Ein biologischer Nachweis von Depressionen mittels eines Bluttests wäre ein grosser Fortschritt und so etwas wie der heilige Gral der psychiatrischen Forschung. Doch was wäre, wenn der Arzt sagen könnte: «Der Bluttest hat gezeigt, dass Sie an einer Depression leiden»? Gut möglich, dass sich die Wahrnehmung dieser Erkrankung in der Gesellschaft verändern würde.
Kommt ein Patient mit Fieber zum Arzt, so sucht und behandelt der Mediziner die Ursache des Fiebers. Doch kommt der Patient mit Antriebsschwäche und einem Gefühl der inneren Leere zum Arzt, ist es anders: Sogenannte «organische», beispielsweise hormonelle Ursachen werden zuerst ausgeschlossen. Es handle sich um ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Gehirn, sagen die Ärzte. Die Ursache sei unklar - Psychotherapie und Medikamente könnten helfen. Der Patient hört: «Etwas in meinem Hirn stimmt nicht.» Davor fürchten sich viele Patienten und gehen gar nicht erst zum Arzt. Depressionen gehen in unserer Gesellschaft mit einem Stigma einher. Dies ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einer der Gründe, warum 50 Prozent der Depressionen unbehandelt bleiben - obwohl sie gut therapierbar wären.
Bluttest macht psychische Symptome messbar
Amerikanische Forscher befassen sich mit einem Testverfahren, das genau dies verspricht. Ihre neueste Arbeit publizierten sie in der Zeitschrift «Molecular Psychiatry». Die Wissenschafter messen in den Blutplättchen der Patienten das Protein Gs alpha. Es gibt Aufschluss darüber, wie gut die Zellen im Körper auf Botenstoffe reagieren können. Bei Patienten mit einer Depression ist die Beweglichkeit dieses Proteins verringert.
Nun wurde erstmals gezeigt: Nach der erfolgreichen Behandlung mit einem Antidepressivum erhöht sich die Beweglichkeit des Proteins. Sie ist also auch ein Mass für die Wirksamkeit des Medikaments. Biomarker für Depressionen wurden schon einige gefunden, doch dieser hat laut Peter Rasenick, Autor der Studie und Professor an der University of Illinois, das Potenzial, auch in der Klinik anwendbar zu sein: Der Bluttest ist günstig und automatisierbar. In Zukunft könnte also eine Depression durch einen einfachen Labortest diagnostiziert und die Wirksamkeit eines Medikaments gemessen werden.
Personalisierte Therapie
Für Psychiater steht die Diagnose durch Biomarker weniger im Vordergrund, denn erfahrene Kliniker können eine Depression anhand der Symptome klinisch diagnostizieren. «Doch ein Biomarker, auf dessen Basis Therapieentscheidungen getroffen werden können - das würde die Behandlung von psychischen Erkrankungen revolutionieren», sagt Erich Seifritz, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.
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Heute beginnt nach einer Diagnose oft die Behandlung mit Psychotherapie in Verbindung mit einem Medikament. Antidepressiva gibt es viele. Je nach Präparat beeinflussen sie andere Botenstoffe im Gehirn. Doch welches Medikament bei einem Patienten wirken könnte, das kann der Arzt im Voraus nicht wissen: Wirkt ein Medikament nach etwa sechs Wochen immer noch nicht, muss der Patient ein anderes Präparat ausprobieren.
Der ideale Biomarker würde dem Arzt eine «personalisierte Psychopharmakotherapie» erlauben, wie Seifritz sagt. Also ein auf die individuelle Krankheitsursache abgestimmtes Medikament. Davon ist auch der neue Biomarker weit entfernt. Doch wüssten Ärzte bereits nach einigen Tagen anstatt Wochen, ob ein Medikament wirkt, so wäre dies ein guter Anfang.
Genau dies verspricht der neue Biomarker: Denn die Blutplättchen erneuern sich etwa alle sieben Tage. Nach dieser Zeit ist also bereits messbar, ob ein Medikament eine Veränderung der Proteinwerte im Blut hervorzurufen vermag oder nicht.
Signalstoff ist in der Zellmembran gefangen
Die Messung von Gs alpha im Blut gibt Aufschluss darüber, wie viel sogenanntes zyklisches Adenosinmonophosphat (cAMP) verfügbar ist. Dieses brauchen Zellen, um schnell auf Signalstoffe reagieren zu können. Etwa kann ein Muskel seine Aktivität und das Herz den Herzschlag nur dank schnell verfügbarem cAMP steigern. Die Gehirnzellen von depressiven Patienten verfügen über weniger cAMP.
Doch das für die Produktion von cAMP notwendige Gs alpha ist bei depressiven Patienten nicht einfach aus dem Körper verschwunden, sondern gewissermassen in der Zellmembran festgesetzt. Grund dafür ist, dass es sich auf sogenannten Lipidflossen befindet: Teilen der Zellmembran, die cholesterinhaltig und rigide sind. Nur wenn sich das Gs alpha im «flüssigen» Teil der Membran befindet, ist es für die Zelle auch schnell verfügbar. Intuitiv passt dieses Bild der schwerfälligen Zelle gut zur Symptomatik der Depression, die etwa mit Antriebslosigkeit oder gefühlsmässiger Leere einhergeht.
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Vierzig Jahre Forschung bis zur ersten Proof-of-Concept-Studie
Begonnen hat die Forschung um das cAMP bei Depressiven bereits vor vierzig Jahren. Damals konnten die Forscher zeigen, dass depressive Ratten, die erfolgreich einer antidepressiven Behandlung unterzogen wurden - damals bestand diese auch aus Elektroschocktherapie -, wieder höhere Werte von cAMP zeigten. Die Studie wurde 1983 in «Science» publiziert und war der Anfang der wissenschaftlichen Karriere des Zellbiologen Rasenick. Warum es so lange dauerte bis zu dieser neuen Studie? Rasenick untersuchte in der Zwischenzeit grundlegendere Forschungsfragen. Auch sei die Messung des Proteins Gs alpha heute einfacher.
Doch andere Forschungsgruppen beschäftigten sich mit dem Thema. In «Web of Science», einer Datenbank von Forschungsergebnissen, finden sich seit den 1990er Jahren Dutzende Publikationen dazu. Dass depressive Patienten geringere cAMP-Werte aufweisen, ist vielfach bestätigt - jüngst durch eine im Journal «Molecular Psychiatry» publizierte Studie. Diese zeigte, dass in den Zellen des gesamten Gehirns der depressiven Patienten weniger cAMP vorhanden ist. Das neue Ergebnis enttäuschte einige Wissenschafter. Sie hatten gehofft, eine spezifische für die Symptome der Depression verantwortliche Hirnregion identifizieren zu können.
Langwierige Suche nach Biomarkern
Bisher sind alle Versuche, einen klinisch einsetzbaren Biomarker für Depression zu finden, an einem Kriterium gescheitert: ihrer Vorhersagekraft. Denn der Marker muss nicht nur in der Lage sein, statistisch zwischen einer Gruppe von Gesunden und Kranken zu unterscheiden. Er muss auch den einzelnen Patienten eindeutig einer dieser Gruppen zuordnen können. Noch ist dies beim Bluttest - wie bei anderen Biomarkern auch - nicht der Fall.
Der Psychiater Seifritz von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich gibt auch zu bedenken, es sei auf der mechanistischen Ebene nicht geklärt, wie der Zusammenhang zwischen der Wirkung der Antidepressiva und dem Biomarker aussehe. Ob die Veränderungen des Proteins Gs alpha spezifisch für Depressionen sind oder auch bei anderen Erkrankungen verringert sein können, ist ebenfalls unklar.
Auf die klinische Diagnostik auf Basis von Symptomen wie Antrieb und Affekt wird man vermutlich auch in Zukunft nicht verzichten können. Doch irgendwann könnte ein zusätzlicher Baustein in Form eines Bluttests oder eines Hirnscans die Diagnostik vereinfachen - und objektivieren. Dies wäre ein Schritt hin zu einer besseren Versorgung depressiver Patienten.
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Eine bessere und vor allem frühere Versorgung ist dringend notwendig. Denn nicht nur erkrankt jede fünfte Person einmal im Leben an einer Depression. In der Schweiz beginnt die Behandlung im Durchschnitt erst zehn Jahre nach dem Auftreten der Symptome. Dies berichtet das Schweizerische Gesundheitsobservatorium. Und weil Depressionen - auch aufgrund mangelnder Behandlung - oft wiederkehrend und chronisch verlaufen, sind individuelle Leiden und wirtschaftliche Kosten hoch.
Depressionen: Zunahme der «gefühlten Depressivität»
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verkündete Anfang Jahr Alarmierendes: Die Zahl der Menschen mit Depressionen steige weltweit rasant. 322 Millionen waren gemäss WHO 2015 betroffen - rund 18 Prozent mehr als noch zehn Jahre zuvor. Die WHO geht davon aus, dass Depressionen bis 2030 die grösste Krankheitslast in den Industrienationen verursachen - noch vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die meisten Annahmen über die Zunahme von Depressionen basierten auf der Auswertung von Klinikbesuchen, sagt Richter, sowie verschriebenen Therapien und Medikamenten. «Diese nehmen unbestritten deutlich zu.» Untersucht man jedoch, wie viele Menschen in der Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich krank sind, stelle man fest, dass Depressionen im klinischen Sinn nicht zugenommen haben.
Was hingegen unbestritten zugenommen hat, sind die leichteren Symptome von Depressivität. Oder anders gesagt: die «gefühlte Depressivität». In Befragungen des Schweizer Haushaltspanels haben 2009 deutlich weniger Menschen als 1999 angegeben, «nie» Gefühle von Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Angst und Depressionen zu haben. Gleichzeitig stieg der Anteil der Personen in der Bevölkerung, die «manchmal» solche Gefühle haben, von 12,2 auf 18,1 Prozent. Die Anzahl Menschen, die «häufig» depressive Symptome erleben und wahrscheinlich eine im klinischen Sinn relevante Depression haben, ist dagegen mit rund fünf Prozent über die Jahre hinweg gleich geblieben.
Diese Verdüsterung der Stimmungslage führt Dirk Richter in erster Linie auf die «Psychologisierung der Gesellschaft» zurück. «Wir denken heute mehr über unsere Befindlichkeit nach als unsere Grosseltern», sagt der Soziologe. Diese hatten meistens noch kein Konzept von ihrer Psyche, keine Begriffe, um darüber zu reden. Ging es ihnen schlecht, klagten sie über körperliche Probleme. Zudem sind Depressionen heute weniger stigmatisiert und Fachpersonen eher bereit, Patienten auf psychische Probleme anzusprechen.
Viele Menschen beschäftigen sich bereits mit ihrem psychischen Zustand, bevor sie zum Arzt gehen. Mit Selbsttests, die in zahlreichen Variationen im Internet kursieren, versichern sie sich ihrer psychischen Gesundheit - oder oft eben auch ihrer Krankheit. Wer einmal einen solchen Fragebogen ausgefüllt hat, weiss, dass in einem Stimmungstief die Auswertung relativ schnell lautet: «Ihre Symptome deuten auf eine Depression hin.» So wird der Slogan «Jeden kann es treffen», mit dem heute gerade im Bereich der psychischen Krankheiten Aufklärungsarbeit geleistet wird, zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Frauen leiden fast doppelt so häufig an depressiven Symptomen wie Männer. Warum, ist unklar. Manche Forscher sehen bei Frauen eine grössere Bereitschaft als bei Männern, etwas als Symptom zu erkennen, darüber zu reden und Therapien in Anspruch zu nehmen. Das internationale Diagnosehandbuch ICD-10 beschreibt die relevanten Kriterien einer klinischen Diagnose und die Dauer, über die sie auftreten müssen.
Nicht zuletzt weil man heute weiss, dass die leichteren Fälle keineswegs harmlos sind. Da sie bedeutend mehr Personen betreffen als schwere Depressionen, sind die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen unterm Strich gar grösser als die Einschränkungen durch schwere Depressionen, hält der Obsan-Bericht fest.
Auch die Chefs stehen in der Pflicht
Gerade Menschen, die an einem Burn-out leiden - laut Rössler eine durch die Arbeitswelt ausgelöste Variante einer depressiven Störung -, erreichen streng genommen nur selten die Schwelle für eine Diagnose. «Trotzdem nehmen sie viele medizinische Leistungen in Anspruch.»
So wurde in Fachkreisen denn auch diskutiert, ob tatsächlich nur die Ärzte in der Pflicht stehen, diesen Menschen zu helfen. Denn depressive Erkrankungen treten bei schlechtem Arbeitsklima, hoher Arbeitsbelastung und schlechter Führungskultur gehäuft auf, so viel weiss man heute aus der Arbeitspsychologie. «In einem Dienstleistungsland wie der Schweiz hängt die Produktivität von der Arbeitskraft der Mitarbeiter ab», sagt Rössler.
Darum sollte deren Gesundheit für die Firmen höchste Priorität haben. «Früher hat man in den Fabriken die Maschinen gewartet, heute müssen sich die Chefs um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter kümmern, auch um die psychische.»
Hohe Anforderungen im Job und privat
Den Einwand, dass die Arbeitszeit doch kontinuierlich abgenommen habe und die Belastung dadurch geringer geworden sein müsse, weist der deutsche Soziologe Hartmut Rosa zurück: Es sei ja nicht einfach die Arbeit, die uns krank mache, sondern das Prinzip der Steigerung und Beschleunigung, das unserer Gesellschaft innewohnt.
Weil die Gesellschaft ihre Ressourcen, also Güter, Produktionsmittel, aber auch Privilegien, Lebenschancen, Positionen und Anerkennung, unter hohem Wettbewerbsdruck verteile, beschleunige sich das Lebenstempo rasant. Folglich werden die Listen dessen, was man glaubt, tun zu müssen, immer länger. Das Problem dabei: Wenn die Geburtstagsfeier des eigenen Kindes und das Gespräch mit der kranken Mutter plötzlich nur noch Termine auf der persönlichen To-do-Liste sind, kommen wir als Menschen in Bedrängnis. Depressivität und Burn-out sind laut Rosa die Folge.
Ist die Diagnose Depression in vielen Fällen also eine individuelle Antwort auf ein kollektives Problem? Die Krankheit vielleicht gar so etwas wie die gesellschaftlich akzeptierte Form unserer Müdigkeit?
Antidepressiva: Individuelle Therapieansätze durch Genetik
Die Wirksamkeit der verfügbaren Antidepressiva hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verbessert. Zudem sind die Medikamente immer noch mit vielen Nebenwirkungen vergesellschaftet. Alle heute zur Verfügung stehenden Antidepressiva sind bei Depression einer Behandlung mit Plazebo deutlich überlegen. Aber es dauert zu lange, bis sie wirken, sie wirken bei zu wenig Patienten, und sie haben zu viele Nebenwirkungen.
Einer der Gründe, weshalb unter Antidepressiva innerhalb von 6 bis 8 Wochen nur etwa die Hälfte der Patienten anspricht und nur jeder vierte symptomfrei wird, ist, dass die krankheitsverursachenden Mechanismen im zentralen Nervensystem trotz gleicher Diagnose und Symptomatik ganz unterschiedlich sein können. Wenn diese kritische Hürde überwunden ist und eine genügend hohe Konzentration des Medikaments auf Dauer zur Verfügung steht, muss das Antidepressivum noch ein weiteres Hindernis meistern: die Blut-Hirn-Schranke.
Die Versorgung unseres Gehirns wird durch ein fein verästeltes 600 km langes Netzwerk aus Blutkapillaren gesichert. An deren Wänden befinden sich Transportermoleküle, bestehend aus P-Glykoprotein (P-gp). Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München haben 95 Varianten des menschlichen ABCB1-Gens analysiert und getestet, ob die beobachteten genetischen Unterschiede möglicherweise einen Einfluss auf die Effizienz des P-gp-Wächtermoleküls haben.
Daher ist man pragmatisch vorgegangen und hat geprüft, ob ein Zusammenhang zwischen der klinischen Effizienz des Antidepressivums und dem ABCB1-Genotyp des Patienten besteht. Es zeigte sich, dass es eine «günstige» Genvariante gibt, bei der die Patienten innerhalb von 6 bis 8 Wochen wesentlich besser auf die meisten Antidepressiva ansprachen als bei Vorliegen der «ungünstigen» Genvariante. Voraussetzung für diese Unterscheidung war die Eigenschaft des Medikaments, vom P-gpWächtermolekül erkannt zu werden. Wenn ein Medikament vom P-gp-Transporter erkannt wird, also an ihn bindet, wird es als P-gp-Substrat bezeichnet.
Mithilfe des ABCB1-Test-Ergebnisses ist es nun möglich herauszufinden, welche Medikamente für den einzelnen Patienten am besten geeignet sind. Dabei darf natürlich nicht übersehen werden, dass ein Medikament nur dann wirkt, wenn es am pathologischen Mechanismus, der die Depression verursacht, angreift. Voraussetzung, um überhaupt wirken zu können, ist aber, dass es auch den Ort des pathologischen Geschehens erreicht. Genau hier hilft der ABCB1-Test, indem er Anregungen gibt, welche Antidepressiva beim individuellen ABCB1-Test-Ergebnis am besten geeignet sind.
Seit der Entdeckung der klinischen Bedeutung des ABCB1-Genotyps sind viele klinische Studien durchgeführt worden, die den Zusammenhang zwischen ABCB1-Genotyp und Therapieergebnis bestätigten. In einer Metaanalyse, die mehr als 2500 Patienten aus 16 Studien umfasste, wurde der Zusammenhang zwischen klinischem Therapieerfolg und ABCB1-Varianten ebenfalls bestätigt.
Zusammenfassend ist es gerechtfertigt zu sagen, dass eine durch den ABCB1-Test geleitete Antidepressivabehandlung hilft, «schneller richtig» zu medizieren. Einige weitere Studien zeigten ferner, dass gentestgeleitete Therapien mit Antidepressiva zu höheren Remissionsraten führen.
Gerade der Hausarzt ist hier gefordert, den Zusammenhang zwischen Depression auf der einen und beispielsweise Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Frühstadien neurodegenerativer Prozesse auf der anderen Seite zu erkennen. So ist gut belegt, dass die Depression ein Risikofaktor für diese als somatisch bezeichneten Erkrankungen ist und umgekehrt diese aber auch gerade im Frühstadium mit einer Depression einhergehen.
Auch bei der Entscheidung, wie eine Depression therapiert werden soll, vor allem wenn sie mittelschwer oder schwer ist und eine medikamentöse Behandlung indiziert ist, sollte auf eine psychiatrische Labordiagnostik nicht verzichtet werden. Neben bildgebenden Verfahren, etwa zum Tumorausschluss, sowie dem EEG und dem EKG sollte nach Einleitung einer Antidepressivabehandlung geprüft werden, ob die Konzentration des Wirkstoffs im Plasma ausreichend ist. Hierfür geben die Empfehlungen derjenigen Arbeitsgruppen, die sich mit therapeutischem «drug monitoring» befassen, gute Anhaltspunkte.
Als weitere Option wird oft die Messung der CYP450-Enzyme empfohlen. Dies ist dann sinnvoll, wenn trotz Anwendung der empfohlenen Medikamentendosierung keine adäquate Plasmakonzentration erreicht wird. In einem solchen Fall kann der Patient bezüglich eines den Wirkstoff abbauenden Enzyms der CYP450-Familie ein «ultra-rapid metabolizer» sein. Dann muss ein Medikament gewählt werden, das von einem anderen Mitglied der CYP450-Familie abgebaut wird.
Es gibt auch Fälle, in denen trotz empfohlener Dosierung bereits sehr hohe Plasmaspiegel erreicht werden. In solch einem Fall kann eine CYP450-Genvariante vorliegen, die eine geringere Enzymaktivität hervorruft und daher nur eine geringe Metabolisierung bewirkt. Ein Patient, der ein solcher «poor metabolizer» ist, läuft Gefahr, rasch unter erheblichen Nebenwirkungen zu leiden, weil die Plasmakonzentration des Medikaments trotz normaler Dosierung viel zu hoch ist.
Die für den ABCB1-Gentest bekannten ethnizitätsspezifischen Unterschiede spielen auch bei CYP450-Enzymen eine Rolle. Da die Wirkung der CYP450-Enzyme nicht nur von der Genetik abhängt, sondern auch durch vielfältige Substanzen aktiviert oder inaktiviert werden kann, ist gerade in Fällen, in denen mehrere Medikamente angewandt werden, die Messung der Plasmakonzentration des Medikaments zu empfehlen.
Tabelle 1: Einfluss des ABCB1-Genotyps auf die Remissionsrate bei Behandlung mit P-gp-Substraten
| Genvariante | Remissionsrate nach 6-8 Wochen (bei empfohlener Plasmakonzentration) | Empfehlung bei Nichtansprechen auf P-gp-Substrate | 
|---|---|---|
| Günstige Genvariante 1 | 80% | - | 
| Weniger günstige Genvariante 2 | - | Dosissteigerung, Augmentierung (Kombination mit atypischem Antipsychotikum oder Lamotrigin) oder Wechsel auf eine Substanz, die kein P-gp-Substrat ist | 
Ursachen von Depression
Die Ursachen von Depression können vielfältig sein. Hormonelle Gründe (z.B. Nebenwirkungen bestimmter Medikamente (z.B. Die Diagnostik erfolgt durch einen ausgebildeten Psychiater oder Psychotherapeuten.
Behandlung von Depression
Eine schnelle Behandlung ist entscheidend, da Betroffene dazu neigen, sich zu isolieren, wodurch sich die Symptomatik weiter verschlechtern kann. Konventionelle Therapiemöglichkeiten umfassen neben Psychotherapie, Medikamente, auch tiefe Hirnstimulation (EKT). In der Psychotherapie werden die zugrunde liegenden Probleme beleuchtet und Bewältigungsstrategien entwickelt.
Früherkennung und die Suche nach professioneller Hilfe sind von entscheidender Bedeutung, da unbehandelte Depressionen schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben haben können. Ganzheitlich betrachtet sollte man berücksichtigen, dass es eine Verbindung zwischen dem Gehirn und dem Darm gibt, bekannt als die Darm-Hirn-Achse. Probleme im Darm können sich auf das Nervensystem auswirken und zu verschiedenen Ungleichgewichten der Neurotransmitter im Gehirn führen. Dies könnte die Entstehung von Depressionen oder anderen psychischen Störungen begünstigen.
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