Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist die häufigste Entwicklungsstörung im Kindesalter.
Was ist ADHS?
Die Kernsymptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) liegen in einer Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, einer erhöhten Impulsivität und einer Hyperaktivität.
Die drei Symptome der Störung sind Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität oder eine Kombination daraus.
Unterschied man früher zwischen ADHS und ADS - der Version ohne Hyperaktivitätsstörung -, arbeiten Ärztinnen und Ärzte sowie Forscherinnen und Forscher heute mit dem Oberbegriff ADHS.
«Meist haben wir es ohnehin mit Mischformen zu tun, zudem lassen sich die verschiedenen Symptome nur schwer voneinander abgrenzen», sagt René Kindli.
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Laut Experten wie René Kindli handelt es sich bei der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung um eine neurobiologische Besonderheit, eine Entwicklungsstörung des Gehirns.
Diese besteht lebenslang und ist vor allem auf genetische Veranlagung zurückzuführen.
Dabei arbeiten ADHS-Gehirne nicht schlechter - nur anders.
Betroffen sind vor allem Gehirnregionen, die bei der Verhaltenssteuerung und der Aufmerksamkeit eine Rolle spielen.
So ist bei Menschen mit ADHS die Kommunikation von Nervenzelle zu Nervenzelle im Gehirn beeinträchtigt.
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Der Botenstoff Dopamin bleibt nicht lange genug im sogenannten synaptischen Spalt, um einen Effekt auf die benachbarten Nervenzellen ausüben zu können.
Somit werden Informationen nicht gut weitergeleitet, die neuronale Kommunikation ist gestört.
Symptome von ADHS
Folgende Symptome können, müssen aber nicht, bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS vorkommen:
- Probleme, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, die als langweilig und uninteressant empfunden werden, oder zuzuhören, wenn das Gesagte sie nicht interessiert.
 - Schnelle Ablenkbarkeit und Empfindsamkeit auf Reize wie zum Beispiel Hintergrundgeräusche.
 - Auffälligkeiten im Bereich der Emotionsregulation oder im Sozialverhalten sowie Schwierigkeiten in der Selbstregulation ihres Verhaltens.
 - Schulisch schwache Leistungen.
 - Mühe, sich in der Klasse einzugliedern und Freunde zu finden.
 - Störendes Verhalten im Unterricht.
 - Auffälligkeiten bezüglich Motorik, zum Beispiel beim Schneiden mit der Schere oder beim Schreiben.
 - Probleme, sich zu organisieren: Betroffene sind oft chaotisch, verzetteln sich und haben Mühe, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
 - Sie vergessen Termine, Abgabefristen und verlegen oder verlieren Schulmaterial und andere Dinge.
 - Ungeduld und niedrige Frustrationstoleranz.
 - Fehlendes Zeitgefühl.
 - Hohe Sensibilität und Empfindsamkeit: Manche Betroffene fühlen sich schnell zurückgewiesen und können für Aussenstehende übertrieben emotional auf Kleinigkeiten reagieren.
 - Aufgaben werden nicht begonnen oder nicht beendet.
 - Manche Betroffene können nur unter Druck arbeiten.
 
Für das Umfeld ist oft unverständlich und nicht nachvollziehbar, wieso die Kinder diese Probleme haben.
Denn in gewissen Situationen können sie sich sehr wohl konzentrieren: Interessiert sie etwas, können sich Menschen mit ADHS vertieft und lange auf etwas einlassen.
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Eltern, Lehrer oder andere Bezugspersonen denken in der Folge oft, dass diese Kinder könnten, wenn sie nur wollten.
Doch das stimmt nicht.
Es ist ihnen nicht möglich, ihre Aufmerksamkeit oder ihren Fokus willentlich auf etwas zu steuern, wenn sie kein Interesse daran haben.
Stärken von Kindern mit ADHS
Kinder mit ADHS haben aber auch ganz viele positive Seiten und besondere Stärken.
Sie sind häufig äusserst kreativ, sensibel, lebhaft, hilfsbereit, neugierig, unterhaltsam, empathisch und haben einen grossen Gerechtigkeitssinn.
Interessiert sie etwas, sind sie darin oft überdurchschnittlich gut.
Nicht von ungefähr gibt und gab es viele berühmte Persönlichkeiten, die ADHS haben oder bei denen ADHS vermutet wird.
So etwa die Schauspielerin Emma Watson, der Schauspieler Johnny Depp, Sänger Justin Timberlake oder Astronaut Scott Kelly.
Auch Genies wie dem Physiker Albert Einstein, dem Künstler Vincent Van Gogh oder dem Schriftsteller Hermann Hesse wird nachgesagt, dass sie vermutlich ADHS hatten.
ADHS bei Mädchen und Frauen
Bei Jungen wird ADHS viel häufiger diagnostiziert als bei Mädchen.
Das bedeutet aber nicht, dass Mädchen weniger von ADHS betroffen sind.
Die Symptome sind bei ihnen oftmals weniger auffällig.
Einerseits können sie ihre Besonderheit besser verbergen, respektive werden sie zu grösserer Anpassungsleistung erzogen als Jungen und können durch Intelligenz viele Symptome kompensieren.
Andererseits werden typische ADS-Symptome des unaufmerksamen Typs mit dem stereotypen Bild eines Mädchens assoziiert.
Deshalb werden sie nicht abgeklärt.
Und selbst wenn eine Abklärung erfolgt, werden Mädchen und Frauen manchmal nicht richtig diagnostiziert, weil die Fragebögen und Diagnosekriterien auf der Forschung mit männlichen Probanden beruhen.
Probleme treten oft erst an der weiterführenden Schule oder im Studium auf.
Begleiterkrankungen und Folgen von ADHS
Kinder und Jugendliche mit ADHS sind öfters von weiteren psychischen Störungen betroffen als andere Kinder.
Sie sind häufiger in Konflikte involviert als Gleichaltrige und haben verbreitet das Gefühl, nicht zu genügen.
Obwohl viele von ihnen sehr intelligent sind, können sie nicht ihr ganzes Potenzial ausschöpfen und erbringen in der Schule oder Ausbildung keine guten Leistungen.
Nicht selten kommt es zu Schul- oder Lehrabbrüchen.
ADHS hat nichts mit Erziehungsfehlern zu tun.
Eltern trifft keine Schuld.
Betroffene Personen haben ein erhöhtes Risiko, an einer Depression zu erkranken oder eine Angststörung zu entwickeln.
Undiagnostiziert steigt zudem das Risiko für eine Suchterkrankung, weil Suchtmittel gerne genutzt werden, um mit ADHS-Symptomen umzugehen.
Diagnose von ADHS
Häufig zeigt sich eine ADHS beim Schuleintritt - wenn die Anforderungen an Kinder plötzlich deutlich höher sind und sie diesen aufgrund ihrer Symptomatik nicht gerecht werden können.
Bei Menschen ohne Hyperaktivitätskomponente hingegen wird ADHS oft erst in der Oberstufe oder im Erwachsenenalter bemerkt.
Sie wirken zwar häufig verträumt und abwesend, ecken aber durch ihr Verhalten nicht an, sodass zunächst kein Handlungsbedarf gesehen wird.
Die verträumte Form ist bei Mädchen und Frauen häufiger zu finden, die hyperaktive bei Jungen.
Wer ADHS hat, ist also vereinfacht gesagt unaufmerksam, impulsiv oder zappelig.
Diese Verhaltensweisen sind für die Kindheit bis zu einem gewissen Grad zunächst nicht ungewöhnlich.
Für die Diagnose ist deshalb die Frage entscheidend, ab wann man von einer Störung sprechen kann.
Um Kinder nicht irrtümlich einzustufen, haben sich Fachleute auf bestimmte Kriterien geeinigt, die für eine ADHS-Diagnose erfüllt sein müssen.
Ausgebildete Fachpersonen wie Kinder- und Jugendpsychiaterinnen oder Kinderärzte untersuchen dies gründlich.
Abhängig von der Schwere der ADHS leiten sich dann die Massnahmen ab, die ein Kind braucht, um gut durch die Schulzeit zu kommen.
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