Winterdepression oder saisonale Depression: Unterschiede und Behandlung

Die Tage werden kürzer und die Temperaturen sinken. Die kältere Jahreshälfte schlägt vielen aufs Gemüt. Man liest Begriffe, wie End-of-Summer-Depression oder Winterblues oder Herbst-Blues. Doch was bedeutet das eigentlich? Wir haben den Experten Prof. Dr. med. Gregor Hasler gefragt, was es mit dem Phänomen auf sich hat und wie es sich von einer saisonalen Depression unterscheidet.

Was ist eine Winterdepression?

Die Winterdepression, auch bekannt als saisonal-affektive Störung (SAD), ist eine Depressionsart, die sich mit dem Wechsel der Jahreszeiten zeigt. Sie tritt vor allem in den dunkleren, kälteren Monaten des Jahres auf, wenn die Tage kürzer sind. Die Winterdepression beginnt meist im Spätherbst und hält bis zum Frühling an. Der sogenannte Winterblues ist eine mildere Form der Winterdepression. Er kann ähnliche Symptome wie Müdigkeit und Traurigkeit mit sich bringen, die jedoch weniger intensiv sind und nicht so lange anhalten.

Der Winterblues ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf Lichtmangel, aber durch gezielte Massnahmen wie Lichttherapie, Bewegung und eine bewusste Lebensgestaltung kann man effektiv gegensteuern und die dunklen Monate besser bewältigen.

Unterschied zwischen Winterdepression und "normaler" Depression

Der Unterschied zwischen «klassischer» Depression und Winterdepression besteht darin, dass die Winterdepression direkt mit dem Fehlen von Sonnenlicht zusammenhängt. Das fehlende Tageslicht führt zu einem Ungleichgewicht von Serotonin und Melatonin - zwei Hormone, die die Stimmung und den Schlaf regeln.

Häufig tritt die Winterdepression als depressive Episode im Rahmen einer klassischen Depression auf.

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Ursachen der Winterdepression

Die dunklen, kalten Monate des Jahres bringen nicht nur Frost und Schnee mit sich, sondern für manche Menschen auch eine Winterdepression. Die Ursachen sind vielschichtig und hängen eng mit den Veränderungen in der Umwelt zusammen.

  • Lichtmangel: Wenn die Tage kürzer werden, bekommen Sie weniger Sonnenlicht ab. Das beeinflusst den Serotoninspiegel im Gehirn. Serotonin ist ein wichtiger Neurotransmitter für die Stimmungsregulation und tendiert dazu, bei weniger Sonnenlicht abzunehmen.
  • Vitamin-D-Mangel: Vitamin D, oft auch «Sonnenvitamin» genannt, wird bei Sonnenstrahlung im Körper gebildet. Nehmen Sie in den Wintermonaten zu wenig Vitamin D auf, kann dies mit depressiven Gefühlen einhergehen.
  • Melatonin: Auch das Hormon Melatonin, das den Schlaf-Wach-Zyklus reguliert, spielt eine wichtige Rolle.

Eine der häufigsten Ursachen einer Winterdepression ist der Lichtmangel während der kalten Monate im Herbst und Winter. Die verkürzten Tage signalisieren dem Körper einen veränderten Tag-Nacht-Rhythmus, was zu einem Ungleichgewicht der Hormone und Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn führen kann.

Diese Neurotransmitter sind für die Signalübertragung im Gehirn verantwortlich. Serotonin ist verantwortlich für Gelassenheit, Ausgeglichenheit, Ruhe und Zufriedenheit. Diese Neurotransmitter befinden sich in einem bestimmten Gleichgewicht zueinander. Ist dieses Gleichgewicht gestört, wird die Reizübertragung und beeinträchtigt, was wiederum Auswirkungen auf Gefühle und Wahrnehmung haben kann.

Symptome der Winterdepression

Winterdepression kann unterschiedliche Anzeichen mit sich bringen, die die Lebensqualität von Betroffenen beeinflussen.

  • Energielosigkeit: Überwältigende Müdigkeit und ein Mangel an Antrieb können selbst einfache tägliche Routineaufgaben zur Herausforderung machen.
  • Interessenverlust: Die Freude an Aktivitäten und Hobbys kann nachlassen.
  • Schlafprobleme: Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen können auftreten, oder das Gefühl, trotz ausreichendem Schlaf nicht erholt zu sein.
  • Konzentrationsprobleme: Betroffene können Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren oder zu erinnern.

Auffällig bei Menschen mit einer Winterdepression ist die extreme Müdigkeit bis hin zur Schlafsucht (Hypersomnie). Betroffenen fällt es vor allem morgens schwer, aus dem Bett zu kommen. Im Unterschied zur klassischen Depression ist bei Menschen mit einer Winterdepression jedoch ein erhöhter Appetit und Heisshunger auf kohlenhydratreiche Nahrungsmittel, insbesondere Süssigkeiten charakteristisch.

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Es ist allgemein bekannt, dass Depressionen und depressive Verstimmungen auf den Herbst und Winter hin zunehmen. Dies kann man überall auf der Welt beobachten, wo es Jahreszeiten gibt. Es hat sicher etwas mit dem Licht zu tun - im Herbst und Winter ist der Mensch normalerweise weniger Tageslicht ausgesetzt, das eine belebende Wirkung hat und unsere innere Uhr stellt. Studien zeigen, dass nicht die absolute Menge des Lichts ausschlaggebend ist, sondern auch der Fakt, dass die Tage wieder kürzer werden. Und auch das Sozialleben hat einen Einfluss - dies nimmt für gewöhnlich eher ab, wenn es wieder kälter wird.

Winterdepression bei Kindern

Winterdepression ist nicht nur ein Phänomen, das Erwachsene betrifft. Auch Kinder können Symptome von Winterdepression zeigen. Die Herausforderung bei Kindern besteht oft darin, die Anzeichen rechtzeitig zu erkennen, da sie ihre Gefühle nicht immer ausdrücken oder verstehen können. Häufige Symptome bei Kindern sind Reizbarkeit, Müdigkeit, Schwierigkeiten in der Schule und Desinteresse an Aktivitäten, die ihnen normalerweise Spass machen. Achten Sie als Eltern auf solche Veränderungen im Verhalten und in der Stimmung Ihres Kindes.

Dauer der Winterdepression

Bei einer Winterdepression können die Dauer sowie die Ausprägung der Symptome von Person zu Person variieren, aber generell beginnt die Winterdepression im Spätherbst und klingt mit den längeren, helleren Tagen des Frühlings ab. Die dunklen Wintermonate, in denen sich die Sonne oft hinter Wolken versteckt, sind die Hauptspielzeit dieser saisonalen Depression. Erkennen Sie die Anzeichen, suchen Sie am besten frühzeitig Unterstützung.

Behandlung der Winterdepression

Glücklicherweise gibt es verschiedene effektive Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome der Winterdepression zu lindern und das Wohlbefinden zu verbessern. Zu den häufig angewendeten Therapieansätzen zählen die Lichttherapie, die Einnahme von Medikamenten und die Psychotherapie.

Lichttherapie

Die wichtigste Form der Therapie ist bei einer Winterdepression die Lichttherapie. Üblich ist es, morgens 30 Minuten 50 bis 80 Zentimeter vor einer speziellen Tageslichtlampe mit einer Lichtstärke von 10.000 Lux zu sitzen. Dabei sollten Sie Ihre Augen offen haben, aber nicht direkt in das Licht schauen. Wichtig ist auch, dass die Lampe die UV-Strahlung aus dem Licht filtert.

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Insbesondere wirkt sich die Lichttherapie auf die Regulation des Hormons Serotonin aus, welches für unsere Stimmung verantwortlich ist. Das helle Licht stimuliert die Produktion von Serotonin und hilft auf diese Weise, depressive Symptome zu mildern und die Stimmung zu verbessern.

Eine typische Lichttherapie-Sitzung dauert etwa 30 Minuten bis zwei Stunden und sollte regelmässig, am besten jeden Morgen, durchgeführt werden. Es wird empfohlen, während der Behandlung nicht direkt in das Licht zu schauen, sondern dieses seitlich im Blickfeld zu haben, um eine Überanstrengung der Augen zu vermeiden. Studien haben gezeigt, dass die Lichttherapie bei bis zu achtzig Prozent der Betroffenen eine deutliche Linderung der Winterdepression bewirken kann.

Medikamentöse Behandlung

In Kombination mit einer Lichttherapie kommen oft Medikamente zum Einsatz. Serotonin gibt im Gehirn Reize von Nervenzelle zu Nervenzelle weiter. Normalerweise wird das Hormon wieder in die Nervenzelle aufgenommen, wenn es seine Aufgabe erfüllt hat. Die ssRI verhindern das, sodass das Serotonin dem Gehirn weiter zur Verfügung steht.

Die Behandlung einer Winterdepression mit Medikamenten kann vielen Menschen helfen, ihre Stimmung und ihr Wohlbefinden in den dunklen Wintermonaten zu verbessern. Einige Psychiater:innen verschreiben Antidepressiva, die speziell für die Behandlung von Depressionen entwickelt wurden.

Es ist wichtig zu beachten, dass Medikamente nur von einem Arzt oder eine Ärztin verschrieben werden und dass sie regelmässig und genau nach den Anweisungen eingenommen werden müssen. Manche Menschen haben möglicherweise Nebenwirkungen.

Psychotherapie

Auch eine kognitive Verhaltenstherapie hilft vielen Menschen mit Winterdepression. Darin lernen Sie gemeinsam mit einem spezialisierten Therapeuten Strategien, mit denen sie negativen Gedanken entgegenwirken können. In einer Untersuchung litten Proband*innen, die eine kognitive Verhaltenstherapie erhielten, im Jahr darauf wesentlich seltener unter depressiven Phasen.

Die Behandlung einer Winterdepression mit einer Psychotherapie kann für viele Betroffene sehr hilfreich sein. In der Psychotherapie arbeitet man eng mit einem ausgebildeten Therapeuten oder einer ausgebildeten Therapeutin zusammen, um die Ursachen und Symptome der Winterdepression besser zu verstehen und zu bewältigen.

Die Therapie kann verschiedene Techniken und Ansätze umfassen, wie zum Beispiel kognitive Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie oder Achtsamkeitsübungen. Die Psychotherapie bietet eine sichere und unterstützende Umgebung, um Gefühle auszudrücken, Ängste zu reduzieren und das Selbstbewusstsein zu stärken. Indem man neue Fähigkeiten erlernt, kann man besser mit der Winterdepression umgehen und seine Lebensqualität verbessern.

Vorbeugung der Winterdepression

Um einer Winterdepression oder einem Winterblues vorzubeugen, nutzen Sie das verfügbare Tageslicht so gut wie möglich. Bereits ein kurzer Spaziergang im Freien an einem sonnigen Tag kann die Stimmung heben. Achten Sie auch auf Ihre Ernährung: Lebensmittel, die reich an Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren sind, können das seelische Gleichgewicht unterstützen und die Symptome einer Winterdepression mildern. Dazu gehören: Walnüsse, Lachs, Thunfisch und Avocado.

Auch ein gesunder Schlaf ist essenziell für Ihr seelisches Wohlbefinden. Legen Sie Ihre Schlafenszeiten fest und halten Sie sich daran, damit Sie genügend Schlaf bekommen. Die meisten Menschen benötigen ungefähr acht Stunden Schlaf. Pflegen Sie zudem Ihre sozialen Kontakte.

Man sollte nicht mit der gedrückten Stimmung mitziehen, sondern versuchen, dagegen zu wirken. Wenn es wieder kälter wird, geht man weniger nach draussen und trifft vielleicht auch weniger oft seine Freunde. Da gerade das Tageslicht einen grossen Einfluss auf die Symptome hat, sollte man genug nach draussen gehen, beispielsweise für einen halbstündigen Spaziergang. Auch wenn man nicht wirklich Lust hat auf sein wöchentliches Tennistraining oder den Kaffee mit Freunden, sollte man sich überwinden, trotzdem hinzugehen, um seine Stimmung etwas anzuheben.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einer Winterdepression vorzubeugen:

  • Bewegen Sie sich auch im Winterhalbjahr viel im Freien, um Tageslicht zu tanken.
  • Beginnen Sie gegebenenfalls vorbeugend im Herbst mit einer Lichttherapie, wenn Sie schon in den Vorjahren unter Winterdepression litten.
  • Je nach Schwere der Winterdepression ist - wie bei anderen Depressionen - möglicherweise die vorbeugende Einnahme von Antidepressiva sinnvoll. Diese werden dann in geringer Dosierung das ganze Jahr über eingenommen. Besprechen Sie dies in jedem Fall mit einem Arzt.

Wann professionelle Hilfe suchen?

Wenn das Leben eingeschränkt wird und man in seiner Freizeit oder beim Job nicht mehr seinen Aufgaben nachgehen kann, sollte man sich professionelle Hilfe suchen. Wenn die schlechte Stimmung eine Person jedoch beschäftigt und stört, kann man sich natürlich auch zu jedem früheren Zeitpunkt an einen Therapeuten wenden - diese Entscheidung liegt im Ermessen der Betroffenen.

Es ist ratsam, frühzeitig professionelle Hilfe zu suchen, um die Symptome nicht zu verschlimmern und die Wintermonate besser bewältigen zu können. Die folgenden Organisationen können Ihnen helfen, geeignete Therapeut:innen zu finden:

  • Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP)
  • Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (ASP)
  • Schweizerischer Berufsverband für angewandte Psychologie (SBAP)

Winterdepression ist eine ernstzunehmende Herausforderung, die Sie mit den richtigen Massnahmen jedoch meistern können.

Zusammenfassung

Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zwischen Winterdepression, Winterblues und klassischer Depression zusammen:

Merkmal Winterblues Winterdepression (SAD) Klassische Depression
Saisonalität Ja, typischerweise Winter Ja, typischerweise Herbst/Winter Nein, ganzjährig möglich
Schweregrad der Symptome Mild bis moderat Moderat bis schwer Moderat bis schwer
Dauer der Symptome Einige Tage bis Wochen Mehrere Wochen bis Monate Mehrere Wochen bis Jahre
Auswirkungen auf den Alltag Geringe Beeinträchtigung Deutliche Beeinträchtigung Erhebliche Beeinträchtigung
Behandlung Oft Selbsthilfe ausreichend Lichttherapie, Medikamente, Psychotherapie Medikamente, Psychotherapie

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