtsamkeitstraining.
  • Soziale Integration und Unterstützung: Sprechen Sie mit nahestehenden Personen über ihre Gefühle. Regelmässiger Kontakt zu Familie und Freund:innen kann helfen.

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