Welche Medikamente können Depressionen verursachen?

Viele Menschen verbinden Nebenwirkungen von Medikamenten eher mit physischen Symptomen wie Hautausschlag oder Kopfschmerzen. Dass Medikamente, die gegen körperliche Gebrechen eingesetzt werden, auch Auswirkungen auf das geistige Wohlbefinden haben können, daran denkt man oft nicht. Einer neuen US-Studie zufolge aber können genau solche, häufig verschriebenen Medikamente das Risiko einer Depression erhöhen.

Die Wissenschaftler der University of Illinois konnten bei ihrer Untersuchung feststellen, dass ein Teil häufig verschriebener Medikamente Depressionen als Nebenwirkung haben können. Diese Arzneien kommen dabei aus ganz verschiedenen Ecken des medizinischen Spektrums. Analgetika wie Ibuprofen finden sich auf der Aufzählung ebenso wie Valium oder Morphin. Präparate für Magenbeschwerden wie Omeprazol schaffen es auch auf die illustere Liste. Dazu kommt Venlafaxin, Zolpidem, Beloc-ZOK und viele weitere.

An der gross angelegten Studie nahmen über 26'000 erwachsene Menschen teil. Bedingung war, dass sie zwischen 2005 und 2014 mindestens eine Art von verschreibungspflichtigen Medikamenten einnahmen. Es stellte sich heraus, dass 37 Prozent der rezeptpflichtigen Arzneien Depressionen als mögliche Nebenwirkung aufweisen. Die Forschenden konnten zudem beobachten, dass sich die Wahrscheinlichkeit an einer Depression zu erkranken erhöhte, wenn solche Medikamente kombiniert eingenommen wurden. Bei einem einzigen Präparat erkrankten rund sieben Prozent an einer Depression. Bei zwei waren es schon neun Prozent und bei drei stieg die Zahl auf alarmierende 15 Prozent.

Es überrascht wenig, dass der Einsatz von Medikamenten gegen Herz- oder Lungenerkrankungen mit depressiven Symptomen einhergehen kann. Solche Krankheiten sind oft mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung einer solchen verbunden. Daher ist es auch schwierig heraus zu finden, ob die depressive Verstimmung vom Medikament oder durch die Krankheit ausgelöst wurde. Es kommt nicht selten vor, dass gewisse Medikamente Einfluss auf den Gemütszustand haben. Besonders hormonelle Verhütungungsmittel wie bestimmte Antibabypillen stehen im Ruf, Depressionen auslösen zu können.

An der Studie ist zu bemängeln, dass zwar ein Zusammenhang zwischen der Einnahme dieser Medikamente und einem erhöhten Risiko für Depressionen aufgezeigt wird, jedoch die Ursache und die Wirkung nicht thematisiert werden. Den Experten zufolge muss man sich keine Sorgen machen, wenn man diese Medikamente einnimmt und keine Anzeichen von Depressionen aufweist.

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Depressionen verstehen

Die Depression ist eine psychische Erkrankung. Die klassischen Symptome sind gedrückte Stimmung, Freud- und Interessenlosigkeit, sowie Antriebsarmut. Die Depression ist eine der häufigsten diagnostizierten psychischen Erkrankungen. Etwa jeder fünfte Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens eine Depression.

Eine Depression zeigt sich oft durch die bereits genannten Symptome, wie gedrückte Stimmung, Interessen- und Freudlosigkeit, sowie geminderter Antrieb. Oft fühlen sich die Betroffenen niedergeschlagen und dies «ohne ersichtlichen Grund». Auch sind sie kaum aufzuheitern. Vielmals können sich auch Gefühle wie Hoffnungslosigkeit oder Angst bemerkbar machen.

Zudem kann eine Minderung des Appetits oder der sexuellen Lust auftreten. Aber auch körperliche Beschwerden wie beispielsweise Rückenschmerzen, Kopfschmerzen oder Kreislaufstörungen können Folgen einer Depression sein.

Behandlungsmöglichkeiten

Für die Depression ist meistens ein Ungleichgewicht der körpereigenen Botenstoffe im Gehirn verantwortlich. Neben der medikamentösen Therapie findet oft auch eine Psychotherapie statt. Wenn eine sehr schwere und lang anhaltende Depression vorliegt und der Patient beispielsweise Suizidgedanken oder Ähnliches äussert, kann auch eine stationäre Therapie verordnet werden.

Antidepressiva und ihre Anwendung

Antidepressiva, insbesondere Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI), haben sich als wirksame Mittel gegen die mit Depressionen verbundene Antriebslosigkeit erwiesen. Bei der Auswahl eines Antidepressivums spielt die Anamnese eine entscheidende Rolle.

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SSRI wirken, indem sie die Wiederaufnahme von Serotonin im Gehirn hemmen, wodurch mehr Serotonin für die Rezeptoren verfügbar wird. Dies führt zu einer Verbesserung der Stimmung und des Antriebs. Im Allgemeinen haben die SSRI eine ähnliche Wirksamkeit, unterscheiden sich aber etwas in Bezug auf das Nebenwirkungsprofil, den Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und der Pharmakokinetik.

  • Citalopram vs. Escitalopram ist das S-Enantiomer des racemischen Gemischs Citalopram.
  • Fluoxetin ist dafür bekannt, dass es bestimmte Leberenzyme, insbesondere CYP2D6, hemmt, was zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten führen kann. Darüber hinaus wird Fluoxetin häufig als einer der stärker aktivierenden SSRI beschrieben, was bedeutet, dass es mehr Stimulation oder erhöhte Energie verursachen kann, insbesondere im Vergleich zu anderen SSRI wie Citalopram oder Escitalopram.
  • Paroxetin hat unter den SSRI eine der höchsten Affinitäten für den Serotonintransporter (SERT). Aufgrund der hohen Affinität zum Serotonintransporter gilt Paroxetin als starker SSRI, trotz seiner kürzeren Halbwertszeit.
  • Sertralin hat neben seiner Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmwirkung auch eine leichte Dopamin-Wiederaufnahme-Hemmwirkung. Sertralin birgt auch ein geringeres Risiko für Arzneimittelwechselwirkungen als einige andere SSRI wie Fluoxetin und Paroxetin, da es einen geringeren Einfluss auf Leberenzyme wie CYP2D6 hat.

SNRI wirken durch die Hemmung der Wiederaufnahme von sowohl Serotonin als auch Noradrenalin, was die Stimmung und den Antrieb verbessert. Venlafaxin und Duloxetin sind hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Nebenwirkungen vergleichbar. Duloxetin ist ein Serotonin-Norepinephrin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI), der zur Behandlung verschiedener Erkrankungen eingesetzt wird, wobei der Schwerpunkt auf der psychischen Gesundheit und chronischen Schmerzen liegt. Das Medikament hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin, zwei wichtigen Neurotransmittern, die an der Stimmungsregulation und der Schmerzwahrnehmung beteiligt sind.

Venlafaxin wirkt ebenfalls in erster Linie durch die Erhöhung der Serotonin- und Noradrenalinspiegel im Gehirn. Diese Neurotransmitter spielen eine wesentliche Rolle bei der Regulierung von Stimmung und Angstzuständen. In niedrigeren Dosen wirkt Venlafaxin eher wie ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und konzentriert sich hauptsächlich auf Serotonin.

NDRI steigern den Antrieb, indem sie die dopaminerge und noradrenerge Funktion im Gehirn verbessern. Trizyklische Antidepressiva erhöhen die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt, was zu einer Verbesserung der Stimmung und einer Verringerung von Unruhe führt. Amitriptylin wird häufig zur Behandlung von Depressionen, chronischen Schmerzen und Migräne eingesetzt und wirkt, indem es den Serotonin- und Noradrenalinspiegel im Gehirn erhöht. Imipramin wird in erster Linie zur Behandlung von Depressionen und manchmal auch von Angststörungen eingesetzt, wird aber auch zur Behandlung von Bettnässen (Enuresis) bei Kindern verschrieben.

MAO-Hemmer blockieren die Monoaminoxidase-Enzyme, um die Konzentration von Neurotransmittern wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin im Gehirn zu erhöhen. Die Einnahme von MAO-Hemmern erfordert jedoch besondere Vorsicht.

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Pflanzliche Heilmittel

Bei Stimmungsschwankungen und Verstimmungen können verschiedene Heilpflanzen helfen. Dazu gehört in erster Linie das Johanniskraut. Johanniskraut gilt schon lange als „Stärkungsmittel für die Seele“. Bereits im Mittelalter wurde es gegen „Melancholie“ verwendet. In den 1970er Jahren konnte die Schulmedizin die stimmungsaufhellende Wirkung in medizinischen Studien beweisen. Die Pflanze des Lichtes, wie Johanniskraut auch genannt wird, zeigt eine beruhigende und ausgleichende Wirkung bei: gedrückter Stimmung, Stimmungslabilität, innerer Unruhe, Ängstlichkeit, Spannungszuständen und Stimmungsschwankungen.

Studien belegen die Wirksamkeit von Johanniskraut bei Verstimmungszuständen, Stimmungsschwankungen und Depressionen. Allerdings ist auch schon lange bekannt, dass Johanniskraut-Präparate Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verursachen können, unter anderem mit Magenschutzmitteln, oralen Verhütungsmitteln, Immunsuppressiva und bestimmten Herzmedikamenten. Untersuchungen zeigen, dass für diese Interaktionen hauptsächlich der Inhaltsstoff Hyperforin verantwortlich ist.

Melisse, Passionsblume, Hopfen und Baldrian sind Pflanzen, welche eine beruhigende und entspannende Wirkung aufweisen. Sie werden bei Beschwerden wie Nervosität, Spannungs- und Unruhezustände sowie auch Prüfungsangst empfohlen.

Kombinationstherapie

Eine kombinierte Behandlung aus Medikamenten und Psychotherapie kann besonders effektiv sein. Nach Beendigung einer alleinigen Antidepressivabehandlung kann es zu einer erhöhten Rückfallrate kommen, verglichen mit psychotherapeutischen Ansätzen.

Wichtige Überlegungen

Die Behandlung von Antriebslosigkeit erfordert oft einen vielschichtigen Ansatz. Durch die Kombination von Pharmakotherapie und Psychotherapie und die Förderung eines gesunden Lebensstils können optimale Ergebnisse erzielt werden.

Bei unter 18 jährigen Patienten werden Antidepressiva generell besonders zurückhaltend verordnet. In den Beipackzettel muss auf Symptome, die während der Behandlung mit dem Medikament aufgetreten sind, hingewiesen werden. Das muss jedoch nicht bedeuten, dass diese Symptome auch durch das Medikament ausgelöst wurden. Suizidalität tritt häufig im Rahmen einer Depression auf, auch bei Menschen, die gar keine Antidepressiva einnehmen. Sehr oft klingt Suizidalität unter der Behandlung mit Antidepressiva ab.

Es wird seitens von vielen Ärzten das falsche Gefühl vermittelt, Antidepressiva seien auch nach längerer Einnahme wieder problemlos auszuschleichen. Massive Entzugserscheinungen werden von diesen Ärzten wie auch von den verschiedenen Herstellern bestritten. Nach in der Regel langjähriger Einnahme von Antidepressiva können Absetzphänomene auftreten, die jedoch von klassischen Entzugssymptomen im Rahmen von Abhängigkeitserkrankungen klar abzugrenzen sind.

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