Was passiert bei Panikattacken körperlich und psychisch?

Panikattacken sind beängstigend und können den Alltag erheblich erschweren. Wer schon mal grosse Angst erlebt hat, kennt die Symptome einer Panikattacke: Rasendes Herz, zitternde Hände, flauer Magen. Doch warum befinden sich Körper und Psyche im Ausnahmezustand?

Jeder Mensch hat Ängste. Das ist grundsätzlich gut und von der Natur so vorgesehen, um uns vor Gefahrensituationen zu schützen. Angst kann also durchaus Leben retten. Sobald sie jedoch den Alltag beeinträchtigt oder sich gar in Panikattacken entlädt, spricht man in der Medizin von einer Angsterkrankung, die dringend behandelt werden muss.

Formen von Angsterkrankungen

Es gibt drei verschiedene Formen von Angsterkrankungen: Panikstörungen, die generalisierte Angststörung und die Phobien. Um festzustellen, welche Form vorliegt, muss man sich die Auslöser genauer anschauen.

  • Panikstörungen: Bei einer Panikstörung treten Panikattacken aus heiterem Himmel auf. Sie sind nicht an einen besonderen Auslöser gekoppelt. Für Betroffene ist das eine zusätzliche Belastung, können sie sich doch nie wirklich sicher sein, eine Situation ohne Panikattacke zu überstehen.
  • Spezifische Phobien: Anders ist das bei spezifischen Phobien wie die Spinnenphobie oder Höhenangst: Hier ist der Auslöser klar definiert, Betroffene können sich also in einem gewissen Rahmen vor ihren Symptomen schützen.
  • Generalisierte Angststörung: Kaum Erfahrungen mit Panikattacken haben hingegen Betroffene von einer generalisierten Angststörung. Zwar machen sie sich übermässig viele Sorgen und haben Angst vor der Zukunft, diese entlädt sich aber nur selten in einer waschechten Panikattacke.

Körperliche und psychische Symptome von Panikattacken

Panikattacken machen sich sowohl körperlich als auch psychisch bemerkbar. Die Symptome treten meist unvermittelt auf und können sehr beängstigend sein. Weil sie von aussen kaum wahrnehmbar sind, können nicht Betroffene die starken Ängste nur selten nachvollziehen und bewerten sie als übertrieben. Für Betroffene sind die Beschwerden jedoch real und besonders in den ersten zehn Minuten am heftigsten. Bei den meisten Angstpatient:innen dauert eine Panikattacke ungefähr eine halbe Stunde.

Vor allem Herzschlag und Atmung sind während einer Panikattacke anormal. Weil der Körper denkt, er sei in Gefahr, schüttet er die Stresshormone Cortisol und Adrenalin aus. Dadurch verengen sich Blutgefässe, was zu einem schnelleren Herzschlag und flacherem Atem bis hin zu Atemnot führen kann. Diese Symptome sorgen dafür, dass Betroffene Todesängste ausstehen müssen. Weiter tritt starkes Schwitzen, Blässe sowie Zittern auf. Oft wird die Verdauung in Mitleidenschaft gezogen: berichtet wird von Übelkeit, Brechreiz oder Durchfall.

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Neben dem starken Gefühl der Angst kann die sogenannte Depersonalisierung auftreten. Betroffene fühlen sich dann verwirrt oder als wären sie nicht ganz da. Bei einer Derealisierung erscheint die Umgebung unwirklich, als würde alles durch Milchglas wahrgenommen werden.

Der Kreislauf der Angst

Der Verlauf von Panikattacken hängt laut Fachpersonen mit vier zentralen Faktoren zusammen.

  1. Angst machende Gedanken
  2. Angst machende Gefühle
  3. Körperliche Symptome
  4. Angst aufrechterhaltendes Verhalten

Je länger Betroffene unter Panikattacken leiden, desto grösser ist die Gefahr, in einen Kreislauf der Angst zu geraten. Die sogenannte «Angst vor der Angst» oder «Erwartungsangst» sorgt dafür, dass sich Menschen mit Angsterkrankungen aus Furcht vor neuerlichen Attacken zurückziehen (sogenanntes Vermeidungsverhalten).

Was hilft bei Panikattacken?

Psycholog:innen empfehlen ihren Patient:innen die Aneignung von Skills, um in sich in Akutsituationen schneller beruhigen und eine Panikattacke gegebenenfalls abwenden zu können. Was hilft, ist individuell. Einige Betroffene empfinden physische Reize, wie sie zum Beispiel scharfe Kaugummis auslösen, als hilfreich. Andere schwören auf Duftöle, die entweder anregend (Pfefferminze) oder beruhigend (Lavendel) sein können. Atemübungen, frische Luft und laute Musik können starken Angstgefühlen ebenfalls entgegenwirken.

Tipps für den Umgang mit Panikattacken:

  • Konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung. Die sogenannte 4-7-8-Atmung wirkt beruhigend und verhindert Hyperventilieren. Dafür atmen Sie vier Sekunden lang ein, halten die Luft sieben Sekunden lang an und atmen acht Sekunden lang aus.
  • Setzen Sie Grenzen. Wenn Sie kurz vor einer Panikattacke sind, verlassen Sie die Situation und begeben Sie sich an einen Ort, an dem Sie sich wohler fühlen. Auch wenn sich das im ersten Moment komisch anfühlt, ist es besser, als mitten im Getümmel in Panik zu verfallen.
  • Bitten Sie um Hilfe. Wenn Sie etwas brauchen, einen Schluck Wasser vielleicht oder Ihre Notfallmedikamente, bitten Sie Anwesende um Hilfe. Ihr Umfeld ist vielleicht selbst überfordert mit der Situation und froh, wenn Sie klar kommunizieren, was zu tun ist. Wollen Sie zum Beispiel lieber nicht angefasst werden oder würde Ihnen eine Umarmung guttun?
  • Reden Sie sich gut zu. Gestehen Sie sich ein, dass Sie eine Panikattacke haben und darunter leiden.

Behandlung von Panikattacken

Panikattacken werden meist mit einer Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie behandelt. Patient:innen sollen lernen, ihre Krankheit zu verstehen und besser mit ihr umzugehen. In einem nächsten Schritt geht es darum, Ängste immer mehr abzubauen, um Panikattacken langfristig zu vermeiden. Am Anfang einer jeden Therapie steht jedoch der Besuch bei einer Fachperson. Das können Hausärzte, Psycholog:innen oder Psychiater:innen sein. Wichtig ist, dass Sie offen mit Ihren Beschwerden umgehen und sie nicht als «übertrieben» oder «ungerechtfertigt» abtun.

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Verschiedene Therapieformen schaffen bei Angststörungen Abhilfe. Unter anderem mit der kognitiven Verhaltenstherapie sowie der dazugehörigen Expositions- oder Konfrontationstherapie werden gute und langfristige Ergebnisse erzielt. Unter Anleitung einer Fachperson stellen sich Patient:innen stufenweise ihren Ängsten, um ihr Vermeidungsverhalten abzulegen und besser mit ihrer Krankheit umzugehen. Oft wird der angstauslösenden Situation in einem ersten Schritt in der virtuellen Realität begegnet. Konfrontationstherapien erfolgen einzeln oder in Gruppen.

Da Angststörungen oftmals zusammen mit Depressionen auftreten, können Antidepressiva Abhilfe schaffen. Üblicherweise werden selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) mit stimmungsaufhellender und angstlösender Wirkung verschrieben. Als Notfallmedikation haben sich stark angstlösende Medikamente wie Benzodiazepine bewährt. Diese sollten wegen ihres hohen Suchtpotenzials nur im äussersten Notfall und nie über einen längeren Zeitraum angewendet werden.

Weitere Informationen

Panikattacken sind kurze Phasen intensiver Angst. Sie tauchen plötzlich auf und fühlen sich überwältigend an. Betroffene fürchten eine akute Gefahr und erleben dabei unterschiedliche Symptome. Häufig treten Panikattacken im Zusammenhang mit Stress oder anderen belastenden Situationen auf. Die genaue Ursache ist aber nicht immer sofort erkennbar.

Üblicherweise dauern derartige Zustände nicht länger als 30 Minuten an. Es gibt jedoch auch Panikattacken mit einer Dauer von wenigen Minuten oder mehreren Stunden.

Mögliche Auslöser für Panikattacken:

  • Stress
  • Alkohol
  • Koffein
  • Schicksalsschläge
  • Nährstoffmangel
  • Körperliche Erkrankungen
  • Genetische Faktoren

Übrigens: Etwa 40% der Betroffenen haben Panikattacken in der Nacht. Warum das so ist, ist noch nicht klar. Medizinerinnen und Mediziner vermuten die gleichen Auslöser wie für Panikattacken am Tag.

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Die Symptome einer Panikattacke sind individuell und variieren unter Umständen in ihrer Intensität. Erleben Menschen häufiger Panikattacken, tritt irgendwann eine Angst vor Panikattacken ein.

Panikattacken sind nicht gefährlich. Häufig nehmen Betroffene sie aufgrund der körperlichen Reaktionen jedoch als bedrohlich wahr. Auf diese Weise geraten sie in einen Teufelskreis: Die akute Panik löst Symptome wie Herzrasen aus.

Treten die Panikattacken mindestens einmal pro Monat auf, gehen Sie bestenfalls zu einer Ärztin oder einem Arzt. Dann liegt eventuell eine Panikstörung vor.

Erste-Hilfe-Massnahmen bei Panikattacken:

  • Atemtechniken
  • Bauchatmung
  • Hausmittel (z.B. Chilischote oder Zitrone)
  • Fokus auf die Umgebung

Typische Panikattacken-Medikamente sind Antidepressiva, vorrangig aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Ärztinnen und Ärzte setzen in diesem Zusammenhang häufig Citalopram oder Paroxetin ein. In einigen Fällen verschreiben Fachpersonen spezielle Beruhigungsmittel (Benzodiazepine).

Hinweis: Treten die Panikattacken im Rahmen einer Panikstörung auf, bestehen gute Heilungschancen. Ungefähr 80% der Betroffenen sind anschliessend davon befreit.

Für Betroffene sind Panikattacken sehr belastend. Allerdings gibt es viele Möglichkeiten, diese zu bewältigen und langfristig zu überwinden. Nehmen Sie Hilfsangebote von Fachpersonen und aus Ihrem persönlichen Umfeld wahr.

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