Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Rund 15 bis 20 Prozent aller Schweizer sind im Laufe ihres Lebens davon betroffen.
Was sind Panikattacken?
Panikattacken sind kurze Phasen intensiver Angst. Sie tauchen plötzlich auf und fühlen sich überwältigend an. Betroffene fürchten eine akute Gefahr und erleben dabei unterschiedliche Symptome.
Wie lange dauern Panikattacken?
Üblicherweise dauern derartige Zustände nicht länger als 30 Minuten an. Es gibt jedoch auch Panikattacken mit einer Dauer von wenigen Minuten oder mehreren Stunden.
Panikattacken im Schlaf
Etwa 40% der Betroffenen haben Panikattacken in der Nacht. Warum das so ist, ist noch nicht klar. Mediziner vermuten die gleichen Auslöser wie für Panikattacken am Tag.
Unterschied zwischen Angstattacken und Panikattacken
Zwischen Angstattacken und Panikattacken gibt es einige Unterschiede: Angstattacken sind meist weniger intensiv als Panikattacken. Sie halten jedoch länger an. Panikattacken treten hingegen eher plötzlich auf, erreichen schnell ihren Höhepunkt und sind von intensiven Symptomen begleitet.
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Stille Panikattacken
Stille Panikattacken sind solche, die von aussen nicht erkennbar sind. Sie verursachen die gleichen Anzeichen wie gewöhnliche Panikattacken.
Ursachen von Panikattacken
Häufig treten Panikattacken im Zusammenhang mit Stress oder anderen belastenden Situationen auf. Die genaue Ursache ist aber nicht immer sofort erkennbar. Beim Entstehen von Ängsten spielt die genetische Veranlagung eine grosse Rolle.
Situationsabhängige Panikattacken
- Stress: Panikattacken durch Stress kommen besonders oft vor. Stressige Situationen entstehen beispielsweise im Job oder aufgrund familiärer Streitigkeiten. Ebenso treten Panikattacken wegen Konflikten mit der Partnerin oder dem Partner auf, etwa im Falle einer Trennung oder Scheidung.
- Alkohol: Auch Alkohol löst möglicherweise Panikattacken aus.
- Koffein: Koffein (z. B. in Kaffee) erhöht den Herzschlag.
- Schicksalsschläge: Auch Schicksalsschläge führen mitunter zu Panikattacken. Dazu zählen beispielsweise traumatische Erlebnisse wie der Tod einer geliebten Person. Auch ein Autounfall ist gegebenenfalls traumatisierend. Betroffene haben dann oft Panikattacken beim Autofahren mit entsprechenden Symptomen.
- Nährstoffmangel: In einigen Fällen kommt es zu Panikattacken durch einen Nährstoffmangel.
- Körperliche Erkrankungen: Ebenso begünstigen einige körperliche Erkrankungen die Entstehung von akuter Angst und Panikattacken.
- Genetische Faktoren: Forschende vermuten einen Zusammenhang zwischen Panikattacken und erblicher Veranlagung.
Weitere Ursachen
- längere Belastungen (Stress)
- innerpsychische Konflikte
- negative Lebenserfahrungen und biographische Prägungen
- traumatische Erlebnisse
- gestörtes Gleichgewicht von Botenstoffen (Neurotransmitter)
- psychosoziale Faktoren wie Gewalt in der Familie, Missbrauchs- oder Verlusterfahrungen
- Persönlichkeitsmerkmale wie Perfektionismus oder «nicht Nein sagen können»
Symptome von Panikattacken
Die Symptome einer Panikattacke sind individuell und variieren unter Umständen in ihrer Intensität. Womöglich hat eine leichte Panikattacke ähnliche, aber mildere Symptome.
Starke Angstgefühle gehen häufig mit körperlichen Beschwerden einher. Insbesondere bei einer Panikattacke können diese Symptome so ausgeprägt sein, dass die Betroffenen zunächst von einer körperlichen Erkrankung, beispielsweise einem Herzinfarkt ausgehen und sich notfallmässig untersuchen lassen.
Bei Angst reagiert der Körper: Adrenalin wird freigesetzt, das Herz klopft schneller und pumpt mehr Blut in die Gefässe. Wir beginnen zu schwitzen. Viele glauben, keine Luft mehr zu bekommen oder dass das Herz stehen bleibt.
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Die Symptome einer Angststörung äussern sich auf den Ebenen des Körpers, der Gefühle, der Gedanken und des Verhaltens.
Diagnose von Angststörungen
Die wichtigsten Informationen zu Panikattacken sind im DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) enthalten. Das ist ein Handbuch, welches psychische Erkrankungen klassifiziert. Angstattacken erwähnt das DSM-5 aber nicht.
Treten die Panikattacken mindestens einmal pro Monat auf, gehen Sie bestenfalls zu einer Ärztin oder einem Arzt. Dann liegt eventuell eine Panikstörung vor. Schliesst die medizinische Fachperson körperliche Ursachen aus, leitet sie Sie an eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten weiter. Sie oder er klärt die Beschwerden in einem ausführlichen Gespräch mit Ihnen. Ergänzend kommen klinische Interviews und Fragebögen (z. B. die Hamilton-Angstskala) zum Einsatz. Auf diesem Wege erfolgen die Diagnose und anschliessend eine passende Therapie gegen Panikattacken.
Die Untersuchung besteht in erster Linie in einem gemeinsamen Gespräch, in welchem Sie Ihre Beschwerden schildern und wir uns ein möglichst genaues Bild der Symptome und möglicher Ursachen machen. Zur Einordnung der Erkrankung werden wir beim ersten Treffen eine Reihe von Fragen stellen (Anamnese). Oft bitten wir Sie auch, ein Angsttagebuch zu führen.
Manche körperlichen Erkrankungen können ähnliche Symptome verursachen wie Angststörungen, beispielsweise eine Schilddrüsenüberfunktion oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Daher wird zu Beginn einer Therapie in gewissen Fällen eine körperliche Untersuchung veranlasst.
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Therapie gegen Panikattacken
Panikattacken behandeln Mediziner üblicherweise mit einem medikamentösen und psychotherapeutischen Ansatz. Die Panikattacken-Therapie umfasst verschiedene Ansätze. Es gibt unterschiedliche Erste-Hilfe-Massnahmen, mit denen Sie Panikattacken loswerden können.
Psychotherapeutische Behandlung
Hierbei hat sich besonders die kognitive Verhaltenstherapie etabliert. Dabei geht die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut dem Ablauf Ihrer Panikattacken auf den Grund. Besonders gute Erfahrungen wurden mit dem Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie gemacht. Dabei unterstützen Therapeuten und Therapeutinnen ihre Patienten und Patientinnen darin, typische Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu korrigieren. Gemeinsam versuchen sie, diese zu hinterfragen und durch andere, positive Gedanken zu ersetzen.
Wichtig ist, dass Betroffene verstehen, was ihre Symptome auslöst. Schrittweise kann sich die erkrankte Person dann in Begleitung eines Therapeuten oder einer Therapeutin den kritischen Situationen aussetzen und lernen, diese wieder zu bewältigen (Expositionsverfahren). Bei starken Ängsten leitet der Therapeut oder die Therapeutin die erkrankte Person erst einmal an, diese Situation in der Vorstellung zu durchleben. Erst wenn sie das gut geschafft hat, geht es in die reale Situation.
Es geht unter anderem darum, das angstbedingte Flucht- und Vermeidungsverhalten besser zu verstehen und alternative Vorgehensweisen zu erkennen und einzuüben. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Angststörung in den Griff zu bekommen. gut untersucht ist die kognitive Verhaltenstherapie.
Medikamentöse Behandlung
Bei stark ausgeprägten Angststörungen kann in Absprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin auch eine medikamentöse Behandlung zusätzlich zur Psychotherapie vorgenommen werden. Insbesondere bei Panikstörungen, aber auch bei Agoraphobie oder sozialer Phobie werden Antidepressiva eingesetzt. Allerdings benötigen Sie dabei etwas Geduld: Die Wirkung dieser Medikamente setzt meist erst nach zwei, manchmal auch erst nach vier Wochen ein.
Am häufigsten werden so genannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) eingesetzt. Psychopharmaka können wie alle Medikamente manchmal auch Nebenwirkungen haben.
Typische Panikattacken-Medikamente sind Antidepressiva, vorrangig aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Ärztinnen und Ärzte setzen in diesem Zusammenhang häufig Citalopram oder Paroxetin ein. In einigen Fällen verschreiben Fachpersonen spezielle Beruhigungsmittel (Benzodiazepine).
Bei akuten Panikattacken helfen Benzodiazepine, sogenannte Angstlöser. Diese sollten aber in Absprache mit dem Arzt in der Regel nur über kürzere Zeit eingenommen werden, da sie ein gewisses Abhängigkeitspotenzial haben.
Atemtechniken
Diese umfassen unter anderem Atemtechniken: Atmen Sie durch die Nase ein. Zählen Sie dabei bis 4. Halten Sie den Atem, während Sie bis 7 zählen. Atmen Sie anschliessend durch den Mund aus und zählen Sie dabei bis 8. Eine weitere Atemübung zur Entspannung ist die Bauchatmung: Legen Sie Ihre Hände auf Ihren Bauch und konzentrieren Sie sich vollständig auf Ihre Atmung. Atmen Sie ein und lassen Sie die Luft dabei in Ihren Bauch strömen. Dabei wölbt sich Ihre Bauchdecke nach aussen. Atmen Sie danach aus. Ihre Bauchdecke wölbt sich nach innen. Atemübungen helfen, sich zu entspannen.
Weitere Hilfsmittel
Einigen Menschen helfen in Akutsituationen auch Hausmittel gegen Panikattacken. Beissen Sie beispielsweise in eine Chilischote oder in eine Zitrone. Lassen Sie alternativ ein Haargummi an Ihr Handgelenk schnalzen. Probieren Sie, sich nicht auf Ihre Panik zu fokussieren.
Was tun als Partner oder Partnerin?
Ist Ihre Partnerin oder Ihr Partner von Panikattacken betroffen, nehmen Sie ihre oder seine Ängste ernst. Bleiben Sie ausserdem verständnisvoll. Reden Sie die Sorgen nicht klein und machen Sie sich auf keinen Fall darüber lustig. Ermutigen Sie sie oder ihn stattdessen, sich Unterstützung zu holen, zum Beispiel durch eine Psychotherapie. Seien Sie in Momenten starker Angst präsent und versuchen Sie, sie oder ihn zu Atemübungen zu motivieren. Manchmal hilft es auch, einfach zuzuhören, welche Gedanken gerade im Vordergrund stehen.
Zusätzliche Tipps
- Achten Sie auf eine regelmässige Ernährung mit Zwischenmahlzeiten.
- Bewegen Sie sich täglich.
- Ernähren Sie sich ausgewogen mit frischen Lebensmitteln.
- Andauernder Stress führt zu Spannungszuständen, welche die Entwicklung von Panikattacken begünstigen.
- Zudem kann es helfen, Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Yoga oder autogenes Training zu erlernen.
- Genügend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung wirken vorbeugend.
Heilungschancen
Hinweis: Treten die Panikattacken im Rahmen einer Panikstörung auf, bestehen gute Heilungschancen. Ungefähr 80% der Betroffenen sind anschliessend davon befreit. Geht es um Panikattacken bei Ihrem Kind, ist eine frühzeitige Behandlung wichtig. Andernfalls beeinträchtigen die Panikattacken gegebenenfalls die kindliche Entwicklung. In vielen Fällen ist es sinnvoll, die Eltern in die Therapie einzubeziehen. Denn so lernen sie, auf ihr Kind einzugehen und es im Umgang mit der Panik zu unterstützen. Bemerken Sie bei Ihrem Kind Panikattacken-Symptome, sprechen Sie am besten mit einer Ärztin oder einem Arzt.
Insgesamt lassen sich Angststörungen gut behandeln. Je früher eine erkrankte Person behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.
Umgang mit Angst
Für Betroffene sind Panikattacken sehr belastend. Allerdings gibt es viele Möglichkeiten, diese zu bewältigen und langfristig zu überwinden. Nehmen Sie Hilfsangebote von Fachpersonen und aus Ihrem persönlichen Umfeld wahr.
Es wird empfohlen, die Panikattacke an Ort und Stelle durchzustehen oder sich an einen ruhigen Platz in der unmittelbaren Umgebung zu begeben. Flüchten Sie weit weg, kann es zu einer Assoziation des Ortes mit der Panikattacke kommen und es besteht die Gefahr, dass Sie diesen Ort in Zukunft meiden werden.
Rufen Sie sich ins Gedächtnis, dass es sich nicht um eine körperliche Bedrohung handelt, sondern um eine Panikattacke. Vielen Betroffenen hilft es zudem, sich bewusst auf die Umgebung zu konzentrieren.
Wehren Sie sich nicht gegen die Angst. Distanzieren Sie sich von der Angst. Etikettieren Sie Ihre Angstgefühle, indem Sie sagen: «Ich kenne das.»
Weitere Informationen
Wer Symptome einer Angststörung bei sich feststellt und sich dadurch im Alltag beeinträchtigt fühlt, ist willkommen: Je früher eine erkrankte Person behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.
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